Dualraum – Serlo „Mathe für Nicht-Freaks“

Wir haben bereits den Vektorraum der linearen Abbildungen zwischen zwei -Vektorräumen und kennengelernt. Wir werden hier nun den Fall betrachten, dass der Vektorraum dem Körper entspricht.

Motivation Bearbeiten

Betrachten wir folgendes Beispiel: Wir möchten Äpfel und Birnen kaufen. Ein Apfel kostet  € und eine Birne  €. Wenn   die Anzahl der Äpfel und   die Anzahl der Birnen bezeichnen, wie viel müssen wir insgesamt bezahlen? Die Formel des Gesamtpreises ist  . Diese Gleichung können wir als  -lineare Abbildung

 

auffassen. Nehmen wir an, dass die Preise sich um die Hälfte erhöhen. Um die Formel zu erhalten, die den neuen Gesamtpreis angibt, müssen wir die alte Formel mit   multiplizieren. Die Formel, die diesen Preis angibt, würde dann   lauten. Die zugehörige lineare Abbildung ist

 

Wir sehen, dass  . Angenommen stattdessen steigt der Preis der Äpfel um  € und Preis der Birnen um  €. Die entsprechende Formel für den Gesamtpreis erhalten wir durch Addition   auf die ursprüngliche Formel, das heißt  . Das kann wie folgt als Addition linearer Abbildungen aufgefasst werden. Wir definieren   durch   und  . Dann gilt  . Wir haben in diesem Beispiel also lineare Abbildungen von   nach   addiert und mit Skalaren multipliziert.

Wir haben also lineare Abbildungen von  , die den Gesamtpreis angeben. Eine solche Abbildung ordnet jedem Vektor einen Wert, nämlich den Preis, zu. Wir können sagen, dass die Abbildung diese Vektoren misst. Deshalb nennen wir lineare Abbildungen von   nach   lineare Messfunktionen. Wir haben oben gesehen, dass Summen und skalare Vielfache von solchen Abbildungen wieder lineare Abbildungen sind. In anderen Worten sind Linearkombinationen von linearen Messabbildungen wieder lineare Messabbildungen. Es gibt also eine Vektorraumstruktur auf den linearen Messabbildungen von  .

Wie sieht es bei anderen Vektorräumen aus? Betrachten wir den  -Vektorraum   der komplexen Polynome vom Grad höchstens  . Hier gibt es eine Reihe von einfachen Messabbildungen. Diese können zum Beispiel einem Polynom   seinen Wert an einem Punkt   zuordnen

 

Alternativ kann man einem Polynom den Wert seiner Ableitung im Punkt   zuordnen

 

Da die Koeffizienten von Polynomen Skalare sind, können wir sie benutzen um weitere Messabbildungen zu definieren. Betrachte zum Beispiel für   die Abbildungen   definiert durch   und  . Dann gilt  . Wir sehen auch hier, dass Summen von Messabbildungen wieder Messabbildungen sind.

Allgemein kann man auch über einem beliebigen  -Vektorraum   den Raum der linearen Messabbildungen   betrachen. Wir werden sehen, dass dieser, wie in den Beispielen zuvor, ein Vektorraum ist. Diesen nennt man den Dualraum von  .

Definition Bearbeiten

Definition (Dualraum)

Sei   ein Vektorraum über einem Körper  . Dann heißt der Raum der linearen Abbildungen   zwischen den K-Vektorräumen   und   Dualraum von  .

Der folgende Satz besagt, dass der Dualraum ein Vektorraum ist.

Satz (  ist ein Vektorraum)

Sei   ein Vektorraum über einem Körper  . Dann ist   mit den beiden Verknüpfungen

 

und

 

ein  -Vektorraum.

Beweis (  ist ein Vektorraum)

Wir wissen aus dem Artikel über Funktionenräume, dass für  -Vektorräume   und   auch   ein  -Vektorraum ist. Da   ein  -Vektorraum ist, ist für jeden  -Vektorraum   auch   ein  -Vektorraum.

Beispiele für Vektoren im Dualraum Bearbeiten

Beispiel (Charakterisierung von  )

Der Dualraum von   ist der Vektorraum aller linearen Abbildungen von   nach  . Jede solche lineare Abbildung   ist durch Multiplikation mit einer (1x2)-Matrix, der darstellenden Matrix, gegeben und ist also von der Form

 

für gewisse  . Also werden die Elemente im Dualraum von   durch lineare Gleichungen der Form   beschrieben.

Allgemeiner ist ein Element von   durch eine (1xn)-Matrix   bzw. eine lineare Gleichung der Form   mit Koeffizienten   gegeben.

