Pathologie: Störungen der Blut- und Liquorzirkulation


Intrakranielle Drucksteigerung

Bearbeiten
 
Folgen einer Drucksteigerung infolge eines rechtsseitigen Mediainfarktes

Syn.: „Hirndruck“, Hirnödem

Ät.: SHT (Hirnödem, Blutung), metabolisch-toxisch (Hirnödem), Tumor, Einblutung, Enzephalitis, Meningitis, Sinusvenenthrombose, Hydrozephalus, Pseudotumor cerebri.

Pg.: Gemeinsame Endstrecke verschiedener Erkrankungen mit raumforderndem Effekt bei begrenztem Platzangebot.

Folgen: Mechanische Einklemmung, Ischämie.

Makro: Die Gyri sind verbreitert, die Sulci verstrichen. Der Gyrus cinguli wird an und unter die Falx cerebri gepresst, es kommt zur Herniation zur Gegenseite mit Ventrikelkompression und midline-shift. Die Herniation des mediobasalen Temporallappens (Uncus, Gyrus parahippocampalis) an der Tentoriumkante Richtung hintere Schädelgrube führt zur Mittelhirnkompression. Auf der Gegenseite kommt es am am Mittelhirn zu Drucknekrosen (KERNOHAN's notch). Im Hirnstamm treten Verschiebeblutungen auf. Die Einklemmung der Kleinhirntonsillen im Foramen magnum (untere Einklemmung) ist bei der Autopsie als Kleinhirndruckkonus zu sehen.

Klinik: Kopfschmerzen, Übelkeit, Erbrechen, Wesensveränderung, Bewusstseinstrübung bis -verlust, Tachykardie/Bradykardie, Atemstörungen, Abklemmung des N. abducens (Abduzensparese) und/oder N. oculomotorius (Okulomotoriusparese: Mydriasis + Ptose), Stauungspapille, Singultus, zentrale Parese kontralateral aber auch ipsilateral (KERNOHAN's notch!) möglich, Streckkrämpfe des Extremitäten (bei Mittelhirnabklemmung), bds. positives BABINSKI-Zeichen, Hirntod (Ausfall sämtlicher Hirnstammreflexe, Null-Linien-EEG).

Hydrozephalus

Bearbeiten
 
Hydrozephalus internus (links) vs. normale Ventrikelweite (rechts).

Erweiterung der inneren und/oder äußeren Liquorräume.

Ät.: Liquorzirkulationsstörungen, Liquor-Überproduktion oder gestörte Resorption. Folge ist die Atrophie des Hirngewebes.

Pg.:

  • Hydrozephalus occlusus/obstructivus - Ät.: Fehlbildungen (Aquaeduktstenose).
  • Hydrozephalus hypersecretorius - Ät.: Plexushyperplasie, -papillom, Entzündungen, Intoxikation.
  • Hydrozephalus malresorptivus - Ät.: Nach bakterieller Meningitis, Blutung.
  • Normaldruckhydrozephalus (NPH) - Ät.: Abflußstörung. Ep.: Höheres Lebensalter. Kl.: Trias aus dementiellem Syndrom, Urininkontinenz und Gangstörung.

Deskriptive Klassifikation:

  • Hydrozephalus internus - Expansion der Ventrikel (eher obstruktiv oder NPH)).
  • Hydrozephalus externus - Expansion des Subarachnoidalraums (eher malresorptiv).
  • Hydrozephalus communicans - Kombination
  • Hydrozephalus e vacuo - Primär Hirnatrophie und sekundäre Auffüllung des freien Raumes mit Liquor.

Klinik: Beim Säugling aufgrund noch nicht verknöcherter Schädelnähte erhöhter Kopfumfang, vorgewölbte Fontanelle, Sonnenuntergangsphänomen, Entwicklungsverzögerung, Unruhe, schrilles Schreien, Stauungspapille, Strabismus. Bei verschlossenen Schädelnähten Kopfschmerzen, Erbrechen, Stauungspapille und Verhaltensänderung. Die Herniation führt zu Bewußtlosigkeit, Mydriasis, Atemlähmung und Streckkrämpfen.

