Pathologie: Angeborene ZNS-Erkrankungen
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Genetisch bedingte Stoffwechselerkrankungen
BearbeitenKlinik: Nach primär altersgerechter Entwicklung kommt es in den ersten Lebensjahren zu einem progressiven Zerfall der psychomotorischen und kognitiven Fähigkeiten. Weitere Symptome sind zunehmende Sehstörungen bis zur Erblindung, zerebrale Krämpfe und Oligophrenie.
Metabolische Störungen der weissen Substanz werden als Leukodystrophien bezeichnet. Hierzu zählen:
a) die orthochromatischen Leukodystrophien:
- Pelizaeus-Merzbacher-Erkrankung
- Adrenoleukodystrophie
- Cockayne-Syndrom
b) die lysosomalen Leukodystrophien
- Morbus Krabbe
- Metachromatische Leukodystrophie
c) sowie:
- Morbus Canavan
- Morbus Alexander
Lysosomale Speicherkrankheiten
BearbeitenÄt.: Genetisch bedingter Enzymdefekt mit Akkumulation der nicht verstoffwechselten Substrate. Je nach Natur werden diese als
- Sphingolipidosen
- Mucopolysacharidosen
- Ceroidlipofuszinosen oder
- Glykoproteinerkrankungen eingestuft.
In der Regel Beginn der Enzymatik erst, wenn die Stoffwechselaktivität auf 15-20% der ursprünglichen Norm abfällt. Aufgrund allelischer Variationen kann die klinische Symptomatik unterschiedlich ausfallen.
Sphingolipidosen
BearbeitenÄt.: Enzymdefekte im Sphingolipid-Stoffwechsel.
- Gangliosidose GM1 und GM2
- Niemann-Pick A und B
- Morbus Gaucher
- Morbus Fabry
- Metachromatische Leukodystrophie
- Morbus Krabbe (Krabbes Globoidzelldystrophie)
Mikro: Ballonierte PAS-positive Nervenzellen, Markscheidenzerfall.
Schematische Übersicht:
Gangliosidosen
Bearbeiten- GM1 Gangliosidose (beta-Galactosidase Defekt)
- GM2-Gangliosidose, infantile amaurotische Idiotie, Morbus TAY-SACHS (Defekt der β-Hexosaminidase)
Histo: ballonierte Neurone in ZNS, SPinalganglien und autonome Ganglien, Speichermaterial deutlich positiv für saure Phosphatase, morphologisch zwischen GM1 und GM2 lichtmikroskopisch nicht unterscheidbar. Elektronenmikroskopischer Nachweis von Zebra-Bodies, elektronendichte Ablagerungen
Weblinks: OMIM - Tay-Sachs disease
Niemann-Pick Erkrankung
BearbeitenÄt: Defizienz der sauren Sphingomyelinase Typ A: neuroviszerale Lipidablagerungen Typ B: viszeral Ablagerungen (Leber)
Histo: zahlreiche Schaumzelleinlagerungen, Kleinhirnatrophien, ballonierte Neurone
Morbus Gaucher
BearbeitenÄt: Defizienz der Glucosylceramidase mit Glucocerebrosid-Akkumulation in Monozyten-Makrophagen-System. Typ I (adulte Form): Splenomegalie Typ II (infantile Form): neurononopathische Form
Histo: perivaskuläre Gaucher-Zellen, Neuronenuntergang, Astrogliose vor allem Basalganglien, Thalamus und Hirnstamm
Morbus Fabry
BearbeitenÄt: x-chromosomal vererbter Defekt der alpha-Galaktosidase
Histo: Lipideinlagerungen Endothelien und glatte Muskelzellen kleinerer Gefäße, Epitheliale Zellen der Adenohypophyse, Ballonierte Zellen Hippocampus, Amygdala und Hirnstamm.
Globoidzell-Leukodystrophie (Morbus KRABBE)
Bearbeiten[[
Ät.: Defekt der Galactocerebrosid-β-Galaktosidase.
Histo: Cluster aus multinuklären Globoid-Zellen mit PAS-positivem Material
Weblinks: OMIM - Krabbe disease
Metachromatische Leukodystrophie
BearbeitenÄt.: Defekt der Cerebrosidsulfatase.