Beispiel (Limes von konvergenten Folgen)

Sei   der Raum der konvergenten Folgen  . Weil Summen und skalare Vielfache konvergenter Folgen wieder konvergente Folgen sind, ist   ein  -Vektorraum. Einen Beweis der Vektorraumeigenschaften kannst Du hier nachlesen.

Wir betrachten die Abbildung  , die eine Folge auf ihren Grenzwert schickt. So ist z.B.   oder  . Aus den Eigenschaften des Grenzwertes wissen wir, dass

 

für alle konvergenten Folgen   und Skalare   gilt. Daraus folgt, dass   eine lineare Abbildung und damit gilt  .

Beispiel (Polynomraum und Auswertungsabbildung)

Sei   ein Körper. Wir betrachten den Polynomring   als  -Vektorraum. Für ein   definieren wir die Abbildung

 

die ein Polynom an der Stelle   auswertet. Zum Beispiel ist   und  .

Wir rechnen nach, dass diese Abbildung  -linear, also ein Element von   ist:

Für   und   gilt:

 

Beispiel (Ableitung)

Sei   der Raum der einmal stetig-differenzierbaren Funktionen  . Sei   fest und betrachte die Abbildung

 

die eine differenzierbare Funktion auf ihre Ableitung im Punkt   schickt. Zum Beispiel ist für   der Wert der Abbildung in   gegeben durch

 

Wir rechnen nach, dass die Abbildung   (für festes  ) linear ist: Für   und   gilt

 

Dies folgt aus den Eigenschaften der Ableitung. Also ist   ein Element von  .

Beispiel (Integral)

Sei   der Raum der stetigen Funktionen  . Betrachte die Abbildung

 

die eine auf   stetige Funktion auf ihr Integral schickt. Zum Beispiel ist für  

 

Wir rechnen nach, dass die Abbildung   linear ist: Für   und   gilt

 

Dies folgt aus bekannten Eigenschaften des Integrals. Also ist   ein Element von  .

Duale Basis Bearbeiten

Wir wissen nun, was der Dualraum   eines  -Vektorraums   ist: Er besteht aus allen linearen Abbildungen von   nach  . Intuitiv können wir diese Abbildungen als lineare Abbildungen auffassen, die Vektoren aus   messen. Deshalb nennen wir Elemente des Dualraums   in diesem Artikel manchmal "(lineare) Messfunktionen".

Motiviert durch diese intuitive Vorstellung von "Messungen" fragen wir uns: Gibt es eine Teilmenge   von Messfunktionen, mit der sich Vektoren eindeutig bestimmen lassen? Das heißt, gibt es eine Teilmenge  , sodass wir für jede Wahl von Vektoren   mit   eine Messfunktion   mit   finden?

Wir überlegen uns zuerst an einem Beispiel, was das bedeutet:

Beispiel (Eindeutiges Bestimmen von Vektoren durch Messfunktionen)

Betrachten wir  . Dann ist der Dualraum   der Vektorraum aller linearen Abbildungen  . Betrachte die linearen Abbildungen   mit

 

Falls  , können wir Vektoren damit nicht eindeutig bestimmen: Für   und   gilt zwar  , aber  .

Auch mit den Messfunktionen in   lassen sich   und   nicht unterscheiden: Es ist auch  .

Betrachten wir aber stattdessen die Teilmenge von Messfunktionen  , dann sind Vektoren in   durch die Messungen in   eindeutig bestimmt: Seien   und   beliebige Vektoren mit  . Angenommen, es gilt   und  . Aus   folgt  . Zusammen mit   würde dann auch  , also   folgen. Somit wäre  , was ein Widerspruch zu unserer Annahme ist. Also gilt   oder   (oder beides). Also liefert für jede Wahl von verschiedenen Vektoren in   mindestens eine der beiden Messungen in   unterschiedliche Werte für   und  . Vektoren sind also durch die Messungen in   eindeutig bestimmt.

In der kontraponierten Form lautet unsere Frage: Gibt es eine Teilmenge  , sodass für alle Vektoren   gilt: Wenn   für alle Messungen   gilt, dann muss   sein.

Wir versuchen, diese Frage erstmal im   zu beantworten.

Messfunktionen zum eindeutigen Bestimmen von Vektoren Bearbeiten

Ein Vektor   ist durch seine Einträge   eindeutig bestimmt. Wenn wir also Messfunktionen aus   so auswählen, dass ihre Werte uns die Einträge eines Vektors liefern, haben wir sichergestellt, dass ein Vektor durch diese Werte schon eindeutig bestimmt ist. Betrachten wir also für   die Abbildungen

 

Man kann überprüfen, dass die Abbildungen   linear sind. Außerdem gilt   für jedes  . Die Abbildung   liefert also den  ten Eintrag von Vektoren in  . Ein Vektor   ist durch die Werte der   schon eindeutig bestimmt: Angenommen wir haben Vektoren   und   in   mit gleichen Funktionswerten unter den  , also mit   für alle  . Dann gilt   für alle   und damit  . Also gilt: Sind   mit   für alle  , dann folgt  .

