Untervektorraum – Serlo „Mathe für Nicht-Freaks“

In diesem Artikel betrachten wir den Untervektorraum eines Vektorraums. Der Untervektorraum ist eine Teilmenge des Vektorraums, die selbst wieder ein Vektorraum ist.

Eine Teilmenge des Vektorraums ist genau dann ein Untervektorraum, wenn die folgenden drei Eigenschaften erfüllt sind:

  • .
  • Für alle gilt .
  • Für alle und für alle gilt .

Diese Äquivalenz nennt man das Untervektorraumkriterium.

Motivation Bearbeiten

Wie wir im Zusammenhang mit allgemeinen algebraischen Strukturen wie Gruppen oder Körpern schon gesehen haben, spielen Unterstrukturen in der Mathematik eine große Rolle. Zur Wiederholung: Bei Unterstrukturen handelt es sich um Teilmengen eines Grundraumes, welche die gleichen Eigenschaften erfüllen wie dieser Grundraum. Eine Untergruppe ist zum Beispiel eine Teilmenge einer Gruppe, die selbst wieder eine Gruppe ist. Genauso ist ein Teilkörper eine Teilmenge eines Körpers, welcher selbst wieder ein Körper ist.

Die Gründe für die Betrachtung von Unterstrukturen sind vielfältig. Sie werden zum einen benötigt, um weitere algebraische Strukturen zu definieren. Ein prominentes Beispiel sind die so genannten Quotientenräume. Ein anderer Nutzen von Unterstrukturen ist es, bestimmte algebraische Zusammenhänge zu erkennen. Eine algebraische Unterstruktur kann so als Spezialfall einer größeren Struktur aufgefasst werden. Ein Beispiel sind die ganzen Zahlen  , die eine Untergruppe bzw. ein Teilring von   darstellen. Es lohnt sich also, solche Strukturen genauer zu untersuchen.

In der linearen Algebra betrachten wir eine neue algebraische Struktur: den Vektorraum. Wie vorher können wir auch hier die entsprechende Unterstruktur studieren. Wir betrachten also eine Teilmenge eines Vektorraums, die selbst wieder einen Vektorraum bildet. Diese nennen wir Untervektorraum.

Definition eines Untervektorraums Bearbeiten

Definition (Untervektorraum)

Sei   ein  -Vektorraum. Dann heißt eine Teilmenge   mit den eingeschränkten Verknüpfungen   und   Untervektorraum von  , falls   selbst ein  -Vektorraum ist.

Hinweis

In dieser Definition gibt es ein gern vergessenes Detail: Es wird gefordert, dass die Einschränkungen   und   nach   gehen. Das heißt, für einen Unterraum   wird gefordert, dass für   und   auch   und   gilt. Das gilt nicht für jede Teilmenge von  . Wir sehen dies weiter unten an einem Beispiel.

Hinweis

Du erinnerst dich vielleicht noch an den Begriff der Untergruppe. Wir können jeden Vektorraum   auch als abelsche Gruppe   auffassen. Wenn nun   ein Untervektorraum von   ist, dann bildet   eine Untergruppe von  .

Warnung

In der Literatur werden statt Untervektorraum auch oft die Begriffe linearer Unterraum, linearer Teilraum oder Unterraum benutzt. Diese Begriffe bedeuten alle das Gleiche.

Untervektorraumkriterium Bearbeiten

Herleitung des Kriteriums Bearbeiten

Wie finden wir heraus ob eine eine Teilmenge   eines Vektorraumes   ein Untervektorraum ist? Damit   ein Vektorraum ist, müssen alle Vektorraumaxiome für   gelten. Wir machen uns zunächst an einem Beispiel klar, wie das geht.

Nachprüfen der Vektorraumaxiomen für ein Beispiel Bearbeiten

Wir betrachten die Teilmenge   des  -Vektorraums  . Wir wollen herausfinden, ob es sich bei   um einen Untervektorraum von   handelt. Laut Definition müssen wir also zeigen, dass die Menge   zusammen mit den Verknüpfungen   und   alle Vektorraumaxiome erfüllt. Wir gehen vor wie im Artikel Beweise für Vektorräume führen. Wir müssen also beweisen, dass die Vektoraddition und die skalare Multiplikation wohldefiniert sind und dass die acht Axiome gelten.