Histo: Demyelinisierung ZNS+PNS, Makrophagen mit metachromatische Ablagerungen (Pinkfarbene Darstellung in Toluidinblau-Färbung, Braune Darstellung in der sauren Kresylviolettfärbung)
Weblinks: OMIM - Metachromatic leukodystrophy
Mukopolysaccharidosen
BearbeitenSyn: Glykosaminoglykan-Erkrankungen
Genetisch heterogene Gruppe mit Störungen des Glykosaminoglykan-Stoffwechsels, bei der jeder einzelne Schritt des Stoffwechsels gestört sein kann. Es kommt dadurch zur Akkumulation von Heparansulfaten, Dermatan-, Chondroitin-Sulfaten oder Ketaransulfaten.
Einteilung (Quelle: Mukopolysaccharidose, Autor Benutzer:Der Lange):
Typ | Variante | Klinische Merkmale | Defektes Enzym | |
---|---|---|---|---|
I-H | Hurler-Pfaundler-Krankheit | Dysmorphie (Gargoylismus), Retardierung, Skelettfehlbildung (Dysostose), Hornhauttrübung, Minderwuchs, Hernien, Hepatomegalie | α-L-Iduronidase | |
I-S | Scheie-Krankheit | geistig nicht eingeschränkt, Skelettfehlbildung (Dysostose), Hornhauttrübung, Herzklappenfehler | α-L-Iduronidase | |
I-H/S | Hurler/Scheie-Variante | geistig zwischen I-H und I-S | α-L-Iduronidase | |
II | Hunter-Syndrom | mäßige kognitive Retardierung, Skelettfehlbildung (Dysostose), erhebliche somatische Veränderungen, frühe Gehörlosigkeit | Iduronatsulfatsilfatase | |
III | Sanfilippo-Syndrom | Typ A | kognitive Retardierung, Dysmorphie, Hornhauttrübung kann fehlen, häufig Schwerhörigkeit, rasches Voranschreiten | Heparansulfatsulfamidase |
Typ B | α-N-Acetylglukoseamidase | |||
Typ C | Acetyl-CoA: α-Glukosaminid-N-Acetyltransferase | |||
Typ D | N-Acetyl-glukosamin-6-sulfatsulfatase | |||
IV | Morquio-Syndrom | Typ A | übliche kognitive Entwicklung, Skelettfehlbildung (Dysostose) sehr ausgeprägt, Hornhauttrübung | N-Acetyl-glukosamin-6-sulfatsulfatase |
Typ B | ähnlich Typ A, jedoch mit milderem Verlauf | β-Galactosidase | ||
V | jetzt: Typ I-S, s. o. | |||
VI | Maroteaux-Lamy-Syndrom | übliche kognitive Entwicklung, schwere Skelettfehlbildung (Dysostose), Hornhauttrübung, Minderwuchs | N-Acetyl-galaktosamin-4-sulfatsulfatase | |
VII | Sly-Syndrom | mäßige Dysmorphie und Skelettfehlbildungen, Hornhauttrübung, übliche bis eingeschränkte Intelligenz | β-Glucuronidase |
Ceroid-Lipofuszinosen
BearbeitenFrüher richtete sich die Klassifizierung der NCL-Typen nach dem Manifestationsalter, entsprechend wurden Bezeichnungen wie infantile, spätinfantile oder juvenile NCL verwendet. Die moderne Klassifikation erfolgt auf genetischer Grundlage, die Nummerierung der einzelnen Typen (CLN1, CLN2 usw.) erfolgt dabei nach der historischen Reihenfolge der Entdeckung.
