Endomorphismus, Automorphismus – Serlo „Mathe für Nicht-Freaks“

Ein Endomorphismus ist eine lineare Verformung eines Vektorraums . Formal ist ein Endomorphismus eine lineare Abbildung , die auf sich selbst abbildet, d.h. . Ein bijektiver Endomorphismus heißt Automorphismus. Intuitiv ist ein Automorphismus eine lineare Verformung, die man rückgängig machen kann.

Herleitung Bearbeiten

Wir kennen schon lineare Abbildungen. Es sind diejenigen Abbildungen zwischen zwei Vektorräumen, welche sich mit der Struktur der Vektorräume vertragen. Wir untersuchen nun ein paar Beispiele von linearen Abbildungen, die wir schon in früheren Artikeln kennengelernt haben.

Beispiele im   Bearbeiten

Streckung in  -Richtung Bearbeiten

Zuerst betrachten wir die Streckung eines Vektors in der Ebene um den Faktor   in  -Richtung. Unsere Abbildung ist damit

 

Man kann einfach nachprüfen, dass   eine lineare Abbildung ist. Wir können   wie folgt veranschaulichen: Wir legen ein Schachbrettmuster in die Ebene und wenden   auf dieses Schachbrettmuster an.

 
Streckung der  -Achse um den Faktor  

Das Ergebnis ist, dass die Boxen um den Faktor   in  -Richtung gestreckt werden.

Drehung um den Ursprung Bearbeiten

Wir betrachten nun eine Drehung   um den Winkel   gegen den Uhrzeigersinn mit dem Ursprung als Drehzentrum. Das ist eine Abbildung  , die jedem Vektor   den um den Winkel   gedrehten Vektor   zuordnet:

Drehung eines Vektors   um den Winkel  

Im Einführungsartikel zu linearen Abbildungen haben wir gesehen, dass Drehungen um den Ursprung linear sind. Wir können uns   wie im ersten Beispiel veranschaulichen, indem wir die Abbildung auf das Schachbrettmuster anwenden. Die einzelnen Felder bleiben dann gleich, sie werden nur gedreht.

Projektion auf eine Gerade Bearbeiten

 
Anwendung von   auf zwei Vektoren

Zuletzt betrachten wir die Abbildung

 

Die Abbildung   „drückt“ Vektoren auf die Gerade  . Man kann einfach nachrechnen, dass   eine lineare Abbildung ist. Auch diese lineare Abbildung wenden wir auf das Schachbrettmuster an, um sie zu veranschaulichen.

 
Projektion auf die Diagonale in der Ebene

Das gesamte Gitter wird auf die Gerade   „plattgedrückt“.

Lineare Verformungen eines beliebigen Vektorraums Bearbeiten

In allen obigen Beispielen konnten wir die linearen Abbildungen als Verzerrungen des Schachbrettmusters im   visualisieren. Das war möglich, weil alle obigen Funktionen vom   wieder in den   abbilden. Wir können beliebige lineare Abbildungen   als Verformung des Schachbrettmusters veranschaulichen. Die Verformung des Schachbrettmusters zeigt uns, wie die Abbildung auf die Standardbasisvektoren   und   von   und ganzzahlige Vielfache davon wirkt.

Jede lineare Abbildung   ist eine lineare Verformung des Raums  . Diese Idee wollen wir auf allgemeine Vektorräume   verallgemeinern. Wir können uns lineare Abbildungen von   nach   als lineare Verformungen bzw. Transformationen des Vektorraums   vorstellen. Im Gegensatz dazu ist eine lineare Abbildung   ein Transport des Vektorraums   nach  . Wir geben denjenigen linearen Abbildungen, die den Vektorraum verformen, d. h. die von   nach   abbilden, einen eigenen Namen. Wir nennen eine solche lineare Abbildung Endomorphismus. Also sind Endomorphismen genau die linearen Abbildungen, die den gleichen Definitions- und Zielbereich haben.

Rückgängig machbare Verformungen Bearbeiten

In den Beispielen im   haben wir gesehen, dass einige Verformungen den Raum erhalten und andere etwas platt drücken. Die Abbildungen, die den Raum erhalten, können wir rückgängig machen. Wenn etwas plattgedrückt wird, ist das nicht möglich, da Information verloren geht. Zum Beispiel geht bei der obigen linearen Abbildung „Projektion auf eine Gerade“ die Information verloren, welche  -Komponente der ursprüngliche Vektor hatte. Es ist nicht möglich, den Vektor nach Anwenden der Transformation wieder zurückzugewinnen. Es gibt also Verformungen des Raums, die man rückgängig machen kann, und welche, bei denen das nicht geht. Man kann eine Verformung genau dann rückgängig machen, wenn die dazugehörige Abbildung invertierbar ist. Das gibt uns die Definition einer rückgängig machbaren Verformung des Raums, d. h. ein invertierbarer Endomorphismus. Eine solche Abbildung heißt Automorphismus.