Zunächst müssen wir zeigen, dass die beiden Verknüpfungen wohldefinierte Abbildungen sind. Entscheidend ist hierbei, ob wir den Wertebereich tatsächlich wie behauptet verkleinern dürfen. Wir erklären das am Beispiel der Vektoraddition genauer: Die Addition   in   ist eine Abbildung   mit  . Unsere neue Addition entsteht, indem wir zunächst den Definitionsbereich   einschränken auf die Teilmenge  . Wir erhalten eine Abbildung  . Der Wertebereich bleibt also erstmal gleich. Um die Menge   zu einem Vektorraum zu machen, brauchen wir allerdings eine Abbildung  . Wir würden gerne einfach den Wertebereich der Abbildung   zu   verkleinern. Bevor wir das machen können, müssen wir allerdings nachprüfen, ob das Bild von   in   enthalten ist. Anders ausgedrückt müssen wir zeigen, dass für alle   gilt:  . Per Definition ist   nur die Einschränkung von   auf  . Es ist daher äquivalent zu zeigen:

Für alle   gilt, dass auch  .

Wir dürfen durch die Addition von Elementen der Menge   diese Menge nicht "verlassen". Diese Eigenschaft nennt man Abgeschlossenheit der Addition.

Ganz analog kann man ein Kriterium für die Wohldefiniertheit der Skalarmultiplikation herleiten:

Für alle   und   gilt, dass auch  .

Diese Eigenschaft nennt man Abgeschlossenheit der Skalarmultiplikation.

Wir prüfen diese Eigenschaften nun in unserem konkreten Beispiel nach:

Zunächst die Addition. Sei  . Das heißt, dass   existieren, sodass   und  . Dann ist  . Setzen wir  , so gilt  . Also ist  .

Nun die Skalarmultiplikation. Sei wie eben   und sei  . Dann gilt  . Setzen wir  , so gilt  . Also ist  .

Die Abgeschlossenheit für Addition und Skalarmultiplikation gelten also in unserem Fall. Somit sind die Vektorraumoperationen wohldefiniert. Wir bemerken, dass wir hier sehr konkret mit der Definition der Menge   gearbeitet haben. Genauer gesagt haben wir verwendet, dass jedes Element von   von der Gestalt   ist.

Nun können wir uns daran machen, die Vektorraumaxiome nachzuprüfen. Zunächst die vier Axiome zur Addition.

Assozitativgesetz der Addition: Seien  . Wir müssen zeigen, dass  . Weil   die Einschränkung von   ist, müssen wir   zeigen. Dies gilt, da dass Assoziativgesetz für den Vektorraum   gilt. Wir verwenden hier, dass wegen   auch   gilt.

Das Kommutativgesetz für   können wir genauso auf das Kommutativgesetz von   zurückführen.

Existenz eines neutralen Elementes: Wir müssen zeigen, dass ein Element   existiert, sodass   für alle   gilt. Da   ein Vektorraum ist, gilt   für alle  . Insbesondere gilt das für alle  . Da die Addition in   nur die Einschränkung der Addition in   ist, reicht es also zu zeigen, dass  . Denn dann können wir   definieren. Das Element   ist genauer gesagt der Vektor  . Dieser lässt sich schreiben als   und liegt damit in  . Somit ist die Existenz eines neutralen Elementes der Addition gezeigt.

Existenz von additiven Inversen in  : Sei  . Wir müssen zeigen, dass ein   existiert, sodass  . Wir wissen, dass   in   gilt. Es würde also reichen, dass   gilt, denn dann können wir   wählen. Wir wissen, dass   gilt. Außerden haben wir bereits gezeigt, dass   abgeschlossen bezüglich der Skalarmultiplikation ist. Also folgt  . Hier haben wir nur verwendet, dass   abgeschlossen bezüglich der Skalarmultiplikation ist.

Die vier Axiome der Skalarmultiplikation lassen sich auch auf die entsprechenden Eigenschaften von   zurückführen. Dies funktioniert ähnlich wie bei den ersten beiden Axiomen der Addition. Wir verwenden, dass alle relevanten Gleichungen analog in   gelten, wenn man die Operationen in   durch die in   ausdrückt.

Wir sehen also insgesamt: Um zu zeigen, dass die Operationen   und   wohldefiniert sind, müssen wir die oben formulierten Eigenschaften der Abgeschlossenheit zeigen. Dafür haben wir eng mit der Definition von   gearbeitet. Weiterhin haben wir für das dritte Axiom der Addition zeigen müssen, dass das neutrale Element der Addition in   auch ein Element von   ist. Auch hier haben wir konkret mit der Definition von   gearbeitet. Das Axiom für die Existenz der inversen Elemente der Addition konnten wir auf die Abgeschlossenheit bezüglich der Skalarmultiplikation zurückgeführt. Für sämtliche andere Axiome konnten wir verwenden, dass die analogen Axiome in   gelten.

Insgesamt haben wir also nur drei Dinge gezeigt:

  • Die Abgeschlossenheit von   bezüglich der Addition
  • Die Abgeschlossenheit von   bezüglich der Skalarmultiplikation
  •  

Für diese mussten wir konkret mit der Definition von   und   arbeiten. Die obigen Argumente, dass diese drei Eigenschaften reichen, sollten allgemein für jeden Vektorraum   und alle Teilmengen   von   gelten. Es sollte also im allgemeinen Fall reichen, diese drei Eigenschaften zu beweisen.

Später zeigen wir formell, dass diese Eigenschaften tatsächlich hinreichend sind. Nun überlegen wir uns erstmal, dass die drei Regeln notwendig sind. Wir zeigen also, dass wir keine der drei Regeln weglassen dürfen. Dafür geben wir Teilmengen von   an, die jeweils zwei Regeln befolgen aber eine brechen wodurch sie keine Vektorräume sind.

Gegenbeispiel: Leere Menge Bearbeiten

Wir betrachten zunächst die leere Menge  . Diese ist natürlich eine Teilmenge des  .

Überprüfen wir die Abgeschlossenheit bezüglich der Addition,  , so ist diese erfüllt. Dies liegt daran, dass Allaussagen über die leere Menge trivialerweise immer gelten. Genauso ist die Abgeschlossenheit bezüglich der Skalarmultiplikation erfüllt.

Allerdings gilt die dritte Regel nicht:  , denn die leere Menge enthält per Definition keine Elemente. Die Eigenschaft   lässt sich also im Allgemeinen nicht aus der Abgeschlossenheit der Addition und der skalaren Multiplikation ableiten.

Es handelt sich bei   also nicht um einen Vektorraum, denn   enthält kein Element, insbesondere kein neutrales Element der Addition. Dementsprechend kann   auch kein Untervektorraum sein. Die Eigenschaft   lässt sich im Allgemeinen nicht aus den Abgeschlossenheitseigenschaften ableiten.

Gegenbeispiel: Ganzzahlige Vektoren Bearbeiten

Kommen wir nun zu unserem zweiten Beispiel: die Menge der ganzzahligen Vektoren  . Wenn wir die Vektoren mit Punkten im   identifizieren, erhalten wir:

 
  als Teilmenge des  

Diese Menge ist offensichtlich eine Teilmenge von   und es stellt sich wieder die Frage, ob sie ein Untervektorraum ist. Im Unterschied zum ersten Beispiel ist nun der Nullvektor   in   enthalten, schließlich ist dieser ganzzahlig. Auch alle anderen Axiome der Vektoraddition sind gültig. Die Summe zweier Vektoren aus   ist wieder in  .

Dennoch ist der   kein Untervektorraum von  , denn   ist nicht abgeschlossen bezüglich der Skalarmultiplikation. Es ist beispielsweise   und  , aber   ist nicht in   enthalten. Somit erfüllt   nicht alle Vektorraumaxiome und ist daher auch kein Untervektorraum.

Die Abgeschlossenheit bezüglich der skalaren Multiplikation lässt sich daher nicht aus den anderen Eigenschaften herleiten. Wenn wir nachweisen wollen, dass   ein Untervektorraum ist, müssen wir immer zeigen, dass für jedes   und für jeden Skalar   auch   ist.

Gegenbeispiel: Achsenkreuz Bearbeiten

Wir haben in beiden Beispielen von oben bereits gesehen, dass jeder Untervektorraum den Nullvektor enthält und abgeschlossen ist unter der Skalarmultiplikation. Zum Schluss wollen wir noch ein drittes und letztes Beispiel anschauen, das obige beiden Bedingungen erfüllt, aber trotzdem nicht alle Vektoraumaxiome erfüllt. Dazu wählen wir uns das Achsenkreuz, die Menge die durch Vereinigung der beiden Ursprungsgeraden   und   entsteht. Wir betrachten also die Teilmenge  . In der Ebene als Punkte veranschaulicht sieht die Menge so aus:

 
Das unendliche Kreuz

Handelt es sich bei   um einen Untervektorraum? Offenbar ist der Nullvektor   in   enthalten. Außerdem gilt für ein beliebiges   und  , dass auch   ein Element von   ist. Somit ist   abgeschlossen unter der Skalarmultiplikation. Trotzdem handelt es sich bei   um keinen Untervektorraum. Um das zu sehen, wählen wir die Vektoren   und  . Dann gilt  , aber für die Summe gilt  .

Also kann die Abgeschlossenheit unter der Vektorraumaddition nicht aus den anderen Eigenschaften hergeleitet werden. Das heißt wir müssen, die Abgeschlossenheit unter der Vektorraumaddition immer nachprüfen, um zu beweisen, dass   ein Untervektorraum ist.

Aussage und Beweis des Kriteriums Bearbeiten

Wir haben uns an einem Beispiel überlegt, dass eine Teilmenge   von   ein Untervektorraum ist, wenn sie die folgenden drei Eigenschaften erfüllt:

  • Abgeschlossenheit bezüglich der Addition,
  • Abgeschlossenheit bezüglich der Skalarmultiplikation und
  •  .

Wir haben Beispiele für Teilmengen   von   gesehen, bei denen jeweils eine dieser Eigenschaften nicht erfüllt war und die auch keinen Untervektorraum von   bilden. Also vermuten wir, dass diese drei Eigenschaften an eine Teilmenge notwendig und hinreichend dafür sind, dass es sich bei der Teilmenge um einen Untervektorraum handelt. Dies ist der Satz vom Untervektorraumkriterium, den wir jetzt beweisen werden.

Satz (Untervektorraumkriterium)

Eine Teilmenge   eines  -Vektorraums   mit Vektoraddition   und Skalarmultiplikation   ist genau dann ein Untervektorraum, wenn folgende drei Bedingungen gelten:

  1.  .
  2. Für alle   gilt  .
  3. Für alle   und für alle   gilt  .

Anders formuliert: Eine Teilmenge eines Vektorraums ist genau dann ein Untervektorraum, wenn sie sowohl das Nullelement enthält, als auch bezüglich der Vektoraddition und der skalaren Multiplikation abgeschlossen ist.

Beweis (Untervektorraumkriterium)

Der Satz enthält ein "genau dann ... wenn", was bedeutet, dass wir zwei Implikationen zeigen müssen. Die eine Richtung lautet: Jeder Untervektorraum erfüllt die Bedingungen 1, 2 und 3. Die andere Richtung kann wie folgt formuliert werden: Eine beliebige Teilmenge des Vektorraumes, welche die Bedingungen 1, 2 und 3 erfüllt, ist bereits ein Untervektorraum.

Beweisschritt: Jeder Untervektorraum erfüllt die Bedingungen 1, 2 und 3.

Sei   ein beliebiger Untervektorraum von  . Dann ist per Definition   auch ein Vektorraum. Damit gelten für   alle Axiome aus der Definition eines Vektorraums.

Das heißt insbesondere auch, dass die auf   eingeschränkten Verknüpfungsabbildungen   und   wohldefiniert sind. Dies ist aber nur eine andere Formulierung der Bedingungen 2) und 3).

Da U außerdem zusammen mit   eine abelsche Gruppe bildet, enthält   das neutrale Element  . Das heißt, es gilt auch Bedingung 1.

Beweisschritt: Wenn die Bedingungen 1, 2 und 3 erfüllt sind, so ist die betrachtete Menge ein Untervektorraum.

Sei   eine Teilmenge von  , in der die drei Bedingungen gelten. Wir müssen zeigen, dass   ein Vektorraum ist. Dazu zeigen wir, dass   alle Eigenschaften aus der Definition eines Vektorraums erfüllt.

Aus der Bedingung 1 folgt, dass   eine nicht-leere Menge ist. Aus den Bedingungen 2 und 3 können wir ableiten, dass die von   auf   eingeschränkten Verknüpfungen   und   wohldefiniert sind. Wir haben also eine nicht-leere Menge   mit einer inneren Verknüpfung   (Vektoraddition) und einer äußeren Verknüpfung   (Skalarmultiplikation).

Nun ist noch nachzuweisen, dass   zusammen mit   eine abelsche Gruppe bildet und die Axiome der skalaren Multiplikation gelten. Jetzt können wir verwenden, dass   ein Vektorraum ist. Daraus folgt wegen   bereits:

  • Assoziativgesetz: Für alle   gilt:  
  • Kommutativgesetz: Für alle   gilt:  
  • Skalares Distributivgesetz: Für alle   und alle   gilt:  
  • Vektorielles Distributivgesetz: Für alle   und alle   gilt:  
  • Assoziativgesetz für Skalare: Für alle   und alle   gilt:  
  • Neutrales Element der skalaren Multiplikation: Für alle   und für   (das neutrale Element der Multiplikation in  ) gilt:  . 1 heißt neutrales Element der skalaren Multiplikation.

Es bleiben noch die Axiome Existenz eines neutralen Elements und Existenz eines inversen Elements übrig. Ersteres ist durch Bedingung 1 gegeben. Es genügt also zu zeigen, dass zu jedem   ein   existiert, so dass  . Für ein beliebiges   gilt aber wegen Bedingung 3:

 

Also ist   das in   enthaltene inverse Element von  .

Hinweis

Anstelle von   wird in einigen mathematischen Texten auch   gefordert. Beide Forderungen sind (wenn man die anderen beiden Bedingungen 2 und 3 hinzunimmt) äquivalent: Wenn es ein   gibt, so muss wegen der Abgeschlossenheit der skalaren Multiplikation auch   in   enthalten sein.

Hinweis

Eine andere, äquivalente Möglichkeit des Kriteriums ist:

Eine nicht-leere Teilmenge   ist ein Untervektorraum, wenn die Linearkombination   in   liegt für alle   und alle  .