Therapie:

  • Temporär: Externe Ventikeldrainage (EVD).
  • Permanent: Ventrikuloperitonealer oder ventrikuloatrialer Shunt.

Pseudotumor cerebri

Bearbeiten

Benigne intrakranielle Hypertonie.

RF.: Adipositas.

Klinik: Kopfschmerzen, Übelkeit, Erbrechen, Stauungspapille, Sehstörungen, erhöhter Liquordruck.

Sinusvenenthrombose

Bearbeiten

Ät.:

  • Septisch (Meningitis, über die V. angularis fortgeleitete Infektionen aus dem Gesicht)
  • Postpartal!
  • Thrombophilie, Polyzythämie

Pg.: Gerinnselbildung in einem der intrakraniellen großen venösen Blutleiter.

Klinik: Hirndruckzeichen wie Kopfschmerzen, Übelkeit, Krämpfe, Bewusstseinsstörungen, Hemiparese, epileptische Anfälle.

Hirnblutung

Bearbeiten

Epidurales Hämatom

Bearbeiten
 
CT eines epiduralen Hämatoms

epidural hematoma

Ät.: Traumatische Ruptur der A. meningea media (85 %).

CT: Hyperdenser bikonvexer Prozess.

Klinik: Freies Intervall zwischen primärer Bewußtlosigkeit und sekundärer Eintrübung (33 %), kontralaterale Mydriasis bei kontralateralem Klivuskantensyndrom (10 %). Anisokorie, ipsilaterale Mydriasis durch Abklemmung des N. oculomotorius an der Klivuskante, kontralaterale Herdsymptomatik, Kopfschmerzen, Übelkeit, Hirndrucksymptome.

Th.: Operative Entlastung.

Prg.: Letalität bei operativer Entlastung innerhalb von 2h: 17 %, bei adäquater Therapie erst nach 2h: bis 65 %!

Akutes subdurales Hämatom

Bearbeiten
 
Subdurales Hämatom, CT axial

subdural hematoma

„Polytrauma des Gehirns“

Ät.: Traumatische Ruptur von kortikalen Venen oder Brückenvenen, im Bereich von Kontusionsherden -> Venöse Sickerblutung. RF: Antikoagulation. Bei 10 % der schweren SHT.

CT: Halbmondförmiger hyperdenser Prozess.

Klinik: Rascher Hirndruckanstieg, primäre Bewusstlosigkeit, Mydriasis, Lähmungen.

Chronisches subdurales Hämatom

Bearbeiten
 
Subdurales Hämatom, HPS.

Ät.: Traumatische Ruptur von kortikalen Venen oder Brückenvenen zwischen Dura und Arachnoidea, bes. bei alten Menschen (Hirnatrophie, Hydrocephalus ex vacuo) und oft nach Bagatelltrauma -> Venöse Sickerblutung -> Osmotische Schwellung des Hämatoms. RF: Antikoagulation.

CT: Halbmondförmiger hyperdenser Prozess, meist konkav.

Klinik: Unspezifisch („großer Imitator“). Kopfschmerzen, Desorientierung, Wesensänderung, Gedächtnis-, Vigilanz-, Sprachstörungen, Hemiparese.

Th.: Entlastung z.B. durch Trepanation.

Subarachnoidalblutung (SAB)

Bearbeiten

subarachnoid hemorrhage

Ep.: Inzidenz: Ca. 10/100.000/a

Besonderheit der Hirnbasisarterien: Nur eine Elastica, geringer Umgebungsdruck, die komplexe embryologische Entwicklung der Hirnbasisarterien (Circulus arteriosus WILLISII) erhöht das Risiko von Malformationen.

