Pharmakologie und Toxikologie: Efferentes peripheres Nervensystem
Das efferente periphere Nervensystem
BearbeitenSomatomotorisches System
BearbeitenDas somatomotorische System ist für die Kontraktion des Skelettmuskels zuständig.
Die A-α-Motoneurone, deren Zellkörper im Vorderhorn des Rückenmarks liegen, setzen an der motorischen Endplatte, der neuromuskulären Synapse, Acetylcholin (ACh) frei, das die nicotinischen ACh-Rezeptoren -kurz n-Cholinozeptoren- vom Muskeltyp (NM-R.) erregt. Bei diesen handelt es sich um ligandengesteuerte Ionenkanäle. Diese haben gegenüber metabotropen Rezeptoren den Vorteil einer ultraschnellen Erregungsübertragung.
Die Wirkung des Acetylcholins wird an allen Acetylcholin-Synapsen durch die Acetylcholinesterase (AChE) beendet, die Acetylcholin in Acetat (Essigsäure) und Cholin spaltet.
α-Motoneuron o-----> ACh |NM-R|-Skelettmuskel
Sympathikus
BearbeitenDer Sympathikus ist der aktivierende Anteil des autonomen Nervensystems. Er stellt den Körper auf Aktivität, Stress, Kampf- und Fluchtreaktionen ein.
Die präganglionären Nerven des Sympathikus werden in den Ganglien des Grenzstrangs auf das postganglionäre Neuron umgeschaltet (wie beim Parasympathikus über n-Cholinozeptoren vom neuronalen Typ). Das postganglionäre Neuron entfaltet seine Wirkung an den Katecholaminrezeptoren des Zielorgans über Noradrenalin. Das Nebennierenmark stellt ein umgewandeltes sympathisches Ganglion dar und verhält sich daher ähnlich, allerdings gibt es seine Transmitter (Katecholamine, v.a. Adrenalin, zum kleinen Teil Noradrenalin) direkt ins Blut ab. Diese Botenstoffe erreichen über den Blutweg ihre Zielgewebe. Zu den G-Protein-gekoppelten Katecholaminrezeptoren gehören α1-, α2-, β1- und β2-Rezeptoren. α wird v.a. von Noradrenalin (autonome Nervenenden) angesprochen, während Adrenalin (aus dem Nebennierenmark) v.a. β-Rezeptoren, mit steigernder Dosierung allerdings auch zunehmend die α-Rezeptoren anspricht. Die α2-Rezeptoren sitzen auf der präsynaptischen Membran und dienen der Selbsthemmung (negatives Feedback). Von diesem Muster weichen nur die Schweißdrüsen ab, denn deren sympathische Innervation ist cholinerg! (Diese Abweichung kann differentialdiagnostisch nützlich sein, um bei einer Vergiftungssymptomatik eine Sympathikusaktivierung (Schwitzen) von einem anticholinergen Syndrom (kein Schwitzen) zu unterscheiden.)
.-------> ACh |M-R|-Schweißdrüsen | Grenzstrang __| |α2| Thorakalmark o--> ACh |NN-R|-----------> NA |α1,β1,(β2)|-Zielorgan o | NNM Blutweg --> ACh |NN-R|-> A, (NA) ~ ~ ~ ~ ~ |α1,β1,β2|-Zielorgan
Parasympathikus
BearbeitenDer Parasympathikus ist der Gegenspieler des Sympathikus. Er stellt den Körper auf Nahrungsaufnahme, Verdauung, Ausscheidung und Regeneration ein.
Die Nerven des Parasympathikus werden genau wie die sympathischen Fasern in Ganglien umgeschaltet (nicotinische ACh-Rezeptoren vom neuronalen Typ), diese liegen beim Parasympathikus allerdings organnah bzw. intramural. Die Zielgewebe werden über G-Protein-gekoppelte, muskarinische ACh-Rezeptoren -kurz m-Cholinozeptoren- (M1-M5) stimuliert.
