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Behandelte Themen: Allgemeine Handlungsfreiheit gemäß Art. 2 I GG

Zugrundeliegender Sachverhalt: OpenRewi/ Grundrechte-Fallbuch/ Fall 3a

Schwierigkeitsgrad: Anfänger:innen


Begründetheit der Verfassungsbeschwerde

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Die Verfassungsbeschwerde ist begründet, wenn die beschwerdeführende Person durch den Akt der öffentlichen Gewalt in einem Grundrecht oder grundrechtsgleichen Rechts verletzt wird.

Vorliegend könnte § 3 BSmG gegen die allgemeine Handlungsfreiheit der Schüler:innen gemäß Art. 2 I GG verstoßen. Eine Grundrechtsverletzung liegt dann vor, wenn durch die gesetzliche Regelung in den Schutzbereich der allgemeinen Handlungsfreiheit eingegriffen wird, ohne dass dieser Eingriff verfassungsrechtlich gerechtfertigt ist.

I. Schutzbereich

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Fraglich ist, ob der Schutzbereich der Allgemeinen Handlungsfreiheit eröffnet ist.

1. Persönlicher Schutzbereich

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Zunächst müsste der persönliche Schutzbereich des Art. 2 I GG eröffnet sein.

Art. 2 I GG gewährt „jedem“ das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit. „Jeder“ im Sinne des Grundgesetzes ist alle Grundrechtsträger:innen. Grundrechtsträger:innen sind insbesondere alle natürlichen Personen, auch Minderjährige und Kinder.

Betroffen vom Verbot der Verwendung mobiler Endgeräte in und auf dem Schulgebäude sind die Schüler:innen. Diese sind als natürliche Personen Grundrechtsträger:innen.

Mithin ist der persönliche Schutzbereich des Art. 2 I GG eröffnet.

Klausurtaktik

Hier wird es in der Klausur nur problematisch, wenn entweder (EU-)Ausländer:innen oder juristische Personen (Vereine, Aktiengesellschaften etc.) sich auf Grundrechte berufen.

2. Sachlicher Schutzbereich

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Darüber hinaus müsste auch der sachliche Schutzbereich des Art. 2 I GG eröffnet sein. Nach dem Wortlaut des Art. 2 I GG ist die „freie Entfaltung der Persönlichkeit“ geschützt. Fraglich ist deshalb, ob auch die Verwendung von digitalen Medien in Form von mobilen Endgeräten darunter fällt. Zu der Frage, welche Verhaltensweisen unter die freie Entfaltung der Persönlichkeit fallen, werden unterschiedliche Meinungen vertreten.

Klausurtaktik

Die vorstehende Erörterung des Schutzbereichs muss keinesfalls in dieser Ausführlichkeit erfolgen. Der sachliche Schutzbereich ist neben der Verhältnismäßigkeitsprüfung jedoch einer der Kernpunkte des Art. 2 I GG. Eine Auseinandersetzung mit dem Gegenstand des Schutzbereichs wird daher von Bearbeiter:innen erwartet. Mittlerweile hat sich die Lehre von der allgemeinen Handlungsfreiheit als ganz herrschende Ansicht durchgesetzt. Die vorliegende Darstellung dient damit vor allem als Muster für den Aufbau eines Meinungsstreites sowie die Anwendung der unterschiedlichen juristischen Auslegungsmethoden. Insbesondere Bearbeiter:innen fortgeschrittener Semester können ihre Ausführungen auf die Lehre von der allgemeinen Handlungsfreiheit unter Verweis auf die entsprechenden Argumente beschränken oder es bei einer kurzen Erwähnung der Persönlichkeitskerntheorie belassen. Sofern Bearbeiter:innen im Rahmen der Persönlichkeitskerntheorie vertretbar zu dem Ergebnis gelangen, dass die Kommunikation über mobile Endgeräte dem Kernbereich des Persönlichen unterfällt, ist zu beachten, dass der Streitentscheid mit Verweis auf die zum gleichen Ergebnis kommenden Ansichten dahinstehen kann.

a) Persönlichkeitskerntheorie
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Eine Meinung orientiert sich an dem Wortlaut der Norm und geht deshalb davon aus, dass nur solche Verhaltensweisen vom Schutzbereich des Art. 2 I GG erfasst würden, die zum Kernbereich des Persönlichen zählen und daher für die Entfaltung der Persönlichkeit von Gewicht sind.

