Pathologie: Ösophagus
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Angeborene und erworbene Fehlbildungen
BearbeitenÖsophagusatresie
BearbeitenDef.: Angeborener Verschluss oder Fehlen eines Stücks des Ösophagus, oft kombiniert mit einer oberen oder unteren Ösophagotrachealfistel.
Pg.: Embryonale Fehlentwicklung in der Frühschwangerschaft.
Einteilung nach VOGT:
Typ | Pathologie |
---|---|
I | Ösophagusaplasie, d.h. der Ösophagus fehlt (keine Luftansammlung im Magen). |
II | Ösophagusatresie ohne ösophagotracheale Fistel (keine Luftansammlung im Magen). |
IIIa | Atresie und ösophagotracheale Fistel zwischen oberem Ösophagussegment und Trachea, das untere Ösophagussegment endet blind. |
IIIb | Atresie und ösophagotracheale Fistel zwischen unterem Ösophagussegment und Trachea, das obere Ösophagussegment endet blind. Häufigste Form. |
IIIc | Atresie mit ösophagotrachealer Fistel am unteren und oberen Ösophagussegment. |
IV | Ösophagotracheale Fistel ohne Atresie (sog. H-Fistel). |
Klinik: Polyhydramnion, Husten bei den ersten Trinkversuchen, Speichelfluss.
Kompl.: Aspirationspneumonie, Exsikkose, Entgleisung von Elektrolyt- und Säure-Basen-Haushalt.
Achalasie
BearbeitenÄt.: Innervationsstörung des Ösophagus
Klinik: Kardiospasmus, Megaösophagus
Ösophagusvarizen
BearbeitenÄt.: Pfortaderhochdruck z.B. bei Leberzirrhose mit Expansion der Umgehungskreisläufe. (weitere Manifestationen: Caput medusae, Hämorrhoiden)
Kompl.: Lebensbedrohliche Blutung
Divertikel
BearbeitenAussackungen der Organwand
Pulsionsdivertikel oder „Pseudodivertikel“ bestehen nur aus der Mucosa und Submucosa und entstehen durch Druck von Innen, der die Schleimhat durch Schwachstellen der Muskulatur drückt. Vorkommen: Oberer Ösophagus (ZENKER-Divertikel, mit 70 % das häufigste) und am gastroösophagealen Übergang (10 %). Außerhalb der Speiseröhre z.B. im Colon als Colon-Divertikel.
Traktionsdivertikel oder „echte Divertikel“ bestehen aus allen Wandschichten und entstehen durch (Narben-)Zug von außen. Vorkommen: Mittlerer Ösophagus in Höhe der Bifurkation, z.B. bei vernarbender Mediastinaltuberkulose.
MALLORY-WEISS-Läsion
BearbeitenLängliche Schleimhauteinrisse am ösophagokardialen Übergang.
Ät.: Drucksteigerungen (Erbrechen, Husten, Pressen), Alkoholexzesse
Kompl.: Lebensbedrohliche Blutungen
Boerhaave-Syndrom
BearbeitenMaximalform der Mallory-Weiss-Läsion mit spontaner submuköser Zerreißung des Ösophagus, meist supradiaphragmal links-dorsal.
Ät.: Heftiges Erbrechen, meist bei Alkoholikern
Klinik: Plötzliches retrosternales Vernichtungsgefühl, Hämatemesis, Schock, Tachy- und Dyspnoe, Abwehrspannung im Oberbauch, Pneumothorax, zervikofaziales Hautemphysem, Mediastinalemphysem, evtl. subphrenische Luftsicheln.
Prg.: Letalität zwischen 20 und 40 %.
Ösophagitis
BearbeitenInfektiöse Ösophagitis
BearbeitenEp.: Infektiöse Ösophagitis fast nur bei Immundefizienz (marantische Patienten, Tumorkranke, Immunsuppression nach Transplantation).
Virale Ösophagitis
BearbeitenÄt.: HSV, CMV.
Makro: Multiple Ulzera, in allen Ösophagusabschnitten möglich.
Histo: Viruseinschlußkörperchen, Milchglaskerne, Entzündung, Erosion/Ulzeration.
Erreger und Klinik:
- HSV - Dysphagie, eher schmerzhaft
- CMV - Geringere Beschwerden
Soor-Ösophagitis
BearbeitenInfektion der Ösophagusschleimhaut durch Candida albicans. Zumeist bei Immunkompromittierten (Intensivpatienten, AIDS, Tumorpatienten, Patienten mit Endokrinopathien insbes. Diabetes mellitus), selten auch bei ansonsten gesunden Menschen.