Wir wollen uns von der Äquivalenz der Formulierungen überzeugen:

Da   nicht leer ist, gibt es  , und daher liegt auch   in   (Punkt 1). Mit   liegt auch   in   (Punkt 3). Schließlich ist mit   auch   in   (Punkt 2).

Umgekehrt ist   nach 1 nicht leer. Weiter sind mit   und   nach 3 auch   und   in   und aus 2 folgt dann  .

Beweise für Untervektorräume führen Bearbeiten

Allgemeine Beweisstruktur Bearbeiten

Bevor wir anhand eines Beispiels das Vorgehen genauer untersuchen, ist es sinnvoll, die allgemeine Beweisstruktur zu verstehen. Wie können wir zeigen, dass eine Menge   ein Untervektorraum eines  -Vektorraums   ist? Wir können das Untervektorraumkriterium nutzen, das wir gerade gelernt haben. Damit wir das Kriterium anwenden können müssen wir zunächst die Voraussetzungen überprüfen. Der Satz setzt voraus, dass  . Um dann zu zeigen, dass   ein Untervektorraum ist, müssen wir die drei Eigenschaften aus dem Kriterium nachprüfen. Insgesamt müssen wir also folgende vier Aussagen zeigen:

  1.  
  2.  .
  3. Für alle   gilt  .
  4. Für alle   und für alle   gilt  .

Hinweis

Die zweite Aussage " " können wir auch mit " " ersetzen. Wenn wir die Bedingungen 3. und 4. hinzunehmen, sind die beiden Aussagen äquivalent.

Wie sehen Beweise dieser Aussagen aus? Die Beweisstruktur dieser Aussagen sieht so aus:

  1. Beweis für " ": Sei  . Dann gilt  , da ...
  2. Beweis für " ": Sei   der Nullvektor. Dann gilt  , da ...
  3. Beweis für " ": Seien   beliebig. Es gilt ... und damit  .
  4. Beweis für " ": Seien   und   beliebig. Wegen ... folgt, dass  .

Beweis finden Bearbeiten

Wir betrachten eine Beispielaufgabe:

Aufgabe

Sei   und  . Zeige:   ist ein Untervektorraum des  -Vektorraums  .

Wir wollen das Untervektorraumkriterium auf   anwenden. Dazu überprüfen wir die Voraussetzungen des Satzes nach obigem Schema.

  •  : sei  . Nach Definition von   existiert   mit  . Da   ein Vektorraum ist, folgt  .
  •  : Wir haben in Eigenschaften von Vektorräumen gesehen, dass für jeden Vektor   gilt  . Also gilt auch  . Damit folgt  .
  • Abgeschlossenheit bzgl. Addition: Seien  . Nach Definition von   existieren   mit   und  . Da   können wir sie addieren:  . Wegen   folgt  .
  • Abgeschlossenheit bzgl. Skalarmultiplikation: Sei   und sei  . Nach Definition von   existiert   mit  . Da   können wir es mit   multiplizieren:  . Wegen   folgt  .

Dies zeigt, dass alle Voraussetzungen gelten, also folgt mit dem Untervektorraumkriterium, dass   ein Untervektorraum von   ist.

Beweis aufschreiben Bearbeiten

Nun können wir den Beweis aufschreiben:

Beweis

Wir überprüfen die Voraussetzungen des Satzes nach obigem Schema.

  •  : sei  . Dann existiert   mit  . Es folgt  .
  •  : wegen   folgt  .
  • Abgeschlossenheit bzgl. Addition: seien  . Dann existieren   mit   und  . Wir berechnen:  .
  • Abgeschlossenheit bzgl. Skalarmultiplikation: sei   und sei  . Dann existiert   mit  . Wir berechnen:  .

Dies zeigt, dass alle Voraussetzungen gelten. Also folgt mit dem Untervektorraumkriterium, dass   ein Untervektorraum von   ist.

Beispiele und Gegenbeispiele für Untervektorräume Bearbeiten

Beispiele Bearbeiten

Im Folgenden schauen wir uns erste Beispiele an, um unsere Vorstellung von Untervektorräumen zu festigen und Fehlinterpretationen vorzubeugen. Dabei werden wir auch das Untervektorraumkriterium verwenden.

Triviale Untervektorräume Bearbeiten

In jedem  -Vektorraum   gibt es zwei "triviale" Untervektorräume:

Beispiel (Triviale Untervektorräume)

Sei   ein Vektorraum. Zum einen ist der Nullvektorraum   stets ein Untervektorraum von  . Dieser ist ein Vektorraum und da   ist, ist auch  .

Auf der anderen Seite ist auch der komplette Vektorraum   ein Untervektorraum von  . Schließlich gilt   und   ist ein Vektorraum.

Da   und   stets Untervektorräume für jeden Vektorraum   sind, werden sie triviale Untervektorräume genannt.

