Tarock ist die Bezeichnung für eine große Familie von Kartenspielen, die in weiten Teilen Europas gespielt werden. Die verwendeten Karten haben eine gemeinsame Geschichte mit jenen, die auch zum Wahrsagen hergenommen werden. Zur besseren Unterscheidung hat man sich im deutschen Sprachgebiet darauf verständigt, die Kartenspielfamilie Tarock zu nennen und alle Aspekte, die mit Esoterik zu tun haben, als Tarot zu bezeichnen. Die französische Tarock-Variante wird im Deutschen ebenfalls Tarot genannt, siehe Französisches Tarock. In vielen anderen Sprachen wird hingegen für alle Spiele und das Wahrsagen ohne Unterscheidung das Wort „Tarot“ verwendet, etwa im Englischen und Französischen.

Von den Spielern werden die Trumpfkarten, die im Tarot der Esoterik den „großen Arkana“ entsprechen, ebenfalls als Tarock bezeichnet. Dabei ist in den einzelnen Varianten unterschiedlich, ob der Narr – meist als Sküs bezeichnet – das höchste Tarock ist, oder als Sonderkarte gar nicht zu diesen zählt.

Die Unterschiede zwischen den einzelnen Spielen der Familie sind sehr groß. Als gemeinsame Merkmale lassen sich ausmachen:

Tarockkarten in der Hand eines Spielers
  • Das Blatt besteht aus folgenden Karten mit verschiedenen Werten:
    • 20–22 Trumpfkarten, nummeriert mit römischen oder arabischen Ziffern.
    • 18–56 Karten in vier verschiedenen Farben (französisches oder italienisches Deck).
    • in manchen Spielen 1–2 Sonderkarten, für die besondere Regeln gelten.
  • In allen Spielen wird um Stiche gespielt, wobei jedoch primär der Wert der gewonnenen Karten den Ausschlag gibt, nicht die Anzahl der Stiche.

Bayerisches Tarock hat Spielelemente der Tarockfamilie übernommen, gehört aber nicht direkt dazu und wird mit deutschem Blatt gespielt. Einige andere Spiele verwenden Tarockkarten, gehören aber nicht zur Familie, wie etwa Vier-Anderle.

Geschichte

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die Karte „Hoffnung“ aus dem Cary-Yale Tarocchi

Tarock lässt sich, zusammen mit anderen frühen Kartenspielen Europas, erstmals in der Zeit um 1430–1440 im nördlichen Italien als Tarocchi nachweisen.[1] Das schon vorher bekannte Spiel wurde zunächst mit Trionfi[2], „Triumph“, „ludus triumphorum“ und ähnlich bezeichnet (italienisch-lateinische Formen des deutschen Triumph oder Trumpf; Trionfi ist der Plural von Trionfo = Triumph). Diese Namensform wird erstmals im Februar 1442 in einem Ferraresischen Rechnungsbuch in Zusammenhang mit Spielkarten genannt, in Frankreich wird sie erstmals 1482 erwähnt.

Viele frühere italienische Dokumente verdeutlichen, dass das bezeichnete Spiel sich zunächst in Italien entwickelte und dann in Südfrankreich heimisch wurde. Zu den klassischen italienischen Farben Spade („Schwerter“), Bastoni („Stäbe“), Coppe („Becher“) und Denari („Münzen“) wurden die nummerierten trionfi mit höherer Stichkraft hinzugefügt, sowie die Sonderkarte il matto („der Narr“). Die Details der Entstehungsgeschichte sind nicht mehr zu rekonstruieren, bei angeblichen Erfindern handelt es sich um Legenden.[3]

Später hat sich das Spiel nach Frankreich (in Avignon als Taraux) ausgebreitet. Etwa 1480–1510 bildete sich in Lyon und Umgebung eine dominante Kartenspielproduktion, die umfangreich in andere Gegenden und Länder exportierte. Daraus resultierte die südfranzösische Vorrangstellung in diesem ursprünglich italienischen Spiel, die zu dem heute als traditionell geltenden Typus „Tarot de Marseille“ führte (17. Jahrhundert). Im Verlauf der wechselseitigen französisch-italienischen Beeinflussung wurde das Spiels in den deutschsprachigen Raum exportiert, in weiterer Folge auch in viele andere Regionen Europas.

In der Habsburgermonarchie entwickelten sich zahlreiche regionale Varianten (Königrufen, Zwanzigerrufen, Neunzehnerrufen, Strohmandeln usw.), die bis heute in Österreich, Ungarn, Slowenien, Tschechien, in der Slowakei, in Polen, in Rumänien und in der Ukraine gespielt werden. Fritz von Herzmanovsky-Orlando prägte in seinem zu Lebzeiten unveröffentlicht gebliebenen Roman Maskenspiel der Genien den Begriff Tarockei als Name für ein seltsames Traumland. Später ersetzte Friedrich Torberg in der stark bearbeiteten und umstrittenen Erstveröffentlichung den Ausdruck Tarockei eigenmächtig durch Tarockanien – in Anlehnung an Kakanien von Robert Musil.