Zwar lässt sich behaupten, dass auch die Kommunikation über und die Verwendung von digitalen Medien der Entfaltung der Persönlichkeit dient. Allerdings ist sie nicht in der Weise persönlichkeitsstiftend, dass es als eine Grundbedingung der Identitätsfindung angesehen werden kann. Mithin wäre nach dieser Definition der Schutzbereich des Art. 2 I GG nicht eröffnet (a.A. vertretbar).

b) Lehre von der allgemeinen Handlungsfreiheit
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Die herrschende Meinung ist die Lehre von der allgemeinen Handlungsfreiheit. Sie versteht den Wortlaut des Art. 2 I GG dahingehend, dass jede freie Entfaltung der Persönlichkeit - auch wenn sie nicht gewichtig ist - von Art. 2 I GG erfasst sein soll.

Danach wäre jede Form menschlichen Handelns vom Schutzbereich erfasst, mithin auch die Verwendung von mobilen Endgeräten, beispielsweise zur Kommunikation.

c) Streitentscheid
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Da die genannten Ansichten zu unterschiedlichen Ergebnissen führen, stellt sich die Frage, welchem Verständnis von Art. 2 I GG der Vorzug zu geben ist.

Für die erstgenannte Ansicht spricht, dass eine weite Auslegung der Handlungsfreiheit zu einem ausufernden Grundrechtsschutz führen würde. Danach würde jedes menschliche Handeln, selbst gemeinschädliche und strafbare Handlungen, vom Schutzbereich erfasst. Insbesondere letzteres könnte zu einer Pervertierung des Grundrechtsschutzes führen und damit das Institut der Grundrechte als solches abwerten.

Für die letztgenannte Ansicht spricht hingegen die Gesamtsystematik der Verfassung, wonach die Bundesrepublik Deutschland ein freiheitlich-demokratischer Rechtsstaat ist [Systematische Auslegung]. Entsprechend dieser Grundannahme soll Art. 2 I GG als Auffanggrundrecht dienen und einen lückenlosen Freiheitsschutz durch das Grundgesetz gewährleisten [Teleologische Auslegung]. Ihm kommt damit eine sogenannte Schutzergänzungsfunktion zu. Dies gebietet eine weite Auslegung des Wortlautes, sodass jede selbstbestimmte menschliche Handlung erfasst wird, was wiederum die Eigenständigkeit und Weite der Schranke (einfacher Gesetzesvorbehalt) erklärt.

Hinzukommt, dass die Lehre von der allgemeinen Handlungsfreiheit die Unbestimmtheit der anderen Auffassung vermeidet, die willkürliche Subsumtionsergebnisse produziert. Insbesondere erscheint es schwierig, ein objektives und allgemeingültiges Kriterium für die Bestimmung des Kerns der Persönlichkeit zu finden. Denn einzelne Tätigkeiten haben in unterschiedlichen Kontexten für verschiedene Personen eine unterschiedliche Bedeutung. Den Bedenken bzgl. eines zu weiten Schutzbereichs kann zudem entgegen gehalten werden, dass eine Korrektur über die Verhältnismäßigkeit möglich ist, in welcher beispielsweise eine geringe Einschränkung des Verhaltens gewürdigt werden kann.

Letztlich sprechen die besseren Argumente für die letztgenannte Ansicht. Die Verwendung von mobilen Endgeräten auch auf dem Schulgelände unterfällt mithin dem sachlichen Schutzbereich des Art. 2 I GG.

II. Eingriff

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Darüber hinaus müsste durch § 3 BSmG in die allgemeine Handlungsfreiheit der Schüler:innen eingegriffen werden.

Im klassischen Sinn wird der Eingriff definiert als jede Regelung, die unmittelbar und gezielt (final) durch ein vom Staat verfügtes Ge- oder Verbot zu einer Verkürzung grundrechtlicher Freiheit führt.

Der moderne Eingriffsbegriff hat diese Definition erweitert und sieht einen Eingriff in jedem staatlichen Handeln, das ein Verhalten, welches in den Schutzbereich eines Grundrechts fällt, ganz oder teilweise unmöglich macht, gleichgültig ob diese Wirkung final oder unbeabsichtigt, unmittelbar oder mittelbar, rechtlich oder tatsachlich, mit oder ohne Befehl und Zwang eintritt. Einen Eingriff in Art. 2 I GG bildet demnach jede Regelung der öffentlichen Gewalt, die die Handlungsfreiheit des Bürgers beeinträchtigt.