Definition Bearbeiten

Definition (Endomorphismus und Automorphismus)

Sei   ein  -Vektorraum. Eine lineare Abbildung  , die   auf sich selbst abbildet, heißt Endomorphismus. Die Menge aller Endomorphismen von   bezeichnen wir mit  .

Einen bijektiven Endomorphismus nennen wir Automorphismus. Die Menge aller Automorphismen von   wird mit   bezeichnet.

Hinweis

Jeder Automorphismus ist eine bijektive lineare Abbildung und damit auch ein Isomorphismus. Aber nicht jeder Isomorphismus ist ein Automorphismus. Denn Isomorphismen können auch zwei verschiedene Vektorräume aufeinander abbilden.

Beispiele Bearbeiten

Beispiele im   Bearbeiten

Spiegelung Bearbeiten

Wir betrachten die lineare Abbildung  . Da sie als Definitions- sowie als Bildraum den gleichen Vektorraum   hat, ist sie ein Endomorphismus. Die Abbildung   hält   fest und schickt   auf  . Damit können wir uns   als eine Spiegelung entlang der  -Achse vorstellen. Eine Spiegelung können wir rückgängig machen, indem wir ein zweites Mal spiegeln. Das bedeutet, dass   selber die zu   inverse Abbildung   ist. Formal heißt das   bzw.  . Eine solche Abbildung nennt man auch „selbstinvers.“ Weil   ein Inverses besitzt, also invertierbar ist, folgt, dass   bijektiv ist. Somit ist   auch ein Automorphismus.

Drehung um 90° Bearbeiten

Als nächstes betrachten wir den Endomorphismus  . Wir wollen zunächst sehen, dass es sich hierbei um eine Drehung um   Grad gegen den Uhrzeigersinn handelt. Dazu genügt es zu berechnen, dass   auf den Standardbasisvektoren   und   wie eine solche Drehung wirkt, da wegen der Linearität daraus folgt, dass   dann insgesamt eine solche Drehung sein muss. Wir berechnen  , sowie  , und sehen, dass es sich um die gewünscht Drehung handelt. Auch hier können wir leicht ein Inverses angeben, indem wir „zurückdrehen“ bzw. um   Grad im Uhrzeigersinn drehen. Diese Drehung ist durch   gegeben. Wir rechnen kurz nach, dass   tatsächlich die Inverse von   ist: Es gilt

 

für  . Also gilt   und   ist auch in diesem Beispiel ein Automorphismus.

Scherung Bearbeiten

Sei  . Wie diese Abbildung den Raum verformt, können wir in der Animation sehen.

 
Scherung der Ebene

Die Transformation sieht umkehrbar aus, d.h. sie sieht aus als wäre sie ein Automorphismus. Das können wir überprüfen, indem wir zeigen, dass   injektiv und surjektiv ist.

Um die Injektivität zu zeigen, gucken wir uns den Kern von   an, d. h.  . Für einen Vektor   im Kern, gilt dann  . Daraus folgt direkt   und damit auch  . Somit besteht der Kern nur aus dem Nullvektor und damit ist   injektiv.

Um die Surjektivität zu zeigen, nehmen wir uns ein beliebiges   und finden ein passendes Urbild unter  . Wir suchen also   mit  . Es ist direkt klar, dass   sein muss. Weiterhin muss   gelten. Das lässt sich zu   umformen. Also ist   ein Urbild von  . Da   beliebig waren, ist   surjektiv.

Abbildungen der Form   mit   heißen Scherungen. Du kannst als Übunsaufgabe zeigen, dass eine Scherung immer ein Automorphismus ist, egal was für eine Zahl   ist.

Plattdrücken auf die  -Achse Bearbeiten

Betrachten wir nun die Abbildung  . Diese ist ein Endomorphismus von   auf  , der jeden Punkt auf der Ebene auf einen Punkt auf der  -Achse abbildet. Wir können uns also vorstellen, dass   die 2-dimensionale Ebene auf die  -Achse „plattgedrückt.“

Da   die Punkte in   ausschließlich auf die  -Achse abbildet, ist   keine surjektive Abbildung. Injektiv ist sie auch nicht, denn für jedes   können wir unterschiedliche   finden, sodass   gilt, z.B.   und umgekehrt. Also ist   kein Automorphismus.

 
Plattdrücken auf die x-Achse

Beispiel im   Bearbeiten

Betrachten wir nun ein Beispiel im  . Wir sehen uns dafür die lineare Abbildung   an. Weil   den Vektorraum   wieder nach   abbildet, ist die Abbildung ein Endomorphismus.

