Pharmakologie und Toxikologie: Magen-Darm-Trakt


Dyspepsie, Refluxösophagitis, Gastritis und Ulkusleiden

Bearbeiten

Säureproduktionshemmer

Bearbeiten

Bei der Hemmung der Säureproduktion stehen heute die Protonenpumpeninhibitoren weit im Vordergrund, da sie am wirksamsten bei geringer Nebenwirkungsrate sind.

Protonenpumpeninhibitoren (PPI)

Bearbeiten
 
Omeprazol.

Wirkstoffe: Omeprazol, Esomeprazol, Pantoprazol

Eigenschaften: prodrugs, säurelabil (Enterale Resorption -> Blutweg -> Anreicherung im sauren Mileu -> Belegzelle)

W.: Irreversible und stimulationsunabhängige Hemmung der H+/K+-ATPase durch Ausbildung von Disulfidbrücken zw. Wirkstoff und Protonenpumpe, starke Suppression der Säureproduktion

UAW.: Oberbauchbeschwerden, Diarrhoe, Kopfschmerzen, Schwindel, bei Bolusinjektion Seh- und Hörstörungen, Tierversuch: Karzinoide durch Hypergastrinämie

PK.: CYP450

Anw.: Standardmedikament bei Ulcera duodeni et ventriculi, Gastritis, Refluxösophagitis, H.p.-Eradikation, Zollinger-Ellison-Syndrom

 
Ranitidin.

Wirkstoffe: Ranitidin, Cimetidin, Famotidin, Nitazidin

W.: Blockade der Histaminvermittelten Stimulation der Belegezelle, v.a. Senkung der basalen (nächtlichen) Sekretion, die stimulierte Sekretion wird kaum gesenkt

UAW.: (selten) Hypergastrinämie, Diarrhoe

Wirkstoffe: Pirenzepin

W.: antagonistisch v.a. an M1-Rezeptoren (vagale Ganglienzelle), aber auch an M3-Rezeptoren der Belegzelle

UAW.: anticholinerg (Mundtrockenheit, Harnverhalt, Obstipation...)

Antazida

Bearbeiten

Kombinationen aus Mg- und Aluminium-Salzen

W.: Säurepufferung

UAW.: Mg-Salze: Diarrhoe, Hypermagnesiämie (Lähmungen, Herzinsuffizienz, Atemlähmung), Aluminium-Salze: Obstipation, Resorption und Ablagerung im Gewebe

WW.: 2h Abstand zur Einnahme anderer Arzneimittel einhalten

Anw.: leichte Refluxbeschwerden und Dyspepsie

Schleimhautschutz

Bearbeiten

Sucralfat

Bearbeiten

W.: Ausbildung einer Schutzschicht durch Vernetzung von Saccharosesulfatmolekülen mit Aluminiumhydroxidmolekülen im sauren Magenmileu und Säureneutralisation durch das Hydroxid.

WW.: 2h Abstand zur Einnahme anderer Arzneimittel einhalten (wg. Adsorption)

Anw.: Ulkusprophylaxe

Misoprostol

Bearbeiten

Prostaglandin E1-Analogon

W.: Steigerung der Schleimhautdurchblutung, der Bikarbonat- und Schleimproduktion und gute Hemmung der basalen und stimulierten HCl-Sekretion

UAW.: häufig Bauchkrämpfe, Diarrhoe

Anw.: wegen ausgeprägter UAW wenig verwendet

Helicobacter-Eradikationstherapie

Bearbeiten

Triple-Therapie (Bsp.):

  • 7 Tage: PPI + Clarithromycin + Amoxicillin oder Metronidazol

Peristaltik und Muskeltonus beeinflussende Medikamente

Bearbeiten

Spasmolytika

Bearbeiten

W.: Spasmolytisch (GIT, Gallenwege, Harnwege), kaum ZNS-gängig

Prokinetika

Bearbeiten

Metoclopramid (MCP)

Bearbeiten
 
Metoclopramid.

W.: 5-HT4-Agonist -> ACh↑ -> Motilitätsförderung (oberer GIT). 5-HT3-Antagonist, D2-Antagonist -> Antiemesis.

UAW.: Frühdyskinesien durch D2-Hemmung (Zungenschlundkrämpfe, Schiefhals, Blickkrämpfe).