Ganglion N. vagus, Sakralmark o-----> ACh |NN-R|------> ACh |M-R|-Zielorgan
Abk.:
NM-R: Nicotinischer ACh-Rezeptor vom Muskeltyp NN-R: Nicotinischer ACh-Rezeptor vom neuronalen Typ M-R: Muskarinischer ACh-Rezeptor α1,β1,β2: (Nor)Adrenerge Rezeptoren für Adrenalin (A) und Noradrenalin (NA)
Zusammenfassung Rezeptoren und Signaltransduktion
BearbeitenRezeptoren:
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Transmitter: Acetylcholin Katecholamine
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Signaltransduktion: Ionenkanal G-Protein
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Skelettmuskel:
- Nicotinischer ACh-Rezeptor (Muskeltyp) NM-R.: Ligandengesteuerter Ionenkanal
Ganglien:
- Nicotinischer ACh-Rezeptor (neuronaler Typ) NN-R.: Ligandengesteuerter Ionenkanal
Parasympathikus:
- Muskarinischer ACh-Rezeptor: G-Protein-gekoppelt
- M1, M3, M5: Gq/11 - PLC↑
- M2, M4: Gi/0 -> AC↓
Sympathikus:
- (Nor)Adrenerge Rezeptoren: G-Protein-gekoppelt
- α1-R: Gq/11 - PLC↑ (glatter Muskel, Drüsen)
- α2-R: Gi/0 - AC↓ (präsynaptische Membran, Selbsthemmung)
- β1-R: Gs - AC↑ (Herz, Fettgewebe, Niere)
- β2-R: Gs - AC↑ (glatter Muskel)
Intrazelluläre Signaltransduktion
BearbeitenIonotrope Rezeptoren
BearbeitenDie Aktivierung der n-Cholinozeptoren führt zur Kanalöffnung und Depolarisation der postsynaptischen Zelle. Ionenkanäle übertragen Signale am schnellsten.
Metabotrope Rezeptoren
BearbeitenMetabotrope Rezeptoren vermitteln Ihre Signale über eine biochemische Reaktionskaskade. Dazu gehören beispielsweise Rezeptortyrosinkinasen, die in diesem Kapitel keine Rolle spielen, sowie G-Protein-gekoppelte Rezeptoren (GPCR). Letztere gehören zur großen Proteinfamilie der heptahelikalen Rezeptoren (Syn.: Sieben-Transmembrandomänen-Rezeptoren, 7-TM-Rezeptoren, Serpentin-Rezeptoren), die strukturell aus 7 Domänen bestehen, die die Zellmembran durchspannen. G-Protein-gekoppelte Rezeptoren stimulieren aktivierende oder hemmende G-Proteine, die die Bildung oder den verstärkten Abbau von Signalmetaboliten bewirken (z.B. DAG, IP3, cAMP), welche wiederum weitere Prozesse in der Zelle spezifisch beeinflussen.
Gq/11 - IP3-Weg
Aktivierung des Rezeptors durch Bindung des Liganden führt zur Aktivierung des Gq/11-Proteins, welches sein GDP gegen GTP austauscht und die Phospholipase C aktiviert. Die Phopholipase C spaltet Phosphatidylinositolbisphosphat (PIP2) in Inositoltrisphosphat (IP3) und Diacylglycerin (DAG). IP3 setzt aus dem endoplasmatischen Retikulum Ca2+ frei. Ca2+ und DAG aktivieren die Proteinkinase C (PKC), welche weitere Proteine durch Phosphorylierung an- oder abschaltet. Weitere Effekte kann Ca2+ direkt oder nach Bindung an Calmodulin in der Zelle hervorrufen.