Ät.: Ursache einer SAB ist meist die Ruptur eines kongenitalen Hirnbasisarterienaneurysmas (80 %), am häufigsten am R. communicans anterior bzw. an der A. cerebri anterior, seltener liegt eine Blutung von Gefässmalformationen (Angiom) vor. Selten Dissektion, Vaskulitis, traumatisch. Assoziation mit folgenden Erkrankungen: GSD2 (Morbus Pompe), ADPKD.

RF für eine Blutung: Kombination Rauchen + Hypertension (15x Risiko), Alkohol.

Klinik: Schlagartiger Vernichtungskopfschmerz, Meningismus (Übelkeit/Erbrechen, Lichtscheu, Nackensteifigkeit), ev. Bewußtseinsstörung, neurologische Herdsymptome, vegetative Begleitreaktion, TERSON-Syndrom (Glaskörperblutungen). Klinische Schweregrad-Einteilung nach HUNT und HESS und Glasgow Coma Scale (GCS).

Kompl.:

  • Früh: Hirndruckanstieg, Rezidivblutung.
  • Spät: Vasospasmus -> Ischämie/Hirnödem, Hydrozephalus durch Verklebungen im Subarachnoidalraum.

Th.:

  • Blutungsstillung und Verhindern der Rezidivblutung:
    • Neurochirurgisch: Clipping.
    • Interventionell: Coiling.
  • Vorbeugung des Vasopasmus: Triple-H-Therapie (Hypervolämie, Hypertonie, Hämodilution) mit HAES und Katecholaminen.
  • Schmerztherapie.

Siehe auch:   Medizinisches Glossar

 
SAB im CT, Blut stellt sich hyperdens in den basalen Zisternen dar.
 
Aneurysma der A. cerebri media, 3D-Rekonstruktion, CT .
 
Aneurysma, intraoperativer Befund.
 
Aneurysma, intraoperativer Befund nach Clipping.
 
Xanthochromer Liquor bei SAB
 
Siderophagen in der Liquorzytologie

Intrazerebrale Blutung (ICB)

Bearbeiten

Ät.:

  • Hypertensive Mikroangiopathie. Typische Lokalisation wegen hohem Druck und ungünstigen Strömungsverhältnissen (rechtwinklig abknickende Endarterien) in den laterale Basalganglien, ferner Thalamus, Pons, Cerebellum.
    • Status lacunaris - multiple kleine pseudozystische Mikroinfarkte (DD Status cribrosus - Erweiterung der perivaskulären Räume durch Hirnparenchymschwund)
  • Angiome
    • Arterielle Malformation
    • AV-Fistel
    • AV-plexiforme Malformation
    • AV-plexiforme Mikro-Malformation
    • Kavernöse Malformation
    • Kapilläre Teleangiektasie
  • Aneurysma
  • Zerebrale Amyloidangiopathie (βA4-Amyloidose). Mikro der Gefäße: Doppellumen, Homogenisierung. Betroffen sind die leptomenigealen und kortikalen Arterien. -> Einblutung kortikal/subkortikal.
  • Tumor
  • Gerinnungsstörungen z.B. bei leukämischer Blastenkrise (Sludge, Hypoxämie), Leberzirrhose oder Cumarinisierung
  • Infektion
 
Hypertensive ICB, hier Thalamus-Blutung mit Ventrikeleinbruch und Hydrozephalus, CT axial.
 
Intraparenchymale Blutung mit hyalinisierten Gefäßen (HE) deutet auf eine Amyloidangiopathie als Ursache hin
 
Immunhistochemischer Nachweis von beta-Amyloid in den Gefäßen bei cerebraler Amyloidangiopathie als Ursache für die Blutung
 
Cerebrales Aneurysma
 
Extensive Tumorblutung bei einem embryonalen Carcinom

Hypoxie und Ischämie

Bearbeiten
  • Ischämie: Inadäquate Blutversorgung des ZNS (Unterscheidung fokale/territoriale Ischämie von globaler Ischämie).
  • Hypoxie: Verminderter Sauerstoffversorgung oder -verwertung des ZNS bei normalem Blutfluss.
  • Weitere Faktoren: Hypoglykämie, erhöhte Glutamatkonzentration (Exzitotoxizität)

Hypoxämie

Bearbeiten

Def: Verminderter Sauerstoffgehalt im Blut.

