Lineare Abbildung: Bild – Serlo „Mathe für Nicht-Freaks“

Das Bild einer linearen Abbildung ist die Menge aller Vektoren in , die von getroffen werden. Diese Menge von Vektoren bildet einen Untervektorraum von und kann benutzt werden, um die lineare Abbildung surjektiv zu machen.

Herleitung Bearbeiten

 
Bild der linearen Abbildung   
 
Visualisierung der linearen Abbildung   

Wir betrachten eine lineare Abbildung   zwischen zwei  -Vektorräumen   und  . Ein Vektor   wird von   in einen Vektor   überführt. Die Abbildung   trifft nicht zwingend alle Elemente aus  , denn   ist nicht unbedingt surjektiv. Die abgebildeten Vektoren   bilden die Teilmenge  . Diese Menge heißt Bild von  .

Weil   linear ist, erhält   die Struktur der Vektorräume   und  . Deshalb vermuten wir, dass   den Vektorraum   wieder auf einen Vektorraum abbildet. Folglich sollte das Bild von  , also die Menge   ein Untervektorraum von   sein. Das werden wir unten in einem Satz beweisen.

Definition Bearbeiten

Definition (Bild einer linearen Abbildung)

Es seien   und   zwei  -Vektorräume und   eine lineare Abbildung. Dann nennen wir   das Bild von  .

Hinweis

In der Literatur wird auch oft die Notation   statt   für das Bild von   verwendet.

In der Herleitung haben wir uns schon überlegt, dass   ein Untervektorraum von   sein sollte. Das beweisen wir nun formal.

Satz (Das Bild ist ein Untervektorraum)

Sei   eine lineare Abbildung zwischen den  -Vektorräumen   und  . Dann ist   ein Untervektorraum von  .

Beweis (Das Bild ist ein Untervektorraum)

Um zu zeigen, dass   ein Untervektorraum ist, müssen wir die Untervektorraumkriterien überprüfen:

  1.  
  2.  
  3. Für alle   gilt  .
  4. Für alle   und für alle   gilt  .

Beweisschritt:  

Für jedes   gilt  . Also ist  .

Beweisschritt:  

Da   eine lineare Abbildung ist, gilt  . Somit ist  .

Beweisschritt: Für alle   gilt  .

Hierzu seien   gegeben. Es gibt Vektoren   und   aus   mit   und  . Wir zeigen, dass   gilt. Dafür müssen wir einen Vektor aus   finden, der von   auf   abgebildet wird. Es gilt:

 

Wegen   und   liegt   im Bild von  .

Beweisschritt: Für alle   und für alle   gilt  .

Sei   und  . Dann gibt es einen Vektor   mit  . Wir müssen zeigen, dass es einen Vektor in   gibt, der auf   abgebildet wird. Es gilt:

 

Weil   ist, gilt  .

Bild und Surjektivität Bearbeiten

Wir wissen bereits, dass eine Abbildung   genau dann surjektiv ist, wenn die Abbildung alle Elemente von   trifft. Formal heißt das:   ist genau dann surjektiv, wenn  . Wenn   eine lineare Abbildung ist, dann ist   ein Untervektorraum von  . Ist zusätzlich   endlich-dimensional, dann ist   genau dann surjektiv, wenn   gilt.

Beispiel

Die Identität   ist eine lineare Abbildung. Sie ist surjektiv, da jedes Element   das Urbild   hat. Damit ist   und insbesondere  .

Die Abbildung   ist ebenfalls linear. Weiter hat jedes Element   ein Urbild, beispielsweise  . Damit haben wir   gezeigt und   ist surjektiv. Es gilt  .

Die Einbettung   ist auch linear, aber nicht surjektiv. Der Vektor   ist nicht in   enthalten. Damit muss   gelten: Tatsächlich ist  .

Manchmal ist es nützlich die Surjektivität von   zu zeigen, indem man   beweist.

Beispiel

Wir betrachten die lineare Abbildung   und fragen uns, ob   surjektiv ist. Wir wollen die Frage beantworten, indem wir die Dimension von   bestimmen und diese mit   vergleichen. Dafür suchen wir zunächst linear unabhängige Vektoren im Bild von  . Die Vektoren   und   sind linear unabhängig. Damit muss   gelten. Nun ist   und somit gilt auch  . Wir erhalten   und somit ist   surjektiv.