Wir wollen nun prüfen, ob   auch ein Automorphismus ist. Dafür müssen wir die Surjektivität und Injektivität überprüfen. Für die Injektivität betrachten wir den Kern von  , also  . Für Vektoren   aus dem Kern von   gilt also  . Daraus können wir direkt schließen, dass   und  , also  , gelten muss. Wir sehen damit, dass der Kern von   nicht nur den Nullvektor enthält, sondern auch die Menge aller Vektoren  . Somit ist   nicht injektiv und kann daher auch nicht bijektiv sein. Insbesondere ist   kein Automorphismus.

Anschaulich drückt   Vektoren auf die Ebene   zusammen. Es gehen somit Informationen verloren. Wenn man einen Vektor   hat, kann man nicht mehr auf eindeutige Weise sagen, aus welchem Vektor   er unter der Abbildung   entstanden ist, da es sehr viele Wege gibt,   als Summe zweier Zahlen   darzustellen. Beispielsweise gilt  .

Beispiel im Folgenraum Bearbeiten

Es gibt auch Endomorphismen auf anderen Vektorräumen als   und  . Für einen beliebigen Körper   betrachten wir den Folgenraum

 

Wir betrachten die Abbildung

 

wobei

 

Wenn wir die ersten Folgenglieder ausschreiben, sieht die Abbildung so aus:

 

Die Abbildung   vertauscht also gerade und ungerade Folgenglieder miteinander. Wir begründen kurz, warum   linear ist. Die Addition und skalare Multiplikation im Folgenraum ist komponentenweise, d.h. für   und   und   gilt

 

Da   nur die Reihenfolge der Komponenten vertauscht, ist   linear. Wir können von   auch explizit nachprüfen.

Frage: Wie zeigt man direkt, dass   linear ist?

Wir beweisen Additivität und Homogenität von  . Seien   und   und  . Dann ist

 

und

 

Also ist   ein Endomorphismus von  . Ist   auch ein Automorphismus? Um das zu beantworten, müssen wir überprüfen, ob man   rückgängig machen kann. Die Abbildung vertauscht gerade und ungerade Folgenglieder miteinander. Wenn wir die Folgenglieder wieder zurücktauschen, ist   wieder rückgängig gemacht. Beim Zurücktauschen werden wieder gerade und ungerade Folgenglieder vertauscht, d.h. das Zurücktauschen ist wieder  . Wie beim allerersten Beispiel ist   selbstinvers – in Formeln heißt das   bzw.  . Da   invertierbar ist, ist die Abbildung bijektiv. Also ist   ein Automorphismus.

Endomorphismen bilden einen Ring mit Eins Bearbeiten

Im Artikel Vektorraum linearer Abbildungen haben wir gesehen, dass die Menge der linearen Abbildungen   zwischen zwei  -Vektorräumen   und   wieder einen Vektorraum bildet. Da   gilt, ist auch die Menge Endomorphismen ein Vektorraum. Das heißt, wir können Endomorphismen eines Vektorraums   addieren und mit Skalaren multiplizieren. Insbesondere können wir zwei Endomorphismen   und   durch Addition verknüpfen und erhalten einen Endomorphismus  . Dieser ist durch

 

definiert, wobei   die Addition im Vektorraum   bezeichnet.

Lassen sich   und   auch auf eine andere Art verknüpfen? Intuitiv sind   und   zwei Verfomungen des Vektorraums  . Wir können nun mit   den Raum   verformen und anschließend das Ergebnis mit   verformen. Dabei kommt eine neue Verformung des Vektorraums heraus. Das heißt, wir erhalten wieder einen Endomorphismus von  . Diese Abbildung, die aus dem Hintereinanderausführen vom   und   entsteht, ist die Komposition  . Die Komposition von zwei Endomorphismen ist also immer ein Endomorphismus. Zusammengefasst können wir zwei Endomorphismen   und   verknüpfen, indem wir die Addition   oder die Komposition   bilden.

Weil wir neben er Addition auch die Komposition als Verknüpfung haben, trägt   mehr Struktur als nur die Vektorraumstruktur. Wir werden später beweisen, dass die Menge   der Endomorphismen auf   mit diesen Verknüpfungen einen Ring bildet. Die Addition im Ring ist dabei die Addition der Abbildungen und die Multiplikation im Ring ist die Komposition der Abbildungen.

Wir überlegen uns nun, ob der Ring   eine Eins hat und kommutativ ist. Eine Eins existiert, wenn es ein neutrales Element der Multiplikation gibt. Das heißt, wenn es ein   gibt, so dass   und   für alle   gilt. Wir kennen schon eine Abbildung, die diese Eigenschaft erfüllt: die Identität  . Das ist eine lineare Abbildung   und damit gilt  . Also hat der Ring   eine Eins.