Typ | Bezeichnung | Manifestationsalter | andere Bezeichnung(en) |
---|---|---|---|
CLN1 | infantile NCL | spätes Säuglingsalter, auch Erwachsenenalter | Hagberg-Santavuori-Krankheit |
CLN2 | (klassische) spätinfantile NCL | Kleinkindalter | Jansky-Bielschowsky-Krankheit |
CLN3 | (klassische) juvenile NCL | Schulalter | Stengelsche Krankheit, Vogt-Spielmeyer-Stock-Krankheit (VSS), Batten disease |
CLN4 | adulte NCL (autosomal rezessiv oder dominant) | Erwachsenenalter | Kufs-Syndrom, Batten-Kufs-Syndrom |
CLN5 | (finnische) spätinfantile NCL | Kleinkindalter | |
CLN6 | Indisch-iberische NCL | Kleinkindalter | |
CLN7 | türkische NCL | Kleinkindalter | |
CLN8 | nordische Epilepsie | Schulalter | |
CLN9 | noch unbenannt | Schulalter |
Peroxismale Erkrankungen
BearbeitenZellweger Spektrum
BearbeitenVerschiedene Krankheitsbilder wie das Zellweger cerebrohepatorenale Syndrom (ZS), neonatale Adrenoleukodystrophy (N-ALD), und die infantile Refsum Krankheit (IRD) sind ein phänotypisches Spektrum mit gemeinsamen Mutationen der PEX Gene.
Histo: Hepatische Fibrose, Nierenzysten, Migrationsstörungen im ZNS, Abnormalitäten der weissen Substanz durch Lipideinlagerungen (trilamelläre Einschlüsse in den Makrophagen).
Adrenoleukodystrophie (ALD)
BearbeitenSyn: Addison-Schilder-Syndrom
Ät.: X-chromosomal erblicher Defekt des ABCD1-Gens, der für einen ABC-Transporter codiert -> Störung der beta-Oxidation langkettiger Fettsäuren im Peroxisom -> Akkumulation.
Pg.: Schädigung der zentralen Myelinscheiden, der NNR (-> Morbus ADDISON) und der LEYDIG-Zellen.
Weblinks: OMIM - Adrenoleukodystrophy
Mitochondriale Erkrankungen
BearbeitenViele mitochondriale Erkrankungen zeigen neben Störungen des ZNS auch eine Beteiligung der Muskulatur. Die entsprechenden pathologischen Veränderungen der Muskulatur werden unter dem Kapitel Mitochondriale Myopathien auch dargestellt.
Siehe auch Lehrbuch klinische Humangenetik: Mitochondriale Erkrankungen
Morbus LEIGH
BearbeitenSubakute nekrotisierende Enzephalopathie
Ät.: Defekte von Enzymen der Atmungskette.
Histo: Erweichung und Atrophie der Basalganglien und Hirnstamm, Reduziertes Neuropil mit Spongiose. Intakte Neurone. Keine ragged red fibers.
Weblinks: OMIM - Leigh syndrome
Kearns-Sayre-Syndrom (KSS)
BearbeitenÄt: größere mitochondriale Deletionen, die auch tRNA betreffen.
Histo: Spongiöse Myelinopathie, ragged red fibers (RRFs) in der Muskulatur
siehe auch: mitochondriale Myopathien
Mitochondriale Myopathie, Enzephalopathie, Laktatazidose, Schlaganfälle (MELAS)
BearbeitenÄt: Mutationen des tRNA Leucin Gens in 80%.
Histo: COX-positive RRFs in der Muskulatur, kortikale und subkortikale Infarkt-ähnliche Läsionen, pseudolaminäre Nekrosen und Verkalkung der Basalganglien.
siehe auch: mitochondriale Myopathien
Myoklonus-Epilepsie und Ragged red fibers (MERRF)
BearbeitenÄt: Mutationen des tRNA Lysin Gens in 90%.
Hirnstamm- und Kleinhirndegeneration, RRFs in der Muskulatur
siehe auch: mitochondriale Myopathien
Chronisch progressive externe Opthalmoplegie (CPEO)
BearbeitenÄt: Mitochondriale Punktmutationen oder 2-8 kb großen mtDNA-Deletionen
Klinik: Laktatanstieg, Ptosen, axonale Polyneuropathie, Demenz, Pigmentretinopathie und Ataxie möglich
siehe auch: CEPO
Neuropathie Ataxie, Retinitis pigmentosa (NARP)
BearbeitenÄt: Mutationen im MT-ATP6 Gen verursachen Neuropathie, Gehörverluste, Ataxie und Retinitis pigmentosa mit Beginn in Kindheit oder frühem Erwachsenenalter.