In Deutschland war Tarock einst weit verbreitet, was beispielsweise einige Belegstellen in den Werken Johann Wolfgang von Goethes zeigen. Heute wird es nur noch in der Variante „Cego“ in Baden gespielt. In Frankreich und Österreich ist Tarock nach wie vor populär, in seinem Herkunftsland Italien ist es nur noch selten anzutreffen. In der Schweiz haben sich die lokalen Varianten Troccas und Troggu erhalten.

Die Karten

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Tarock wird mit einem charakteristischen Blatt gespielt, das neben den klassischen Farben Herz, Karo, Pik und Treff noch über die sogenannten Tarock verfügt, die mit römischen oder arabischen Ziffern nummeriert sind. Sie dienen als ständige Trümpfe. Außerdem gibt es in jeder klassischen Farbe eine zusätzliche Figurenkarte, den Cavall oder Reiter, er rangiert zwischen Bube und Dame.

Insgesamt gibt es 78 Karten in einem vollständigen Tarock-Blatt. Mit diesem kompletten Blatt wird heute vor allem in Frankreich gespielt, in geringerem Umfang auch in Dänemark. In jenen Gebieten, die früher zur Habsburgermonarchie gehört haben, wird heute mit einem reduzierten Blatt von 54, 42 oder 40 Karten gespielt. Die höchste Karte in den klassischen Tarockspielen ist heute der Sküs (vermutlich von der französischen Bezeichnung „Excuse“), auch Gstieß genannt. Tarock I (der „Pagat“) und Tarock XXI (der „Mond“) sowie der Sküs heißen zusammen Trull (vermutlich von französisch „tous les trois“ = „alle drei“). In den meisten Regelvarianten spielen diese drei Karten eine besondere Rolle.

Die Farbkarten der Tarock-Blätter haben französisches Bild und nicht die Symbole der zum Wahrsagen benutzten Tarot-Karten mit italienischem oder spanischem Bild. Die Tarockkarten tragen römische Ziffern und sind meist mit je zwei Genreszenen dekoriert, wie zum Beispiel die vor allem in Österreich, Ungarn, Tschechien, in der Slowakei und in Slowenien verwendeten „Industrie-und-Glück“-Karten (der Name stammt von dem auf der Karte II („Uhu“) abgebildeten Felsen mit der Aufschrift „Industrie und Glück“, auf dem der Reichsadler sitzt). „Industrie“ steht hier für „Fleiß“ (lateinisch industria): Der Bürger konnte mit „Glück und Fleiß“ Erfolg im Leben haben.

Die Spielkarten unterscheiden sich sowohl durch die Darstellungen auf der Vorderseite als auch durch die Gestaltung der Rückseite. Je nach dem grafischen Muster der Rückseite unterscheidet man zwischen „Roter Blitz“, „Ornament“, „Karo“, „Jagdtarock“ usw.

Früher war die Vielfalt der Tarock-Spielkarten noch viel größer. Es gab Tiertarocke, Tarocke mit historischen Motiven, Vedutentarocke usw. Eine Klassifizierung der einzelnen Spielkarten samt Stammbäumen ist von Klaus Reisinger erarbeitet worden.

Geschichte

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Tier-Tarock-Kartenspiel, Mannheim um 1778

Tarock und Tarot haben dieselben Wurzeln – die Karten sind jahrhundertelang nur zum Kartenspielen verwendet worden, nicht zum Wahrsagen. Dies hat der Philosoph, Universitätsprofessor und Tarockliebhaber Michael Dummett in einer wissenschaftlichen Arbeit mit dem Titel The Game of Tarot nachgewiesen. Im deutschen Sprachraum wird das Kartenspiel als Tarock bezeichnet, die Wahrsagekunst als Tarot, in Frankreich und in England ist in beiden Fällen der Ausdruck tarot in Verwendung.

Das Spiel

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Die einzelnen Tarockvarianten unterscheiden sich voneinander zu stark, um eine allgemeine Spielbeschreibung abgeben zu können. Daher wird auf die Artikel zu den einzelnen Varianten verwiesen:

  • Großtarock, Kartenspiel, Tarock-Variante
  • Königrufen: 54 Karten, 4 Spieler, Österreich, Slowenien, Rumänien, Ukraine, Polen
  • Neunzehnerrufen: 54 Karten, 4 Spieler, Österreich, Tschechien, Slowakei, Polen
  • Cego: 54 Karten, 3 oder 4 Spieler, Deutschland (nur Baden)
  • Ungarisches Tarock: 40, 42 (meistens), 46 oder (selten) 54 Karten, 4 Spieler, Ungarn, Siebenbürgen (mit wachsender Fangemeinde in Österreich)
  • Zwanzigerrufen: 40 Karten, 4 Spieler, Österreich
  • Tapp-Tarock/Dreier-Tarock: 40, 42 oder 54 Karten, 3 Spieler, Österreich
  • Französisches Tarock: 78 Karten, 3 bis 5 Spieler, Frankreich
  • Droggn: 66 Karten, 3 Spieler, Tiroler Stubaital (ausgestorben)
  • Troggu: 62 Karten, 3 bis 8 Spieler, Schweiz, Kanton Wallis
  • Troccas: 78 Karten, 3 bis 6 Spieler, Schweiz, Kanton Graubünden
  • Strohmandeln: 54 Karten, 2 Spieler, Österreich
  • Großtarock nach Wiener Art (modern): 54 Karten, 3 Spieler, Österreich/Wien

Rechtliches

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Nach österreichischem Recht zählt Tarock − im Gegensatz etwa zu den verschiedenen Poker-Varianten − nicht als Glücksspiel, sondern als Geschicklichkeitsspiel: Typische Geschicklichkeitsspiele sind Tarock, Bridge, Schnapsen oder Schach, so eine unverbindliche Rechtsansicht des Bundesministeriums für Finanzen. [4]

Literatur

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  • Hans-Joachim Alscher (Hrsg.): „Tarock“ – mein einziges Vergnügen .... Geschichte eines europäischen Kartenspiels. Brandstätter, Wien 2003, ISBN 3-85498-283-6.
  • Johannes Bamberger: Tarock. Die schönsten Varianten. 17. völlig neu bearbeitete Auflage. Verlag Perlen-Reihe, Wien u. a. 1998, ISBN 3-85223-400-X (Perlen-Reihe 640).
  • Giordano Berti, Tiberio Gonard: Das Visconti-Tarot. Klein Königsförde-Krummwisch, Königsfurt, Klein Königsförde-Krummwisch 1999, ISBN 3-933939-11-9.
  • Kurt Doleysch, Hans Kunz: Das Grosstarockbuch. Vom XXer Rufen zum Grosstarock Modern und Trischaken. Edition Habana, Wien 2006, ISBN 3-902441-32-1.
  • Michael Dummett, John McLeod: A History of Games Played with the Tarot Pack. The Game of Triumphs. 2 Bände. Mellen Press, Lewiston NY 2004, ISBN 0-7734-6447-6 (Supplement-Bd.: frei online (PDF; 3,81 MB).
  • Michael Dummett: The Game of Tarot. From Ferrara to Salt Lake City. Duckworth, London 1980, ISBN 0-7156-1014-7.
  • Wolfgang Mayr, Robert Sedlaczek: Das Große Tarockbuch. Verlag Perlen-Reihe, Wien u. a. 2001, ISBN 3-85223-462-X (Perlen-Reihe 642).
  • Wolfgang Mayr, Robert Sedlaczek: Die Strategie des Tarockspiels. Königrufen, Zwanzigerrufen, Neunzehnerrufen, Dreiertarock, Strohmandeln. Edition Atelier, Wien 2008, ISBN 978-3-902498-22-9.
  • Klaus Reisinger: Tarocke. Kulturgeschichte auf Kartenbildern. Österreich unter den Habsburgern, Kaiserreich Österreich, Österreich-Ungarische Monarchie, Erste Republik, Österreich unter dem Nationalsozialismus, Zweite Republik. 6 Bände. Eigenverlag, Wien 1996 ff., ISBN 3-9500025-1-0.
  • Martin Vácha: Tarock. Lehrbuch des Königrufens. Ein Weg zum strategischen Danken. Verband Wiener Volksbildung, Wien 2007, ISBN 978-3-900799-74-8 (Edition Volkshochschule), enthält ein ausführliches Einleitungskapitel allgemein über Geschichte und Verbreitung des Tarock[5].

Siehe auch

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  • Französisches Tarock
  • Minchiate

Einzelnachweise

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  1. Mayr/Sedlaczek S. 9 ff.
  2. Der Name Trionfi, zunächst erdacht, um besondere Spielkarten mit "triumphierenden" (den Stich gewinnenden) Charakter zu bezeichnen, mutierte im Laufe der Zeit und bezeichnete Spiele, in denen die Sonderkarten gar nicht auftauchten, und dann auch das allgemeine "trumpfen" während eines Kartenstiches.
  3. Moriz Bermann Der praktische Tarockspieler (1894), S. 3, schreibt etwa die Erfindung einem Prinzen namens Franceso Fibbio zu.
  4. Zitiert nach österreichischen Bundesministerium für Finanzen – FAQ zum Glücksspielmonopol
  5. Infos auf der Homepage des Autors www.martinvacha.com.
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