Gemäß § 3 I und II BSmG ist es Schüler:innen untersagt, während des Unterrichts und auf dem Schulgelände mobile Endgeräte zu verwenden. Dies stellt eine typische Form des gesetzlichen Verbots dar. Somit werden die Schüler:innen bereits nach dem klassischen Eingriffsbegriff in ihren Handlungsmöglichkeiten beschränkt. Mithin liegt ein Eingriff in die allgemeine Handlungsfreiheit gemäß Art. 2 I GG vor.

Klausurtaktik

Gute Bearbeiter:innen zeigen, dass sie sauber zwischen klassischem und modernem Eingriffsbegriff differenzieren. Je nach Schwerpunktsetzung der Klausur kann hier auch nur auf einen der beiden Eingriffsbegriffe eingegangen werden. Erst recht, wenn nur der klassische Eingriff einschlägig ist.

III. Rechtfertigung

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Der Eingriff könnte jedoch gerechtfertigt sein. Dies ist dann der Fall, wenn Art. 2 I GG einschränkbar ist und die Anforderungen des Schrankenvorbehalts eingehalten sind.

1. Einschränkbarkeit des Grundrechts - Schranke

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Das Grundrecht aus Art. 2 I GG ist nicht vorbehaltlos gewährt. Danach sind Schranken der allgemeinen Handlungsfreiheit die Rechte anderer, die verfassungsmäßige Ordnung sowie das Sittengesetz, sog. Schrankentrias.

Eine eigenständige Bedeutung kommt jedoch nur der verfassungsmäßigen Ordnung zu. "Verfassungsmäßige Ordnung" meint die Gesamtheit der Rechtsvorschriften, die formell und materiell verfassungsmäßig sind (= verfassungsmäßige Rechtsordnung). Aus ihr wird ein einfacher Gesetzesvorbehalt für die allgemeine Handlungsfreiheit hergeleitet.

Die Rechte anderer, verstanden als alle subjektiven Rechte, bedürfen einer gesetzlichen Grundlage und sind über diese Normierung bereits Teil der verfassungsmäßigen Ordnung. Das Sittengesetz spiegelt die aktuell gültigen Wert- und Moralvorstellungen wider und ist über die Begriffe der "guten Sitten" wie auch "Treu und Glauben" ebenfalls in der Rechtsordnung normiert.[1] Daher gehen diese Schranken in der verfassungsrechtlichen Ordnung auf und haben somit keine selbständige Bedeutung.

Klausurtaktik

Die Schrankentrias ist ein Standardbegriff, der als Schlagwort für die Korrektor:innen im Rahmen der Schrankenbestimmung fallen sollte. Gute Bearbeitungen stellen zudem das Verhältnis der einzelnen Schranken zueinander dar und leiten aus der verfassungsmäßigen Ordnung den einfachen Gesetzesvorbehalt her.

Als Schranke kommt hier § 3 BSmG in Betracht. Dabei handelt es sich um ein Parlamentsgesetz. Eine Schranke liegt demnach vor.

2. Grenzen der Einschränkbarkeit

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Danach ist der Eingriff in Art. 2 I GG über den Vorbehalt des Art. 2 I HS 2 GG verfassungsrechtlich gedeckt, soweit § 3 BSmG formell und materiell verfassungsmäßig ist.

Da die formelle Verfassungsmäßigkeit laut Sachverhalt vorliegt, erschöpft sich die Prüfung der materiellen Verfassungsmäßigkeit vorliegend in der Verhältnismäßigkeitsprüfung.

Klausurtaktik

Neben der Verhältnismäßigkeit können auch andere Kriterien in der materiellen Verfassungsmäßigkeit relevant werden. Vgl. hierzu das Kapitel im Lehrbuch

a) Verhältnismäßigkeit
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Die Regelung müsste insbesondere verhältnismäßig sein. Dies ist der Fall, wenn der Gesetzgeber mit der Regelung einen legitimen Zweck verfolgt und die gesetzliche Regelung zur Förderung dieses Zwecks geeignet, erforderlich und angemessen ist.

aa) Legitimer Zweck
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§ 3 BSmG müsste zunächst einem legitimen Zweck dienen. Dieser ergibt sich durch die objektive Auslegung des Gesetzes bzw. der einschlägigen Norm. Legitim sind nur öffentliche Interessen, die verfassungsrechtlich nicht ausgeschlossen sind.