Angeborene Störungen der grauen Substanz
BearbeitenNeurodegenerative Störungen der grauen Substanz manifestieren sich oft im Kindesalter. Hierzu zählen:
- Alpers-Huttenlocher-Erkrankung
- Neurodegeneration mit Eisenablagerung im Gehirn
- Infantile neuroaxonale Dystrophie
- spinale Muskelatrophie
Phakomatosen
BearbeitenEtym.: phakos: Muttermal, Fleck.
Def.: Genetisch bedingte meist autosomal-dominante neurokutane Hyperproliferationssyndrome der ektodermalen Gewebeanteile. Hauptmanifestationen an Haut, Auge und Nervensystem.
Neurofibromatose Typ 1
BearbeitenSyn.: Morbus VON RECKLINGHAUSEN
Ep.: 1:3000 - 1:4000
Ät.: Mutation im Neurofibromin-Gen (17q11.2, Tumorsuppressorgen).
Erbgang: Autosomal-dominant erblich, in 50 % Neumutation. Fast 100 % Penetranz, Expressivität sehr variabel.
Manifestationen: Cafe-au-lait-Flecken (> 5 %), axilläre/inguinale Sommersprossen, Keilbeinflügeldysplasie, LISCH-Knoten in der Iris, multiple periphere Neurofibrome (30 %), andere Tumoren wie Optikusgliom, Aderhauthamartome, melanozytäre Tumoren, möglich, darunter maligne Tumoren bei 4 % der Patienten! Erhöhtes Risiko für Aneurysem (Neurofibromin-Mangel).
Siehe auch: Übersicht der Tumore bei NF1
Weblinks: OMIM - Neurofibromatosis type I (NF1)
Neurofibromatose Typ 2
BearbeitenEp.: 1:30.000-1:40.000, 10 mal seltener als NF1
Erbgang: Autosomal-dominant erblich
Ät.: Mutation im Schwannomin-Gen (22q12, Tumorsuppressorgen).
Manifestationen: Zentrale Neurinome, typisch beidseitiges Akustikusneurinom (85 %), Meningeome (Merke: MISM - Multiple intrakranielle Schwannome und Meningeome), > 40% juvenile posterior-subkapsuläre Katarakt, Meningeoangiomatosen.
siehe auch: Übersicht der Tumore bei NF2
Weblinks: OMIM - Neurofibromatosis type II
Tuberöse Hirnsklerose
BearbeitenSyn.: Morbus PRINGLE-BOURNEVILLE, tuberous sclerosis
Ät.: Mutationen in den Genen TSC1 (9q34), TSC2 (16p13), TSC3 oder TSC4. Autosomal-dominanter Erbgang.
Makro: Vergrößerte, verbreiterte, weißere/hellere Gyri von fester Konsistenz umrahmt von normalen Gyri, verstrichene Mark-Rinden-Grenze, intraventrikuläre Raumforderungen.
Klinik: Mentale Retardierung, Epilepsie (BNS-Krämpfe), hypopigmentierte Hautareale (Leukoderme) des Rumpfes, KOENEN-Tumoren (Nagelfalzfibrome), Adenoma sebaceum (Angiofibrome), gehäuft Rhabdomyome im Herzen, Angiomyolipome, intraventrikulär: Subependymale Riesenzellastrozytome.
Weblinks: OMIM - Tuberous sclerosis
VON HIPPEL-LINDAU-Syndrom (VHL)
BearbeitenSyn.: Retino-zerebelläre Angiomatose
Ep.: 1:40.000, 3. Lebensdekade
Erbgang: Autosomal-dominant erblich.
Ät.: Versch. Mutationen bekannt.
Manifestationen: Retinale Hämangiome und Hämangioblastome (20 %), Netzhautablösung, unbehandelt Gefahr der Erblindung. Zerebelläre Hämangioblastome, Nierenzellkarzinome (25 - 45 %), Pankreaszysten, Phäochromozytome, Polyzythämie.
Siehe auch: Übersicht der Tumore bei VHL
Weblinks: OMIM - Von Hippel-Lindau syndrome
STURGE-WEBER-Weber-Syndrom
BearbeitenSyn.: Angiomatosis encephalofacialis, Encephalo-trigeminale Angiomatose, meningofasziale Angiomatose
Erbgang: I.d.R. sporadisch, autosomal-dominante Mutation im Mosaik, Lokalisation auf Chr.9p21.