Der Zusammenhang von Bild und Erzeugendensystemen Bearbeiten

Wir haben im Artikel über Epimorphismen gesehen, dass eine lineare Abbildung   genau dann Erzeugendensysteme von   erhält, wenn sie surjektiv ist. In diesem Fall erzeugt das Bild jedes Erzeugendensystems von   den ganzen Zielvektorraum  . Insbesondere erzeugt das Bild jedes Erzeugendensystems von   das Bild   von  . Die letzte Aussage gilt auch für nicht-surjektive lineare Abbildungen:

Satz (Das Bild ist der Spann der Bilder eines Erzeugendensystems)

Sei   eine lineare Abbildung zwischen zwei  -Vektorräumen   und  . Sei   ein Erzeugendensystem von  . Dann gilt:

 

Beweis (Das Bild ist der Spann der Bilder eines Erzeugendensystems)

Wir zeigen die beiden Inklusionen.

Beweisschritt:  

Sei  . Dann gibt es  ,   und Koeffizienten  , sodass

 

Da die   in   liegen, existieren   mit   für  . Dann gilt wegen der Linearität von  

 

Beweisschritt:  

Sei  . Dann gibt es ein   mit  . Da   ein Erzeugendensystem von   ist, gibt es ein  ,   und Koeffizienten  , sodass

 

Dann folgt wegen der Linearität von  :

 

Bild und lineare Gleichungssysteme Bearbeiten

Sei   eine  -Matrix und  . Das dazugehörige lineare Gleichungssystem ist  . Wir können die Matrix   auch als eine lineare Abbildung   auffassen. Insbesondere ist das Bild   von   eine Teilmenge von  .

Ist  , so gibt es ein  , so dass   gilt. Nach Definition von   folgt  . Das lineare Gleichungssystem   ist also lösbar. Wenn umgekehrt   lösbar ist, so existiert ein   mit  . Für dieses   gilt nun  . Somit ist  .

Damit gibt uns das Bild ein Kriterium zur Lösbarkeit von linearen Gleichungssystemen: Ein lineares Gleichungssystem   ist genau dann lösbar, wenn   im Bild von   liegt. Das Kriterium macht allerdings keine Aussage über die Eindeutigkeit von Lösungen. Dafür kann man den Kern nutzen.

Beispiele Bearbeiten

Wir wollen uns nun ansehen, wie man das Bild einer linearen Abbildung bestimmen kann.

Beispiel

Wir betrachten die lineare Abbildung

 

Das ist eine Projektion auf die  -Achse. Intuitiv sollte also das Bild von   die  -Achse sein, d.h.

 

Dies wollen wir jetzt beweisen:

Wenn   ist, dann gibt es   mit  . Also ist  .

Umgekehrt hat wegen   jeder Vektor der Form   ein Urbild unter  . Also liegt jeder solche Vektor in  .

Damit ist die Aussage bewiesen.

Beispiel

Sei   ein Körper. Wir betrachten die lineare Abbildung

 


Wir wollen das Bild von   bestimmen. Dafür nutzen wir aus, dass   eine Basis von   ist – insbesondere also ein Erzeugendensystem. Wir haben im letzten Abschnitt gesehen, dass dann   gilt.

Wir können diesen Raum explizit angeben, indem wir den Spann ausrechnen:

 

Nachdem wir zwei Beispiele in endlich-dimensionalen Vektorräumen betrachtet haben, können wir uns an ein Beispiel mit einem unendlich-dimensionalen Vektorraum wagen. Wir haben die gleiche Funktion bereits bei den Beispielen zur Bestimmung des Kerns einer linearen Abbildung kennengelernt.

Beispiel

Unser Ziel ist, das Bild der linearen Abbildung der Ableitung   von Polynomen über   zu bestimmen. Die Menge   ist eine Basis von  . Die Ableitungsfunktion   ist durch   für alle   definiert.

Wir wollen nun wissen, ob   surjektiv ist. Dafür bemerken wir, dass   für jedes   gilt. Damit wird jedes Basiselement von   getroffen. Also ist   und   ist surjektiv.

Beim Lösen von linearen Gleichungssystemen werden wir viele weitere Beispiele sehen. Außerdem werden wir einen methodischen Lösungsweg für die Bestimmung von Bildern kennenlernen.

To-Do:

verlinken, sobald es geschrieben ist.

Lineare Abbildungen episch machen Bearbeiten

Wir wollen nun aus einer linearen Abbildung   eine surjektive lineare Abbildung konstruieren. Wenn wir   als eine Abbildung von Mengen ansehen, wissen wir schon, wie wir dies erreichen können: Wir schränken das Ziel von   auf   ein und erhalten die Abbildung  . Wir müssen nur noch checken, dass   linear ist. Dies wissen wir aber, da   ein Untervektorraum von   ist. Alles, was wir noch tun müssen, um   surjektiv zu machen (also zu einem Epimorphismus) ist, das Ziel von   auf   einzuschränken.