Ist   ein kommutativer Ring? Um das zu beantworten, müssen wir prüfen, ob   für alle   gilt. Wir überlegen uns das wieder mit Beispielen über  . Sei   die Projektion auf die  -Achse; das heißt, für   gilt  . Außerdem sei   die Drehung um   im Urzeigersinn (bzw. um   gegen den Uhrzeigersinn) um den Ursprung; das heißt, es gilt  . Wir wollen untersuchen, ob   gilt. Was machen die Abbildungen   und   anschaulich? Die Abbildung   drückt erst den ganzen Raum auf die  -Achse und dreht diese anschließend um   im Urzeigersinn. Unser Ergebnis liegt also auf der  -Achse.

 
 

Die Abbildung   dreht zuerst den Raum um   im Urzeigersinn und drückt anschließend alles auf die  -Achse. Also liegt das Ergebnis der Abbildung auf der  -Achse.

 
 

Folglich sind   und   verschiedene Abbildungen. Deshalb ist   kein kommutativer Ring. Allgemeiner gilt: Für jeden Vektorraum   mit   ist   kein kommutativer Ring. Das behandeln wir unten in einer Aufgabe.

Wie oben angekündigt beweisen wir jetzt, dass   ein Ring ist:

Satz (Endomorphismenring)

Sei   ein Körper und   ein  -Vektorraum. Dann bildet die Menge der Endomorphismen   von   zusammen mit Addition   und Komposition   einen Ring mit Eins.

Für zwei Endomorphismen   sind   und   durch

  und   für  

definiert. Hierbei ist   die Addition von  .

Beweis (Endomorphismenring)

Damit   einen Ring mit Eins bildet, müssen folgende Eigenschaften erfüllt sein:

  • Das Tupel ( ) ist eine abelsche Gruppe.
    1. Assoziativgesetz der Addition:  
    2. Kommutativgesetz der Addition:  
    3. Existenz eines additiven neutralen Elements:  
    4. Existenz von additiven Inversen:  
  • Das Tupel ( ) ist ein Monoid
    1. Assoziativgesetz der Multiplikation:  
    2. Existenz eines multiplikativen neutralen Elements:  
  • Es gelten die Distributivgesetze
    1. Distributivgesetz I:  
    2. Distributivgesetz II:  

Bevor wir mit dem Beweis starten, wollen wir folgende einfache Tatsache im Hinterkopf behalten:

Seien   und  . Die Abbildungen   und   bilden Elemente von   auf Elemente von   ab. Dementsprechend sind   Elemente von  . Nach Voraussetzung ist   ein  -Vektorraum. Deshalb können wir die Rechenregeln, die im  -Vektorraum gelten, auch auf die Elemente   anwenden.

Beweisschritt: ( ) ist eine abelsche Gruppe

Beweisschritt: Assoziativgesetz der Addition

Das Assoziativgesetz der Addition lautet:  

Diese Gleichung beweisen wir, indem wir für alle   die Gleichung   für jeden Vektor   beweisen.

Seien daher   und  . Dann gilt

 

Damit ist die Assoziativität gezeigt.

Beweisschritt: Kommutativgesetz der Addition

Das Kommutativgesetz der Addition lautet:   Diese Gleichung beweisen wir, in dem wir für alle   die Gleichung   für jedes   beweisen.

Seien daher   und  . Dann gilt

 

Damit ist die Kommutativität gezeigt.

Beweisschritt: Existenz eines additiven neutralen Elements

Wir müssen folgende Aussage zeigen:  

Diese Aussage beweisen wir, in dem wir folgende Aussage zeigen:  

Wir wählen  , wobei   die Nullabbildung von   nach   ist. Wir zeigen nun, dass   das neutrale Element der Addition ist. Seien dafür   und  . Dann gilt

 

Das additive neutrale Element ist hier also die Nullabbildung  .

Beweisschritt: Existenz von additiven Inversen

Wir müssen folgende Aussage zeigen:  

Diese Aussage beweisen wir, in dem wir folgende Aussage zeigen:  

Da   ein  -Vektorraum ist, hat ein beliebiger Vektor   ein additive Inverse, nämlich  . Es gilt dann  . Wir können daher für einen beliebigen Endomorphismus   einfach   wählen. Das müssen wir nun noch zeigen. Seien dafür   und  . Dann gilt

 

Also ist die additive Inverse einer Abbildung   die Abbildung  .

Wir haben damit bewiesen, dass   eine abelsche Gruppe ist.