+ + + PIP2 Ligand -> Rezeptor -> Gq/11 -> PLC ↓ .-> + Calmodulin -> Effekte ↑ ↓ DAG + IP3 -> Ca2+↑ -> direkte Effekte GTP GDP ↓+ ↓+ Proteinkinase C -> Phosphorylierung
Gs - Adenylatcyclase-Aktivierung
Aktivierung des Rezeptors durch Bindung des Liganden aktiviert das Gs-Protein, welches GTP an die α-Untereinheit bindet, seine βγ-Untereinheit abkoppelt und nun die Adenylatcyclase (AC) aktiviert. Diese wandelt Adenosintriphosphat (ATP) um in den second messenger cyclisches Adenosinmomophosphat (cAMP), welches die Proteinkinase A (PKA) aktiviert, die wiederum weitere Proteine phosphoryliert und damit an- oder abschaltet.
βγ + + ↑ + ATP Ligand -> Rezeptor -> Gs (αsβγ) -> αs(GTP) -> AC ↓ + ↑ ↓ cAMP↑ -> PKA↑ -> Phosphorylierung↑ GTP GDP
Gi/0 - Adenylatcyclase-Hemmung
Der Rezeptor ist hier mit einem hemmenden Gi/0-Protein verbunden. Eine Stimulation führt zur Inaktivierung der Adenylatcyclase mit Absinken des cAMP-Spiegels.
βγ + + ↑ - ATP Ligand -> Rezeptor -> Gi (αiβγ) -> αi(GTP) -> AC ↓ + ↑ ↓ cAMP↑ -> PKA↑ -> Phosphorylierung↑ GTP GDP
Wirkung von Sympathikus und Parasympathikus
BearbeitenDie Wirkung wird bestimmt durch den Grad der Innervation des jeweiligen Organs durch das autonome Nervensystem, durch das Verteilungsmuster der Rezeptoren im Körper und der Kopplung an bestimmte Effektorwege im jeweiligen Zielgewebe. Die gegensätzlichen Effekte von Sympathikus und Parasympathikus an den einzelnen Organen lassen sich recht einfach aus dem biologischen Zweck herleiten, nämlich Aktivität, Kampf- oder Flucht (Sympathikus) gegenüber Essen, Verdauung, Ausscheidung und Regeneration (Parasympathikus).
Der Sympathikus stimuliert in zwei Phasen:
- Binnen Millisekunden aktiviert er über sympathische Nervenenden (Noradrenalin) vorwiegend die α-Rezeptoren und
- mit einer Latenz von einigen Sekunden (Adrenalin-Sekretion und Blutweg brauchen etwas Zeit) vorwiegend die β-Rezeptoren.
Sympathikus | Parasympathikus | |||
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Transmitter: | Noradrenalin, Adrenalin | Adrenalin, Noradrenalin | Adrenalin, Noradrenalin | Acetylcholin |
Rezeptor: | α1 | β1 | β2 | M1,3,5 / M2,4 |
Signaltransduktion: | Gq/11 | Gs | Gs | Gq/11 / Gi/0 |
Funktion: | Kampf- und Fluchtreaktion (Katabolismus) | Nahrungsaufnahme, Verdauung, Ausscheidung und Regeneration (Anabolismus) | ||
ZNS | Zunahme der Aufmerksamkeit und Reaktionsfähigkeit | |||
Pupille | Erweiterung (Kontraktion des M. dilatator pupillae) | Fernakkomodation (Entspannung des M. ciliaris) | Miosis (Kontraktion des M. sphinkter pupillae), Nahakkomodation (Kontraktion des M. ciliaris) | |
Herz | positiv inotrop, chronotrop, dromotrop | Wirkung nur auf Vorhöfe, negativ chronotrop, verlängerte AV-Überleitung | ||
Gefäße | in Haut, Nieren, GIT: Vasokonstriktion | in Coronarien, Muskel: Erweiterung | keine Innervation | |
Bronchien | Erweiterung (Erschlaffung der glatten Muskulatur) | Konstriktion | ||
Speicheldrüsen | Produktion von wenig viskösem Sekret | Produktion von viel und wässrigem Sekret | ||
GIT | Erhöhung des Sphinktertonus | Hemmung der Peristaltik | Zunahme der propulsiven Peristaltik und Sekretion, Abnahme des Sphinktertonus | |