Es ist intuitiv auch klar, dass wir keine der Messfunktionen   weglassen können, um einen Vektor durch die Werte eindeutig zu bestimmen. Lassen wir zum Beispiel die   weg,  , dann gilt für

 

zwar   für alle Messfunktionen mit  , aber es ist  . Die Messfunktionen   mit   bestimmen einen Vektor also nicht mehr eindeutig.

Wir haben mit den   mit   eine Menge an Messfunktionen gefunden, die Vektoren aus   eindeutig bestimmen und die minimal ist, weil wir keine der Funktionen weglassen können.

Können wir diese Überlegungen auf einen allgemeinen Vektorraum   verallgemeinern? Im   haben wir benutzt, dass ein Vektor   durch seine Einträge   eindeutig bestimmt ist. Die   sind aber gerade die Koordinaten von   bezüglich der Standardbasis  : Es gilt

 

In einem allgemeinen Vektorraum   haben wir keine Standardbasis. Sobald wir aber eine Basis   gewählt haben, können wir genauso wie im   von den Koordinaten eines Vektors bzgl.   sprechen. So wie im   mit der Standardbasis, so ist dann auch in   mit der gewählten Basis   ein Vektor   durch seine Koordinaten bzgl.   eindeutig bestimmt. Sobald wir also eine Basis gewählt haben, können wir versuchen, genauso wie im   vorzugehen.

Wir nehmen im Folgenden an, dass   endlichdimensional ist, d.h.  . Sei   eine Basis von  . Dann ist jeder Vektor   von der Form

 

mit eindeutig bestimmten Koordinaten  . Analog zum   definieren wir nun für   die linearen Messfunktionen in  

 

Eine der Messfunktionen   bestimmt also gerade die  te Koordinate von Vektoren bzgl. der Basis  . Es gilt also

 

für jeden Vektor  .

Warnung

Beachte, dass die Definition der   von der gewählten Basis   abhängt.

Weil Vektoren in   durch ihre Koordinaten schon eindeutig bestimmt sind, sind Vektoren durch die Werte der   schon eindeutig bestimmt. Mit anderen Worten, es gilt für alle  

 

Aus demselben Grund wie bei   kann man auf keines der   verzichten: Fehlt die  te Messfunktion  ,  , dann lassen sich Vektoren, deren  te Koordinate bzgl.   verschieden ist, nicht mehr unterscheiden.

Frage: Welche zwei Vektoren kann man hier wählen?

Wir wählen ein Beispiel analog zum   und setzen

 

und

 

Dann gilt   für alle  , aber  . Lässt man die  te Messfunktion weg, sind Vektoren also nicht mehr eindeutig durch die Funktionswerte der   bestimmt.

Die Messfunktionen bilden eine Basis Bearbeiten

Sei   ein Vektorraum mit gewählter Basis   und seien die   definiert wie oben. Will man Vektoren durch die Werte der   eindeutig bestimmen, kann auf keines der   verzichten. Der Grund dafür ist, dass man das Ergebnis einer Messung   (die  te Koordinate von   bzgl.  ) nicht aus den anderen Messungen kombinieren kann. Wir können also keine der Messfunktionen   als Linearkombination der anderen   ( ) darstellen. Mit anderen Worten, die Messfunktionen   sind linear unabhängig.

Auf der anderen Seite verraten uns die Werte der   bereits alles, was es über einen Vektor   zu wissen gibt: Seine Koordinaten bzgl. der gewählten Basis  . Lassen sich alle anderen Messfunktionen aus   deshalb aus den   kombinieren? Eine beliebige Messfunktion   aus   ist nach dem Prinzip der linearen Fortsetzung schon durch ihre Werte auf den Basisvektoren   eindeutig bestimmt. Für   seien   diese Werte. Ferner gilt   und   für   und alle  . Durch Einsetzen der   erhalten wir, dass

 

die gleichen Werte auf den Basisvektoren annehmen. Nach dem Prinzip der linearen Fortsetzung sind die beiden linearen Abbildungen also gleich. Also lässt sich jedes   als Linearkombination der   schreiben. Das bedeutet, die Messfunktionen   bilden ein Erzeugendensystem von  .

Also ist   eine Basis des Dualraums und wir können den folgenden Satz beweisen:

Satz (Existenz der dualen Basis)

Sei   ein endlichdimensionaler Vektorraum und   eine Basis von  . Dann existiert eine eindeutige Basis   von  , sodass

 

für alle   gilt.