Klinik: Nävus flammeus („Portwein-Nävus“) im Gesicht und Schädel meist im Bereich HN.V1, einseitig mit Zunahme der Intensivität. Katarakte des Auges, Hemiparesen, choroidales kavernöses Hämangiom, Epilepsie.
Histo: Angiome der Leptomeningen, des Gesichtes, der Choroidea
Wikipedia: Sturge-Weber-Syndrom
Weblinks: OMIM - Sturge-Weber syndrome
KLIPPEL-TRENAUNAY-Syndrom
BearbeitenErbgang: I.d.R. sporadisch, autosomal-dominante Mutation im Mosaik.
Klinik: Venöse Malformationen, seltener auch der Lymphgefäße (Shunts, AV-Fisteln). Naevus flammeus und Längenriesen- oder -minderwuchs der betroffenen Körperregionen (Extremitäten). Schwere Durchblutungsstörungen, zum Teil enorme Schwellungen der Extremitäten.
Weblinks: OMIM - Klippel-Trenaunay-Weber syndrome
Fehlbildungen
BearbeitenNeuralrohrdefekte
Bearbeitenneural tube defect
Syn.: Dysraphische Störungen
Ep.: 1:1000 (Mitteleuropa) bis 8:1000 (Irland)
Ät.: Genetische Prädisposition (homozygote MTHFR-Mutation), Folsäuremangel in der Frühschwangerschaft.
Formen:
- Rücken: Spina bifida - „Offener Rücken“ (oft kaudal, Neuroporus posterior)
- Spina bifida occulta - Wirbel ist hinten offen, darüber evtl. Behaarungsanomalien. Meist asymptomatisch.
- Meningozele - Aussackung der Rückenmarkshäute. Keine neurologische Störungen.
- Meningomyelozele - Aussackung der Rückenmarkshäute und Rückenmark -> Neurologische Störungen möglich (Blasen- und Mastdarmstörungen, Lähmungen).
- Rachischisis - Fehlende Einstülpung des Rückenmarks zum Neuralrohr -> Liquorverlust, Rückenmarksschädigung -> Neurologische Störungen.
- Syringomyelie (primäre Form) - Pathologische Erweiterung des Zentralkanals mit Schädigung der Schmerzbahnen -> Dissoziierte Empfindungsstörung mit Schmerzunempfindlichkeit
- Gehirn:
- Meningozele - Aussackung der Hirnhäute
- Meningoenzephalozele - Aussackung von Hirnhäute mit darin enthaltenem Hirngewebe
- Anenzephalie - Fehlender Verschluß des Neuroporus anterior -> Fehlen von Schädel-, meningealen Anteilen und großen Teilen des Gehirns (Fruchtwasser ist neurotoxisch). Polyhydramnion (fehlender Schluckreflex). Überleben max. wenige Tage nach Geburt.
- DANDY-WALKER-Syndrom - Kleinhirnwurmhypoplasie/-aplasie und große Zyste in der hinteren Schädelgrube.
- ARNOLD-CHIARI-Fehlbildung - Hypoplastische hintere Schädelgruppe, Kleinhirnverlagerung durch das Foramen magnum.
- Typ I: Kleinhirntonsillenherniation, Syringomyelie, occipitale Dysplasie
- Typ II: Vermis-Herniation, Hirnstamm-Displacement, lumbale Spina bifida
- Typ III: Cerebello-Encephalocele
D.:
- Sonographie i.R.d. Schwangerschaftsvorsorge.
- Triple-Test (α-Fetoprotein, β-hCG, freies Estriol).
- Amniozentese: α-Fetoprotein (AFP) und Acetylcholinesterase (ACHE) erhöht.
Proph.: Folsäure-Supplementierung vor Geburt und in der Frühschwangerschaft.
Tethered-Spinal-Cord-Syndrom
BearbeitenSyn.: Occult Spinal Dysraphism Sequence
Ät.: Assoziiert mit der Spina bifida.