Hier geht es dem Gesetzgeber primär um die Beseitigung der Störung des Unterrichts durch die Verwendung von mobilen Endgeräten. Insbesondere soll eine Ablenkung der Schüler:innen und die damit einhergehende Beeinträchtigung ihrer Konzentration durch digitale Medien unterbunden werden. Damit dient § 3 BSmG insbesondere der Verwirklichung des staatlichen Erziehungs- und Bildungsauftrags im Schulwesen. Dieser Verfassungsauftrag folgt aus Art. 7 I GG und stellt somit ein legitimes öffentliches Interesse dar.

Darüber hinaus bezweckt das BSmG auch die Bekämpfung der Gefahren, die von sogenanntem Cybermobbing ausgehen. Die Bannung von mobilen Endgeräten vom Schulgelände dient damit auch dem Schutz der (psychischen) Gesundheit der Schüler:innen. Grundlage des Gesundheitsschutzes ist Art. 2 II GG, sodass auch hierin ein legitimes öffentliches Interesse liegt.

bb) Geeignetheit
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Weiterhin müsste die Regelung auch zur Zielerreichung geeignet sein. Hierfür genügt es bereits, dass der gewünschte Erfolg gefördert wird und somit die Möglichkeit der Zweckerreichung besteht. Zudem wird dem Gesetzgeber bei der Frage der Eignung der Regelung zur Zweckerreichung ein großer Einschätzungsspielraum zugestanden (sogenannte Einschätzungsprärogative).

Das Verbot von mobilen Endgeräten im Unterricht hat zur Folge, dass im Unterricht erheblich weniger Ablenkung und Konzentrationsstörungen - verursacht durch die Nutzung digitaler Medien - zu erwarten sind. Dies gilt insbesondere, da bei Verstößen die zuständigen Lehrkräfte zur Einbehaltung dieser Geräte berechtigt sind. Ferner wird durch das umfassende Verbot der Nutzung mobiler Endgeräte im Unterricht und auf dem Schulgelände zumindest während der Schulzeit das Cybermobbing von und durch Schüler:innen unterbunden, da diesen der Zugriff auf entsprechende digitale Medien verwehrt wird.

§ 3 BSmG ist damit geeignet, den staatlichen Erziehungs- und Bildungsauftrag, welcher von den Schulen wahrgenommen wird, zu fördern und in gewissem Maße die Gesundheit der Schüler:innen zu schützen.

cc) Erforderlichkeit
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Die Regelung müsste zudem erforderlich sein. Das ist immer dann der Fall, wenn die gesetzliche Regelung das mildeste unter den zur Verfügung stehenden gleichermaßen geeigneten Mitteln darstellt (Prinzip des geringstmöglichen Eingriffs). Das bedeutet, dass es kein weniger belastendes Mittel geben darf, durch das auf gleich wirksame Weise der verfolgte Zweck der Regelung erreicht werden kann. Auch hier kommt dem Gesetzgeber eine Einschätzungsprärogative zu.

Zu denken wäre vorliegend daran, dass es für die Erreichung des staatlichen Bildungsauftrags genügen würde, die mobilen Endgeräte während der Unterrichtszeit zu verbieten, da lediglich in dieser Zeit Ablenkung und Konzentrationsstörungen drohen, die zu Störungen des Unterrichts führen. Ein noch milderer Eingriff wäre ein Verbot mobiler Endgeräte während des Unterrichts zu unterrichtsfremden Zwecken. Dies würde berücksichtigen, dass Smartphones, Tablets und andere ähnliche Geräte auch in den Unterricht eingebunden werden und so als Medium der Stoffvermittlung dem staatlichen Bildungsauftrag sogar fördern können.