Beweis (Existenz der dualen Basis)

Beweisschritt: Existenz und Eindeutigkeit der  .

Nach dem Prinzip der linearen Fortsetzung existieren die linearen Abbildungen   und sind durch die Vorgabe der Werte auf den Basisvektoren von   eindeutig bestimmt.

Beweisschritt: Die   sind linear unabhängig.

Seien   mit  . Sei  . Wegen   und   für   erhalten wir durch Einsetzen von  

 

Weil   beliebig war, folgt  .

Beweisschritt: Die   bilden ein Erzeugendensystem.

Sei   beliebig. Für   definieren wir   und setzen  . Dann folgt wie im Beweis der linearen Unabhängigkeit

 

für jedes  . Weil   für alle   gilt und eine lineare Abbildung durch die Bilder der Basisvektoren schon eindeutig bestimmt ist, folgt  . Also bilden die   ein Erzeugendensystem.

Die eindeutig bestimmte Basis   nennen wir die zu   duale Basis und schreiben auch   für die Basisvektoren.

Definition (Duale Basis)

Sei   ein endlichdimensionaler Vektorraum mit Basis  . Die eindeutig bestimmte Basis   mit

 

heißt die zu   duale Basis.

Warnung

Beachte, dass   von der auf   gewählten Basis abhängt. Man kann außerdem nicht einzelne Vektoren aus   "dualisieren".

Was passiert im Unendlichdimensionalen? Bearbeiten

Oben haben wir nur den Fall   betrachtet. Können wir genauso vorgehen, wenn   Unendlichdimensional ist? Um die Messfunktionen   zu definieren, müssen wir erst eine Basis von   wählen. Sei also   eine Basis von  , wobei   eine (unendliche) Indexmenge ist. Das Prinzip der linearen Fortsetzung gilt auch im Unendlichdimensionalen: Für vorgegebene Werte  ,  , gibt es genau eine lineare Abbildung   mit   für alle  . Wir können also genau wie im Endlichdimensionalen für   die Abbildung   durch die Vorschrift

 

definieren.

Man kann zeigen, dass dann   auch im Unendlichdimensionalen eine linear unabhängige Teilmenge von   ist. Der Beweis ist analog zum Beweis der linearen Unabhängigkeit im Satz zur dualen Basis.

Im Unendlichdimensionalen kann aber   kein Erzeugendensystem von   sein: Man kann die Funktion

 

die den Wert 1 auf allen Basisvektoren annimmt, nicht als endliche Linearkombination der   darstellen.

Im Unendlichdimensionalen ist die "duale Basis"   also keine Basis des Dualraums.

Aufgaben Bearbeiten

Aufgabe (Duale Basisvektoren und ihre Kerne bestimmen)

Sei   ein endlichdimensionaler Vektorraum und sei   mit  . Zeige, dass es ein   gibt mit  .

Beim Herleiten der dualen Basis haben wir uns von der Idee leiten lassen, dass Vektoren in   durch die "Messungen" in   unterscheidbar sein sollen. In dieser Aufgabe überzeugen wir uns davon: Wir finden immer eine Messung  , für die   (das gilt für jede lineare Abbildung), aber   gilt. Wir finden also ein Element im Dualraum, mit welchem wir   und den Nullvektor unterscheiden können.

Wie kommt man auf den Beweis? (Duale Basisvektoren und ihre Kerne bestimmen)

Wir müssen eine lineare Abbildung   konstruieren. Das ist genau ein Element von  . Nach dem Prinzip der linearen Fortsetzung, können wir lineare Abbildungen konstruieren, indem wir angeben, was sie auf einer Basis tun. Um das zu nutzen, ist es praktisch eine Basis von   zu haben. Noch praktischer ist es, eine Basis von   zu haben, die   als Basisvektor enthält.

Eine solche Basis können wir mithilfe des Basisergänzungssatzes konstruieren: Nach dem Basisergänzungssatz hat   eine Basis   mit  . Damit können wir mit dem Prinzip der linearen Fortsetzung eine lineare Abbildung konstruieren, die   nicht auf   schickt. Zum Beispiel können wir das   wählen, das alle   auf   schickt und   für   auf  .

Das ist genau der duale Basisvektor   der dualen Basis zu  .

Lösung (Duale Basisvektoren und ihre Kerne bestimmen)

Laut dem Basisergänzungssatz, existiert eine Basis   mit  . Aus der Definition der dualen Basis erhalten wir, dass der duale Basisvektor   von   die Eigenschaft   hat. Somit erfüllt   die gewünschte Bedingung.