Pg.: Das Filum terminale ist über einen fibrösen Strang mit der Rückenmarkshaut verbunden -> Zugwirkung auf das Myelon während des Wachstums, Konus-Tiefstand -> LWS-Schmerzen, Zunehmende Lähmungen der unteren Extremität, Inkontinenz.
Holoprosencephalie
Bearbeitenholoprosencephaly
Ät.: Gehäuft bei Trisomien
Variables Fehlen der Ventrikelausbildung:
- alobär: Holosphäre, kann mit Zyklopie vergesellschaftet sein
- semilobär: Mikrozephalus, Interhemisphärenverbindungen
- lobär: Cingulosynapsis, d.h. Verbindungen oberhalb des Corpus callosum
Makro: Fehlende Trennung der Hemisphären, Arhinenzephalie, Balkenagenesie, Verwachsung von Hirnanteilen in der Mittellinie, oft faziale Defekte.
Lissencephalie
Bearbeitenlissencephaly
Makro: Fehlende Gyrierung
- Liss. Typ I: 4-schichtiger Neocortex, verdickte Rinde
- Liss. Typ II: Cerebrokuläre Dysplasien, meist mit Cele assoziert
Polymikrogyrie
BearbeitenMakro: Exzessive Gyrierung des Gehirns, entweder fokal oder global mit vergrößerten Ventrikeln
Histo: Verdickter Cortex, Neuronale Heterotopien
Hemimegalenzephalie
BearbeitenMakro: Vergrößerung einer Hemisphäre mit diffuser Verdickung der Gyri.
Kompl: therapierefrektäre epileptische Anfälle
Gefäßfehlbildungen
BearbeitenGefäßfehlbildungen werden nach Kaliber, Konfiguration und histologischem Aufbau der Gefäße unterteilt. Übergangsformen zwischen den einzelnen Gruppen sind bekannt. In solchen Fällen ist die Bezeichnung "komplexe Fehlbildung" mit Beschreibung der beteiligten Malformationen hilfreich.
Kapilläre Telangiektasie
BearbeitenAggregate dünnwandiger, ektatischer Gefäße mit dem Bild dilatierter Kapillaren die einzeln im Hirnparenchym liegen. Dieses zeigt keine gliotische Veränderungen.
Venöses Angiom
BearbeitenLockere oder kompakte Konglomerate venöser Gefäße.
Cavernöses Angiom
Bearbeitencavernoma
Lok: Leptomeningen, Hirnparenchym
Ep: Frauen häufiger als Männer betroffen
Genetik: familiäre Häufungen bekannt.
Histo: Kompakter Nidus pathologischer miteinander verwobener Gefäße, die von einem Hämosiderin-Saum umgeben sind. Chronische Läsionen können Verkalkungen aufweisen. Die hyalinisierten vaskulären Kanäle zeigen deutliche Kalibersprünge und kommen oft Rücken an Rücken zu liegen.
Prg: Risiko spontaner Blutungen wird mit 1% pro Läsion und Jahr angegeben.
Ko: Epilepsien, Blutungen
Arterio-venöse Malformation (AVM)
BearbeitenLok: Meist supratentoriell, aber auch Fälle des Rückenmarkes bekannt
Genetik: AVMs können beim Wyburn-Mason-Syndrom und Rendu-Osler-Weber-Syndrom auftreten.
Ep: langsam wachsend, im 50-60 Lj. oft symptomatisch durch Anfälle und Blutungen
Histo: Knäul arterieller und venöser Gefäße mit direkten Shuntverbindungen. Das dazwischenliegende Parenchym zeigt gliotische Veränderungen und Hämosiderinablagerungen. In den Gefäßen kann Embolisationsmaterial vorliegen. In diesen Fällen können sekundäre Fremdkörperreaktionen mit Riesenzellen beobachtet werden. Bestrahlte Konglomerate imponieren fibrotisch.
Prg: Blutungsrisiko: zwischen 2-4% pro Patientenjahr
Leptomeningeale Angiomatose
BearbeitenEine ausgeprägte Vermehrung der kleinen leptomeningealen Gefäße sowie eine Verkalkung des darunterliegenden Hirnparenchyms findet sich vor allem bei der Sturge-Weber-Erkrankung. Das subpiale Gewebe zeigt reaktive Veränderungen (Chaslin-Gliose).