Skelettmuskel | Zunahme von Durchblutung, Kontraktion und Glykogenolyse | |||
Leber | Zunahme der Glykogenolyse | |||
Fettgewebe | Zunahme der Lipolyse | |||
Niere | Vasokonstriktion | Renin-Freisetzung | ||
Harnblase | Kontraktion des Sphinkters | Erschlaffung des M. detrusor | Entspannung des Sphinkters, Kontraktion des M. detrusor | |
Mastzellen | Zunahme der Histaminfreisetzung | Hemmung der Histaminfreisetzung | ||
Uterus | Kontraktion | Relaxation | (Kontraktion) | |
männliches Genitale | Ejakulation | Erektion | ||
M (cholinerg) | ||||
Schweißdrüsen | Sekretion |
Ansatzpunkte von Pharmaka und Toxinen
BearbeitenAcetylcholinsystem
BearbeitenRezeptor/Subtyp | Signal- transduktion | Wirkung | Agonist | Anwendung/Rolle | Antagonist | Anwendung/Rolle | |
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Präsynaptische ACh-Freisetzung | ACh -> Muskelkontraktion, M-cholinerg | Botulinumtoxin | Lebensmittelvergiftung, Anw.: fokale Dystonien, „Falten“ | ||||
N (Muskel) | Ionenkanal | Aktionspotential Muskel | Suxamethonium
(Depol. Muskelrelaxans) |
Muskelrelaxierung | Curare und Derivate
(Nicht-depol. Muskelrelaxantien) |
Muskelrelaxierung | |
N (Ganglion) | Ionenkanal | Aktionspotential Nerv | Nikotin
Vareniclin (Partialagonist) |
Sucht
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(Hexamethonium) | (nicht mehr verwendet) | |
Muskarin- rezeptoren | M1, M3, M5 | Gq/11
-> IP3/DAG↑ |
Parasympathikus↑ | Direkte Parasympatho- mimetika (z.B. Muskarin, Pilocarpin) | Postoperative Darmatonie, Glaukom | Parasympatholytika (z.B. Atropin, Scopolamin, Ipratropium, Biperiden, Pirenzepin, Tropicamid) | Vagusdämpfung z.B. vor Intubation, bei Kinetosen, Asthma bronchiale, Parkinsonsyndrom, als Mydriatikum |
M2, M4 | Gi/0
-> cAMP↓ | ||||||
ACh-Esterase | Aufhebung der ACh-Wirkung | Indirekte Parasympathomimetika (z.B. Physostigmin, Neostigmin)
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Darmatonie, Myasthenia gravis, Antidot (Decurarisierung), Glaukom.
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Katecholaminrezeptoren
BearbeitenRez. | Signaltransduktion | Wirkung | Agonist | Anw./Rolle | Antagonist | Anw./Rolle |
---|---|---|---|---|---|---|
α1 | Gq/11
-> IP3/DAG↑ |
u.a. Gefäßkontraktion | Noradrenalin
α1-Sympathomimetika
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Schock
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α1-Blocker wie Doxazosin, Prazosin, Terazosin, Indoramin. Tamsulosin.
Urapidil (+5-HT1A-Ag.) |
Antihypertonika
BPH
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α2 (präsynaptisch) | Gi/0
-> cAMP↓ |
Feedbackhemmung | Noradrenalin
α-Methyldopa |
physiologische Selbsthemmung
Antihypertonikum " |
Yohimbin
Mianserin, Mirtazapin, Trazodon |
Erektile Dysfunktion
Antidepressiva |
β1 | Gs
-> cAMP↑ |
u.a. Herz stimulierend | Adrenalin, (Noradrenalin)
Dobutamin |
Reanimation
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β-Blocker | Kardiale Abschirmung bei KHK u.a. |
β2 | Gs
-> cAMP↑ |
u.a. Bronchodilatation, Coronardilatation, Uterusrelaxation | Adrenalin
β2-Sympathomimetika |
Bronchodilatator ", Tokolyse |