Aufgabe (Duale Basis bestimmen)

  1. Betrachte die Basis   von  . Bestimme die zu   duale Basis  , d.h. bestimme für   die explizite Funktionsvorschrift
     
  2. Betrachte die Basis   von  . Bestimme die zu   duale Basis  , d.h. bestimme für   die explizite Funktionsvorschrift
     
  3. Betrachte die Basis   von  . Bestimme die zu   duale Basis  , d.h. bestimme für   die explizite Funktionsvorschrift
     

Lösung (Duale Basis bestimmen)

Lösung Teilaufgabe 1:

Setze  ,   und  . Wir suchen lineare Abbildungen  , deren Werte wir nur auf den Basisvektoren   kennen. Wir müssen   für allgemeine   definieren.

Per Definition der dualen Basis kennen wir schon die Funktionswerte jedes   auf den Basisvektoren in  . Nach dem Prinzip der linearen Fortsetzung können wir daraus alle Funktionswerte bestimmen: Weil   eine Basis ist, gibt es für jedes   Koordinaten   sodass  . Mithilfe der Linearität folgt

 

Die Werte   kennen wir per Definition der dualen Basis. Wir müssen also nurnoch die Koordinaten eines beliebigen Vektors   bzgl.   bestimmen. Danach können wir die   hinschreiben.

Beweisschritt: Koordinaten eines beliebigen Vektors   bzgl.   bestimmen

Wir wollen die Koordinaten bzgl.   von einem beliebigen Vektor   bestimmen. Seien also  . Wir schreiben

 

Die Koordinaten von   bzgl. der Standardbasis   sind also einfach  ,   und  . Wenn wir   für die Koordinatenabbildung schreiben, bedeutet das

 

Wir können diese in Koordinaten   bzgl.   umrechnen, indem wir den Koordinatenvektor bzgl.   von links mit der Basisübergangsmatrix   von   nach   multiplizieren. Es gilt also

 

Um die Basisübergangsmatrix   zu bestimmen, berechnen wir die Koordinaten der Standardbasisvektoren   bzgl.  . Diese bilden die Spalten von  .

Wir beginnen mit  : Wir suchen   sodass

 

gilt. Wir lösen also das lineare Gleichungssystem

 

und erhalten  ,   und  . Genauso bestimmen wir die Koordinaten   von   bzgl.   und die Koordinaten   von   bzgl.  . Also gilt

 

Beachte: Wir hätten auch alle drei Gleichungssysteme auf einmal lösen können, indem wir die "rechten Seiten" spaltenweise zusammenfassen, d.h. indem wir die Inverse von   bestimmen. Das macht Sinn, denn diese Matrix ist die Basiswechselmatrix von   in die Standardbasis. Ihre Inverse ist somit die gesuchte Basisübergangsmatrix   von   nach  .

Die Koordinaten von   bzgl.   sind also

 

Es ist natürlich auch in Ordnung, die Koordinaten von   bzgl.   durch genaues Hinsehen zu erraten, ohne Gleichungssysteme zu lösen.

Beweisschritt: Ergebnis für  

Wir können nun ein beliebiges   schreiben als

 

Mit der Linearität der   und der Definition der dualen Basis erhalten wir

 

Genauso berechnen wir   und  . Insgesamt haben wir also die drei Basisvektoren der dualen Basis bestimmt:

 

Lösung Teilaufgabe 2:

Wir wissen, was die Abbildung   auf den Basisvektoren   macht. Um herauszufinden, wie die   auf einem allgemeinen Vektor   agiert, können wir ihn in der Basis   ausdrücken:

 

Damit können wir die Funktionsvorschriften ausrechnen. Für   haben wir

 

Für   bekommen wir

 

Die Funktionsvorschrift von   ist

 

Für   erhalten wir

 

Zusammengefasst erhalten wir für die Funktionsvorschriften

 

Lösung Teilaufgabe 3:

Wir kennen die Werte von jedem   auf den Basisvektoren   und wollen den Wert für eine beliebige Matrix   bestimmen. Dafür drücken wir   als Linearkombination der   aus:

 

Mithilfe der Definition der dualen Basis und der Linearität der   können wir nun die Lösung angeben: Es gilt   für   und  , also folgt

 

Aufgabe (Elemente des Dualraums und ihr Kern)

Sei   ein  -dimensionaler  -Vektorraum und seien  . Zeige: Wenn  , dann gibt es ein   mit  .

Wie kommt man auf den Beweis? (Elemente des Dualraums und ihr Kern)

Für die Elemente   im Kern von   und   gilt   für alle  . Das heißt, das gesuchte   hängt nur von den   ab, die nicht im Kern von   und   liegen. Um das genauer zu verstehen, betrachten wir zunächst die Dimension des Kerns. Mit der Dimensionsformel erhalten wir

 

und somit gilt  . Nun ist   ein Untervektorraum von  . Weil   eindimensional ist, erhalten wir dass die Dimension vom Bild von   entweder   oder   ist. Somit ist   oder  .