Diese Aussage hätten wir auch anders zeigen können. Im Artikel Vektorraum linearer Abbildungen haben wir die Menge der linearen Abbildungen zwischen zwei  -Vektorräumen   und   betrachtet. Diese Menge nennen wir  . Wir haben gesehen, dass   einen  -Vektorraum bildet. Es gilt  . Also ist auch   ein Vektorraum und damit eine abelsche Gruppe.

Beweisschritt: ( ) ist ein Monoid

Beweisschritt: Assoziativgesetz der Multiplikation

Das Assoziativgesetz der Multiplikation in   lautet:  

Das gilt, da die Komposition von Abbildungen assoziativ ist.

Beweisschritt: Existenz eines multiplikativen neutralen Elements

Wir müssen folgende Aussage zeigen:  

Diese Aussage beweisen wir, in dem wir folgende Aussage zeigen:  

Wir wählen  , wobei   die Identität auf   ist. Wir wollen noch zeigen, dass   das neutrale Element der Multiplikation ist. Seien dafür   und  . Dann gilt

 

Also ist das neutrale Element der Multiplikation in gegeben durch die Identität auf  , d.h.  .

Beweisschritt: Distributivgesetze

Beweisschritt: Distributivgesetz I

Das Distributivgesetz I lautet:  

Diese Gleichung beweisen wir, indem wir für alle   die Gleichung   für jedes   zeigen. Seien   und  . Dann gilt

 

Damit ist die Distributivität I gezeigt.

Beweisschritt: Distributivgesetz II

Das Distributivgesetz II lautet:  

Diese Gleichung beweisen wir, in dem wir die Gleichung   für alle   und   zeigen. Seien dafür   und  . Dann gilt

 

Damit ist die Distributivität II gezeigt.

Automorphismen und platt drücken Bearbeiten

Der endlichdimensionale Fall Bearbeiten

Oben haben wir bereits einige Beispiele von Endo- und Automorphismen untersucht. Dabei haben wir gesehen, dass Endomorphismen, die etwas „plattdrücken“, nicht bijektiv und damit keine Automorphismen sind. Andererseits waren Endomorphismen, die nichts „plattdrücken“, schon Automorphismen.

Frage: Was ist „nichts plattdrücken“ in mathematischer Sprache?

Ein Endomorphismus   „drückt nichts platt“, wenn es keinen Vektor   gibt, der von   auf Null abgebildet wird. Das heißt, für alle Vektoren  , gilt  . Da   eine lineare Abbildung ist, gilt das genau dann, wenn   injektiv, also ein Monomorphismus ist.

Bei Endomorphismen von endlich-dimensionalen Vektorräumen ist „nichts plattdrücken“ gleichbedeutend mit „Automorphismus sein“: Sei   ein Endomorphismus eines  -dimensionalen Vektorraums  . Wenn die Abbildung   ein Automorphismus ist, ist sie insbesondere injektiv. Also drückt   nichts in   platt. Wenn wir umgekehrt annehmen, dass   nichts plattdrückt, folgt, dass   injektiv ist. Damit gehen keine Informationen aus   beim Abbilden mit   verloren. Daraus können wir schließen, dass das Bild   auch  -dimensional ist. Also muss   gelten. Damit ist   auch surjektiv und somit ein Automorphismus.

Wir haben gesehen, dass ein injektiver Endomorphismus über einen endlich-dimensionalen Vektorraum automatisch surjektiv ist. Gilt auch die umgekehrte Aussage? In anderen Worten: Wenn   ein surjektiver Endomorphismus eines  -dimensionalen Vektorraums ist, folgt dann, dass   injektiv ist? Wenn   surjektiv ist, gilt   und damit  . Angenommen   ist nicht injektiv. Dann gibt es einen Vektor   für den   gilt. Dann drückt   die Richtung platt, in die   zeigt. Das bedeutet, beim Abbilden von   durch   verlieren wir mindestens eine Dimension von  . Folglich wäre dann  . Das ist ein Widerspruch zu  . Deshalb muss   injektiv sein. Also gilt, wenn   surjektiv ist, dann ist   auch injektiv.

To-Do:

evtl. verweisen auf eine Erklärung im Artikel "Lineare Abbildungen zwischen endlichdimensionalen Vektorräumen", wenn dieser geschrieben ist.

Diese Aussagen zeigen wir in folgendem Satz noch einmal formal.

Satz (Endomorphismen auf endlichdimensionalen Vektorräumen)

Sei   ein endlichdimensionaler Vektorraum und   ein Endomorphismus. Dann ist äquivalent

  •   ist ein Isomorphismus
  •   ist ein Monomorphismus
  •   ist ein Epimorphismus

Beweis (Endomorphismen auf endlichdimensionalen Vektorräumen)

Wir wissen schon, dass für zwei endlich-dimensionale Vektorräume   und   mit   und eine lineare Abbildung   gilt, dass die Aussagen

  •   ist ein Isomorphismus
  •   ist ein Monomorphismus
  •   ist ein Epimorphismus

äquivalent sind. Also folgt für einen Endomorphismus   von einem endlich-dimensionalen Vektorraum  , dass die drei Aussagen äquivalent sind.