Fraglich ist jedoch, ob diese milderen Mittel - ein umfassendes Verbot nur während des Unterrichts oder ein Verbot der Nutzung zu unterrichtsfremden Zwecken - gleich geeignet sind, den mit dem Gesetz erstrebten Zweck zu erreichen. Grundsätzlich stellt ein umfassendes Verbot der Nutzung für das gesamte Schulgelände das effektivste Mittel dar, Störungen des Unterrichts durch die Nutzung digitaler Medien zu beseitigen. Ein Verbot der Verwendung zu unterrichtsfremden Zwecken erschwert die Kontrolle durch die Lehrkräfte erheblich. Auch ein absolutes Verbot der Nutzung während des Unterrichts dürfte weniger effektiv sein, da es den Schüler:innen grundsätzlich erlaubt wäre, mobile Endgeräte mit in die Schule zu nehmen und diese während der Pausen zu nutzen.

In jedem Fall wäre die Gefahr des Cybermobbings durch die Verwendung digitaler Kommunikationsmedien bei einem Verbot ausschließlich während des Unterrichts nicht gebannt, da die Schüler:innen während der unterrichtsfreien Zeit auf diese Medien über die mobilen Endgeräte zugreifen könnten.

Mithin steht vorliegend kein gleich geeignetes milderes Mittel zur Verfügung, sodass die gesetzliche Regelung auch erforderlich ist

Klausurtaktik

Eine a.A. ist ebenfalls vertretbar. Der Schwerpunkt sollte jedoch die Prüfung der Angemessenheit sein. An dieser Stelle lohnt es sich daher auch, klausurtaktisch zu denken und eine weitergehende Prüfung in den Blick zu nehmen.

dd) Angemessenheit
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Darüber hinaus müsste § 3 BSmG angemessen (verhältnismäßig im engeren Sinne) sein. Dies ist der Fall, wenn die nachteiligen Folgen für das grundrechtlich geschützte Verhalten des Einzelnen nicht außer Verhältnis zu den positiven Folgen oder dem Nutzen des verfolgten Zwecks für die Allgemeinheit stehen. Eingriff und verfolgter Zweck müssen somit in einem angemessenen Verhältnis zueinander stehen. Je intensiver der Eingriff und je höher der Rang des geschützten Rechtsgutes ist, desto höher sind die Anforderungen an die Rechtfertigung des Eingriffs.

Durch das Verbot der Nutzung der mobilen Endgeräte auf dem gesamten Schulgelände sowohl während als auch außerhalb der Unterrichtszeit und die entsprechende Einbehaltungsermächtigung greift die Regelung des § 3 BSmG in die allgemeine Handlungsfreiheit der Schüler:innen ein. Digitale Endgeräte sind wesentliche Bestandteile des Alltags der Schüler:innen. Dieser Eingriff ist wegen der Anwesenheitspflicht in der Schule aufgrund relativ langer Schulzeiten erheblich.

Vorliegend dient der Engriff durch § 3 BSmG der Erfüllung des staatlichen Erziehungs- und Bildungsauftrags, welcher in Art. 7 I GG verankert ist, und über die Bekämpfung des Cybermobbings auch dem Schutz der Gesundheit der Schüler:innen, welcher aus dem Grundrecht auf Gesundheit aus Art. 2 II GG abgeleitet werden kann. Gerade letzteres Grundrecht ist ein besonders hochrangiges Rechtsgut im Grundgesetz.

Grundsätzlich kommt dem staatlichen Bildungsauftrag als Verfassungsauftrag ein hohes Gewicht zu, da hierdurch dem Staat die Aufgabe übertragen wird, die Persönlichkeitsentwicklung von Kindern und Jugendlichen durch Bildung und Erziehung zu fördern. Er ist somit verpflichtet, für ein leistungsfähiges Schulwesen zu sorgen. Auch die körperliche Integrität ist ein elementares Schutzgut, bezüglich dessen dem Staat eine besondere Schutzpflicht zukommt. Bei abstrakter Betrachtung wiegen diese Schutzgüter schwerer als das Interesse der Schüler:innen, digitale Medien auf dem Schulgelände zu nutzen. Hierfür spricht auch, dass Art. 2 I GG lediglich ein sogenanntes Auffanggrundrecht ist.

