Gitarre: Melodiepicking - Dornröschen

Dornröschen

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Hier lässt sich noch einmal der Verlauf einer Liederbearbeitung nachvollziehen.

Zuerst hat man die Notenvorlage. In diesem Fall ist es wieder ein Lied, das mit nur 5 Notennamen auskommt.

Wenn man ein entsprechendes Lied gefunden hat, benötigt man einige Versuche, um die Tonart zu finden, die auch für Gitarre geeignet ist. Töne, die über das hohe A (5. Bund E-Saite) hinausgehen werden so gut es geht gemieden. Selbst das hohe A meidet man wenn möglich. Also versucht man die Tonart entsprechend tiefer zu setzen. Dabei sucht man eine Tonart, bei der sich die Töne möglichst leicht greifen lassen. Das F# im 4. Bund auf der D-Saite wird beispielsweise nicht besonders gerne gegriffen. Ebenso meidet man gerne das tiefe C#. Am einfachsten funktioniert eine Tonart, bei der die Töne vom mittleren G (= G-Saite leer) bis zum hohen G (E-Saite, 3.Bund) liegen. Barre-Akkorde werden gerne gemieden. (Manchmal jedoch auch ganz bewusst eingesetzt). Natürlich muss man bei jedem einzelnen Akkord überprüfen, ob man mit den Fingersätzen klar kommt, und welche Tricks es vielleicht gibt ein grifftechnisches Problem zu umgehen. (Oft kann man beispielsweise ein Bm-Akkord durch einen D-Dur-Akkord ersetzen).

Manchmal verzichtet man auf einige Harmonien wie Sus- oder Septim-Akkorde oder man setzt sie gerade ein, weil es so einfacher zu spielen ist. Oder man sucht eine Tonart, bei der man bestimmte Effekte wie Bassläufe und Hämmering trotzdem noch anbringen kann. Dafür setzt man die Stücke quer durch die bekannten Tonarten, und schaut, was praktikabel ist. Diese Arbeit erfordert allerdings ein wenig Spielpraxis und Spielerfahrung. Doch es ist gar nicht so schwer, wie man vielleicht denkt.

Wenn man dann die Tonart gefunden hat, muss man sich um die Umsetzung kümmern.

Die erste Version stellt die einfache Melodie dar. Die Tonwerte wurden entgegn der Notenvorlage so verändert, dass die meisten Noten als Viertelnoten auftreten, und dass keine Note kleiner als eine Achtel Note ist. Der Grund für diesen Arbeitsschritt: Die meisten Zupfmuster die hier im Folk- und Balladendiplom gezeigt werden, sind im 8el-Feeling dargestellt. Wenn auch die Liedvorlage nach dem Synkopieren (nächster Schritt) auch im 8el-Feeling vorliegt, lässt sich diese Bearbeitung leichter mit bekannten Pickingpattern in Verbindung bringen. Natürlich würde dieses auch mit niedrigeren Notenwerten funktionieren (16tel oder 32tel-Noten) aber das Notenbild wäre ungleich schwerer zu lesen.

Eigentlich würde eine einfache Akkordbezeichnung genügen. Wer jedoch das Balladendiplom begonnen hat, dem sind bestimmte Griffe schon unter die Finger gekommen, und der kann sich aus den erweiterten Akkorden ableiten, wie man hier im konkreten Fall greifen muss.

  • Die Akkordbezeichnung Gsus2 ergibt sich schlicht aus dem Akkord G-Dur mit dem Melodie-Ton A. An dieser Stelle muss also so ähnlich wie beim Gsus2 gegriffen werden. Da aber das hohe G (E-Saite 3. Bund) nicht mitgegriffen werden muss, kann man den Griff hier natürlich vereinfachen.
  • Der Akkord D7/F# entspricht wieder einem einfachen D7-Akkord, bei dem das hohe F# (E-Saite 2.Bund) in den Bass verlegt wurde. Die Noten mit dem Hals nach oben entsprechen der Originalmelodie. Die Noten mit dem Hals nach unten sind die Begleitung. Und dieses ist ein einfacher Wechselbass, wie wir ihn schon aus den Zupfmustern kennen.

Im zweiten Schritt wurde die Melodie synkopiert. Es wurde einfach die erste Note in einem Takt um einen Achtel Notenwert verkürzt. Die restlichen Noten rutschen dadurch auf unbetonte Zählzeiten (also nicht mehr auf die Zahlen 1 2 3 4 sondern auf die "und" dazwischen).

Im dritten Schritt wurden die Melodie-Noten verdoppelt. Dabei wurde einfach der nächst tiefere Akkordton mit hinzugefügt. Man muss also, wenn man den Akkord kennt, gar nicht auf den genauen Notennamen des Begleittons achten. Das reicht schon für eine recht überzeugende Soloversion eines Volksliedes.

Als letzter Schritt in diesem Beispiel wird die Melodie an das Travis-Picking angepasst. Solange der Melodie gefolgt werden muss, unterscheidet sich diese Version kaum von der vorhergehenden synkopierten Version. Wenn die Melodie genügend Luft lässt, können weitere Fülltöne mit eingefügt werden. Es werden diejenigen Begleittöne eingefügt, die man auch beim Travis-Picking nehmen würde. (Achte auf die Eingeklammerten Töne. Die ergänzen das Picking-Stück zum Travis-Picking.)