Folgendes Beispiel mit   zeigt, dass es manchmal nur die trivialen Untervektorräume gibt:

Beispiel (Untervektorräume von  )

  aufgefasst als  -Vektorraum besitzt nur die trivialen Untervektorräume   und   selbst.

Sei   ein Untervektorraum mit  . Wir wollen   zeigen. Da   ist, existiert eine reelle Zahl  . Weil   unter Skalarmultiplikation abgeschlossen ist, gilt für alle  , dass  . Dies zeigt  .

Warnung

Obwohl   ein Teilkörper von   ist, ist   kein Untervektorraum des  -Vektorraums  . Denn für   ist das skalare Vielfache  .

Gerade durch den Ursprung Bearbeiten

In diesem Beispiel betrachten wir eine Gerade   im  , die durch den Ursprung geht. Die Geradengleichung soll durch   gegeben sein. Also können wir die Gerade als Menge von Punkten so aufschreiben:

 
 
Die Gerade U

Aufgabe

Zeige:   ist ein Untervektorraum des  -Vektorraums  .

Beweis

Wir wollen das Untervektorraumkriterium von oben benutzen. Wegen   gilt  . Seien  , d.h.   und  . Daraus folgt   und somit  . Sei   und  . Wegen   gilt auch   und somit  . Wir haben gezeigt, dass alle Voraussetzungen des Untervektorraumkriteriums erfüllt sind. Folglich ist   ein Untervektorraum von  .

Alternativer Beweis

Wir können auch anders einsehen, dass   ein Untervektorraum ist. Dazu formen wir   zuerst um:

 

Nun erinnern wir uns an den Abschnitt Beweise für Untervektorräume führen, in dem wir gesehen haben, dass solche Teilmengen Untervektorräume bilden. Diese Teilmengen waren von der Form   für ein  . In diesem Beispiel ist  .

Ein Untervektorraum von   Bearbeiten

In der folgenden Aufgabe betrachten wir eine Ebene im  , die durch die   geht. Wir zeigen, dass diese Ebene ein Untervektorraum des   bildet.

Aufgabe (Ebene im  )

Sei  . Beweise, dass   ein Untervektorraum von   ist.

Beweis (Ebene im  )

Für den Nachweis müssen wir zeigen, dass das Unterraumkriterium erfüllt ist. Das zeigen wir mit den folgenden drei Beweisschritten:

Beweisschritt:  

Es gilt  , da   erfüllt ist.

Beweisschritt:   ist abgeschlossen unter Addition

Wir betrachten zwei Vektoren   und   aus  . Also gilt   und  . Wir wissen

 

Weiter ist

 

Damit ist   und wir haben die Abgeschlossenheit der Addition gezeigt.

Beweisschritt:   ist abgeschlossen unter Skalarmultiplikation

Sei   und sei  . Somit gilt  . Es folgt

 

Damit können wir rechnen:

 

Also ist   und somit ist   abgeschlossen unter der Skalarmultiplikation.

Wir haben die Bedingungen des Untervektorraumkriteriums nachgewiesen und damit gezeigt, dass   ein Untervektorraum ist.

Ein Untervektorraum des Polynomvektorraumes Bearbeiten

Wenden wir uns nun einem etwas abstrakteren Beispiel zu, nämlich dem Polynomvektorraum. Wir zeigen, dass die Teilmenge der Polynome bis Grad   ein Untervektorraum ist:

Satz (Polynome mit Grad  )

Sei  . Dann ist   ein Untervektorraum des Vektorraums der Polynome  .

Beweis (Polynome mit Grad  )

Wir müssen zeigen, dass die drei Bedingungen des Unterraumkriteriums gelten:

Beweisschritt:  

Wir haben  , also  

Beweisschritt:   ist abgeschlossen unter der Addition

Seien  . Dann ist  . Deshalb finden wir   für  , sodass   und   gilt. Somit erhalten wir  , also  . Damit liegt  

Beweisschritt:   ist abgeschlossen unter der skalaren Multiplikation

Seien   und  . Dann ist  . Deshalb finden wir   und  , sodass   gilt. Somit erhalten wir  , also  . Damit liegt  .

Damit sind nun alle drei Unterraumkriterien erfüllt, und es folgt, dass   ein Unterraum ist.

Gegenbeispiele Bearbeiten

Wir haben schon oben bei der Herleitung drei Beispiele für Teilmengen des   gesehen, die keinen Untervektorraum bilden. Zum besseren Verständnis betrachten wir nun auch für andere Vektorräume Gegenbeispiele.