Ät: Restriktive oder obstruktive Lungenerkrankungen, verminderte Sauerstoffaufnahme (Aufenthalt in großen Höhen bspw. bei Bergsteigen), Anaphylaxie, Epiglottitiden.

Pathophysiologie: Die normale Sauerstoffextraktion des ZNS aus dem Blut (Hämoglobin) beträgt 28 %. Bei Hypoxämie erfolgt eine Kompensation über

  • a) Steigerung des Blutflusses (Hyperventilation),
  • b) Steigerung der Sauerstoffextraktion und - bei chronischer Dauer - durch
  • c) Steigerung der Hämoglobinkonzentration und damit der Sauerstoffbindungskapazität.

Bei Abfall des arteriellen Sauerstoffpartialdruckes unter 4kPa (30mmHg) im Gehirn kommt es zu reversiblen synaptischen Dysfunktionen, welche kognitive Störungen („high-altitude stupid“: HAS) verursachen können. Im ZNS können neue Kapillaren ausgebildet werden, die beim Abstieg in niedrigere Höhen durch Instabilitäten ein potentiell letales Hirnödem („high altitude cerebral edema“: HACE) verursachen können. Akute Hypoxie mit Abfall des Sauerstoffpartialdruckes unter 3 kPa (20 mmHg) ist in der Regel letal.

Transiente globale Ischämie

Bearbeiten

Ät: Herzstillstand, persistierende Hypotonie mit cerebralem Blutfluß unter 40 % der Normwerte.

Makro: Allgemeine Abblassungen, verwaschene Rinden-Markgrenzen.

Histo nach Schweregrad:

  • „Red neurons“ - Geschrumpfte eosinophile Neurone mit pyknotischen Zellkernen, bei kurzer Dauer/subletaler Hypoxie.
  • Selektiver Neuronenuntergang (Sektor CA1 des Hippocampus, Purkinjezellen des Kleinhirns, mittlere kortikale Schichten, thalamische Neurone sind am empfindlichsten).
  • Infarkt bei prolongierter Ischämie.

Prognose: Hypothermie und verminderter Blutglucose-Gehalt wirken protektiv, epileptische Anfälle verstärken nekrotische Schäden, Toleranzinduktion durch vorherige ischämische Präkonditionierung (kurze sublethale ischämische Episoden) möglich.

 
Ischämisch geschädigte Neurone, H&E.
 
Idem.
 
Idem.
 
Ein rotes Neuron zwischen normalen Neuronen.

Permanente globale Ischämie

Bearbeiten

Ät: Bei systemischer Perfusionsstörung, z.B. Schock, Reanimation, CO-Intoxikation (Bilateral-symmetrische Nekrosen im Globus pallidus, Pars reticularis der Substantia nigra), Hirnvenen-, Sinusthrombosen (Venöse Infarzierung blande, septisch), prolongierte Beatmung bei sistierender Perfusion („respirator brain“) bzw. Abfall des Perfusionsdruckes unter 6 kPa (45 mmHg): irreversibel (klinischer Hirntod).

  • -> Grenzzoneninfarkte bei inkompletter Ischämie.
  • -> Apallisches Syndrom (Untergang des Cortex cerebri, Stammhirn bleibt vital).
  • -> Hirntod (Nekrose des gesamten Gehirns).

Makro: Braune Verfärbung des Cortex, rote Verfärbung des Marklagers.

Histo: Keine reaktive Astrogliose, blasses Neuropil, leere Gefäße, Nekrose der Hypophyse.