Nun haben wir  ; das heißt, sie haben beide die gleiche Dimension. Wenn   ist, haben sie die gleiche Dimension wie  . Somit gilt   und   und   sind die Nullabbildung. Also gilt   und wir können   wählen.

Es bleibt noch der Fall   übrig. In diesem Fall haben wir tatsächlich Vektoren, bei denen   eine Rolle spielt. Um die Abbildungen zu vergleichen, bietet es sich an, sie auf einer Basis zu betrachten, da wir nach dem Prinzip der linearen Fortsetzung wissen, dass   und   durch ihr Verhalten auf einer Basis schon vollkommen bestimmt sind. Um das zu tun, lohnt es sich eine Basis von   zu wählen, bei der wir schon viel über unsere Abbildungen   und   wissen. Wir wissen schon, was beider auf  . Sei   eine Basis von  . Dann können wir mit dem Basisergänzungssatz diese Basis zu einer Basis   von   fortsetzen.

Weil   ist, wissen wir das   und   gilt. Weiter wissen wir   für  . Wir brauchen nun einen Kandidaten für  . Da   von Elementen aus   abhängt, die nicht auf   abgebildet werden, ergibt es Sinn   für den Kandidaten zu verwenden. Mit   erhalten wir  .

Um zu sehen, ob   für alle   gilt, reicht es nun wieder nach dem Prinzip der linearen Fortsetzung, dies auf unserer Basis   zu überprüfen. Für   wissen wir dies bereits, und für   mit   haben wir  . Damit haben wir die Aussage bewiesen.

Lösung (Elemente des Dualraums und ihr Kern)

Die Funktion   ist eine lineare Abbildung zwischen zwei endlich dimensionalen Vektorräumen. Aus dem Dimensionssatz folgt

 

Weil das Bild   ein Untervektorraum des  -Vektorraums   ist, gilt  . Außerdem gilt  . Damit können wir folgern

 

Also gilt  . Andererseits ist  , weil der Kern   ein Untervektorraum von   ist. Deshalb gibt es nur zwei Möglichkeiten:

  1. Die Dimension von   ist  .
  2. Die Dimension von   ist  .

Genauso können wir folgern, dass die Dimension vom Kern von   entweder   oder   ist.

Wir nehmen an, dass   und zeigen, dass es dann ein   gibt mit  . Nun betrachten wir die zwei Fälle   und  .

Fall 1:  

In diesem Fall ist der Kern von   ein  -dimensionaler Untervektorraum den  -dimensionalen Vektorraums  . Deshalb folgt   und wegen unserer Annahme auch  . Also gilt für alle  , dass   und  . Das bedeutet   und   sind beides die Nullabbildung, also  . Damit ist die Aussage für   bewiesen.

Fall 2:  

In diesem Fall folgt aus dem Dimensionssatz

 

Sei   eine Basis von  . Wegen   ist es auch eine Basis von  . Wegen dem Basisergänzungssatz können wir   ergänzen zu einer Basis von  :  . Wir definieren   und  . Der Vektor   liegt nicht in  , folglich gilt  . Definiere  . Wir zeigen, dass  . Wegen dem Prinzip der linearen Fortsetzung reicht es, diese Gleichheit auf der Basis   zu zeigen.

Wir betrachten zuerst   mit  . Weil  , gilt

 

Für den Basisvektor   gilt

 

Für jeden Basisvektor stimmen   und   überein. Also gilt  .

Aufgabe (Duale Basis und Hyperebenen)

Sei   ein  -dimensionaler  -Vektorraum.

  1. Sei   mit  . Zeige, dass   gilt.
  2. Sei   ein  -dimensionaler Unterraum von  . Zeige, dass es ein Element   gibt mit  .
  3. Unter der Annahme, dass   gilt, ist das   aus Teilaufgabe 2 durch den Unterraum   eindeutig bestimmt?

Einen  -dimensionalen Unterraum eines  -dimensionalen Vektorraums   nennt man auch eine Hyperebene in  . Zum Beispiel sind die Hyperebenen im   genau die anschaulichen Ebenen durch den Ursprung. Im ersten Teil der Aufgabe wird also gezeigt, dass der Kern eines nicht-Null-Elements im Dualraum eine Hyperebene in   ist.

Lösung (Duale Basis und Hyperebenen)

Lösung Teilaufgabe 1:

Wir können die Dimensionsformel benutzen, um die Dimension vom Kern mit der Dimension von   in Verbindung zu setzen. Das heißt wir wissen

 

Das heißt, wir haben unser Problem verschoben, um   zu berechnen. Nun ist  , das heißt,  . Das heißt, die Dimension von   ist entweder   oder  .

