Autor:innen: Katharina Goldberg

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Sachverhalt

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Mietpreisbremse

Aufgrund der seit Jahren stark ansteigenden Mieten in prosperierenden Städten schaffte der Gesetzgeber im Jahr 2015 mit einer formell rechtmäßigen Änderung des Mietrechts einen Katalog von Vorschriften zur Regulierung der Miethöhe bei Mietbeginn im nicht preisgebundenen Wohnraum (sog. "Mietpreisbremse"). Mit der Regulierung der Miethöhe wollte der Gesetzgeber den stark ansteigenden, teilweise in erheblichem Maße über der ortsüblichen Vergleichsmiete liegenden Mieten bei der Wiedervermietung von Bestandswohnungen begegnen. Durch die Dämpfung des Mietanstiegs sollte der dauerhaften Verdrängung von wirtschaftlich weniger leistungsfähigen Bevölkerungsgruppen aus stark nachgefragten Wohnquartieren entgegenwirkt werden. Insbesondere Familien mit Kindern sollte in größerem Umfang ermöglicht werden, auch innerhalb ihres angestammten "Quartieres" und nicht nur in bisher weniger von Mietanstiegen betroffene Randlagen umzuziehen. Wohnungen sollten bezahlbar bleiben und Anreize für Verdrängungsmaßnahmen verringert werden. Zugleich sollte durch die Orientierung am Mietspiegel die Wirtschaftlichkeit der Vermietung sichergestellt werden.

Das BGB wird um eine Neuregelung des § 556d BGB ergänzt, nach der die Miete zu Beginn des Mietverhältnisses die ortsübliche Vergleichsmiete um höchstens 10 % übersteigen darf. Diese Regelung gilt in Gebieten mit angespannten Wohnungsmärkten. Wo solche Gebiete vorliegen, können die Landesregierungen durch Rechtsverordnung bestimmen. Voraussetzung hierfür ist, dass die ausreichende Versorgung der Bevölkerung mit Mietwohnungen in einer Gemeinde oder einem Teil der Gemeinde zu angemessenen Bedingungen besonders gefährdet ist. Dies kann insbesondere der Fall sein, wenn

1. die Mieten deutlich stärker steigen als im bundesweiten Durchschnitt,

2. die durchschnittliche Mietbelastung der Haushalte den bundesweiten Durchschnitt deutlich übersteigt,

3. die Wohnbevölkerung wächst, ohne dass durch Neubautätigkeit insoweit erforderlicher Wohnraum geschaffen wird, oder

4. geringer Leerstand bei großer Nachfrage besteht.

Diese Regelungen werden zudem um Ausnahmevorschriften ergänzt: So können Vermieter:innen weiterhin eine Miete in Höhe der Miete, die der vorherige Mieter zuletzt schuldete (Vormiete) vereinbaren, auch wenn diese die nach § 556d BGB festgelegte Miete übersteigt. Auch gilt die Mietpreisbremse nicht für kürzlich umfassend modernisierte und erstmals genutzte Wohnungen. Sanktionen für Vermieter:innen, die diese Regelungen missachten, sind nicht vorgesehen.

Für die Stadt Berlin erließ der Senat von Berlin eine Rechtsverordnung, welche das gesamte Stadtgebiet von Berlin für die Dauer von fünf Jahren zu einem angespannten Wohnungsmarkt erklärt.

Frau Nguyen (N) zieht im Sommer 2016 in das Berliner Stadtgebiet, um eine Stelle als Elektrikerin anzutreten. Ihr Mietvertrag sieht eine weit über der höchstzulässige Miete gem. § 556d BGB liegende Miete vor. Sie wendet sich daraufhin an das Amtsgericht und beantragt die Feststellung, dass sie nur eine dem § 556d BGB entsprechende, 10 % über der ortsüblichen Vergleichsmiete liegende Miete zahlen müsse. Das Amtsgericht gibt der Klage statt, da die bei Mietbeginn vereinbarte Miete die höchstzulässige Miete übersteige.

Daraufhin legt die Eigentümerin und Vermieterin Frau Bakis (B) die - zulässige - Berufung beim LG Berlin ein. Sie ist der Meinung, dass die Vorschrift des § 556d I BGB nicht sinnvoll in den aus ihrer Sicht funktionierenden Mietmarkt eingreife. Sie fühlt sich durch die Regelung regelrecht enteignet. Dagegen schütze sie doch aber das Grundgesetz. Sie möchte selbst über die Nutzung ihres Eigentums bestimmen und würde Ihre Wohnung gerne für eine von ihr festgelegte Miete an zahlungskräftige Mieter:innen vermieten. Überhaupt würden sich ja noch viel mehr potentielle Mieter:innen als bisher bei ihr melden, wenn sie ihre Wohnung auch noch günstiger anbieten würde. Sie wolle gar nicht mit so vielen Menschen über die Wohnung kommunizieren. Auch wenn sie unter diesen Umständen neue Mieter:innen wählen würde, würden trotzdem zahlungskräftige Mieter:innen besonders profitieren und bekämen dann mit hoher Wahrscheinlichkeit die von ihnen gewünschte Wohnung zum gedeckelten Preis. Es könnte doch nicht gewollt sein, dass sie sich unter diesen Umständen mit noch mehr potentiellen Mieter:innen herumschlagen müsse. Zudem sei die Gentrifizierung Berlins doch gar nicht so schlecht. Sie brächte viele Vorteile für die Stadt. Neue, wohlhabende Bewohner:innen brächten neue Lebendigkeit und Attraktivität und die Stadtviertel würden so renovierter, sauberer und insgesamt schöner und lebenswerter werden. Auf diese Weise würden sich Problemviertel zu attraktiven Wohngegenden wandeln. Zudem findet sie, der Staat könnte weniger zahlungskräftige Mieter auch anders unterstützen. Er könnte beispielsweise ein Wohngeld zahlen, um ein Verbleiben im angestammten Wohnquartier zu ermöglichen.

Das LG Berlin hält die Vorschrift des § 556d BGB für verfassungswidrig und berät nun über die weiteren Schritte.

Fallfrage

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1. Welche weiteren Schritte muss das LG Berlin im Folgenden ergreifen?

2. Wäre das in Frage 1 genannte Vorhaben zulässig?

3. Verstoßen die Regelungen des § 556d gegen Art. 14 GG? Die Verfassungsmäßigkeit der Verordnungsermächtigung ist dabei zu unterstellen.

Dieser Text wurde von der Initiative für eine offene Rechtswissenschaft OpenRewi erstellt. Wir setzen uns dafür ein, Open Educational Ressources für alle zugänglich zu machen. Folge uns bei Bluesky oder X oder trage dich auf unseren Newsletter ein.

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Inhaltsverzeichnis des Buches

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Zusatzmaterial / Weiterentwickelte Fälle

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Fußnoten

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