Ischämie und apoplektischer Insult

Bearbeiten

Nach Pathogenese und morphologischem Korrelat lassen sich verschiedene Formen cerebrovasculärer Ischämien unterscheiden:

  • Transiente fokale Ischämie (transient ischemic attack: TIA): meist kleinere Embolien, neurologische Ausfälle unter 24 Stunden, reversibel.
  • Schlaganfall: Persistierende fokale Ischämie (Ät.: Perfusionsstörung im Bereich einzelner Hirngefäße durch Gefäßverschlüsse): Meist anämisch (80 %), seltener primär hämorrhagisch (15 %) - ICB, SAB, s.o.

Makro im Verlauf:

  • ab 12 h: Ablassung des Rindenbandes
  • wenige Tage: Erweichung
  • wenige Wochen: Zunehmende Schrumpfung und Gewebezerfall (Kolliquation)
  • mehrere Wochen bis Jahre: Residualer psudozystischer Hohlraum.

Histo im Verlauf:

  • Nach 1 Stunde: Neuronale Mikrovakuolationen,
  • 4 - 12 h: Eosinophilie, pyknotische Kerne,
  • 15 - 24 h: Neutrophileneinwanderung,
  • 2 Tage: Makrophageneinwanderung,
  • 5 Tage: Abflauen der Neutrophileninfiltration,
  • 1 Woche: Astrozytenproliferation (Astrogliose) um das Infarktareal.

Ursachen des Schlaganfalles:

  • Thromboembolisch - Oft große territoriale Infarkte, meist schlagartig (Häufigste Ursache: Vorhofthrombose bei Vorhofflimmern, das Schlaganfallrisiko bei VHF ohne Antikoagulation beträgt 7 (4 - 20) %/a. Weiterhin rupturierte Carotisplaques, Endokarditiden, Tumorembolien, Fettembolien bei Polytrauma, paradoxe Embolie bei peristierendem Foramen ovale).
  • Hämodynamisch
  • Makroangiopathie - Extrakranielle (Carotisstenose, Subclavian-steal-Phänomen) oder intrakranielle (Carotis-Siphon, A. cerebri media) Gefäßstenose. Weitere Faktoren: Arteriosklerose, kardialer Status (-> Perfusionsdruck), anatomische Gegebenheiten (variabler Circulus arteriosus WILLISII), Hämodynamik, Gerinnung, Blutrheologie. Verlaufsformen: TIA, RIND, PRIND, apoplektischer Insult. Morphologische Ausprägung: Keine (TIA, funktionell), elektive Parenchymnekrose (nur Neurone weg, Glia bleibt stehen), periventrikuläre-subkortikale Endstrominfarkte (Endarterien, „letzte Wiese“), Grenzzoneninfarkte (Grenzfläche zweier arterieller Versorgungsgebiete, „letzte Wiese“), Rindenbandnekrose, Territorialinfarkt.
  • Mikroangiopathie - Kleine lakunäre Infarkte, Status lacunaris (multiple Mikroinfarkte, wenn fortgeschritten klinisch vaskuläre Demenz bzw. subcortikale arteriosklerotische Enzephalopathie (SAE) = Morbus BINSWANGER).
  • Gefäßdissektionen z.B. der A. carotis interna - Kl.: Bei ACI-Dissektion nach Trauma z.B. kontralaterale Hemiparese, ipsilateral Lokalbeschwerden und HORNER-Syndrom.
  • Vaskulitisch (selten)

Klinik nach Topographie:

  • A. cerebri anterior - Beinbetonte Parese (erst schlaff, später spastisch), Inkontinenz, Frontalhirnsyndrom.
  • A. cerebri media - Somatomotorische Störungen, bilaterale Blickwendung zur Seite des Infarktes (frontales Blickzentrum), Aphasie, Apraxie (dominante Hemisphäre), klassisch: spastische Hemiparese (Lähmung Typ WERNICKE-MANN, Beugespastik des Arms und Streckspastik des Beins) mit zentraler Fazialisparese.
  • A. cerebri posterior - Hemianopsie
  • A. basilaris - Kleinhirnsymptome, Dysarthrie, Tetraparese, Sensibilitätsstörungen, Vertigo, HORNER-Syndrom, Pupillen- und Okulomotoriusstörungen, Gesichtsfeldausfälle u.a..
  • A. inferior posterior cerebelli (PICA) oder A. vertebralis: WALLENBERG-Syndrom - Ischämie der dorsolateralen Medulla oblongata. Klinik: Ipsilateral Horner-Syndrom (Sympathikus), dissoziierte Sensibilitätsstörung im Gesicht (Ausfall der protopathischen Schmerz- und Temperaturempfindung, Nucleus spinalis nervi trigemini), Gaumensegelparese (Nucleus ambiguus), Hemiataxie (Tractus spinocerebellaris anterior). Kontralateral dissoziierte Sensibilitätsstörung des Körpers (Ausfall von Schmerz- und Temperaturempfindung, Tractus spinothalamicus lateralis).
  • A. spinalis anterior - Paraparese/Tetraparese, Inkontinenz, dissoziierte Sensibilitätsstörung mit Ausfall der Empfindung von Druck (Tractus spinothalamicus anterior) und Schmerz- und Temperaturempfindung (Tractus spinothalamicus lateralis) bei erhaltener Oberflächensensibilität und bewusster Propriozeption (Hinterstrangbahnen).

Th.:

  • Thrombolyse im frühen Zeitintervall (nach Ausschluss einer Blutung) zur Rettung der noch vitalen Grenzzone (sog. Penumbra, tissue at risik).
  • Behandeln der RF (Bluthochdruck, Diabetes, Dyslipoproteinämie, Gerinnungsstörungen, HRST usw.).
  • Neurologische Frührehabilitation.
 
Demarkierender ischämischer Infarkt linksseitig
 
Versorgungsgebiete der cerebralen Arterien von lateral
 
Versorgungsgebiete von medial

Anämischer in Organisation befindlicher Hirninfarkt

Bearbeiten

Makro: Abblassung, Schrumpfung und Erweichung.

Histo: Kolliquationsnekrose mit zahlreichen Fettkörnchenzellen (Makrophagen), evtl. mit Hämosiderineinlagerung. Aktivierte Astroglia im Randbereich.

DD: Rindenprellung/Kontusionsherd.

 
Anämischer in Organisation befindlicher Hirninfarkt, H&E.
 
Idem.
 
Idem. Makrophagen.
 
Idem. Aktivierte Astroglia.

Anämischer organisierter Hirninfarkt

Bearbeiten

Makro: Lakunen, pseudozystische Hohlräume.

Histo: Substanzdefekt, im Randbereich mehr oder weniger zahlreich noch Fettkörnchenzellen (Makrophagen) mit meist eher spärlicher Hämosiderineinlagerung. Aktivierte Astroglia im Randbereich.

DD: Rindenprellung/Kontusionsherd.

Sonderformen

Bearbeiten
Hämorrhagischer Infarkt
Bearbeiten

Ät: Primär hämorrhagisch (15 % aller Schlaganfälle) oder ischämischer Infarkt mit sekundärer intrazerebraler Einblutung. Ursachen: siehe Abschnitt intrazerebrale Blutungen.

Histo:

  • Früh: Reichlich freies Blut. Nekrose. Aktivierte Astroglia im Randbereich. Makrophagen.
  • Spät: Subszandefekt. Reichlich Siderophagen. Aktivierte Astroglia im Randbereich.
 
