Pathologie: Schwangerschaft


Zuschnitt

Plazenta

NormalbefundeBearbeiten

NabelschnurBearbeiten

  • 3-gefäßige Nabelschnur (2 Nabelschnurarterien, 1 Nabelschnurvene)
  • Evtl. residuale embryonale Gangstrukturen:
    • Vitellini-Venen resp. Dottersackvenen
    • Ductus omphaloentericus - Resorptives Zylinderepithel (mit Mikrovillisaum) und eingestreuten Becherzellen
    • Urachus - Übergangsepithel (Urothel)
 
Ductus omphaloentericus-Überbleibsel in der Nabelschnur, H&E.

SchwangerschaftsprodukteBearbeiten

products of conception (POC)

Eine Schwangerschaft, d.h. eine erfolgte Befruchtung mit Implantation in die uterine oder tubare Schleimhaut ist (histologisch) nachgewiesen, wenn Trophoblastgewebe, ggf. auch embryonales (bis einschl. 9. SSW) bzw. fetales (ab 10. SSW) Gewebe nachgewiesen wird.

Untersuchungsmaterial:

  • Abortkürretage
  • Kürretage bei Interruptio
  • Tubenanteil bei EUG

Makroskopie:

  • Plazentaparenchym - braun, schwammartig
  • Blutkoagel - dunkelbraun, brüchig
  • Chorion und Amnion - membranös
  • ggf. Nabelschnuranteile
  • ggf. embryonale oder fetale Anteile - bei Interruptio meist stark fragmentiert
 
Fetale Anteile (Knorpel) und Trophoblastgewebe, H&E.
 
Idem.
 
Chorionvilli, H&E.
 
Idem.
 
Idem.
 
Idem.

PlazentaentwicklungBearbeiten

Reifezeichen:

  • Zahlreiche Endzotten
  • Gute Vaskularistion
  • Zahlreiche synzytiokapilläre Membranen

Placenta circumvallataBearbeiten

Makro: Die Plazenta ist tassenförmig konfiguriert mit einem dicken, weißen Randwall (Fibrin), der die Ausbreitung der Gefäße limitiert.

Blasenmole (hydatidiforme Mole)Bearbeiten

Entartetes Trophoblastgewebe

Makro: Traubenförmig angeordnete Blasen mit wasserklarem Inhalt

Histo: Epithelwucherung, Quellung des Zottenstromas, ARIAS-STELLA-Phänomen.

Formen:

  • Komplette Blasenmole - Häufigste Form. Bei paternaler Monosomie (diploid, zwei väterliche Chromosomensätze). Nur vesikuläre Zotten. Kein embryonales Gewebe.
  • Inkomplette Blasenmole - Bei Triploidie. Vesikuläre und normale Zotten. Fetales Gewebe nachweisbar.

Verhalten:

  • Einfache Blasenmole (85 %)
  • Destruierende maligne Blasenmole (Mola hydatidosa, persistent trophoblastic disease (PTD))
  • Chorionkarzinom (selten)

Sono: Schneegestöber

Klinik: Uterus weich und groß (relativ zur SSW), blutig-wässriger Ausfluss mit Blasen, beta-HCG stark erhöht.

Therapie: Abrasio, ggf. Chemotherapie.

Literatur:

 
Komplette hydatidiforme Blasenmole, H&E.
 
Idem.
 
Idem, stärker vergrößert.
 
Idem, stark vergrößert.

Veränderungen bei kindlichen EntwicklungsstörungenBearbeiten

Kindliche Entwicklungsstörungen können sich im Schwangerschaftverlauf, Klinik und Plazentabefund widerspiegeln.

FruchtwassermengeBearbeiten

  • Störungen im Bereich des Urogenitaltraktes, z.B. Zystennieren -> Oligohydramnion
  • Störungen im Bereich der Fruchtwasseringestion, z.B. Ösophagusatresie -> Polyhydramnion

TrisomieBearbeiten

Histo der Plazenta (nicht obligat, nicht sehr spezifisch):

  • Gehäuft singuläre Nabelschnurarterie (SNA)
  • Große plumpe evtl. ödematös geschwollene unreife zentrale Zotten mit unregelmäßiger Oberfläche und wenig Blutgefäßen aber vielen Stromakanälchen
  • Daneben kleine periphere Zotten
  • Trophoblastinklusionen
  • Keine Trophopblasthyperplasie (Trophoplast ist nur ein- oder zweireihig)

DD.: Blasenmole

 
Plazentabefund bei Trisomie 18, 23. SSW, H&E.
 
Idem.
 
Idem.
 
Idem.

Membranbeziehungen bei GeminiBearbeiten

  • Dichorial-diamniot - Zwei Fruchthöhlen. Zwei Plazenten mit je einer Nabelschnur ohne gemeinsame Membran oder eine gemeinsame Plazenta mit zwei Nabelschnüren, dazwischen fusionierte gemeinsame Membran aus Chorion und Amnion (dick, undurchsichtig). Eineiige oder zweieiige Zwillinge. Zweieiige Zwillinge sind immer dichorial-diamniot.
  • Monochorial-diamniot - Zwei Fruchthöhlen nur durch Amnion voneinander getrennt (dünn, durchsichtig). Eine Plazenta, zwei Nabelschnüre, dazwischen der Amnion-Rest. Eineiige Zwillinge.
  • Monochorial-monoamniot - Eine Plazenta, eine Fruchthöhle, keine trennende Membran. Eineiige Zwillinge.

Bedeutung:

  • Feto-fetales Transfusionssyndrom (FFTS) bei monochorialer Membranbeziehung mit erhöhter Mortalität, bes. bei monochorial-monoamnioter Beziehung.
  • Unvollständige Trennung (siamesische Zwillinge) bei sehr später Trennung eineiiger Zwillinge möglich.
 
Membranbeziehungen abhängig von der Trennung bei eineigen Zwillingen.
 
Dichoriale-diamniote Membranbeziehung.
 
Idem.
 
Amnionduplikatur ohne Chorion bei monochorialer-diamnioter Zwillingsplazenta.

Insertio velamentosaBearbeiten

Velamentöse Insertion der Nabelschnur außerhalb der Plazenta im Bereich der Eihäute. Erhöhtes Risiko für Zirkulationsstörungen durch Gefäßkompression. Gefahr des Verblutens des Kindes unter Geburt.

Entzündliche ErkrankungenBearbeiten

Amnioninfektionssyndrom (AIS)Bearbeiten

Ät.: Aszendierende Infektion.

Histo: Florides entzündliches Infiltrat (neutrophile Granulozyten).

  • Fetale Entzündungsreaktion:
    • Choriale Vaskulitis
    • Funisitis - Entzündung der Nabelschnur.
  • Maternale Entzündungsreaktion:
    • Subchorionitis
    • Chorionitis
    • Chorioamnionitis - Entzündung der Eihäute
 
Chorioamnionitis, H&E.
 
Idem.
 
Idem.
 
Choriale Vaskulitis, H&E.
 
Idem.
 
Idem.

VillitisBearbeiten

Histo: Lymphozytäre Infiltration der Villi.

 
Villitis, H&E.
 
Idem.
 
Idem.
 
Idem.

IntervillitisBearbeiten

 
Intervillitis, H&E.
 
Idem.
 
Idem.
 
Idem.

DeciduitisBearbeiten

Histo: Plasmazellen in der Dezidua.

 
, H&E.
 
Idem.
 
Idem.

Extrauterine Gravidität (EUG)Bearbeiten

Mögliche Manifestationen:

  • Tube - Kompl.: Ruptur mit lebensbedrohlicher Blutung (Plazentargewebe, Gefäßarrosion)
  • Bauchhöhle - Kompl.: lebensbedrohliche Blutung

Klinik: Schmierblutungen, plötzliche heftige Unterbauchschmerzen, hämorrhagischer Schock

D.: HCG erhöht, Ultraschall

 
Tubargravidität, chirurgisch reseziert.
 
Tubargravidität (7. SSW), chirurgisch reseziert.
 
Ektopische Schwangerschaft (9. SSW), chirurgisch reseziert.
 
Embryo (Keimscheibe) bei EUG, ca. 4. - 5. SSW, H&E.

Schwangerschaftsassoziierte Erkrankungen (Gestosen)Bearbeiten

Leichte Manifestationen: Hyperemesis gravidarum (Frühgestose), schwangerschaftsassoziierter Bluthochdruck.

Assoziationen:

EPH-Gestose (Präeklampsie)Bearbeiten

Ep.: 5 - 10 % der Schwangerschaften

RF: Erstgebärende, die sehr jung oder > 35 J. alt sind. Mehrlingsschwangerschaft, vorbestehender Hypertonus, Adipositas und Diabetes mellitus.

Klinik: Leitsymptome sind Ödeme, Proteinurie und Hypertension. Dazu können neurologische Auffälligkeiten kommen wie Kopfschmerzen, Augenflimmern, Schwindel, Benommenheit, Übelkeit, Erbrechen, Hyperreflexie, die als Alarmzeichen einer drohenden Eklampsie zu verstehen sind.

EklampsieBearbeiten

Etym.: gr. eklámpein: hervorleuchten

Ep.: 1:2.000 bis 1:3.500 Schwangerschaften

RF.: Erstgebärende, Mehrlingsschwangerschaften.

Klinik: Lebensbedrohliche Spätgestose. EPH-Gestose + zerebrale Krämpfe.

HELLP-SyndromBearbeiten

Ep.: 1:150 bis 1:300 Schwangerschaften. Risiko bei (Prae)Eklampsie: 4-12 %

Ät.: Vermutet wird eine Endothelalteration, die die Erythrozyten mechanisch schädigt und die Thrombozytenaggregation und intravasale Gerinnung stimuliert.

Klinik: Haemolysis, elevated liver enzyme levels, low platelet count.

Kompl.: Lebensbedrohliche Anämie, Blutungen, Leberschäden, Nierenversagen, Plazentaablösung.

AndereBearbeiten

Tumorartige und proliferative LäsionenBearbeiten

Villöse ChorangioseBearbeiten

Ät.: Assoziiert u.a. mit Diabetes mellitus.

Makro: Plazenta meist hypertroph (zu schwer bezogen auf die SSW).

Histo: Erhöhte Kapillardichte in den Zotten (mehr als 10 Kapillarquerschnitte pro Endzotte in mehr als 10 Endzotten).

 
Chorangiose, H&E.
 
Idem.
 
Idem.

ChorangiomBearbeiten

Histo: Lokale Gefäßproliferation („Plazenta-Hämangiom“).

 
Chorangiom, H&E.
 
Idem.
 
Idem.

ChorionkarzinomBearbeiten

Ät.: In etwa 50 % d. F. auf Grundlage einer Blasenmole (s.o.).

Histo:

  • Synzytotrophoblastäre Zellen: Basophiles Zytoplasma, oft multinukleär.
  • Trophoblastäre Zellen: Helles Zytoplasma.

Verhalten: Aggressiver Tumor. Frühe hämatogene Metastasierung.

Prg.: Gutes Ansprechen auf Chemotherapie (MTX). Auch im frühen metastasierten Stadium ist eine Heilung noch möglich.

 
, H&E.
 
Idem.
 
Idem.
 
Idem.
 
Idem.

Zirkulatorische StörungenBearbeiten

Feto-fetales Transfusionssyndrom (FFTS)Bearbeiten

Pg.: Einseitiger Blutfluss vom Donor zum Akzeptorzwilling über Gefäßverbindungen der Plazenta bei monochorialer Zwillingsschwangerschaft.

Makro der Plazenta:

  • Monochorial
  • Asymmetrische Aufteilung
  • Donorplazenta: Gehäuft Hypotrophie, velamentöse Nabelschnurinsertion, singuläre Nabelschnurarterie, kleine Fruchthöhle (Oligohydramnion).
  • Akzeptorplazenta: große Fruchthöhle (Polyhydramnion).

Morphologie der Kinder:

  • „Schneeweißchen und Rosenrot“:
    • Donor: Hypotroph, blass.
    • Akzeptor: Hypertroph, plethorisch, Hydrops fetalis, Kardiomegalie.