Wir wissen, dass  , also gibt es ein   mit  . Damit ist   und die Dimension von   kann nicht   sein. Also ist   und wir erhalten

 

Lösung Teilaufgabe 2:

Nach dem Prinzip der linearen Fortsetzung ist eine lineare Abbildung dadurch bestimmt, was sie auf einer Basis macht. Um dieses verwenden zu können, wählen wir zunächst eine Basis   von  . Der Basisergänzungssatz liefert uns nun einen Vektor  , sodass   eine Basis von   ist.

Nach dem Prinzip der linearen Fortsetzung, können einen Kandidaten für die lineare Abbildung   definieren, indem wir sagen, was auf einer Basis von   passiert. Die Vektoren   sind Elemente von  . Da   der Kern von   sein soll, müssen wir   für   fordern. Der letzte Basisvektor   ist nicht in  . Damit darf   nicht im Kern von   liegen. Das heißt, wir können beispielsweise   fordern. Zusammengefasst definieren wir   als die lineare Abbildung mit

 

Da   von   erzeugt wird, ist  . Wir müssen also nur noch Zeigen, dass   gilt. Dafür sei  . Weil   eine Basis von  , finden wir   mit  . Nun wissen wir

 

Somit ist   und  . Das heißt, wir haben  .

Lösung Teilaufgabe 3:

Die Abbildung   ist nicht Eindeutig: Wir wissen, dass  , weil  . Somit existiert   mit  . Weil   gilt, gibt es ein Element   mit  . Somit ist  . Wenn wir nun die lineare Abbildung  . Diese hat den gleichen Kern, weil genau dann   gilt, wenn   gilt. Dies ist genau dann der Fall, wenn   gilt, weil  .

Weiter ist  , weil   gilt. Somit ist die lineare Abbildung aus dem zweiten Teil nicht eindeutig.

In der letzten Aufgabe haben wir   gefordert, weil wir im Beweis ein Element benötigt haben, das weder   noch   ist. Der Körper   besteht nur aus den Elementen   und  . Das heißt, wenn wir eine lineare Abbildung   konstruieren wollen, die einen  -dimensionalen Untervektorraum   als Kern hat, dann müssen wir sie als

 

definieren. Diese Abbildung ist linear, weil es eine lineare Abbildung gibt, deren Kern   ist und die einzige Möglichkeit eine Abbildung Kern   hinzuschreiben, diese Abbildungsvorschrift ist. Insbesondere kommen wir bei der letzten Teilaufgabe zu einem anderen Ergebnis: Die Abbildung ist eindeutig.

Aufgabe (Basis vom Kern von  )

Sei   ein  -Vektorraum,   eine Basis und   die zu   duale Basis. Zeige: Für jedes   gilt

 

Insbesondere ist   eine Basis von  .

Lösung (Basis vom Kern von  )

Per Definition der dualen Basis gilt   für  . Es gilt also   für alle   und da der Kern ein Unterraum ist, gilt auch

 

Da   gilt, ist   nicht die Nullabbildung. Mit der vorherigen Aufgabe folgt somit  . Da   linear unabhängig sind, gilt  , und da dieser Spann im Kern von   enthalten ist, folgt die Gleichheit der beiden Unterräume.

Aufgabe

Betrachte die Basis

 

von  .

  1. Bestimme die zu   duale Basis   mit   für  .
  2. Bestimme den Kern   und zeichne ihn im   für  .

Lösung

Lösung Teilaufgabe 1:

Die darstellende Matrix einer linearen Abbildung   bzgl. der Standardbasen   von   und   von   ist die eindeutig bestimmte Matrix   sodass

 

für alle   gilt.

Wir suchen die Funktionsvorschrift der linearen Abbildungen  ,  . Wir bestimmen also die drei dazugehörigen darstellenden Matrizen   bzgl. der Standardbasen. Per Definition der dualen Basis soll gelten

 

und analog für  . Fassen wir diese Gleichungen in Matrixform zusammen erhalten wir

 

Wir müssen also eine Inverse der Matrix auf der linken Seite der Gleichung bestimmen, die die Basisvektoren in   als Spalten hat.

To-Do:

Das macht Sinn, weil man dann die Basisübergangsmatrix von der Standardbasis zu   bestimmt (Zusammenhang von dualer Basis und Kooridnaten)

Die Inverse ist

 

Die Zeilen sind die gesuchten darstellenden Matrizen der dualen Basisvektoren. Wir haben also

 

Lösung Teilaufgabe 2:

Aus der vorherigen Aufgabe wissen wir, dass  ,   und   gilt. Eingezeichnet in   erhalten wir jeweils eine von den beiden Vektoren aufgespannte Ebene im  .