Hämorrhagischer Infarkt
 
Hämorrhagischer Kleinhirninfarkt, Autopsiepräparat, H&E.
Venöse Infarzierung
Bearbeiten

Thrombosen der Sinusvenen (septisch, Schwangerschaft, Kontrazeptiva, Koagulopathien) Hämorrhagische Nekrose des darunterliegenden Hirnparenchyms. Ursachen: siehe Abschnitt Sinusvenenthrombose.

Koagulationsnekrose
Bearbeiten

Selten.

Ät.: Radiogen.

Cerebrovaskuläre Erkrankungen

Bearbeiten

Inflammatorische Gefäßerkrankungen haben einen eigenen Abschnitt im Kapitel Entzündliche ZNS-Erkrankungen. Gefäßmalformationen werden im Kapitel Angeborene ZNS-Erkrankungen abgehandelt.

FAHR-Syndrom

Bearbeiten

Syn.: Idiopathische intrazerebrale Gefäßverkalkung FAHR, FAHR’s intrazerebrale Kalzinose, FAHR's-Syndrom, Morbus FAHR, nicht-arteriosklerotische zerebrale Verkalkung, zerebrovaskuläre Ferrokalzinose.

Formen:

  • Idiopathischer Morbus FAHR - Selten, autosomal-dominant erblich, betrifft jüngere Patienten, häufig neurologische Symptome.
  • FAHR'sche Kalzinose bei älteren Patienten - Häufig, meist symptomlos, meist Zufallsbefund.
  • Sekundärer Morbus FAHR bei Hypoparathyroidismus.

Histo: Zirkumferente Verkalkung der Arteriolen im Bereich des Globus pallidus, seltener des Kleinhirns (Nucleus dentatus), evtl. auch in anderen Hirnregionen.

CT: Symmetrische Stammganglienverkalkung.

Th.: Symptomatisch.

 
FAHR-Syndrom im CT.
 
FAHR'sche Kalzinose im Globus pallidus bei einem älteren Patienten, Gefäßquerschnitt, H&E.
 
Idem. Gefäßlängsschnitt
 
Kleine intraparenchymatöse Verkalkungen (ehemalige Kapillaren?).
 
Idem.
 
Idem.

Arteriosklerose

Bearbeiten

Siehe Abschnitt Arteriosklerose im Kapitel Gefäße.

Arteriolosklerose

Bearbeiten

Ät.: Arterielle Hypertonie.

Lok.: Hauptsächlich Stammganglien, Kleinhirnmarklager

Makro:

  • Erweiterung der perivaskulären VIRCHOW-ROBIN-Räume (Extremfall: Status cribrosus).

Histo:

  • Die Arteriolen zeigen hyaline (homogen eosinophile glassartige) Ablagerungen in der Gefäßwand und wirken wie starre Rohre.
  • Erweiterung der perivaskulären VIRCHOW-ROBIN-Räume.
  • Perivaskuläre Siderophagen.

Kompl.:

Siehe auch:

 
Zerebrale Arteriolosklerose.
 
Idem.

Cerebrale Hypertensive Angiopathie

Bearbeiten

Ät: Vasogenes Ödem durch erhöhte cerebrale Perfusion durch Katchecholamin-Freisetzung bei Phäochromozytom, Vaskulitiden, Nierenerkrankungen, Eklampsie.

Histo: Fibrinoide Nekrosen, Lipohyalinose, Hyperplasie der glatten Muskulatur in den verdickten Gefäßen, Thromben in den Lumina

Immuno: Nachweis von Plasmaproteinen wie Fibrin oder Albumin in den kleineren Arterien

DD: Amyloidangiopathie, CADASIL

Cerebrale Amyloidangiopathie (CAA)

Bearbeiten

Ät: Extrazelluläre Ablagerungen von fibrillärem beta-Amyloid in den Gefäßen des ZNS und den Leptomeningen.