To-Do:

Den Satz für allgemeine lineare Abbildungen verlinken, sobald er geschrieben wurde

Der unendlichdimensionale Fall Bearbeiten

Im Unendlichdimensionalen funktioniert das obige Argument nicht mehr. Wir haben im endlichdimensionalen Fall ausgenutzt, dass für einen  -dimensionalen Vektorraum   und einen Untervektorraum   aus   schon   folgt. Oben haben wir   verwendet. In unendlich-dimensionalen Vektorräume gilt das jedoch nicht. Wir können uns das so vorstellen: In einem unendlich-dimensionalen Vektorraum hat ein gleich großer Untervektorraum Platz ohne alles auszufüllen.

Also gilt für Endomorphismen   eines unendlichdimensionalen Vektorraums   nicht, dass   genau dann surjektiv ist, wenn   injektiv ist. Um das besser zu verstehen, untersuchen wir nun konkrete Gegenbeispiele.

Beispiel (Ein injektiver Endomorphismus, der nicht surjektiv ist)

Sei   der Folgenraum über  . Wir definieren den Endomorphismus

 

Man kann leicht nachprüfen, dass   linear ist. Warum ist   injektiv? Für   mit   gilt  , also ist  . Somit folgt   und   ist injektiv.

Warum ist   nicht surjektiv? Um das zu sehen, müssen wir einen Vektor in   finden, den   nicht trifft. Sei dafür  . Egal welches   wir wählen, es gilt für  , dass das erste Folgenglied gleich   ist. Also wird   nie von   getroffen. Deshalb ist   nicht surjektiv.

Hinweis

Das Vorgehen in diesem Beispiel erinnert an Hilberts Hotel. Dort verschiebt man durch eine Abbildung alle Elemente der Menge   um  . Die Abbildung ist dabei

 

Diese Abbildung ist auch injektiv, aber genau wie   nicht surjektiv. Der Unterschied ist, dass   eine lineare Abbildung zwischen Vektorräumen ist und   nur eine Abbildung zwischen Mengen. Wir sehen also hier, dass unendlich-dimensionale Vektorräume ähnlich komische Eigenschaften erfüllen wie unendliche Mengen.

Beispiel (Ein surjektiver Endomorphismus, der nicht injektiv ist)

Wir wählen wieder   den Folgenraum über  . Wir definieren den Endomorphismus

 

Also ist   für  . Wieder kann man leicht nachprüfen, dass   linear ist.

Zuerst überprüfen wir, dass   surjektiv ist. Sei dafür   ein beliebiger Vektor. Wir wollen einen Vektor   finden, für den   gilt. Dies gilt für   und damit ist   surjektiv.

Warum ist   nicht injektiv? Um das zu sehen, suchen wir ein   mit   und  . Wir wählen dafür  . Dann ist  , aber  . Somit ist   nicht injektiv.

Die Automorphismengruppe Bearbeiten

Wir wissen, dass die Endomorphismen einen Ring mit Eins bilden. Die Automorphismen sind genau alle invertierbaren Endomorphismen. Deshalb sind die Automorphismen eines Vektorraums genau die Einheiten, d. h. die multiplikativ invertierbaren Elemente, des Endomorphismenrings. Die Multiplikation im Endomorphismenring ist die Komposition   von Abbildungen. Im folgenden Satz zeigen wir, dass   eine Gruppe bzgl. dieser Multiplikation ist.

Satz (Automorphismengruppe)

Sei   ein Körper und   ein  -Vektorraum. Die Menge   bildet eine Gruppe bezüglich der Komposition  .

Es gilt zudem  .

Beweis (Automorphismengruppe)

Wir müssen folgendes zeigen

  1.   ist abgeschlossen bezüglich  
  2.   ist assoziativ
  3. Es gibt ein neutrales Element bezüglich   in  
  4. Jedes Element   in   hat ein multiplikatives Inverses.

Beweisschritt: Abgeschlossenheit bzgl.  

Wir beweisen, dass für alle Automorphismen   und   auch   gilt.

Seien dafür   und  . Also sind   und   auch Endomorphismen. Weil   ein Ring mit Multiplikation   bildet, ist   abgeschlossen bezüglich  . Also gilt  . Wir müssen also nur noch begründen, dass   bijektiv ist. Weil   und   bijektiv sind, gibt es jeweils Inverse   und  . Wir zeigen nun, dass   die Inverse von   ist. Es gilt

 

und

 

Also hat   ein Inverses und ist damit bijektiv. Deshalb ist   ein Automorphismus.