Anw.: Magenentleerungsstörungen, Übelkeit/Erbrechen.

Antidot bei Dyskinesien: Biperiden (Anticholinergikum)

Domperidon

Bearbeiten

W.: D2-Antagonist (Wirkmechanismus unklar)

Acetylcholinesterasehemmer

Bearbeiten

Wirkstoffe: Pyridostigmin, Neostigmin

W.: Hemmung der Ach-Esterase -> Motilitätssteigerung, kaum ZNS-gängig

Anw.: Postoperative Magendarmatonie

Erythromycin

Bearbeiten

W.: Motilin-Agonist. Antibiotisch wirksam.

Anw.: Zur Besserung der Sichtverhältnisse 20 bis 30 Minuten vor Notfall-Endoskopie (ca. 250 mg i.v.). Als Antibiotikum.

Antidiarrhoika

Bearbeiten

Wichtigste Maßnahme:

  • Substitution von Wasser, Glucose (Glucose fördert Natriumrückresorption, 2Na+/Glu-Symport) und Elektrolyten,

Das Hausrezept: Cola und Salzstangen ist nicht so günstig, wegen zu hoher Osmolalität der Cola, besser wird mit oraler Rehydratationslösung (ORL, engl ORS) gearbeitet. Die auf Studien basierte Mischung, welche die WHO (seit 2002) empfiehlt enthält jetzt:

  • 13,5 g Glucose
  • 2,9 g Natriumcitrat
  • 2,6 g Natriumchlorid
  • 1,5 g Kaliumchlorid
  • 1 l abgekochtes Trinkwasser

Die Herstellung eigener Mischung wird nicht mehr empfohlen, da insbesondere bei Kindern ein Verrechnen negative Auswirkungen hat. Eine Faustregel hier dennoch: 2 1/2 TL Zucker + 1/2 TL Salz + 1/2 TL Natriumcitrat + 1/4 TL Kaliumchlorid Bei zusätzlichem Erbrechen muß die Flüssigkeits- und Elektrolytgabe intravenös erfolgen, da sonst sehr schnell eine Exsikkose resultiert.

Loperamid

Bearbeiten
 
Loperamid.

Opioid, μ-Rezeptoragonist

W.: Motilitäts- und Sekretionshemmung, kaum ZNS-gängig (P-Glykoprotein-Rücktransport)

Anw.: Reisediarrhoe (Enterotoxine)

KI.: Kinder, schwere Darminfektionen mit Fieber, Blut im Stuhl

Laxantien

Bearbeiten

Alle Laxantien führen zur Hypokaliämie (intestinaler Verlust, renaler Verlust durch Aktivierung des RAAS) -> Verstärkung der Darmträgheit -> circulus vitiosus

WW.: Digitalis (Wirkungsverstärkung), Diuretika (Verstärkung der Hypokaliämie) -> HRST

Osmotisch wirksame Laxantien

Bearbeiten
 
Lactulose.

Wirkstoffe:

  • salinische Abführmittel (Glaubersalz Na2SO4, Bittersalz MgSO4)
  • Zucker (Laktulose), Zuckeralkohole (Sorbit)
  • Polyethylengykole

W.: Zurückhalten von Flüssigkeit im Darm

Anw.: Obstpation, Intoxikationen, Lactulose bei Coma hepaticum (Ammoniakentgiftung, Wachstumshemmung Ammoniakbildender Bakterien durch pH-Senkung)

Secretagoga

Bearbeiten

Wirkstoffe:

  • Diphenylmethanderivate (Bisacodyl, Natriumpicosulfat)
  • Anthrachinonderivate (Sennesblätter, Rhababerwurzel)

W.: Hemmung der Na+-Rückresorption -> Einstrom von Flüssigkeit und Elektrolyten in das Darmlumen

UAW.: Melanosis coli (reversibel)

Gleitmittel

Bearbeiten
 
Glycerin.

Wirkstoffe: Paraffinöl, Glycerin

W.: Erhöhung der Gleitfähigkeit

UAW.: Paraffingranulome

Füll- und Quellmittel

Bearbeiten

Wirkstoffe: Weizenkleie, Leinsamen, Flohsamenschalen

W.: Wasserbindung und Aufquellen -> Zunahme des Stuhlvolumens und Darmwanddehnung -> Anregung der Peristaltik

UAW: Bei Leinsamen kann die Kalorienzufuhr zu Gewichtszunahme führen. (100g Leinamen haben 372 kcal)

Medizinische Hefe

Bearbeiten
Datei:EColi-Scerevisiae.jpg
E. coli (klein) und Saccharomyces cerevisiae (groß).