Anstatt die vorherige Aufgabe zu nutzen, können wir auch die Kerne der Matrizen   berechnen:

Beweisschritt:  

Der Kern von   enthält alle   mit  , d.h. mit  . Also gilt

 

Beachte, dass   ist, also stimmt das Ergebnis für den Kern mit dem aus der vorherigen Aufgabe überein.

Beweisschritt:  

Der Kern von   enthält alle   mit  , d.h. mit  . Also gilt

 

Auch hier gilt   gilt, also stimmt das Ergebnis mit dem vorherigen überein.

Beweisschritt:  

Der Kern von   enthält alle   mit  , d.h. mit  . Also gilt

 

Wegen   stimmt das mit dem vorher bestimmten Ergebnis überein.

Aufgabe (Duale Abbildung)

Sei   eine lineare Abbildung. Wir definieren die Abbildung

 
  1. Zeige, dass   linear ist.
  2. Zeige:   und   für lineare Abbildungen   und  .
  3. Zeige: Wenn   surjektiv ist, dann ist   injektiv.
  4. Zeige: Wenn   injektiv ist, dann ist   surjektiv.
  5. Zeige: Wenn   bijektiv ist, dann ist   bijektiv und die Inverse ist gegeben durch  .

Die Abbildung   heißt die zu   duale Abbildung. Per Definition bekommt die duale Abbildung also lineare Abbildungen von   nach   als Input und macht daraus lineare Abbildungen von   nach  . Das wird erreicht durch Präkomposition mit  . Aus einer Abbildung   wird also  . In Worten kann man   beschreiben als "führe   zuerst aus".

Lösung (Duale Abbildung)

Lösung Teilaufgabe 1:

Für mehr Klarheit im Beweis schreiben wir   bzw.   für die Addition linearer Abbildungen in   bzw.   und   für die Addition im Vektorraum  . Außerdem schreiben wir   bzw.   für die skalare Multiplikation in   bzw.   und   für die skalare Multiplikation in  .

Seien   und  . Wir müssen zeigen, dass

 

gilt. Wir müssen also die Gleichheit von Elementen in  , d.h. von Abbildungen   nachweisen. Dafür zeigen wir

  und  

für alle  .

Beweisschritt:  

Sei  . Es gilt

 

Weil   beliebig war, ist damit die Gleichheit der Abbildungen   und   gezeigt.

Beweisschritt:  

Sei  . Es gilt

 

Weil   beliebig war, ist damit die Gleichheit der Abbildungen   und   gezeigt.

Lösung Teilaufgabe 2:

Wir zeigen   für alle  , dann folgt, dass   die Identität auf   ist. Sei also  . Wir haben per Definition der dualen Abbildung

 

Weil   beliebig war, ist die Aussage gezeigt.

Seien nun   und  . Dann gilt  , also  . Außerdem ist   und   und somit  . Um die Gleichheit der Abbildungen   zu zeigen, zeigen wir, dass   für alle   gilt. Sei also  , dann gilt

 

Weil   beliebig war, ist die Aussage gezeigt.

Lösung Teilaufgabe 3:

Sei   surjektiv. Wir wollen zeigen, dass   injektiv ist. Wegen der Linearität von   reicht es zu zeigen, dass   ist. Sei also   mit  . Das heißt,   bildet von   nach   ab und   ist die Nullabbildung von   nach  . Wir wollen folgern, dass   die Nullabbildung in   ist, d.h. dass   für alle   gilt. Sei also   beliebig. Weil   surjektiv ist, gibt es   mit  . Es folgt

 

Weil   beliebig war, folgt  .

Lösung Teilaufgabe 4:

Sei   injektiv. Wir wollen zeigen, dass   surjektiv ist. Sei also   beliebig. Das heißt,   ist eine lineare Abbildung von   nach  . Wir wollen eine Abbildung   von   nach   definieren, sodass   gilt.

Weil   injektiv ist, ist die Einschränkung von   auf das Bild   von   ein Isomorphismus. Wir bezeichnen diese Einschränkung mit  . Dann ist   und es gilt

 

Weil   auf   definiert ist, können wir   definieren und erhalten:

 

Weil   beliebig war, ist die Surjektivität von   gezeigt.

Lösung Teilaufgabe 5:

Sei   bijektiv, dann folgt aus den vorherigen beiden Teilaufgaben, dass   auch bijektiv ist. Wir rechnen nach, dass   die Inverse zu   ist: Mit Teilaufgabe 2 gilt

 

Genauso zeigt man  .