Lehren, Lernen und Bildung metaphorisch verstehen/ Intuitive Vorstellungen
Alltagswissen und Metaphern
BearbeitenDas zentrale Charakteristikum von Alltagswissen über Lehren und Lernen in schulischen Bildungsinstitutionen ist nach Terhart (2009, S. 128) “seine Entstehung aus sozialen Kontexten heraus”. Terhart veranschaulicht dies wie folgt: Während Kindergartenkinder zunächst nur über ihre Eltern, Großeltern oder älteren Geschwister etwas über die Schule und den bevorstehenden Unterricht erfahren, können sie in der Grundschule die ersten eigenen Erfahrungen sammeln. Diese Erfahrungen machen die Schüler u. a. vor dem Hintergrund ihrer sozio-kulturellen Herkunft und anthropolgisch-psychologischen Voraussetzungen sowie ihrer eigenen Ziele. Auf Basis ihrer gesammelten “Erfahrungen und des Austauschs darüber", so Terhart (2009, S. 128), “differenziert sich dieses Alltagswissen im Kontext von Schule und Unterricht weiter aus”. Mit den Worten von Terhart:
“In den ersten Monaten sind Grundschüler noch etwas unsicher, wie es in der Schule und im Klassenzimmer zugeht; im Laufe der Schuljahre gewinnen sie aber Sicherheit und spätestens in der Oberstufe sind sie Profi-Schüler, die sich häufig sehr geschickt die formellen und informellen Regeln der Schule und des Unterrichts zunutze machen können.” (Terhart 2009, S. 128)
Entschließen sich “Profi-Schüler”, im Sinne von Menschen mit Alltagswissen darüber, wie es in der Schule zugeht und wie Unterricht aus der Perspektive von Schülern ablaufen kann, nach ihrer Schullaufbahn, selbst zukünftig als Lehrer zu agieren, gehen diese Erfahrungen und das entwickelte Alltagswissen nicht verloren. Dies zeigt sich mit Blick auf empirische Befunde zur Bedeutung von Lernvoraussetzungen von Lehramtsstudierenden. So wird die Erkenntnis, dass Lehramtsstudierende ihr Studium mit “Vorstellungen über schul- und unterrichtsrelevante Aspekte” (S. 64) beginnen und diese Vorstellungen (beliefs) erfahrungsbasiert sind, von Sigrid Blömeke (2004) als ein zentrales Ergebnis der empirischen Forschung markiert. Zudem hat sich gezeigt, so Blömeke (2004), dass die Vorstellungen “weitgehend veränderungsresistent” (S. 65) sind und es im Verlauf des Studiums “eher selten zu grundlegenden Veränderungen kommt” (ebd.). Eine Auseinandersetzung mit diesen Vorstellungen ist vor allem aufgrund ihrer Filterwirkung relevant: “Es werden überwiegend nur solche Informationen aufgenommen, die sich in das vorhandene System an Überzeugungen einpassen lassen” (ebd.). Inhaltlich ist für Blömeke (2004) festzuhalten, dass Lehramtsstudierende mit Blick auf ihre zukünftigen Fähigkeiten im Unterricht sich optimistisch zeigen:
“Sie meinen zu wissen wie Unterricht auszusehen hat (eine Lehrperson überliefert Wissen frontal vor der Klasse an die Schülerinnen und Schüler, die dieses rezeptiv aufnehme), und sie meinen, nur noch ein bestimmtes Methodenrepertoire erlernen müssen, um starten zu können. [...]" (Blömeke 2004, S. 65)
Ein möglicher Zugang zum Alltagswissen und ein Anknüpfungspunkt zu den Vorstellungen von angehenden Pädagogen ist die Arbeit mit Metaphern. Metaphern können nach Terhart (2009, S. 129f) dabei zunächst als “verdichtetes” Alltagswissen verstanden werden. Mit Blick auf die Theorie des erfahrungsbasierten Verstehens können Metaphern bzw. die Entwicklung von Metaphern über das Lehren und Lernen als Reflexionsanlass dienen (z. B. Gropengießer 2007). Eine zentrale Annahme des Konzeptes ist es, dass zum Verstehen und zur Erklärung abstrakter Begriffe und Konzepte (wie z. B. Didaktik oder Bildung) Erfahrungen aus anderen Bereichen herangezogen werden. Oder in den Worten von Sabine Marsch (2009, S. 12): „Bei der Konstruktion einer Metapher wird eine sinnlich erlebbare Erfahrung aus einem Ursprungsbereich auf einen abstrakten, nicht direkt erfahrbaren Zielbereich übertragen“. Dieses Verständnis einer Metapher erläutert Marsch (2009) mit Bezug auf Lakoff und Johnson (2004, S. 12) am Beispiel „Argumentieren ist Krieg“:
„Ich schmetterte sein Argument ab. Er machte alle meine Argumente nieder. Das Argumentieren wird meist als kriegerischer Akt beschrieben, der darauf abzielt, den Diskussionsgegner zu vernichten und selbst den Sieg zu erringen. Diese Metaphern beschreiben also nicht nur das Argumentieren, sondern geben auch die dahinter stehende Vorstellung der Argumentation als Kampf preis.“ (Marsch 2009, S. 12)
Diesem Ansatz folgend, bietet die Auseinandersetzung mit Metaphern einen Zugang zum eigenen Denken über Lehr- und Lernsituationen und der Rolle als Pädagoge sowie einen Einblick in die Vorstellung angehender Lehrer über ihre zukünftige Tätigkeit. Die Vorstellung „Lehren und Lernen ist wie Gehen und Reisen“ ist ein typisches Beispiel für eine entsprechende Metapher. Zugleich wird über die jeweilige Interpretation und unterschiedliche Konkretisierungen sichtbar, wie verschieden z. B. die Rolle des Lehrenden verstanden werden kann: Die Vorstellung vom unterstützenden Reisebegleiter ist beispielsweise konträr zur Vorstellung des Lehrenden als direktiver Reiseführer. Die zwei folgenden Kapitel geben einen Einblick in die Vorstellung angehender Lehrer und Pädagogen. Die Explikation der eigenen Vorstellung durch die Verschriftlichung von Metaphern in Artikeln dieses Wikibooks lässt diese Vorstellungen zudem für eigene Reflexionen sowie für externes Feedback zugänglich werden.
Lehren und Lernen ist wie ...
BearbeitenMit den Metaphern im Kapitel "Lehren und Lernen ist wie ..." ging es vor allem darum, Metaphern zu entwickeln und individuelle und konsensfähige Normalitätsvorstellungen von angehenden Lehrern zu verdeutlichen. In studentischen Arbeitsgruppen wurden insgesamt sieben verschiedene Metapherninterpretationen erarbeitet und zur Diskussion gestellt:
Bildung ist wie ...
BearbeitenIm folgenden Kapitel werden Metaphern zum Bildungsbegriff von angehenden Lehrern vorgestellt. Dabei zeigt sich, dass die Vorstellung von dem, was Bildung ausmacht, sich von zu Metapher deutlich unterscheidet. So wurden insgesamt vier unterschiedliche Vorstellungen in Form von Metaphern erarbeitet und zur Diskussion gestellt: