Pathologie: Entzündliche ZNS-Erkrankungen


Liquordiagnostik Bearbeiten

Liquordiagnostik

  • Normwerte: Zellzahl 4/μl, Eiweiß < 50 mg/dl, Lactat < 2,2 mmol/l, Glucose 60 % des gleichzeitig bestimmten Blutzuckers.
  • Reiber-Schema: Hinweise für intrathekale Immunglobulin-Synthese und/oder Störung der Blutliquorschranke.
  • Isoelektrische Fokussierung (IEF): Elektrophoretische Auftrennung von Proteinen nach ihrer Ladung.
  • Makroskopische Beurteilung: Farbe (klar, Blut, Trübung)
  • Mikroskopie: Zellen, Bakterien, Pilze.
Reiber-Diagramm.
Unauffällige Liquorzytologie mit zwei Monozyten und einem Lymphozyten und kleineren Artefakten (Pappenheim)
Liquorzytologie mit zahlreichen segmentkernigen Granulozyten bei eitriger Meningitis (Pappenheim)
Lymphoyztäre Pleozytose bei fulimanter HIV meningoenzephalitis
Aktivierte Lymphozyten bei HSV1 Enzephalitis
Erregernachweis bei Streptokokken-Meningitis

Meningitis Bearbeiten

Entzündung der Hirnhäute.

Ät.:

  • Bakterien (s.u.)
  • Viren (Enteroviren, Mumps, Masern, HSV, VZV, CMV, FSME)
  • Pilze

Liquor:

  • Bakteriell: > 1000 Zellen/μl , überwiegend Granulozyten, Eiweiß und Laktat stark erhöht, Glucose < 40 % des gleichzeitig bestimmten Blutzuckers.
  • Viral: Liquor: 10 - 500 Zellen/μl, mehr Lymphozyten als Granulozyten, Eiweiß und Laktat normal oder leicht erhöht, Glucose normal. Erregernachweis: AK-Nachweis frühestens nach 8 Tagen, PCR (ev. Wdh.).

Subduraler Abzess / Empyem Bearbeiten

Ät: Infektion des Subduralen Raumes, mit Adhäsion: Abzess, bei Ausbreitung mit Verlegung: Empyem

Ep: 20% aller intrakraniellen Infektionen, meist Streptokokken

Pg: meist direkte Ausbreitung in die Dura (Mastoid, Innenohr), seltener venös aus Sinus frontalis oder Sinus ethmoidalis

Makro: Eiter, der sich von der Hirnoberfläche abwischen lässt

Prg: Mortalität 10-20%, unbehandelt in der Regel fatal

Enzephalitis / Enzephalomeyelitis / Myelitis Bearbeiten

Einteilung der Enzephalitiden nach Ausbreitungstyp.

Meningoenzephalitis Bearbeiten

Eitrige Leptomeningitis (Haubenmeningitis) Bearbeiten

Syn: Akute bakterielle Meningitis, purulente Leptomeningitis

Ät.: Die häufigsten Erreger sind Streptococcus agalactiae (bes. Neugeborene, Säuglinge), Escherichia coli (Neugeborene), Haemophilus influenzae (seltener wg. Impfung, alle Altersstufen), Neisseria meningitidis (Kinder bis junge Erwachsene am häufigsten), Streptococcus pneumoniae (alle Alterstufen), Listeria monocytogenes (Neugeborene, Alte, Immunsuprimierte).

Infektionswege: Per continuitatem (Mastoiditis), hämatogen (arteriell, venös (z.B. Eiterherde im Gesicht)), Liquorfistel nach Schädelbasisfraktur.

Makro: Eitrig getrübte Meningen, bei Listeriose unter Immunsupression: Hyperämie, Kongestion, kaum Eiter.

Mikro: Massenhaft segmentkernige Granulozyten, paravasal Fibrinfäden, Ödem, Hyperämie.

Liquor: Starke Pleozytose > 1000 Zellen/μl (v.a. Granulozyten), Eiweiß und Laktat stark vermehrt, Glucose < 40 % des gleichzeitig bestimmten Blutzuckers. Erregernachweis.

Klinik:

  • Meningitis: Kopfschmerzen, Meningismus.
  • Enzephalitis: Quantitative (Vigilanzminderung) und qualitative Bewußtseinsstörungen, fokal-neurologische Symptome, Krämpfe.
  • Begleitbefunde: Herpes labialis.