Zu berücksichtigen ist dabei, dass die Verwendung digitaler Medien zu unterrichtsfremden Zwecken durch deren starke Verbreitung unter Schüler:innenn nachweislich zu erheblichen Störungen des Unterrichts führt und damit den staatlichen Bildungsauftrag gefährdet. Ein Verbot der entsprechenden Geräte erscheint daher unerlässlich, um deren Ablenkungspotential entgegen zu treten. Auch gilt dieses Nutzungsverbot nur während der Schulzeit. Im Rahmen ihrer Freizeit können die Schüler:innen ihre Geräte weiterhin zur Kommunikation und anderen Zwecken nutzen.

Andererseits ist zu bedenken, dass der Schutz von Kindern und Jugendlichen vor den Gefahren des Cybermobbings, das insbesondere schwere psychologische Beeinträchtigungen bis hin zum Suizid verursachen kann, schwer wiegt. Fraglich ist jedoch, ob mittels eines zeitlich begrenzten Verbots den Gefahren des Cybermobbings effektiv begegnet werden kann, da den Schüler:innen nach Verlassen des Schulgeländes weiterhin die Möglichkeit verbleibt, mittels ihrer mobilen Endgeräte Cybermobbing zu betreiben. Auch das ohne mobile Endgeräte durchgeführte Mobbing während der Schulzeit wird durch dieses Verbot nicht beendet.

Zudem können mobile Endgeräte durchaus sinnvoll auch zu Unterrichtszwecken in den Schulalltag eingebunden werden und haben darüber hinaus das Potential, soziale Kommunikation und den Austausch über gesellschaftlich relevante Themen zu begünstigen und in einem globalen Kontext länderübergreifend zu ermöglichen. Der Staat sollte daher vielmehr auf eine angemessene Verwendung und verantwortungsvolle Nutzung digitaler Kommunikationsmedien auch im Rahmen des Schulunterrichts hinwirken. Anstelle eines umfassenden Verbots der Nutzung auf dem ganzen Schulgelände, das erheblich in die allgemeine Handlungsfreiheit der Schüler:innen eingreift, könnte schon durch ein Verbot der Nutzung zu unterrichtsfremden Zwecken oder ein weiter gefasstes Verbot während des Unterrichts mit der entsprechenden Ermächtigung zum Einbehalt des Geräts bei Verstößen den Störungen des Unterrichts entgegengewirkt werden. Dabei sollte gleichzeitig der verantwortungsvolle Umgang mit den Medien propagiert und über die Gefahren des Cybermobbings aufgeklärt werden. So könnten beide Interessen - das Interesse des Staates an der nachhaltigen Durchsetzung des Bildungsauftrags und der Bekämpfung des Cybermobbings sowie das Interesse der Schüler:innen an der Nutzung digitaler Kommunikationsmedien – in einen angemessenen Einklang gebracht werden.

Die tatsächliche Ausgestaltung des § 3 BSmG in Form eines umfassenden Verbots der Nutzung mobiler Endgeräte insbesondere auch außerhalb des Unterrichts steht angesichts der stetig wachsenden Bedeutung digitaler Medien für die Kommunikation und Informationsbeschaffung für Erwachsene aber eben auch Schüler:innen in keinem angemessenen Verhältnis zu dem Zweck, der mit dem Gesetz erreicht werden soll (andere Ansicht gut vertretbar).

b) Zwischenergebnis
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§ 3 BSmG ist nicht verhältnismäßig.

IV. Ergebnis

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Die Regelung verstößt damit gegen die allgemeine Handlungsfreiheit aus Art. 2 I GG und ist somit nicht materiell verfassungsmäßig.

Die Verfassungsbeschwerde ist begründet.

Zusammenfassung: Die wichtigsten Punkte

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  • der Schutzbereich der allgemeinen Handlungsfreiheit ist sehr weitreichend
  • die allgemeine Handlungsfreiheit unterliegt einem einfachen Gesetzesvorbehalt
  • im Rahmen der Angemessenheit sind die widerstreitenden Rechtsgüter zu einem Ausgleich zu bringen

Dieser Text wurde von der Initiative für eine offene Rechtswissenschaft OpenRewi erstellt. Wir setzen uns dafür ein, Open Educational Ressources für alle zugänglich zu machen. Folge uns bei Bluesky oder X oder trage dich auf unseren Newsletter ein.

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Inhaltsverzeichnis des Buches

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Zusatzmaterial / Weiterentwickelte Fälle

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Fußnoten

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  1. Ausführlicher zur durchaus problembehafteten Schranke des "Sittengesetzes" siehe im Lehrbuch-Kapitel.