Makro: Weiße, abwischbare/abziehbare Beläge.
Histo: Nachweis von Pseudohyphen (PAS-Färbung).
DD.: Eosinophile Ösophagitis.
Eosinophile Ösophagitis
BearbeitenÄt.: Allergisch-immunpathologisch.
Makro: Weiße Beläge, oft auch unauffällige Schleimhaut.
Histo: Eosinophile Infiltration.
D.: Biopsie im mittleren Ösophagusdrittel.
DD:
- Terminale Wundheilungphase z.B. bei Reflux, daher Biopsie im distalen Ösophagus nicht aussagekräftig.
- Infektionen mit z.B. Pilzen.
Klinik: Typische Allergikeranamnese, Dysphagie.
Gastroösophageale Refluxkrankheit (GERD)
BearbeitenSyn.: Refluxösophagitis
Ät.: Störung der ösophagealen Clearance (reduzierte Motilität, reduzierter Speichelfluss, Achalasie), Hyperazidität, Hypotonie des unteres Ösophagussphinkters, axiale Gleithernie, Mageninnendruckerhöhung, Magenentleerungsstörungen, Schwangerschaft, Rauchen, Alkohol.
Makro: Rötung, Ödem, Erosionen. Klinische Schweregrad-Einteilung nach SAVARY und MILLER vier Krankheitsstadien:
- I - Einzelne Erosionen (= Epitheldefekte).
- II - Longitudinal konfluierende Erosionen.
- III - Zirkulär konfluierende Erosionen, die die gesamte Zirkumferenz des Ösophagus einnehmen.
- IV - Komplikationen: Ulkus (die Läsion erreicht tiefere Wandschichten), Barrett-Ösophagus, Strikturen (Narbenstränge), Stenose (narbige Lumeneinengung).
Histo:
- Basalzellhyperplasie: Basalzellschicht > 15 % der Epitheldicke.
- Verlängerte Papillen reichen bis in das oberste Epitheldrittel.
- Interstitielles Ödem mit erweiterten Interzellularspalten.
Klinik: Asymptomatisch oder Sodbrennen, saures Aufstoßen, Dysphagie, evtl. Laryngitis (Heiserkeit), Bronchitis, Asthma, Zahnschäden.
Kompl.: Obere GI-Blutung (chron. Eisenmangelanämie), Narben, Strikturen, BARRETT-Ösophagus, Adenokarzinom.
Plattenepithelpapillom
BearbeitenÄt.: HPV-assoziiert.
Histo: Polypoide fingerförmig verzeigte Läsionen, bestehend aus vaskularisiertem Bindegewebe und überkleidet von unauffälligem „benignem“ Plattenepithel.
Verh.: Benigne.
BARRETT-Ösophagus
BearbeitenBARRETT's mucosa
Syn.: BARRETT-Mucosa, BARRETT-Schleimhaut
Def.: Intestinale Zylinderepithelmetaplasie im distalen Ösophagus, d.h. das Plattenepithel ist durch ein Zylinderepithel ersetzt.
Embryologie Ösophagusschleimhaut:
- Ab 3. Monat - Zylinderepithel
- Ab 4. Monat - Schleimbildendes Epithel
- Ab 6. Monat - Mehrreihiges Epithel
- Ab Geburt - Mehrschichtiges Plattenepithel, Reste von Zylinderepithel
Ep.: Zunehmende Inzidenz, w : m = 1 : 4,3
Lok.: Distaler Ösophagus
Ät.: Chronischer Reflux von Magensäure (, Galle)
Pathogenese: Vermutlich Differenzierungsänderung der lokalen Stammzellen (Metaplasie).
Makro: Rötliche lachsfarbene Läsionen die zirkulär oder zungenartig nach oral hin in die normale weißliche Ösophagusschleimhaut hineinreichen.
Histo der BARRETT-Schleimhaut:
- Flaches „schlampig gebautes“ Zylinderepithel.
- Meist inkomplette intestinale Metaplasie - In das Epithel eingelagerte Becherzellen und Prä-Becherzellen (Darstellung mit der Alcian-Färbung), selten komplett mit Bürstensaum und PANETH-Körnerzellen.
- Basal Reste irregulärer Cardia-Drüsen.
- Häufig doppelte Muscularis mucosae.