Kompl.: Hirnödem, Pyocephalon (Eiter in den inneren und äußeren Liquorräumen), Abszedierung, Hydrocephalus occlusus oder malresorptivus, Vaskulitis mit aseptischer Entzündung, septische Sinusthrombose, Innenohrschwerhörigkeit, Sepsis mit disseminierter intravasaler Gerinnung (DIC, Waterhouse-Friedrichsen-Syndrom), MOV.

Th.: Antibiotika.

Proph.: Impfungen sind verfügbar gegen Meningokokken (Serotypen A, C, W135 und Y), Pneumokokken und Haemophilus influenzae.

Prg.: Let. früher 80 %, heute 20 %.

Eitrige Pneumokokken-Meningitis bei einem Alkoholiker.
Eitrige Meningitis durch Haemophilus influenzae.

Tuberkulöse Meningitis (basale Meningitis) Bearbeiten

Ep.: Bes. Kinder, Alte, Immungeschwächte, Menschen aus Risikogebieten.

Pg.: Streuung einer Tuberkulose vom Ort der Infektion, meist Lungentuberkulose.

Makro: Basale Menigitis (milchige Trübung).

Mikro: HEUBNER'sche Endarteriitis, Granulome, Nachweis von säurefesten Stäbchen.

Liquor: Geringe Pleozytose, stark erhöhter Eiweißgehalt, verringerter Glucosegehalt.

Klinik: Kopfschmerzen, Abgeschlagenheit, subfebrile Temperaturen, Hirnnervenausfälle (z.B. Abduzensparese), subfebrile Temperaturen.

DD: Kryptokokken

Meldepflicht: Behandlungsbedürftige Erkrankung und Tod, Behandlungsabbruch.

Literatur: Mackert BM, Conradi J, Loddenkemper C, et al.. “[Neurotuberculosis: a continuing clinical challenge]”. Nervenarzt, 79:153–66, February 2008. DOI:10.1007/s00115-007-2322-0PMID 17673961.

Tuberkulöse basale Meningitis.

Spirochäten-Infektionen Bearbeiten

Übersicht Spirochäten (Gram negative, zum Teil human-pathogene Bakterien)

Neuroborreliose Bearbeiten

Meningoradikulitis, Meningopolyneuritis BANNWARTH, Lyme-Borreliose

Ät.: Borrelia burgdorfferi (Überträger: Zecken)

Klinik: Nächtliche radikuläre Rückenschmerzen, Paresen, Myositiden, Neuritiden

Histo: Epineurial gelegenes mononukläres Infiltrat, Neuronenverlust mit axonaler Degneration

Siehe auch unter Mikrobielle Hauterkrankungen.

Neurosyphillis Bearbeiten

Ät: Treponema pallidum

Tertiärstadium der Syphillis

  • Tabes dorsalis - Entzündung und Degeneration der Hinterstränge des Rückenmarks.
  • Progressive Paralyse - Frontal betonte Meningoenzephalitis mit psychiatrischen und neurologischen Symptomen.
Tabes dorsalis
Treponema pallidum (Dieterle-Färbung)

Metastatische Herdenzephalitis Bearbeiten

Ät.: Bakterielle Mikrothromben (bakt. Endokarditis, Sepsis, Septikopyämie).

Hirnabszess(e) Bearbeiten

Abzess mit ringförmigen Kontrastmittelenhancement im Bereich eines Ventrikelkatheters

Def.: Umschriebene gegen die Umgebung abgegrenzte entzündliche Gewebseinschmelzung im Hirnparenchym.

Ep: Häufigste infektiöse Raumforderung

Ät.: Bakterien, Parasiten, Pilze, RF Immunsuppresion.

Pg.:

  • Metastatische Einschwemmung (s.o.) meist aus eitrigen Lungenprozessen, aber auch z.B. bei Endokarditis, Sepsis.
  • Übergreifen von HNO-Infektionen (Sinusitis, Otitis media, Mastoiditis) auf das Gehirn.
  • Eintritt über Liquorfisteln z.B. nach Schädelbasisfraktur, postoperativ, Fremdkörper-assoziiert (externe Ventrikeldrainage (EVD), VA-Shunt, VP-Shunt).

Makro: Einzelne oder multiple abgekapselte Herde mit flüssigem trüb-eitrigem Inhalt. Meist an der Rinden-Mark-Grenze lokalisiert.

Mikro: Erste 3 Tage Cerebritis, danach zentrale Nekrose mit Zelltrümmer, zerfallende neutrophile Granulozyten, Makrophagen, Beginn der Kapselbildung nach 10-13 Tagenaus Granulationsgewebe mit Lymphozyten, Plasmazellen, Monozyten und Makrophagen. Ausbildung einer Kapselwand mit Fibroblasten und Kapillaren.

Prg: Mortaliät 5-20%, bei intraventrikulärer Ruptur einer Kapsel bis zu 80%

Virale Enzephalitiden Bearbeiten

Befallsmuster:

  • leptomeningeal (aseptische Meningitis): Echo- Coxackieviren, HSV-2, Mumps, HIV
  • Polioenzephalitis/myelitis: Polio, Coxackie, Rabies, Arbo-, Echo- und Enteroviren
  • Leukoenzephalitis/melitis: JCV, HIV
  • Panenzephalitis/myelitis: HSV-1, HSV-2, VZV, CMV, HIV, Masern, Arboviren

Histo: Initial polymorphonuklär, später mononukläres Infiltrat um die Blutgefäße, später parenchymale lymphozytäre und Makrophagen-Infiltrate. Neurone zeigen zytoplasmatische Einschlüsse, später Neurononophagie (Neuronenverlust mit residalen Mikrogliacluster). Bei Beteiligung der weissen Substanz ausgeprägte Astrogliose, Myelinverlust (PML), bei Panenzephalitiden ausgedehne hämorrhagische Nekrosen möglich.

Aseptische Meningitiden: kurzer benigner Verlauf mit lymphozytärer Pleozytose des Liquors, diskreten lymphozytären Infiltraten der Leptomingen sowie superfiziellen kortikalen Gefäßen. Erreger: Enteroviren, HSV-2 (rekurrierend: Mollaret-Meningitis), Mumps, HIV

Transverse Myelitis: horizontale Entzündung des Rückenmarkes weniger Segmente (auch bei MS oder Vaskulitiden möglich) Erreger: Enteroviren, Herpesviren, VZV, CMV, EBV

Fleckförmige Entzündungsherde in der grauen Substanz findet man z.B. bei:

  • Tollwut - Ät.: Rabies-Virus. Infektion über Tierbiss. Mikro: Intrazytoplasmatische NEGRI-Einschlusskörperchen, perivaskuläre Entzündung. Klinik: Stadienhafter Verlauf: Prodromalstadium (Kopfschmerzen, Übelkeit, Reizbarkeit), Exzitationsstadium (Wesensänderung, Aggressivität, Übererregbarkeit, Speichelfluss und Schlundkrämpfe, Hydrophobie), paralytisches Stadium (Krämpfe, Lähmung, Tod). Prg.: Letalität fast 100 %.
  • FSME (Frühsommer-Meningoenzephalitis) - Ät.: FSME-Virus. Überträger sind Zecken. Klinik: Biphasischer Verlauf: Erst Grippe-ähnliche Symptome, dann freies Intervall, dann evtl. Nackensteifigkeit, Lähmungen, Bewußtseinsstörungen.
Intrazytoplasmatische Negri bodies bei Rabies-Enzephalitis, Histopathologie, H&E.
Perivaskuläres lymphozytär-polymorphkerniges Infiltrat bei Rabies-Enzephalitis, Histopathologie, H&E.

Poliomyelitis/Polioenzephalitis Bearbeiten

Ät.: Polio-Virus (Enteroviren) durch fäkal-orale Kontamination, dann hämatogene Ausbreitung Ep.: Seit Salk/Sabin-Impfstoffen selten, endemisch in Nordafrika, Indien, Pakistan, Afghanistan. Meist Kinder Klinik. Asymptomatisches Prodromalstadium, Muskelschwäche, Steifheit gefolgt von asymmetrischer Paralyse häufiger untere als obere Extremitäten, kraniale und bulbäre Symptome in 10-15% Nur ein kleiner Teil der Infizierten entwickelt das Krankheitsbild mit Lähmungen, Muskelatrophie und Post-Polio-Syndrom.

Makro: Diskoloration der betroffenen Regionen

Mikro: Verlust der α-Motoneurone in den Vorderhörnern des Rückenmarks, Pons, Olive. Ausgeprägte lymphozytäre Entzündung, initial auch neutrophile Granulozyten möglich. Mikrogliaknötchen. Neurogene Atrophie der Muskulatur.

Verteilung der Polio-Länder (rot: endemisch, grün: Einzelfälle bekannt
Polio-induzierte Deformitäten
Histologische Muskelveränderungen bei Polio

Herpes-simplex-Enzephalitis Bearbeiten

Ep.: Nur 5-10 % der viralen ZNS-Infektionen, aber 90 % der Todesfälle. Häufigste Ursache akut nekrotisierender Enzephalitis (1/250.000)

Ät.: HSV 1 (selten HSV-2, vor allem bei neonataler Infektion)

Lok.: Hauptsächlich ist der Temporallappen betroffen (temperobasal über Bulbus olfactorius oder N. trigeminus).

Makro: Schwellung des Temporallappens.

Mikro: Hämorrhagisch-nekrotisierende Entzündung, perivaskulär gelegene Lymphozyteninfiltrate, Makrophagenansammlungen, Nachweis von COWDRY-bodies (intranukleäres homogenes eosinophiles Material, das Chromatin und der Nucleolus sind typischerweise an den Rand der Kernmembran gedrängt.) Bei ausgebrannten Enzephalitiden histologisch Kavitäten und Astrogliose. Bei Kindern chronische Verläufe mit granulomatösen Entzündungen und Verkalkungen möglich.

Klinik: Kopfschmerzen, Krampfanfälle, Meningismus, Fieber, psychiatrische Störungen, Vigilanzminderung.

Liquor: Virusnachweis mit DNA-PCR.

Prg.: Unbehandelt meist letal (wenn überlebt, dann mit schweren neuropsychiatrischen Schäden wie ungezügeltem Appetit, sexuelle Enthemmung, Aggressivität).

Radiologisches Bild einer Herpes-Enzephalitis
Hämorrhagische Einblutungen und perivaskuläres lymphozytäres Cuffing bei HSV-Enzephalitis
Histologisch dominieren Lymphozyteninfiltrate, Makrophagen und Mikroglia
Immunhistochemischer Nachweis von HSV2 in Neuronen und Mikroglia

Varizella-Zoster-Enzephalitis Bearbeiten

Ep: ZNS-Beteiligung bei VZV-Infektion 1:1000 Fälle.

Ät: VZV v.a. Persistenz in autonomen Ganglien, Hirnnerven

Klinik: Cerebelläre Ataxie oder bei Infektion in utero: neonatale Embryopathien, Ganglionradikulitis mit Exanthem des betroffenen Dermatoms bei Gürtelrose

Histo: Im ZNS: hämorrhagische fibrinoide Nekrosen, Mononukläre Infiltrate, Mikrogliaknötchen, Makrophagen, Ependymale Einschlusskörperchen bei immungeschwächten Patienten

CMV Enzephalitis Bearbeiten

Ep: weltweit, vor allem bei Immunsupprimierten, über 80% der über 35-jährigen sind seropositiv.

Ät: CMV (Herpesviridae) durch engen Kontakt, Bluttransfusionen, Organtransplantationen oder neonatal über die Plazenta

Klinik: konnatal: Mikrozephalus, Retinitis, Schwerhörigkeit, Polimikrogyrie

Histo: Einzeln gelegene Zytomegaliezellen meist subependymal bei Ventrikulitis, Nekrosen, wenige Mikrogliaknötchen

Migrationsstörungen (hier Status verrucosus) bei neonataler CMV Infektion
Viruseinschlüsse (Eulenaugenzellen) bei neonataler CMV Infektion
Plazentare CMV Infektion

HIV-Enzephalitis Bearbeiten

Syn.: HIV-Enzephalopathie

Ät.: HIV-1

Mikro: Diffuse Demyelinisierung des Marklagers in Groß- und Kleinhirn, reaktive Gliose, Mikrogliaknötchen, mehrkernige Riesenzellen.

Opportunistische Enzephalitiden Bearbeiten

Ät.: Immunsupression, AIDS.

Erreger: Toxoplasma gondii, CMV, EBV, Cryptococcus spp., Aspergillus spp., HIV

Makro: Herdförmige Läsionen (Herdenzephalitis)

Mikro:

  • Cryptococcus neoformans - Mikro: Typische runde Pilze mit Schleimkapsel.
  • Aspergillus: Invasiv wachsende septierte Pilzhyphen mit spitzwinkliger (Y-förmiger) Verzweigung, Gefäß-affin. Gute Darstellung in der Grocott-Methenamin-Silber-Färbung.
  • Toxoplasma gondii: Tachyzoiten/Bradyzoiten innerhalb Gewebezysten, Nachweis mit Toxoplasma-Antikörpern
Cerbrale Aspergillose (HE). Aufgrund der Immunsuppresion des Patientens nahezu keine Entzündungsreaktion erkennbar
Aspergillus-Hyphen finden sich bevorzugt an Gefäßwänden, aber auch frei im Hirnparenchym (Grocott)
Aspergillen zeigen oft eine Angioinvasion (Grocott)
Kryptokokken (Grocott)
Inflammation um Bradyzoiten bei cerebraler Toxoplasmose
Bradyzoiten mit Pfeil markiert, Immunhistochemischer Nachweis von Toxoplasmose-Antigen

Parasitäre Infektionen Bearbeiten

  • Amöben (Entamoebica histolytica): Trophozoiten im Abszeßwall durch hämatogene Ausbreitung in das ZNS von der Leber aus möglich
  • Malaria (meist Plasmodia falciparium): Schizonten können von den Erythrozyten in das ZNS gelangen, dort perivaskuläre Blutungen, kapilläre Nekrosen und Dürck'sche Granulome verursachen
  • Toxoplasmose (meist Toxoplasmodia gondii): Tachzyoiten (ovale 2-8µm) oder Zysten mit Bradyzoiten inmitten eines mononuklären Infiltrates, Intimaproliferate, fibrinoide Nekrosen. Immunhistochemischer Nachweis möglich.
  • Trypanosomiasis (T. rhodiense, gambiense, cruzii): meist meningeales, seltener auch parenchymales Infiltrat aus glasigen Plasmazellen mit reaktiver Astrogliose
  • Zysterzikose (Taenia solium): Der zu den Cestoden zählende Bandwurm ist der häufigste ZNS-Parasit. Das ZNS zeigt erst nach Absterben des Parasitens eine granulomatöse inflammatorische Reaktion mit Eosinophilie, mehrkernigen Riesenzellen. Der Parasit ist an seinem Scolex gut identifizierbar.
  • Echninokokkose (E. granulosus, multolocularis): nur 1% der Befälle ist auch das ZNS mit hyatiden Zysten betroffen
  • Schistosomiasis (meist S. japonicum): Granulome in Knötchen aufgebaut, aufgrund der retrograden Ausbreitung über den venösen Fluss meist in der Dura mater.
Tachyzoiten von Toxoplasma gondii (Giemsa)
Trophozoiten von Entamoebica histolytica in Erythrozyten (Trichrom)
Trypaniosomiasis (Giemsa)
Scolex von Taenia solium
Reaktive Veränderungen des ZNS mit Wandanteilen von T. solium
Granulomatöse Entzündung des ZNS mit Eiern von S. mansoni

Pilzinfektionen (Mykosen) Bearbeiten

Die Inzidenz von Pilzinfektionen ist zunehmend (Organtransplantationen, Neoplasien, HIV). Klinisch können sie als diffuse Enzephalitis, Meningitis, fokale Myzetome der Meningen, Granulome und Abzesse imponieren.

Die häufigsten Mykosen mit ZNS-Beteiligung sind:

Coccoides immitis (Grocott)
Blastomyzeten (DiffQuick)
Cryptococcus neoformans (Tusche)

Zerebrale Aspergillose Bearbeiten

Ep: 10-20% der Patienten mit pulmonaler Aspergillose entwickeln ZNS-Aspergillose.

Ät: Aspergillus fumigatus (am häufigsten), flavus, terreus, niger, meist nach Organtransplantation, bei HIV eher selten.

Klinik: meist multiple Abzesse, ausgedehntes Ödem.

Makro: Nekrotisch, hämorrhagisch.

Histo: Septierte spitzwinklig verzweigte Hyphen.

SF: Anfärbbar mittels PAS (rot) oder GMS (schwarz).

Prg: Extrem hohe Mortalität (90%) bei ZNS-Aspergillose, Subarachnoidalblutungen durch mykotische Aneurysmen möglich.

Siehe auch: Abschnitt Aspergillus in Lehrbuch Mikrobiologie.

Invasive zerebrale Aspergillose, H&E.
Multinukläre Riesenzellen bei Aspergillose.

Candidasis Bearbeiten

Ep.: 9 humanpathogene Spezies (von 150), ZNS-Infektion selten.

Histo: Nekrosen, Inflammatorische Zellen, Vaskulitis, 2-3µm große gekapselte Hefen, an Pseudohyphen aneinandergereiht (PAS oder Silberfärbungen optimal).

Siehe auch: Abschnitt Candida in Lehrbuch Mikrobiologie.

Blastomykose Bearbeiten

Ep: ZNS-Beteiligung in weniger als 5% der Infektionsfälle, davon 40% HIV-assoziert.

Histo: Granulomatöse Reaktion, 8-15µm große Hefen in Makrophagen sichtbar.

Immune reconstitution inflammatory syndrome (IRIS) Bearbeiten

Ät: Entzündliche Exazerbation durch Rückkehr der Immunkompentenz bei zuvor bestehender Immundefizienz. Auftreten insbesondere unter HAART-Therapie bei HIV oder Absetzen einer anti-alpha4-Integrin Antikörpern (Natalilzumab) bei Multiple Sklerose.

Bildegbung: Kontrastmittel-aufnehmende, progrediente Läsion

Histo: Extensives CD8-dominiertes T-Zell Infiltrat sowohl in demyeliniserten als auch normal myelinisierten ZNS-Arealen. Darunter ca. 30% Plasmazellen, einzelne B-Zellen

DD: Progressive multifokale Leukoenzephalopathie (wenige Plasmazellen, keine B-Zell Infiltrate)

Diffuse perivenöse Herdenzephalitis Bearbeiten

  • Postinfektiös/postvaccinal (am peripheren Nervensystem : GUILLAIN-BARRÉ-Syndrom)
  • Paraneoplastisch

Rasmussen-Enzephalitis Bearbeiten

EP: seltene chronische inflammatorische Störung unbekannter Ätiologie mit meist einseitiger Beteiligung des Gehirns, welches eine unilaterale Atrophie einer Hemisphäre aufweist.

Histo: Chronische Inflammation (T-Lymphozyten, Mikroglia, Makrophagen perivaskulär), Astrogliose, Neuronenverlust. Einschlusskörperchen viraler Enzephaliden sind nicht vorhanden.

Ko: Therapierefrektäre epileptische Anfälle, bei Kindern kognitive Einbußen

Charakteristisch für die Rasmussen-Enzephalitis ist der einseitige Befall

Andere Bearbeiten

  • Limbische Enzephalitis - Ät.: Paraneoplastisch.

Demyelinisierende Erkrankungen Bearbeiten

Zu den demyelinisierenden Erkrankungen zählen:

Die häufigste demyelininisierende Erkrankung ist die MS. Ihr entspricht im peripheren Nervensystem die Inflammatorische Demyelinisierende Polyradikuloneuropathie (Guillain-Barré Syndrom-GBS). Beide werden zu den autoimmunbedingten entzündlichen Erkrankungen gezählt.

Hiervon abzugrenzen sind Erkrankungen bei denen die Myelinisierung bereits von Beginn an fehlt, hier handelt es sich um eine kongenitale Leukodystrophie.


Encephalomyelitis disseminata (ED) Bearbeiten

Syn.: Multiple Sklerose

Ep.: Prävalenz: 120.000 in Dtl. Frauen häufiger als Männer, Erkrankungsbeginn um das 30. Lj. Die Lebenserwartung ist gegenüber der Normalbevölkerung um 5-10 Jahre reduziert.

Ät.: Autoimmunologische Reaktion gegen Markscheiden, evtl. viral getriggert bei genetischer Prädisposition (Konkordanzen bei Zwillingen). Umwelteinflüsse scheinen ebenfalls eine Rolle zu spielen, da die Prävalenz von Nord nach Süd abnimmt.

Pg.: Autoaggressive Entmarkung mit partieller Remyelinisierung (-> teilw. vorübergehende Funktionsstörungen) -> Gliose (Vernarbung) -> Sklerose.

Klinik: Optikusneuritis (typische Erstmanifestation mit akutem einseitigen Visusverlust bei unauffälligem ophthalmoskopischem Befund), Kleinhirnsymptome, Trigeminusneuralgie, spastische Paraparese, Sensibilitätsstörungen, UTHOFF-Phänomen (Symptomsteigerung bei Temperaturerhöhung), LHERMITTE-Phänomen (elektrisches Gefühl an Armen und Rücken bei Kopfbeugung), internukleäre Opthalmoplegie (Doppelbilder und dissoziierter Nystagmus bei funktionierender Konvergenz durch Schädigung des medialen Längsbündels, das den Nc. n. VI mit dem kontralateralen Nc. III verbindet), Dranginkontinenz/Detrusor-Sphinkter-Dyssynergie.

Lok.: Überwiegend weiße Substanz, bevorzugt periaquaeduktal, im Corpus callosum, periventrikulär und im zervikalen Myelon (transverse Myelitis). Neuritis nervi optici (Retrobulbärneuritis). Kortikale Plaques liegen oft am Übergang zur weissen Substanz.

Befallsmuster:

Konzentrische Sklerose (Balo)
  • Marburg: fulminanter Verlauf, Tod innerhalb weniger Jahre
  • Schilder: akut progredient, konfluent demyelinisierend
  • Balo: konzentrische Ringe mit partieller Beibehaltung des Myelins

Verlauf: Variabel. Schubweise, primär oder sekundär chronisch progredient.

Makro: Multiple (manchmal nur einzelne) scharf demarkierte graue unregelmäßig konturierte Herde in der weißen Substanz.

Ablauf: In der Akutphase werden die Myelinscheiden durch Mononukäre Zellen (Oligodendroglia, Lymphozyten, Mikroglia und Makrophagen) zerstört. Daher enthalten im Anfangsstadium die Makrohagen phagozytierte Myelinfragmente und Proteinbestandteile und später Lipide aus der Degradation des Myelins. Mit der Zeit kommt es zu einer reaktiven Astrogliose und ausgebrannte Plaques mit reduziertem Axonbesatz inmitten des gliotischen Gewebes entstehen. Kommt die Entzündung frühzeitig zum Stillstand, erfolgt eine partielle Remyelinisierung der erhaltenen Axone. Im fortgeschrittenen Stadium ist die Gliose so ausgeprägt, daß die Axone nicht mehr remyelinisiert werden können.

Mikro: Plaques imponieren nur als Abblassung in der HE, Fehlende Myelinscheiden in der LFB-Färbung. Perivaskuläres Infiltrat (kleine postkapilläre Venolen), Lymphozyten, Makrophagen, aktivierte Mikroglia, perivaskuläres Ödem.

Einteilungsmuster der aktiven Läsionen (Luchinetti et al.):

  • Type I: Immunglobulinablagerungen
  • Type II: Immunglobulin- und Komplementkomplex-Ablagerungen, Ansprechen auf Plasmapharese
  • Type III: Oligodendrozyten-Apoptose, Läsion diffuser als bei I+II.
  • Type IV: untergehende Oligodendrozyten in der angrenzenden weissen Substanz

Immuno: CD8+ Lymphozyten perivaskulär, weniger CD20-positive B-Zellen und Plasmazellen, Nachweis Mikroglia und Makrophagen mit CD68

Liquor: Reife Plasmazellen. Reiber-Schema: Intrathekale Ig-Synthese. IEF: Oligoklonale Ig-Banden in > 90 %.

DD.: Querschnittsmyelitis, Neuromyelitis optica, Akute demyelinisierende Enzephalomyelitis, Zerebrale Vaskulitis, Morbus Alexander

Siehe auch: Hauptartikel der Wikipedia.

Demyelinisierungen sind in der Luxol-Fast-Blue Färbung am besten zu erkennen
Immunhistochemie für CD68 zur Darstellung von Makrophagen

Neuromyelitis optica (NMO) Bearbeiten

(DEVIC-Syndrom)

Ät: Aquaporin 4 Autoantikörper gegen Astrozyten der Blut-Hirn-Schranke

Klin: Optikusneuritis (bilateral) und Myelitis > 3 Segmente.

Liquor: Pleozytose, Eiweiß erhöht, keine oligoklonalen Banden.