Beweisschritt: Assoziativität von  

Wir müssen zeigen, dass für alle Automorphismen   und   folgendes gilt

 

Die Komposition ist sogar für beliebige Abbildungen assoziativ. Trotzdem begründen wir diese Aussage nochmal. Seien dafür   und   und   ein beliebiger Vektor. Dann gilt

 

Da die Abbildungen   und   auf allen Vektoren   übereinstimmen, sind sie gleich, d.h.  .

Beweisschritt: Existenz eines Neutralen Elements

Wir müssen ein Element   finden, so dass für alle   gilt  .

Wir wählen  . Dann gilt   und   ist linear. Also ist  . Außerdem ist   bijektiv und deshalb gilt  .

Sei  . Es gilt

 

Also ist   das neutrale Element in  .

Beweisschritt: Existenz Multiplikativer Inverser

Wir beweisen, dass für jedes   ein Automorphismus   existiert, so dass  .

Sei   ein Automorphismus. Dann ist   bijektiv und somit existiert ein inverse Abbildung  , für die gilt  . Wir müssen nur noch zeigen, dass  . Wir wissen, dass Umkehrabbildungen von linearen Abbildungen linear sind. Folglich ist   als Umkehrabbildung der linearen Abbildung   auch linear. Außerdem ist   auch bijektiv, weil   Umkehrabbildung   hat. Also gilt   und damit ist   ein Inverses von   in  .

Die Automorphismen bilden zwar eine Gruppe, sind aber kein Ring mehr. Das liegt daran, dass   keine additive Struktur mehr hat: Wenn wir zwei Automorphismen   und   von einem Vektorraum   haben, muss   nicht unbedingt wieder ein Automorphismus sein. Um das konkret zu machen, betrachten wir ein Beispiel:

Beispiel (Summe von Automorphismen, die kein Automorphismus ist)

Wir betrachten den Vektorraum   und definieren die Automorphismen

 

Es ist leicht, zu zeigen, dass   und   linear und bijektiv sind. Also gilt  . Es ist

 

Da diese Abbildung den Vektor   nicht trifft, ist sie nicht surjektiv. Also ist   nicht bijektiv und somit kein Automorphismus.

Hinweis

Für keinen Vektorraum   gilt, dass   abgeschlossen unter Addition ist.

Für Vektorräume   mit   ist die Automorphismengruppe nicht kommutativ. Wie beim Endomorphismenring ist das Verknüpfen der Abbildungen nicht kommutativ. Das untersuchen wir unten in einer Aufgabe.

Aufgaben Bearbeiten

Aufgabe (Automorphismus)

Zeige, dass die Abbildung   ein Automorphismus ist.

Lösung (Automorphismus)

Linearität lässt sich leicht nachrechnen. Da Definitions- und Zielbereich gleich sind, ist   also ein Endomorphismus.

Wir wollen nun zeigen, dass   bijektiv ist. Dazu müssen wir zeigen, dass   injektiv und surjektiv ist.

Wir beginnen mit der Injektivität. Seien   und   mit  . Dann gilt für  , dass  , also   und somit  . Dies zeigt die Injektivität.

Nun zeigen wir die Surjektivität. Sei dazu  . Definiere  . Dann gilt  . Also ist   surjektiv.

Wir haben also gezeigt, dass   ein Automorphismus ist.

Aufgabe (Transformation im Raum der Fibonacci-Folgen)

Sei   ein Körper und   der Vektorraum der Fibonacci-Folgen

 

wobei   der Raum aller Folgen in   ist. Zeige:

  1.   ist isomorph zu  .
  2. Es gibt einen Endomorphismus  , der die ersten beiden Einträge jeder Folge vertauscht, das heißt, es gilt   und   für alle  .
  3.   ist ein Automorphismus.

Lösung (Transformation im Raum der Fibonacci-Folgen)

Beweisschritt:  

Wir zeigen, dass

 

ein Isomorphismus ist. Die Linearität lässt sich leicht nachrechnen.

Für die Injektivität zeigen wir  . Sei also   mit  , d.h.  . Wir zeigen   für alle   mit vollständiger Induktion. Nach Annahme gilt die Aussage für  . Damit ist der Induktionsanfang gezeigt. Sei nun  . Für den Beweis des Induktionsschritts müssen wir   zeigen und nehmen dafür als Induktionsvoraussetzung an, dass die Aussage   für alle   gilt. Per Definition der Folge   folgt  .