W.: Kulturen von medizinischen Hefepilzen der Art Saccharomyces cerevisiae Hansen sollen den Darm besiedeln, dort die Krankheitserreger verdrängen und deren Giftstoffe abfangen.

UAW.: gelegentlich Blähungen

WW.: Abschwächung durch Antimykotika, Verstärkung des blutdrucksteigernden Effekts von (bes. irreversiblen) MAO-Hemmern. Verfälschung von Stuhluntersuchungen.

KI.: Säuglinge, Kleinkinder, Immunsupprimierte

Anw.: Reiseprophylaxe und Behandlung von Diarrhoe, evtl. bei Akne.

Entschäumer

Bearbeiten

Simeticon

Bearbeiten

W.: Senkung der Oberflächenspannung -> Kleine Gasblasen verschmelzen zu größeren, die leichter platzen, so dass die Gase den Darm oben oder unten schneller verlassen können.

Anw.: Meteorismus (Blähungen), Vergiftungen mit schaumbildenden Reinigungsmitteln (z.B. Geschirrspülmittel)

UAW.: Gastrointestinale Beschwerden wie Völlegefühl, Obstipation, Durchfall oder Sodbrennen sind möglich. Insgesamt große therapeutische Breite, keine enterale Resorption, auch für Säuglinge und in der Schwangerschaft geeignet.

Appl.: p.o.

Antiemetika

Bearbeiten

D2-Blocker

Bearbeiten

Wirkstoffe: Metoclopramid (MCP) und Domperidon (s.o.)

Anw.: Übelkeit, Erbrechen

Wirkstoffe: Dimenhydrinat, Meclozin

Anw.: Kinetosen, Übelkeit, Erbrechen, Hyperemesis gravidarum (Dimenhydrinat)

Anticholinergika

Bearbeiten
 
Scopolamin.

Wirkstoffe: Scopolamin

Anw.: Kinetosen

5-HT3-Rezeptorantagonisten

Bearbeiten

Wirkstoffe: Ondansetron, Tropisetron, Dolasetron, Granisetron

W.: Antagonistisch an 5-HT3-Rezeptoren zentral in der Chemorezeptortriggerzone und peripher an den Endästen des N. vagus

Anw.: Chemotherapie-induzierte Übelkeit und Erbrechen (CINV), z.T. bei PONV (postoperative nausea and vomiting)

Wirkstoffe: Dexamethason

Anw.: Chemotherapie-induzierte Übelkeit und Erbrechen (CINV)

NK1-Rezeptorblocker

Bearbeiten

Wirkstoffe: Aprepitant

W.: Antagonist am Substanz-P-Neurokinin-1-Rezeptor

UAW: ?

WW.: Über CYP3A4

Anw.: Chemotherapie-induzierte Übelkeit und Erbrechen (CINV)

Appl.: p.o.




Haftungsausschluss und allgemeiner Hinweis zu medizinischen Themen: Die hier dargestellten Inhalte dienen ausschließlich der neutralen Information und allgemeinen Weiterbildung. Sie stellen keine Empfehlung oder Bewerbung der beschriebenen oder erwähnten diagnostischen Methoden, Behandlungen oder Arzneimittel dar. Der Text erhebt weder einen Anspruch auf Vollständigkeit noch kann die Aktualität, Richtigkeit und Ausgewogenheit der dargebotenen Information garantiert werden. Der Text ersetzt keinesfalls die fachliche Beratung durch einen Arzt oder Apotheker und er darf nicht als Grundlage zur eigenständigen Diagnose und Beginn, Änderung oder Beendigung einer Behandlung von Krankheiten verwendet werden. Konsultieren Sie bei gesundheitlichen Fragen oder Beschwerden immer den Arzt Ihres Vertrauens! Wikibooks und Autoren übernehmen keine Haftung für Unannehmlichkeiten oder Schäden, die sich aus der Anwendung der hier dargestellten Information ergeben. Beachten Sie auch den Haftungsausschluss und dort insbesondere den wichtigen Hinweis für Beiträge im Bereich Gesundheit.