Gerade, die nicht durch den Ursprung geht Bearbeiten

Beispiel

Wir haben bei den Beispielen diese Gerade betrachtet:
 

welche einen Untervektorraum des   bildet. Nun verschieben wir diese um eins nach oben und erhalten folgende Menge:

 
 
Die Mengen U und G

Diese bildet keinen Untervektorraum des   mehr. Es gibt unterschiedliche Möglichkeiten, das zu begründen. Wir können beispielsweise erkennen, dass   nicht den Nullvektor   enthält. Denn es gilt:  

Beschränkte Teilmenge des   Bearbeiten

Beispiel

Wir betrachten den  -Vektorraum  . Sei

 

  ist kein Untervektorraum von  . Denn   ist nicht abgeschlossen unter skalarer Multiplikation. Wir wissen  . Aber  , denn  .

Alternativ können wir auch zeigen, dass   unter der Addition nicht abgeschlossen ist. Zum Beispiel ist   und  . Es gilt aber  , weil  .

Graph einer nicht-linearen Funktion Bearbeiten

Beispiel

Wir betrachten den  -Vektorraum  . Definiere

 

Die Menge   ist kein Untervektorraum des  , da sie unter der Addition nicht abgeschlossen ist. Um das einzusehen, betrachten wir die zwei Elemente  . Dann gilt  , da  .

Polynome mit Grad genau   ist kein Untervektorraum Bearbeiten

Beispiel

Als abstrakteres Beispiel betrachten wir nun den Polynomvektorraum   für einen beliebigen Körper  . Sei

 

Wir zeigen, die Menge   bildet keinen Untervektorraum von  , da sie nicht unter der Addition abgeschlossen ist. Um das einzusehen, betrachten wir die zwei Elemente  . Dann gilt  , da  .

Andere Kriterien für Untervektorräume Bearbeiten

Wir lernen nun drei Kriterien kennen, die in vielen Fällen die Beweise einfacher machen. Dazu werden wir vorgreifen und den Begriff der linearen Abbildung benutzen.

Kern einer linearen Abbildung Bearbeiten

Bei den Beispielen für Untervektorräume haben wir die folgenden Mengen betrachtet:

 

Wir haben oben nachgewiesen, dass   und   Untervektorräume von   bzw.   sind. Die beiden Mengen sind nach dem gleichen Prinzip definiert. Die Untervektorräume enthalten alle Vektoren, die bestimmte Bedingungen erfüllen. Die Bedingungen sind

 

Diese sehen sehr ähnlich aus. Beide Bedingungen sagen uns, dass ein Ausdruck in   und   bzw. in   und   gleich Null sein soll. Dieser Ausdruck ist linear in   bzw.  . Das heißt beide Formeln lassen sich auch als lineare Abbildungen hinschreiben:

 

Damit können wir unsere Untervektorräume umschreiben zu

 

Damit ist  , sowie   der Kern einer linearen Abbildung. Man kann ganz allgemein zeigen, dass der Kern einer linearen Abbildung immer ein Untervektorraum ist.

Bild einer linearen Abbildung Bearbeiten

Genau wie beim Kern kann man ganz allgemein zeigen, dass das Bild einer linearen Abbildung immer ein Untervektorraum ist. Damit können wir manchmal einfachere Beweise dafür finden, dass eine gegebene Menge ein Untervektorraum ist.

Beispiel (Lineare Abbildung aus den Polynomen höchstens ersten Grades)

Wir betrachten ein Beispiel einer linearen Abbildung von  , dem Vektorraum der reellen Polynome höchstens ersten Grades in den  .

Wir definieren eine Abbildung, die einem Polynom im Vektorraum   den Vektor seiner Funktionswerte an den Stellen  ,   und   zuordnet. Also definieren wir die lineare Abbildung   durch

 

Wir erinnern uns daran, wie die Addition und skalare Multiplikation von Polynomen definiert ist: Für zwei Polynome   ist die Summe   definiert durch  . Für einen Skalar   und ein Polynom   ist die skalare Multiplikation   gegeben durch  .

Als erstes weisen wir nach, dass   wirklich eine lineare Abbildung ist. Dazu müssen wir die Additivität und die Homogenität nachweisen. Wir wählen also   und  .

Additivität:

 

Homogenität:

 

Damit wissen wir, dass   ein Unterraum des   ist.

Wenn wir uns die Rechnung noch einmal ansehen, merken wir, dass es auf die  -Werte   und   gar nicht ankam. Der Beweis geht genauso für die Aussage:

Seien   (und diese Zahlen können, müssen aber nicht, verschieden sein). Die Abbildung  ,   ist linear und das Bild von   ist ein Untervektorraum des  .

Wir wissen, dass   ein Unterraum ist. Wir finden auch eine explizite Darstellung für  : Ein Polynom   hat die Form   für   und  . Außerdem ist   und   und  .

Der Unterraum   hat damit die Gestalt

 

Es handelt sich also um eine Ebene im  .