Formen:
- Ca. 15 % Long-segment-BARRETT-Ösophagus (> 30 mm)
- Ca. 80 % Short-segment-BARRETT-Ösophagus (< 30 mm)
- Ca. 5 % Ultrashort-segment-BARRETT-Ösophagus (nur mikroskopisch fassbar)
DD.:
- Intestinale Metaplasie der Kardia (CIM) - Höher aufgebaute Schleimhaut, komplette intestinale Metaplasie (In das Epithel eingelagerte Becherzellen, Bürstensaum, evtl. PANETH-Körnerzellen am Drüsengrund), angrenzend normale Kardia- oder Corpus-Schleimhaut.
- Ektope Magenschleimhaut
Kompl.: BARRETT-Ulkus, low-grade und high-grade intraepitheliale Neoplasie (früher: Dysplasie), BARRETT-Adenokarzinom (häufiger bei long-segment-BARRETT). Die BARRETT-Mucosa gilt somit als präkanzeröse Kondition.
Geringgradige (low-grade) intraepitheliale Neoplasie (IN) der BARRETT-Mucosa
BearbeitenMikro:
- Weitgehend erhaltene Architektur der Krypten
- Becherzellverlust
- Weitgehend erhaltene Zellpolarität (basal gelegene Zellkerne)
- Verschiebung der Kern-Plasma-Relation zugunsten des Kerns mit Ausbildung stäbchenförmiger hyperchromatischer Zellkerne („Stäbchenepithel“).
- Fehlende Ausreifung nach luminal
- Abrupter Übergang vom dysplastischen zum normalen Epithel
DD Regeneratorisch veränderte BARRETT-Mucosa:
- Ausreifung nach luminal
- Fließender Übergang zwischen verändertem und normalen Epithel
Hochgradige (high-grade) intraepitheliale Neoplasie (IN) der BARRETT-Mucosa
BearbeitenMikro:
- Deutliche Störung der Kryptenarchitektur mit Ausbildung von Knospen und Verzweigungen („budding and branching“).
- Becherzellverlust
- Verlust der Zellpolarität (Zellkerne auch zentral und apikal)
- Verschiebung der Kern-Plasma-Relation zugunsten des Kerns mit Ausbildung hyperchromatischer pleomorpher Zellkerne.
- Prominente Nukleolen
- Mitosen häufiger und teilweise atypisch (z.B. tripolare Mitosen)
- Fehlende Ausreifung nach luminal
- Abrupter Übergang vom dysplastischen zum normalen Epithel
DD.: Invasives Adenokarzinom
Ösophaguskarzinom
BearbeitenFormen und RF:
- Plattenepithelkarzinom - RF: Malnutrition, Alkohol, Rauchen, Arbeiter
- Adenokarzinom inklusive BARRETT-Karzinom- RF: Adipositas, Reflux, Akademiker, BARRETT-Ösophagus
Lok.: Das Adenokarzinom findet sich meist distal (siehe BARRETT-Karzinom), Plattenepithelkarzinome häufiger an der mittleren und oberen Ösophagusenge.
Makro: „Rote Flecken“, Anfärbung mit Methylenblau.
Mikro: Atypien, hyperämische Gefäße, invasives Wachstum.
BARRETT-Karzinom
BearbeitenAdenokarzinom im Bereich des distalen Ösophagus auf der Grundlage einer BARRETT-Schleimhaut.
Pg.: Vermutlich Reflux-induziert.
Mikro:
- High-grade intraepitheliale Neoplasie mit:
- Ausgeprägte Verzweigung der neoplastischen Drüsen mit Kalibersprüngen
- Dissoziation neoplastischer Zellgruppen
- Infiltratives Wachstum
- Einbrüche in das Blut- oder Lymphgefäßsystem
Literatur
Bearbeiten- Faller G et al. “Histopathologische Diagnostik der Barrett-Schleimhaut und ihrer Neoplasien - Ergebnisse einer Konsensus-Konferenz der Arbeitsgemeinschaft "Gastroenterologische Pathologie der Deutschen Gesellschaft für Pathologie" am 22. September 2001 in Erlangen”. Pathologe, 24(1):9-14, Feb 2003. PMID 12601473 -- Faller G et al. “Histopathological diagnosis of Barrett's mucosa and associated neoplasias: results of a consensus conference of the Working Group for Gastroenterological Pathology of the German Society for Pathology on 22 September 2001 in Erlangen”. Virchows Arch., 443(5):597-601, Nov Epub 2003 Sep 24 2003. PMID 14508684
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