Diese Methode liefert uns auch einen Ansatz, wie wir Abbildungen zwischen anderen Strukturen surjektiv machen können: Wir müssen checken, dass die Einschränkung auf das Bild wieder die Struktur erhält. Beispielsweise können wir für einen Gruppenhomomorphismus   zeigen, dass   wieder eine Gruppe ist und   wieder ein Gruppenhomomorphismus ist.

Ausblick: Wie surjektiv ist eine lineare Abbildung? – Der Kokern Bearbeiten

Im Kern-Artikel sehen wir, dass der Kern genau diejenige Information speichert, welche eine lineare Abbildung   "verliert". Weiter ist   genau dann injektiv ist, wenn   ist und der Kern stellt intuitiv ein Maß für die nicht-Injektivität von   dar.

Wir wollen jetzt ein ähnliches Maß für die Surjektivität von   konstruieren. Das Bild von   reicht hierfür nicht aus: Beispielsweise sind die Bilder von   und   isomorph, aber   ist surjektiv und   ist es nicht. Allein aus dem Bild lassen sich keine Rückschlüsse darauf ziehen, ob   surjektiv ist, denn die Surjektivität hängt auch vom Zielraum   ab. Um die "Nicht-Surjektivität" zu messen, benötigen wir hingegen einen Vektorraum, der den Anteil von   misst, welcher von   nicht getroffen wird.

Der Raum   enthält die Information, welche Vektoren von   getroffen werden. Ziel ist es, aus   "diese Information zu entfernen". Dieses "Entfernen von Informationen" haben wir im Artikel zum Faktorraum bereits durch die Konstruktion eines Raums   realisiert. Diesen Raum   nennen wir den Kokern von  . Er eignet sich tatsächlich für die Charakterisierung der "Nicht-Surjektivität" von  , denn   ist genau dann gleich dem Nullraum  , wenn   surjektiv ist: Ein Vektor in  , der nicht von   getroffen wird, liefert ein nichttriviales Element in   und umgekehrt liefert ein nichttriviales Element in   ein Element in  , welches nicht von   getroffen wird.

Der Kokern misst sogar, wie nicht-surjektiv   genau ist: Wenn   größer ist, werden mehr Vektoren von   nicht getroffen. Wenn   endlichdimensional ist, können wir die Größe von   mit Hilfe der Dimension messen. Damit ist   eine Zahl, mit der wir die Nicht-Surjektivität von   beziffern können. Diese Zahl erlaubt im Gegensatz zu   allerdings keine Rekonstruktion der genauen Vektoren angibt, die nicht von   getroffen werden.

Aufgaben Bearbeiten

Aufgabe (Zuordnung von Abbildung und Bild)

Wir betrachten die folgenden vier Unterräume vom Vektorraum  , gegeben als Bilder der linearen Abbildungen

  1.  
  2.  
  3.  
  4.  


Ordne diese vier Unterräume den Unterräumen   auf den Abbildungen unten zu.

Lösung (Zuordnung von Abbildung und Bild)

Zuerst suchen wir das Bild von  : Um   zu finden, können wir einen Satz von oben anwenden: Wenn   ein Erzeugendensystem von   ist, dann gilt  . Wir nehmen die Standardbasis   als Erzeugendensystem des  . Dann gilt

 

Wenden wir nun   auf die Standardbasis an.:

 

Die Vektoren   erzeugen das Bild von  . Außerdem sind sie linear unabhängig und damit eine Basis von  . Deshalb ist  . Also  .


Als nächstes wollen wir das Bild von   finden. Es ist aber auch möglich, das Bild   direkt per Definition auszurechnen, was wir hier demonstrieren werden.

 

Also wird das Bild von   von dem Vektor   aufgespannt. Somit ist  .


Nun bestimmen wir das Bild von   z.B. mit der gleichen Methode wie bei  . Das bedeutet, wir wenden   auf die Standardbasis an.

 

Beide Vektoren sind linear abhängig. Also folgt   und somit  .


Als letztes bestimmen wir noch das Bild von  . Dazu gehen wir beispielsweise vor wie bei  .

 

Das Bild von   wird also vom Vektor   aufgespannt. Somit ist   die  -Achse, also  .

Aufgabe (Surjektivität und Dimension von   und  )

Seien   und   zwei endlichdimensionale Vektorräume. Zeige, dass es genau dann eine surjektive lineare Abbildung   gibt, wenn   gilt.

