Autor: Max Putzer

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Behandelte Themen: Widerruf und Rücknahme internationalen Schutzes, Hauptsache und Eilverfahren

Schwierigkeitsgrad: Fortgeschrittene

Lösungsvorschlag: Schluss mit Schutz?

Sachverhalt

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Die F reiste gemeinsam mit ihrem Ehemann M im März 2016 auf dem Landweg in die Bundesrepublik Deutschland ein. Bei ihrer persönlichen Anhörung vor dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) gab die F an, Angehörige des Staates X zu sein und dem Volk der Z anzugehören. Zeitweise, von 2012 bis 2013, habe sie in der Republik N gelebt, da die Situation für das Volk der Z in ihrem Heimatland damals besonders schlimm gewesen sei. Das BAMF erkannte der F (und ihrem Ehemann) den subsidiären Schutzstatus zu, lehnte im Übrigen aber die Asylanträge ab. Auf die hiergegen gerichtete Klage verpflichtete das Verwaltungsgericht die beklagte Bundesrepublik, ihr die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen. Die örtlich zuständige Ausländerbehörde erteilte F und M daraufhin eine auf drei Jahre befristete Aufenthaltserlaubnis nach § 25 II 1 Alt. 1 AufenthG.

Im Rahmen der Beantragung einer Verlängerung ihrer Aufenthaltserlaubnis für sich und ihre minderjährigen Kinder legte die F einen Reisepass vor, ausgestellt in X am 20.11.2019. Er enthält einen Ausreisestempel vom 22.11.2019. Auf Nachfrage der* zuständigen Sachbearbeiter*in teilte die F mit, sie sei nur für kurze Zeit, nämlich für vier Wochen in ihre alte Heimat zurückgekehrt, um ihre schwerkranke Mutter zu besuchen. Diese habe ihre Hilfe bei und nach einem operativen Eingriff benötigt. Die F habe die Mutter, die bettlägerig gewesen sei, bis zwei Wochen nach der OP gepflegt. Sie sei illegal auf dem Landweg wieder eingereist. In der Zeit, in der sie sich in X aufgehalten habe, sei sie immer bei ihrer Mutter geblieben und habe sich kaum aus dem Haus begeben. Kontakte mit Behörden habe sie dadurch vermieden, dass ihre Mutter den neu ausgestellten Pass für sie abgeholt habe.

Nach Anhörung der F nahm das BAMF die ihr zuerkannte Flüchtlingseigenschaft zurück und erkannte der F den subsidiären Schutzstatus zu. Zur Begründung führte das BAMF im Wesentlichen aus, die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft sei zu widerrufen, da die Voraussetzungen für deren Feststellung nicht mehr vorlägen. Die erforderliche Prognose drohender politischer Verfolgung lasse sich angesichts der Ausstellung eines neuen Passes in der alten Heimat nicht mehr treffen.

Hiergegen erhebt die F fristgerecht Klage. Im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht erklärt sie ergänzend, die beantragte Neuausstellung ihres Reisepasses für die Ausreise aus X benötigt zu haben. Sie reicht ergänzend die Übersetzung eines Arztbriefs, ihre Mutter betreffend, des behandelnden Krankenhauses in ihrem früheren Heimatort ein. Danach fand die Operation der Mutter der F am 12.11.2019 statt.

Fallfrage

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Ist die Klage der F begründet?

Abwandlung

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F und M leben seit 2019 getrennt. Im Rahmen eines von der Staatsanwaltschaft Berlin gegen den M geführten Ermittlungsverfahrens wegen mehrfachen Online-Betrugs wurde anlässlich einer Durchsuchung der Wohnung des M eine Urkunde aufgefunden, die die F als Angehörige des Staates N ausweist. Der Durchsuchungsbericht in den Akten der Staatsanwaltschaft vermerkt die Spontanäußerung des M, dass diese Angabe stimme und die F sich gegenüber dem BAMF als Mitglied des Volks der Z ausgegeben habe, um ihre Chancen im Asylverfahren zu erhöhen. Bei der anschließenden Durchsuchung der Wohnung der F stellte die Staatsanwaltschaft unter anderem den alten, seit 2018 abgelaufenen, von Behörden des Staates X ausgestellten Reisepass der F fest, der jeweils einen Ein- und Ausreisestempel der Republik N aus dem Jahr 2018 enthält. Ein Ergebnis der Überprüfung der Echtheit der Urkunde in dem sodann gegen die F eingeleiteten Ermittlungsverfahren wegen Erschleichens eines Aufenthaltstitels und mittelbarer Falschbeurkundung steht noch aus.

Das BAMF nahm daraufhin die gegenüber der F erfolgte Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft zurück. Zugleich lehnte es die Zuerkennung des subsidiären Schutzstatus ab und stellte fest, dass Abschiebungsverbote nicht vorliegen. Darüber hinaus ordnete es die sofortige Vollziehung des Bescheides an. In seiner Begründung verwies das BAMF auf die aufgefundene Urkunde und die Ein- und Ausreisestempel. Die F habe zudem keine weiteren Dokumente vorgelegt, die den Verdacht einer Herkunft aus N ausräumen könnten.

Die F stellt fristgerecht Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes. Im gerichtlichen Verfahren trägt sie ergänzend vor, sich mit dem M in einem Rechtsstreit zu befinden. Ziel des M sei es, das alleinige Sorgerecht für die gemeinsamen minderjährigen Kinder zu erwirken. Hierzu legt sie Schreiben des Amtsgerichts Kreuzberg vor. In N habe sie enge Freunde und Verwandte besucht, die wie sie dem Volk der Z angehören und bereits vor längerer Zeit dort Zuflucht gefunden hätten.

Ist der Eilantrag der F begründet? Es ist zu unterstellen, dass die Anordnung der sofortigen Vollziehung den formellen Anforderungen des § 80 III 1 VwGO genügt.


Dieser Text wurde von der Initiative für eine offene Rechtswissenschaft OpenRewi erstellt. Wir setzen uns dafür ein, Open Educational Ressources für alle zugänglich zu machen. Folge uns bei Twitter oder trage dich auf unseren Newsletter ein.

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Inhaltsverzeichnis des Buches

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§ 1 Nationales Asylverfahrensrecht

§ 2 Asylverfahrensrecht im europäischen Kontext

§ 3 Materielles Asylrecht

§ 4 Entscheidungsmöglichkeiten des BAMF und der Asylprozess

§ 5 Rechte und Pflichten nach Schutzzuerkennung

§ 6 Rechtsstellung nach Antragsablehnung und Aufenthaltssicherung

§ 7 Sozialleistungen im Flüchtlingskontext

§ 8 Nicht-humanitäres Aufenthaltsrecht

Fußnoten

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