Akute demyelinisierende Enzephalomyelitis (ADEM) Bearbeiten

Perivenöse Entmarkung und Entzündungsherde sind charakteristisch für ADEM (LFB)

postinfektiöse Enzephalomyelitis

Ät.: Immunoallergisch T-Zell vermittelte Reaktion, para/postinfektiös bei EBV, CMV, Mykoplasmen

Ep: meist Kinder mit akut einsetzender Hemiplegie

Makro: Große monophasische Herde, bilaterale Opticusneuritis

Histo: perivenöse Entzündung und Entmarkungsherde bei erhaltenen Axonen

Liquor: Leichte lymphozytäre Pleozytose, Eiweiß normal oder gering erhöht, intrathekale IgG-Synthese (parallel IgM- und IgA-Synthese), keine oligoklonalen Banden.

Klinik: Kopfschmerzen, Fieber, Vigilanzstörungen, fokale Ausfälle.

Akute hämorrhagigsche Leukoenzephalopathie (Weston-Hurst-Syndrom) Bearbeiten

Einblutungen und Nekrosen in Kombination mit ausgeprägter Demyelinisierung bei Weston-Hurst-Syndrom

Ät: möglicherweise hyperakute Form der ADEM

Klinik: In 50% fiebriges Prodromalstadium (1-15 Tagen), meist fataler Verlauf (Tod zwischen 1-5 Tagen)

Liquor: normal bis Pleozytose (Neutrophilie)

Histo: Nekrotisierende Herde mit Demyelinisierung

Progressive multifokale Leukenzephalopathie (PML) Bearbeiten

Ät.: Reaktivierung des JC-Virus in lytischen Oligodendrozyten bei Immundefizienz (AIDS, MS-Immuntherapie, Organtransplantationen)

Klinik: Visuelle Ausfälle, Demenzen, Paralysen

Histo: bizarre, vergrößerte Astrozyten, Mikroglia- und Makrophagenaktivierung, Viruspartikel in Oligodendroglia (immunhistochemischer JC-Virus-Nachweis), Inflammation ist normalerweise gering.

Glasige Oligodendrozytenbei PML
Immunhistochemie für SV40 zur Darstellung von JCV Einschlüssen

Entzündliche Gefäßveränderungen Bearbeiten

Für systemische Vaskulitiden mit cerebraler Beteiligung siehe Abschnitt Primäre Vaskulitiden im Kapitel Gefäße.

Arteriitis temporalis Bearbeiten

Riesenzellarteriitis, Morbus Horton

Ep: selten vor dem 70. Lj. Frauen häufiger als Männer betroffen

Lok: meist temporale, posteriore ciliäre und opthalmische Arterien

Makro: verdickte noduläres Gefäße

Histo: segmental vorkommende Entzündungszellen vorwiegend in der Media bestehend aus Lymphozytenund Plasmazellen. Eosiniophile und neutrophile Granulozyten können vorkommen. Die Intima ist fibrotisch verdickt. Multinukläre Riesenzellen zwischen Intima und Media sind diagnostisch, kommen jedoch nicht in allen Fällen vor. In Fällen nach abgelaufener Entzündung bleibt eine Fibrose und Fragmentierung der elastica interna zurück. Transmurale Nekrosen wie bei der Polyarthritis fehlen.

Ko: Visusverlust

 
Mehrkernige Riesenzellen zwischen Intima und Media mit Destruktion der Lamina elastica interna kennzeichnen die Riesenzellarteriitis (Elastika-van-Gieson Färbung)

Granulomatöse Angiitis Bearbeiten

Ep: Erwachsene, Männer häufiger als Frauen betroffen

Histo: Epitheloide Histiozyten. Lymphozyten und Riesenzellen in der Wand arterieller und venöser Gefäße des Hirnparenchyms oder Leptomeningen

Beta-Amyloid-assoziierte Angiitis Bearbeiten

amyloid-beta related angiitis, ABRA

Ep: selten, meist im höheren Lebensalter (60-70 Lj.) vorkommend

Histo: granulomatöse Veränderungen der Gefäße, Nachweis von Amyloid in den Gefäßwänden, Astrogliose des angrenzenden ZNS.

DD: Kongophile Angiopathie

 
Entzündungszellen um Gefäße mit hyalinen Wänden kennzeichnen die ABRA
 
Immunhistochemisch lässt sich beta-Amyloid in den Gefäßwänden nachweisen