Wie kommt man auf den Beweis? (Surjektivität und Dimension von   und  )

Wir wollen die Dimensionen von   und   gegeneinander abschätzen. Die Dimension ist über die Kardinalität einer Basis definiert. Das heißt, wenn   eine Basis von   und   eine Basis von   ist, müssen wir zeigen, dass   genau dann gilt, wenn eine surjektive lineare Abbildung existiert. "Genau dann wenn" bedeutet, dass zwei Richtungen zu zeigen sind.

Wenn wir eine surjektive lineare Abbildung   haben, müssen wir zeigen, dass die Dimension von   mindestens   ist. Nun sind Basen maximal linear unabhängige Teilmengen. Das heißt, um die Dimension nach unten abzuschätzen müssen wir eine linear unabhängige Teilmenge mit   Elemente konstruieren. Im Bild haben wir bereits eine  -elementige, linear unabhängige Teilmenge gegeben: die Basis  . Weil   surjektiv ist, können wir diese zu Vektoren   mit   liften. Nun müssen wir überprüfen, dass   in   linear unabhängig sind. Dies sehen wir, indem wir eine Linearkombination   mit   in eine Linearkombination   überführen und die lineare Unabhängigkeit von   ausnutzen.

Wenn umgekehrt   gilt, müssen wir eine surjektive lineare Abbildung   konstruieren. Nach dem Prinzip der linearen Fortsetzung können wir die lineare Abbildung   konstruieren, indem wir angeben, was   auf einer Basis von   macht. Dafür brauchen wir Elemente von  , auf die wir   schicken können. Wir haben oben schon eine Basis von   gewählt. Daher bietet es sich an,   wie folgt zu definieren:

 

Dann wird das Bild von   durch die Vektoren   aufgespannt. Diese Vektoren spannen jedoch auch ganz   auf und somit ist   surjektiv.

Lösung (Surjektivität und Dimension von   und  )

Beweisschritt: " "

Angenommen, es gebe eine geeignete surjektive Abbildung  . Wir zeigen, dass die Dimension von   nicht größer sein kann als die Dimension von   (das gilt für jede lineare Abbildung). Wegen der Surjektivität von   folgt, dass  .

Seien also   linear unabhängig. Es gibt   mit   für  . Wir zeigen, dass   ebenfalls linear unabhängig sind: Seien   mit  . Dann gilt auch

 

woraus wegen der linearen Unabhängigkeit der   folgt, dass  . Also sind auch   linear unabhängig. Insgesamt haben wir also gezeigt:

 

Insbesondere gilt, dass eine Basis von   (eine maximale linear unabhängige Teilmenge von  ) mindestens so viele Elemente enthalten muss wie eine Basis von  , also  .

Beweisschritt: " "

Es gelte umgekehrt  . Wir benutzen, dass eine lineare Abbildung durch die Bilder der Basisvektoren schon eindeutig bestimmt ist. Sei   eine Basis von   und   eine Basis von  . Definiere die gesuchte surjektive lineare Abbildung   durch

 

Das geht, da nach Annahme   gilt. Die so konstruierte Abbildung ist surjektiv, da per Konstruktion   gilt. Da das Bild von   ein Unterraum von   ist, liegt auch der von diesen Vektoren erzeugte Unterraum, also  , im Bild von  . Dementsprechend gilt   und   ist surjektiv.

Aufgabe (Bild einer Matrix)

  1. Betrachte die Matrix   und die davon induzierte Abbildung  . Was ist das Bild  ?
  2. Sei nun   eine beliebige Matrix über einem Körper  , wobei   die Spalten von   bezeichnen. Betrachte die davon induzierte Abbildung  . Zeige, dass   gilt. Das Bild einer Matrix ist also der Spann ihrer Spalten.

Lösung (Bild einer Matrix)

Lösung Teilaufgabe 1:

Wir wissen, dass das Bild   der linearen Abbildung   ein Unterraum von   ist. Da der  -Vektorraum   die Dimension   hat, kann ein Unterraum nur die Dimension   oder   haben. Im ersten Fall ist der Unterraum der Nullvektorraum, in zweiten Fall ist er schon ganz  . Also hat   nur die beiden Untervektorräume   und  . Da   gilt, ist  . Damit muss   sein.

Lösung Teilaufgabe 2:

Beweisschritt: " "

Sei  . Dann gibt es   mit  . Wir können   schreiben als  . Setzen wir das in die Gleichung   ein, erhalten wir

 

Da  , folgt  .

Beweisschritt: " "

Sei   mit   für  . Wir wollen   finden mit  . Wir definieren  . Dieselbe Rechnung wie im ersten Beweisschritt zeigt dann