D.:

  • Engmaschige Verlaufskontrolle bei Zwillingsschwangerschaften.
  • Ultraschall (Membranbeziehungen, Fruchtwassermenge, fetales Wachstum)
  • Dopplersonographie Blutfluß)

Th.:

  • Intrauterine Laserkoagulation der Gefäßanastomosen.

Prg.: Hohe Komplikationsrate, vorzeitige Wehentätigkeit, Zerebralparese.

 
FFTS, Akzeptor links, Donor rechts.
 
Historische Darstellung (1617).

Singuläre NabelschnurarterieBearbeiten

Single umbilical artery

Assoziiert mit erhöhter Rate an Fehlbildungen/Komplikationen.

 
Singuläre Nabelschnurarterie, H&E.

KodyledoneninfarkteBearbeiten

Histo: Anämische Nekrose.

Klinisch relevant ab einem betroffenen Plazentavolumen von 20 %.

 
Anämischer Infarkt, H&E.
 
Idem.

Fetale thombotische VaskulopathieBearbeiten

 
Fetale thombotische Vaskulopathie, H&E.
 
Idem.
 
Idem.
 
Idem.

Hypertrophe deciduale VaskulopathieBearbeiten

Histomorphologisches Korrelat zu schwangerschaftsinduzierten Hypertonie (SIH, HELLP-Syndrom)

 
Hypertrophe deciduale Vaskulopathie, H&E.
 
Idem.

SterilitätBearbeiten

  • Väterliche Ursachen
    • Hodenatrophie (Z.B. bei Hodenhochstand)
  • Mütterliche Ursachen
    • Tubenverklebungen bei Z.n. Salpingitis
    • Uterusmyome
    • Androgenrezeptordefekt (Testikuläre Feminsierung, XY-Frau -> kein Uterus)
    • Hormonelle Störungen
      • PCO-Syndrom
      • Gelbkörperinsuffizienz

Intrauterine MakrosomieBearbeiten

Ät.:

  • Diabetes mellitus - durch Hyperinsulinämie (Insulin = Wachstumsfaktor)

Intrauterine Wachstumsretardierung (IUGR)Bearbeiten

  • Präplazentare Ursachen:
    • Rauchen, Alkohol (FAS)
  • Plazentare Ursachen:
    • Chronische Plazentainsuffizienz
    • Singuläre Nabelschnurarterie

Abort / Intrauteriner und perinataler FruchttodBearbeiten

Definitionen:

  • Fehlgeburt: Tod der Leibesfrucht < 500 g, keine Vitalitätszeichen nach Geburt. Keine Bestattungspflicht.
  • Totgeburt: > 500 g, keine Vitalitätszeichen nach Geburt. Bestattungspflicht.
  • Lebendgeburt: Vitalitätszeichen (pulsierende Nabelschnur, Atmung, Kreislauftätigkeit) unabh. vom Gewicht. Bestattungspflicht.
  • Präplazentare Ursachen:
    • Embryo-/Fetotoxische Substanzen
    • Infektionen (Harnwegsinfekte der Mutter, TORCH)
    • Zervixinsuffizenz
    • Vorzeitige Wehentätigkeit
  • Plazentare Ursachen:
    • Blasenmole
    • Chronische Plazentainsuffizienz
    • Vorzeitige Plazentalösung, retroplazentares Hämatom
    • Aszendierende akute Chorioamnionitis
    • Nabelschnurkomplikationen
      • (Echte) Knoten
      • Nabelschnurstriktur (Defizienz der Warthon'schen Sulze)
      • Overcoiling
      • Nabelschnurstrangulation
      • Nabelschnurvenenthrombose
    • Amnionbanding
  • Kindliche Ursachen:
    • Chromosomale Anomalien (z.B. Trisomie, uniparentale Disomie)
    • Fehlbildungen
 
Tödliche perinatale Nabelschnurvenenthrombose, H&E.
 
Idem.

FrühgeburtBearbeiten

  • Zervixinsuffizienz
  • Vorzeitig einsetzende Wehentätigkeit (z.B. durch Harnwegsinfekte)

GeburtskomplikationenBearbeiten

  • Insertio velamentosa
  • Placenta praevia
  • Lageanomalien
  • Nabelschnurkomplikationen