Mathematik: Analysis: Reelle Zahlen: Metrik


In diesem Abschnitt werden Eigenschaften der reellen Zahlen beschrieben, die sich unter dem Begriff Topologie zusammenfassen lassen. Topologie ist die Lehre von "Lage und Anordnung der Dinge im Raum". Nach Einführung des absoluten Betrages wird der Abstand zweier Punkte (reeller Zahlen) definiert. Dies führt zum Begriff des metrischen Raumes. Die Untersuchung bestimmter Teilmengen von zeigt dann, dass durch die Metrik (den Abstand) die reellen Zahlen auch eine topologische Struktur tragen.


Absoluter Betrag

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Bisher haben wir uns hauptsächlich mit der Ordnungsstruktur von   beschäftigt. Mit Hilfe dieser Ordnungsstruktur lässt sich eine metrische Struktur auf   einführen wenn man den Abstand zwischen 2 Elementen von   definiert. Über die Folgen ergibt sich dadurch später auch eine Verbindung zur Vollständigkeit.


Definition - Absoluter Betrag

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Für eine reelle Zahl   heißt:
 


der absolute Betrag von  .


Rechenregeln und Eigenschaften

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Für   gilt:
  1.  
  2.  
  3.  
  4.   für  
  5.  

  6.     (Dreiecksungleichung)

  7.  

  8.  


Der Name Dreiecksungleichung kommt aus der Geometrie und besagt anschaulich, dass eine Gerade Strecke die kürzeste Verbindung zwischen zwei Punkten ist. Man bezeichnet eine reelle Zahl in diesem Zusammenhang auch oft als Punkt.


Beweis
Die Behauptungen lassen sich durch Fallunterscheidung (< 0, > 0 und = 0) und vollständige Induktion leicht zeigen.
Die Dreiecksungleichung lässt sich wie folgt zeigen:
Aus             und             bzw.             und    
folgt                         bzw.          .
Wählt man die Gleichung, bei der die linke Seite nicht negativ ist (also   steht), so folgt die eigentliche Dreiecksungleichung.
Der andere Teil folgt mit der eben bewiesenen Ungleichung:
                ⇒      
                ⇒      .
Wählt man die Gleichung, bei der die linke Seite nicht negativ ist so folgt wieder die Behauptung.

Metrischer Raum

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Bei den folgenden Betrachtungen der Topologie von   sollen Eigenschaften bestimmter Untermengen von   gezeigt werden. Hierzu wird zunächst der Begriff des Abstandes zweier Punkte mit Hilfe des absoluten Betrages definiert:


Definition (Abstand)

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Für   heißt   der Abstand der Punkte   und  .


Diese Definition entspricht sehr anschaulich der Länge einer Strecke. Es lassen sich auch Eigenschaften zeigen, die von Strecken zu erwarten sind:


Satz
Für alle   gilt:
  1.  
  2.  
  3.  


Übersetzt in Umgangssprache bedeuten die drei Eigenschaften:
  • Zwei Punkte haben genau dann den Abstand Null, wenn sie aufeinander liegen.
  • Es ist unerheblich für den Abstand, ob ich den Abstand von   nach   messe oder umgekehrt.
  • Fahre ich von   nach   und besuche dazwischen noch einen weiteren Punkt  , so kann der Gesamtabstand dadurch nicht kleiner werden. Letztere Eigenschaft ist als Dreiecksungleichung bekannt.
 
Dreiecksungleichung
Beweis
Die Beweise ergeben sich unmittelbar aus den Eigenschaften und Rechenregeln des Absoluten Betrages.


Mit geeigneten Abstandsdefinitionen lassen sich die drei Eigenschaften auch für andere Mengen, beispielsweise die komplexen Zahlen, nachweisen. Mengen, die diese Struktur aufweisen, sind von allgemeinem Interesse, man hat ihnen den Namen metrischer Raum gegeben.

Definition (Metrischer Raum)

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Sei   eine Menge, und   eine Funktion, dann heißt das Tupel   genau dann Metrischer Raum falls für alle   gilt:

  1.  
  2.  
  3.  

Intervalle

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Die folgenden Untersuchungen der reellen Zahlen betreffen bestimmte Teilmengen von ihnen, die offenen und abgeschlossenen Mengen. Um diese Begriffe einführen zu können werden zunächst offene und abgeschlossene Intervalle von   definiert.


Für die Definition von unendlichen Intervallen muss zuvor noch geklärt werden, welche Bedeutung das Zeichen   hat, da unendlich keine reelle Zahl ist. Charakteristisch für die reellen Zahlen war ja, dass genau jede nichtleere nach oben beschränkte Menge reeller Zahlen ein Supremum in   besitzt und gleiches gilt sinngemäß auch für das Infimum. Die Existenz von Supremum und Infimum nicht beschränkter Mengen wird deshalb durch folgende Definition "erzwungen":


Definitionen  
Für eine nichtleere Teilmenge   von   wird definiert:
          ist nicht nach oben beschränkt
          ist nicht nach unten beschränkt


Mit diesen Definitionen lassen sich jetzt eine ganze Reihe unterschiedlicher Intervalle festlegen:


Definitionen (Intervalle)


Für   heißen:
          offenes Intervall
          links halboffenes Intervall
          rechts halboffenes Intervall
          abgeschlossenes Intervall
          unendliches Intervall
          unendliches Intervall
          unendliches Intervall
          unendliches Intervall
          unendliches Intervall
Die Punkte   und   nennt man Randpunkte des Intervalls.


