Gefangen in Kreuztal SV
Autor: Lars Wasnick
Schwierigkeitsgrad: Fortgeschrittene
Lösungsvorschlag: Gefangen in Kreuztal
Sachverhalt
BearbeitenA ist syrischer Staatsangehöriger und reiste im Jahr 2019 in die Bundesrepublik Deutschland ein. Daraufhin stellte er bei der zuständigen Außenstelle des BAMF einen Asylantrag. Am 20. August 2020 wurde ihm mit bestandskräftigem Bescheid des BAMF der subsidiäre Schutzstatus zuerkannt. Nach dem Königsteiner Schlüssel war das Bundesland Nordrhein-Westfalen (NRW) für A zuständig. Seit seiner Ankunft in der Bundesrepublik lebte A in Kreuztal, Kreis Siegen-Wittgenstein, zunächst für fünf Monate in einer Sammelunterkunft. Aufgrund der fortschreitenden "Landflucht" kam es in Kreuztal vermehrt zu leerstehenden Wohnungen. Aufgrund dessen und wegen des Platzmangels in der Aufnahmeeinrichtung durfte A eine kleine Wohnung beziehen, in der er seitdem lebte.
A äußerte bei der Anhörung vor der Bezirksregierung Arnsberg den Wunsch, dass er gerne nach Leverkusen zugewiesen werden würde, da dort seine Tante und Teile seines Bekanntenkreises im Umkreis leben würden. Eine nähere Begründung gab er nicht an.
Mit einem weiteren Bescheid vom 28. August 2020 wies das Land Nordrhein-Westfalen (NRW) den A der Stadt Kreuztal, Kreis Siegen-Wittgenstein, zu. Den Bescheid begründete die Bezirksregierung Arnsberg gemäß § 12a I 1, III, IX AufenthG i.V.m. § 5 IV Ausländerwohnsitzregelungsverordnung NRW (AWoV). A sei demnach für drei Jahre ab der Anerkennung als subsidiär Schutzberechtigter dazu verpflichtet, seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Kreuztal zu nehmen. Ausschlussgründe nach § 12 I 2 AufenthG lägen nicht vor. Außerdem habe A in seiner Anhörung keine Gründe vorgetragen, die gegen eine Zuweisung nach Kreuztal sprechen würden.
Zudem begründete die Bezirksregierung ihre Entscheidung damit, dass sie ihr Ermessen gemäß § 12a III AufenthG dahingehend ausgeübt habe, dass der Bescheid zur Förderung einer nachhaltigen Integration diene. Die Wohnsitzverpflichtung diene der Förderung der Integration in die Lebensverhältnisse der Bundesrepublik Deutschland, insbesondere würden die Versorgung mit angemessenem Wohnraum und die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit erleichtert. Die Zuweisung erfolge entsprechend dem Integrationsschlüssel des § 4 AWoV.
A kommt am 2. September in Ihre Sprechstunde und bittet um Hilfe. Er möchte unter keinen Umständen für drei weitere Jahre in Kreuztal leben. Er habe außerdem mal gehört, dass § 12a AufenthG gegen "höheres Recht" verstoße.
Bearbeitungshinweis:
Die Fassung des AWoV NRW kann unter folgendem Link abgerufen werden: AWoV NRW
Zusätzlich ist auf die Verordnung über Zuständigkeiten im Ausländerwesen NRW hingewiesen, die unter folgendem Link abgerufen werden kann: ZustAVO NRW
Fallfrage
Bearbeiten1. Prüfen Sie zunächst, ob der Bescheid über die Wohnsitzauflage rechtmäßig ist. Dabei ist nicht auf die Verfassungsmäßigkeit des § 12a AufenthG einzugehen.
2. Ist § 12a AufenthG verfassungsmäßig oder verstößt die Norm gegen höherrangiges Recht?
Bearbeitungshinweis:
Für die zweite Fallfrage ist es ausreichend, wenn Sie sich in einem Kurzessay mit der Problematik beschäftigen.
Abwandlung
BearbeitenA wohnt mittlerweile seit vier Monaten in Kreuztal. Seine unermüdlichen Versuche, in Leverkusen eine Arbeitsstelle zu finden, wurden endlich belohnt. Zum 1.2.2022 kann er bei der X-GbR seine neue Arbeit anfangen.
Aus diesem Grund kommt er noch einmal in eine Ihrer Sprechstunden und fragt sich nun, ob er endlich nach Leverkusen ziehen darf und wenn ja, ab wann. Seine Arbeit umfasst 20 Wochenstunden, wie viel er verdient, weiß er noch gar nicht so genau, aber mindestens über 1000 Euro.
Was würden Sie A raten?
Fußnoten
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