Für die Surjektivität benutzen wir, dass jede Folge in   durch Angabe der ersten beiden Folgenglieder definiert werden kann: Sei  . Wir definieren   wie im Beweis der Injektivität induktiv durch  ,   und  . Dann gilt   und  .

Beweisschritt: Es gibt einen Endomorphismus  , der die ersten beiden Einträge jeder Folge vertauscht.

Wir benutzen den Isomorphismus   aus dem ersten Teil der Aufgabe. Offenbar ist

 

linear und bildet von   nach   ab, ist also ein Endomorphismus. Damit ist auch   als Verkettung linearer Abbildungen linear. Da   von   nach   abbildet, ist   ein Endomorphismus, und per Konstruktion gilt

 

für alle  . Also vertauscht   die ersten beiden Einträge jeder Folge.

Beweisschritt:   ist ein Automorphismus.

Wir müssen zeigen, dass   ein Isomorphismus ist. Da   ein Isomorphismus ist, ist   ein Isomorphismus genau dann wenn   ein Isomorphismus ist. Der Endomorphismus   vertauscht einfach nur die beiden Komponenten eines Vektors in  , bildet also die (geordnete) Basis   von   auf die Basis   ab. Da eine lineare Abbildung genau dann bijektiv ist, wenn sie Basen auf Basen abbildet, ist   ein Isomorphismus.

Aufgabe (Scherungen sind Automorphismen)

Sei   ein Skalar. Wir betrachten die Abbildung  . Zeige, dass   ein Automorphismus ist.

Lösung (Scherungen sind Automorphismen)

Die Linearität von   lässt sich leicht nachprüfen. Da   den   auf sich selbst abbildet, ist   ein Endomorphismus und es bleibt lediglich die Bijektivität zu zeigen.

Wir beweisen die Injektivität, indem wir   zeigen. Sei  , das heißt, es gilt  . Wir wollen   zeigen. Da   gilt, erhalten wir   aus der zweiten Vektorkomponente. Daraus folgt nun   und es gilt  . Damit ist   injektiv.

Als zweites müssen wir zeigen, dass   surjektiv ist. Sei dafür  ; wir müssen zeigen, dass es ein   mit   gibt. Wenn wir die Definition von   einsetzen, muss der gesuchte Vektor   damit   erfüllen. Das heißt, es muss   gelten. Hieraus erhalten wir  , also  . Setzen wir  , so gilt

 

Also ist   surjektiv.

Da   bijektiv und ein Endomorphismus ist, ist   ein Automorphismus.

Aufgabe (Nicht-Kommutativität im Endomorphismenring)

Sei   ein  -dimensionaler  -Vektorraum mit  . Zeige: Der Endomorphismenring   ist nicht kommutativ.

Lösung (Nicht-Kommutativität im Endomorphismenring)

Sei   eine Basis von  , wobei nach Annahme   gilt. Wir definieren zwei nichtkommutierende Endomorphismen   nach dem Prinzip der linearen Fortsetzung, indem wir die Bilder der Basisvektoren vorgeben: Für   setze

 

und

 

Die Abbildung   vertauscht also die ersten beiden Basisvektoren, während   den ersten Basisvektor auf den Nullvektor abbildet. Bei der Definition von   und   haben wir gebraucht, dass es   Basisvektoren gibt. Es gilt für  

 

aber

 

Da der Basisvektor   als Element der Basis   von   nicht der Nullvektor sein kann, folgt insbesondere

 

Also gilt  . Damit ist der Endomorphismenring   nicht kommutativ, falls  .

Aufgabe (Kommutativität im Endomorphismenring)

Sei   ein eindimensionaler  -Vektorraum, d.h.  . Zeige: Der Endomorphismenring   ist kommutativ.

Lösung (Kommutativität im Endomorphismenring)

Sei   eine Basis von   und seien   beliebig. Endomorphismen sind durch die Bilder der Basisvektoren schon eindeutig bestimmt. Da es wegen   nur einen Basisvektor gibt, gilt   und damit

 

für gewisse  . Wegen   ist jedes   von der Form   für ein  . Mit der Linearität von   und der Kommutativität der Multiplikation in   folgt

 

Analog kann man   für beliebiges   zeigen und es folgt

 

Somit gilt für alle  

 

wobei wir in   die Kommutativität der Multiplikation in   ausgenutzt haben.

Hinweis

In den obigen beiden Aufgaben haben wir gesehen, dass   kommutativ ist, wenn   und nicht kommutativ, wenn  . Was gilt für  ? Wenn   gilt, ist   der Nullvektorraum. Es gibt nur einen Endomorphismus über dem Nullraum  . Dieser Endomorphismus ist die Nullabbildung  . Also gilt  . Da der Ring nur aus einem Element besteht, ist   kommutativ.

Somit gilt:   ist genau dann kommutativ, wenn  .