Intervalle sind also zusammenhängende Teilstrecken der Zahlengeraden und können auch leer (eine leere Menge) sein. Wenn die Randpunkte dazugehören, heißen sie geschlossen, sonst offen.


Umgebung

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Mit Hilfe der offenen Intervalle wird jetzt der grundlegende Begriff der Umgebung einer reellen Zahl, der in den folgenden Abschnitten dann exzessiv benutzt wird, eingeführt:


Definition (Umgebung)

  1. Für       heißt
            ε-Umgebung von  .
  2. Eine Menge   heißt Umgebung von   wenn es ein       mit
      gibt.
 
Umgebung in einer Zahlenebene



Auf Intervalle und Umgebungen lassen sich natürlich Mengenoperationen wie Vereinigung und Durchschnitt anwenden. Das Ergebnis soll dann möglichst wieder eine Umgebung sein. Dies ist bei Intervallen im Allgemeinen nicht der Fall und bei der Durchschnittsbildung von Umgebungen nur mit Einschränkungen für die Anzahl der beteiligten Umgebungen.


Satz (Vereinigung , Durchschnitt von Umgebungen)


Sei   eine Umgebung von  . Dann gilt:
  1. Jede Obermenge von   ist eine Umgebung des Punktes  , d. h. die Vereinigung von (beliebig vielen) Umgebungen des Punktes   ist eine Umgebung von  .
  2. Der Durchschnitt von endlich vielen Umgebungen eines Punktes   ist wieder eine Umgebung von  .


Beweis
  1. Der Beweis ist einfach: Sei   eine Obermenge der Umgebung   von  . Also gibt es ein ε > 0 mit  . Da   eine Obermenge von   ist, folgt:  . Die Vereinigung von Mengen ist stets eine Obermenge aller zu vereinigenden Mengen. Daraus folgt die zweite Behauptung.

  2. Für   seien   die endlich vielen Umgebungen von   mit  . Dann gibt es ein ε mit  .

    Wegen
     
    ist auch   eine Umgebung von  .


Wie das folgende Beispiel zeigt kann bei der Durchschnittsbildung beliebig vieler Umgebungen nur noch ein Punkt übrig bleiben, der dann aber keine Umgebung seiner selbst ist, da das ε bei Umgebungen positiv sein muss.


Beispiel
Sei    .   Dann gilt:    .
    ist archimedisch. Es gibt also zu jedem       ein      , so dass       bzw.      .

Für   und dieses   folgt:

   .

Der Nullpunkt ist aber in allen Umgebungen enthalten, wie man leicht durch vollständige Induktion zeigen kann.


Der folgende Trennungssatz ist an dieser Stelle selbstverständlich. Er besagt, dass es zu zwei verschiedenen Punkten disjunkte, also punktfremde, Umgebungen gibt.


Satz (Trennungssatz)
Seien       mit    . Dann gibt es Umgebungen       mit    .


Beweis (Trennungssatz)
Wegen   ist  . Sei  ,   und  .
Annahme:  . Dann gilt wegen der Dreiecksungleichung:  . Das ist aber ein Widerspruch. Also ist die Annahme falsch und damit die Behauptung gezeigt.

Offene Mengen

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Wenn eine Teilmenge der reellen Zahlen für jedes ihrer Element eine Umgebung ist, nennt man diese Teilmenge eine offene Menge. Die offenen Intervalle sind solche Mengen, denn für alle Elemente des Intervalls, auch für die fast am Rand liegenden, lassen sich Umgebungen ausschließlich aus Intervallelementen konstruieren.


Definition (offene Menge)
Eine Menge   heißt offen, falls es zu jedem   ein   gibt, so daß   ist.


Eine offene Menge ist also Umgebung jedes ihrer Punkte.


Beispiele für offene Mengen:

  • Natürlich ist   offen, da sie keine Punkte enthält und damit "leicht" Umgebung ihrer Punkte sein kann.

  • Auch   ist offen, da es zu jedem   ein   gibt mit  


Satz (Eigenschaften offener Mengen)
  1.   und   sind offen.
  2. Vereinigungen beliebig vieler offener Mengen sind offen.
  3. Durchschnitte endlich vieler offener Mengen sind offen.
  4. Jede ε-Umgebung ist eine offene Menge.


Mit Hilfe von 4. ist es nun einfach zu zeigen, dass ein offenes Intervall auch eine offene Menge ist.


Beweis
  1. ist trivial, siehe Beispiele weiter oben.
  2. Es sei   eine Indexmenge,   eine Familie von offenen Mengen,   deren Vereinigung und  . Dann gibt es ein   mit  . Da   offen ist, folgt die Existenz eines  , so daß  . Dann gilt aber auch  .

  3. Sei   und   eine endliche Anzahl offener Mengen. Sei weiter   und  . Da die Mengen   Umgebung von   sind, ist nach dem obigen Satz auch deren Durchschnitt eine Umgebung von  .

  4. Sei   eine ε-Umgebung von   und  . Gesucht ist ein δ für das gilt:  .
    Sei  . Dann ist   also  .
    Sei  .
    Für   gilt dann  . Damit ergibt sich  . Das zeigt wie gewünscht:  .



Die offenen Mengen von   sind eine Teilmenge der Potenzmengen  . Teilmengen   der Potenzmengen  , die die obigen Eigenschaften 1, 2 und 3 für offene Mengen aufweisen, sind von allgemeinem mathematischen Interesse. Man hat ihnen den Namen Topologie gegeben.



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