Erzeugnis von Vektoren Bearbeiten

Wir werden später einen allgemeinen Satz beweisen, dass jedes Erzeugnis einer Teilmenge   ein Untervektorraum von   ist.

Damit können wir einen Beweis von oben kürzer fassen:

Wir haben oben nachgerechnet, dass für   und   die Menge   ein Untervektorraum des  -Vektorraums   ist.

Die Menge   ist genau das Erzeugnis von der Menge   im Vektorraum  . Das Erzeugnis von   sind genau alle Linearkombinationen von Elementen aus  . In unserem Fall sind das gerade die Vielfachen von  . Daher ist   ein Untervektorraum des  .

Aufgaben Bearbeiten

Aufgabe (Ein Unterraum des  ?)

Ist   ein Unterraum des  ?

Wie kommt man auf den Beweis? (Ein Unterraum des  ?)

Die Gleichung   ist äquivalent zu  . Diese Gleichungen geben die Winkelhabierenden im  . Diese Menge ist ebensowenig ein Unterraum wie das Achsenkreuz in diesem Beispiel. Wieder ist die Menge unter der skalaren Multiplikation abgeschlossen, aber nicht unter der Addition. Wir nehmen uns je einen Vektor aus der ersten und der zweiten Winkelhalbierenden, um ein Gegenbeispiel zu finden.

Lösung (Ein Unterraum des  ?)

Die Menge   ist kein Unterraum, denn   und   sind in  . Aber   ist nicht in  .

Aufgabe (Ein Unterraum des  ? (Teil II))

Ist   ein Unterraum des  ?

Wie kommt man auf den Beweis? (Ein Unterraum des  ? (Teil II))

Nach der letzten Aufgabe sind wir etwas gewarnt, dass Potenzen in den Bedingungen kritisch sein können. Aber   ist für relle Zahlen äquivalent zu  , und alle Elemente von   sind damit die Vielfachen des Vektors  .

Lösung (Ein Unterraum des  ? (Teil II))

  ist ein Unterraum des  . Wegen   ist

 

Nach einem Beispiel von oben ist   ein Untervektorraum des  .

Aufgabe (Ein Unterraum des  ?)

Ist   ein Unterraum von  ?

Wie kommt man auf den Beweis? (Ein Unterraum des  ?)

Wir rechnen, wie es oben in Beweise für Untervektorräume führen beschrieben ist, das Untervektorraumkriterium nach.

Lösung (Ein Unterraum des  ?)

Da wir eine Teilmenge von   betrachten, ist  .

Der Nullvektor   erfüllt beide Bedingungen: Für   ist  , und die zweite Komponente des Nullvektors ist Null.   ist also nicht leer.

Nun müssen wir zeigen, dass für   auch   liegt. Dazu rechnen wir wieder beide Bedingungen getrennt nach.

Ist   und  , so ist  .   hat damit wieder die gesuchte Gestalt.

Wenn die zweiten Komponenten von   und   Null sind, trifft das auch für die zweite Komponente von   zu.

Nun müssen wir als letztes nachweisen, dass mit   und   auch   ist.

Wir sehen, dass   ist, also wieder die geforderte Gestalt hat. Mit   ist auch die zweite Komponente von   Null.

Damit ist   ein Unteraum von  .

Lösung (Ein Unterraum des  ? (Alternative Lösung))

Später haben wir mehr Methoden zur Verfügung und können den Unterraumbeweis mit abstrakteren Methoden führen.

Man sieht, dass   ist, wobei   das Erzeugnis von   und   ist. Das Erzeugnis ist immer ein Unterraum.

  ist der Kern der linearen Abbildung  ,  . Der Kern einer linearen Abbildung ist auch immer ein Unterraum.

Im nächsten Abschnitt weisen wir nach, dass der Schnitt zweier Unterräume wieder ein Unterraum ist, so dass wir   als Unterraum des   identifizieren können.

Aufgabe (Ein Unterraum des  ?)

Sei   irgendein Körper und  . Sei  . Wir definieren  . Welche Bedingungen muss   erfüllen, damit   ein Untervektorraum von   ist?

Lösung (Ein Unterraum des  ?)

Wir nehmen zunächst an, dass   ein Untervektorraum von   ist. Dann muss gelten  . Laut Definition von   gilt dann aber  . Wir wissen also, dass   höchstens dann ein Vektorraum sein kann, wenn   ist.

Wir wollen nun überprüfen, ob   im Fall   tatsächlich ein Untervektorraum ist. Wir verwenden dazu das Untervektorraumkriterium und nehmen   an.

Für   gilt  . Also gilt  .

Sind   und   in  , so gilt   und  . Dann gilt  , also  .

Ist  , so gilt  . Für jedes   gilt auch  , also  .

Somit gelten die Voraussetzungen des Untervektorraumkriteriums und   ist für   ein Untervektorraum von  .