Ep: Sporadische CAA sind für 5-12% aller intrazerebralen Blutungen verantwortlich

Genetik: Starke Assozitation mit dem Apolipoprotein E €4-Allel als Risikofaktor. Familiäre Formen mit unterschiedlichen Amyloid-Deposits bekannt (Hereditary cerebral hemorrhages with amyloid angipathy of the Dutch/Flemish type: HCHWA-D, HCHWA-F).

Histo: Arterien, Venen und Kapillaren vorwiegend occipital, parietal oder in den Leptomeningen können betroffen sein. Diese fluoreszieren unter Thioflavin-Färbungen oder zeigen in der Kongorotfärbung unter dem Polarisationsmikroskop eine apfelgrüne Färbung.

Immuno: In den meisten Fällen Nachweis von beta-Amyloid in den betroffenen Gefäßen. Alzheimer-assozierte perikapilläre Amyloid-beta Ablagerungen bestehen meist aus Aß42, während kapilläre Amyloid-beta Ablagerungen sowohl aus Aß40 und Aß42 bestehen.

Art des abgelagerten Amyloids:

  • beta-Amyloid: sporadische CAA, HCHWA-D, HCHWA-F
  • Cystatin-C: HCHWA-I (Icelandic type), autosomal-dominant
  • ABri Amyloid: Familiar British Dementia (Punktmutation BRI)
  • ADan Amyloid: Familiar Danish Dementia (Punktmutation BRI)

Einteilung (nach Thal):

  • Typ 1 CAA: Kapilläre CAA mit Amyloidablagerungen in Arterien und Venen.
  • Typ 2 CAA: Nur kapilläre CAA.

Prog: Von der CAA betroffene Gefäße zeigen Zirkulationsstörungen und können durch Destruktion der glatten Muskelzellen Ursache spontaner atypischer intrazerebraler Blutungen darstellen.

 
Kongorotfärbung bei Amyloidangiopathie
 
Apfelgrüner Farbumschlag unter dem Polarisationsfilter bei CAA
 
Immunhistochemischer Nachweis von beta-Amyloid-Ablagerungen

cerebral autosomal dominant arteriopathy with subcortical infarcts and leukocencephalopathy

Ät: Arteriopathie der kleinen und mittleren Gefäße durch pathologische Ablagerungen

Klinik: Migräne mit Aura und kurzen Hemiparesen, ischämische Schlaganfälle meist schon um das 30. Lebensjahr, psychiatrische Symptome, kognitiver Abbau.

Genetik: autosomal dominant vererbte Missense-Mutationen von Notch3, die beim Erwachsenen nur in Gefäßen exprimoert werden und deren extrazelluläre Domänen in den Gefäßen abgelagert werden.

Histo: Verdickung der Media und Adventitia der Gefäße, Akkumulation basophiler, PAS-positiver gernulärer Substanzen

Immuno: SMA: Degneration der glatten Muskelzellen in den Gefäßen; Notch 3: kleine Pünktchen in den Muskelzellen in den Gefäßen.

Prog: Lebenserwartung durch Schlaganfälle verkürzt, Krankheitsdauer 15-20 Jahre

 
CADASIL Notch 3 Immuno

Moyamoya-Syndrom

Bearbeiten

Ät: Spontane Okklusion der distalen Carotis interna oder proximalen cerebralen Arterien unklarer Ursache

Histo: Massive Intimafibrose, ausgeprägte Wellenform der Lamina elastica interna. Thromobsiertes zentrales Lumen ohne wesentliche Entzündungszeichen.

Posterior reversible encephalopathy syndrome (PRES)

Bearbeiten

RF.: Hypertensive Enzephalopathie, Immunsuppressiva, Stimulantien, Nierenversagen/HUS, Eklampsie oder schwere Praeeklampsie, Phaochromozytom, Bluttransfusionen.

Bildgebung: Subkortikales Hirnödem, v.a. parieto-okzipital.

Kompl.: Infarkte

Prg.: Reversibel bei effektiver Blutdruckkontrolle und Absetzen verdächtiger Medikamente!