Kortikale Dysplasien
BearbeitenKortikale Dysplasien manifestieren sich häufig durch prolongierte therapierefrektäre epileptische Anfälle im Kindes und Erwachsenenalter. In der Bildgebung imponiert der Cortex verdickt, die Rinden-Mark-Grenze unscharf und das angrenzende Marklager kann auf T2-gewichteten Aufnahmen Hyperintensitäten zeigen.
Histologisch zeigen sich neuronale Migrationsstörungen mit Störungen in der normalen Kortexschichtung. Die neuronalen Zellfortsätze sind nicht immer regelhaft zum Kortex hin ausgerichtet, es können große Zellen mit balloniertem, glasigem Zytoplasma auftreten. Es gibt unterschiedliche Einteilungsmodalitäten, die bekannteste ist die nach Palmini.
Microdysgenesien
BearbeitenMikroskopische Cluster abnormaler kortikaler Neurone oder Oligodendroglia-ähnlichen Zellen finden sich in einzelnen Proben, welche epilepsiechirurgisch entfernt werden. Eine fokale Kombination beider Zellpopulationen wird auch als glioneuronale Hamartie bezeichnet.
Hypothalamisches Hamartom
BearbeitenGelastische Anfälle oder endokrinologische Störungen können durch hypothalamische Hamartome verursacht werden. Resektionspräparate dieser nodulären Läsion zeigen histologisch Anteile von normalem Hypothalamusgewebe mit großen reifen Ganglienzellen diffus in Clustern verstreut. In dem dazwischenliegendem Neuropil kann eine geringe reaktive Astrogliose vorliegen. Im Gegensatz zu einem Gangliogliom mit seinen dysmorphen Neuronen liegen hier keine Mikrozysten, Eosinophilic granular bodies oder perivaskuläre lymphozytäre Infiltrate vor.
Zysten
BearbeitenTabellarische Übersicht über die wichtigesten Unterschiede der einzelnen cerebralen Zysten:
Enterogene Zyste | Neuroepitheliale Zyste | Plexus choroideus Zyste | Arachnoidale Zyste | Dermoidzyste | |
---|---|---|---|---|---|
Histo | kubisch bis zylindrisch, Zilien oder Becherzellen möglich | kubisch bis zylindrisch, meist Zilien | kubisch, keine Zilien | meningeale Deckzellen | verhornendes Plattenepithel |
Immuno | GFAP neg, S100 neg, EMA pos | GFAP pos, S100 pos, NFP pos/neg | GFAP neg, S-100 pos, EMA pos | GFAP neg, S100 neg | GFAP neg, EMA pos |
Basalmembran Bindegewebe | vorhanden | fehlt | vorhanden | vorhanden | vorhanden |
Epidermoidzyste
BearbeitenSyn: Epidermale Zyste, pearly tumour
Lok: Kleinhirnbrückenwinkel, parahyophysär, Diploe, Os petrosum (Cholestatom)
Klinik: 40-50 Lj, selten Koexistenzen mit Spina bifida
Makro: glatt begrenzt, perlmuttartig, gelegentlich verkalkt
Histo: einschichtiges Plattenepithel auf kollagener Membran mit reichlich Hornabschilferungen
Dermoidzyste
BearbeitenKlinik: 20-30 Lj, da Ölsekretion der Drüsen für früheren Beginn der Symptomatik verantwortlich, Entstehung wie Dermalsinus als ektopen Einschlüssen während der Neuralrohbildung.
Lok: Hintere Schädelgrube, Schädelbasis, Vermis, Spinalkanal
Histo: einschichtiges Plattenepithel, darunter Dermis mit Haarfollikeln, Schweißdrüsen
Enterogene Zyste
BearbeitenSyn: neuroenterische, bronchogene, epitheliale Zyste
Lok: intradural, extramedullär, fast immer anterior gelegen aufgrund abnormer Einlagerung von Endoderm in Ektoderm
Histo: kubisches/hochprismatisches Epithel mit einzelnen Becherzellen auf einer dünnen kollagenen Membran.
Immuno: Zytokeratin, CEA, EMA sind positiv, gelegentlich CK7, TTF1, CK5, S-100 bei Negativität für CK20.
Kolloidzyste
BearbeitenLok:3. Ventrikel, Foramen monro
Histo: Flimmerepithel (Metaplasie möglich) auf dünner kollagenen Membran, Zysteninhalt aus PAS-positiven amorphen, kolloidalen Material
Immuno: Zytokeratin und GFAP-positiv
Arachnoidalzyste
BearbeitenLok: kongenitale liquorgefüllte Anomalie meist intrakraniell in der mittleren Schädelgrube
Histo: Arachnoidadeckzellen auf einer glatten Membran kollagenen Gewebes
Immuno: EMA und Progesteronrezeptor positiv, während GFAP und S-100 negativ sind
Neuroepitheliale Zyste
BearbeitenSyn: ependymale, glioependymale Zyste
Lok: meist IV Ventrikel, insgesamt sehr selten
Histo: Von Ependym überkleidete dünne Membran aus Neuropil
Immuno: Nachweis von S-100, GFAP bei Negativität von panCK und EMA.
Prä- und Perinatalschäden des ZNS
BearbeitenIntrauterin:
- Porenzephalie (zystische, trichterförmige Substanzdefekte im Marklager): Nekrose ohne angrenzende Gliose, meist ischämischer Ursache, selten auch Mutationen in Kollagen 4A1.
- Schizenzephalie: Spaltverbindung zwischen Ventrikeln und Subarachnoidalraum, kann mit Polymikrogyrie am Rand vergesellschaftet sein. Bis zu 17% asymptomatische Fälle.
- Hydranencephalie (Schädelhöhle und dünne Resthirnschicht komplett mit klarer Flüssigkeit gefüllt), - Ät.: Z.B. intrauterine Okklusion einer hirnversorgenden Arterie. Durchleuchtung der leeren Schädelhöhle möglich.
Perinatal:
- Morbus LITTLE/Infantile Zerebralparese/„frühkindlicher Hirnschaden“ - Ät.: Hypoxie unter der Geburt, Klinik: Strabismus, Ataxie, Spastik, kognitive Beeinträchtigung.
- Periventrikulär-subependymale Einblutung (Germinal matrix hemorrhage) - Ät.: Zerebrale Minderperfusion. RF: Frühgeburt < 35. SSW und < 1500 g. Klinik: Spastische Diplegie. Beginn meist wenige Stunden nach Geburt. Kompl.: Ventrikeleinbruch (sehr schlechte Prognose).
4 Stufen der Blutung nach Papile: Grad 1: nur Ganglienzellhügel, Grad II: intraventrikulär ohne Dilatation, Grad III: intraventrikulär mit Dilatation, Grad IV: mit Ruptur und EInblutung in die umgebende weisse Substanz
- Zystische Enzephalomalazie (Multizystische Enzephalopathie): Ausgeprägte perinatale hypoxische-ischämische Schädigung mit Ausbildung von Kavitäten, welche mit Flüssigkeit, Detritus und Makrophagen gefüllt sind.
- Ulegyrie: gyrale Atrophie durch ausgeprägtere hypoxische Schädigung in den tieferen Anteilen der Sulci
- Status marmoratus: Alternierende Bereiche von myelinisiertem Thalamus und Basalganglien und Gliose bei hypoxischer Schädigung.
- Pontosubikuläre Nekrose (selten): hypoxische Schädigung von Hippocampus und Pons, Pathogenese unklar.
Neonatal:
- Kernikterus: Starke Hyperbilirubinämie, z.B. bei Erythroblastose mit Übertreten des ungebundenen, unkonjugierten Bilirubins durch die Blut-Hirn-Schranke vor allem im Globus pallidus, Hippocampus und Nucleus subthalamicus.
- Hirnblutung bei Morbus haemorrhagicus neonatorum. Ät.: Vitamin K-Defizit.
- Periventrikuläre Leukomalazie: Ischämische Schädigung der weissen Substanz vor allem bei Frühgeborenen mit Sepsis und / oder kardiorespiratorischen Störungen, aber auch in utero möglich: eosinophile Axonschwellungen, Gliose, Kalzifikationen periventrikulär,
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