Klinische Humangenetik: Chromosomale Störungen
Numerische autosomale Chromosomenaberrationen
BearbeitenTrias bei unbalancierten autosomalen Chromosomenaberrationen:
- Dysmorphie
- Fehlbildungen/Organfunktionsstörungen
- Kognitive Retardierung
Wegen Wiederholungsrisiko ist genetische Beratung und Chromosomenanalyse zu empfehlen.
Trisomie 13 - Pätau-Syndrom
BearbeitenEp.: 1:5000 Geburten
Genetik: 75 % freie Trisomie, 20 % Translokationstrisomie, 5 % Mosaiktrisomie
Klinik: Minderwuchs, Mikrozephalie, faziale Dysmorphie (LKG-Spalte, Holoprosenzephalie, Mikrophthalmie, Hypotelorismus u.a.), Hexadaktylie, Zystennieren, Herzfehler
Prg.: Bislang letal meist in den ersten Lebensmonaten
Trisomie 18 - Edwards-Syndrom
BearbeitenEp.: 1:3000 Geburten
Genetik: 85 % freie Trisomie 18, 10 % Mosaiktrisomie, 5% Strukturaberration mit partieller Trisomie
Klinik: Minderwuchs, Mikrozephalie mit strawberry-shaped-head, faziale Dysmorphie, schwere psychomotorische Retardierung, 90 % Herzfehler (hoher VSD), Hufeisenniere, typ. Fingerstellung D2 über D3, D5 über D4, Wiegenkufenfüße u.a.m.
Prg.: Bislang 90 % letal im 1.Lebensjahr, vereinzelt über 10 Jahre
Trisomie 21 - Down-Syndrom
BearbeitenEp.: 1:650 Geburten
Genetik: 95 % freie Trisomie 21 (Risikofaktor mütterliches Alter!), 3 % Translokationstrisomie (evtl. balancierte Translokation bei den Eltern! Wiederholungsrisiko!), 2 % Mosaiktrisomie.
Klinik: Mentale Retardierung (durch optimale Förderung gut beeinflussbar), typische "mongoloide" Lidachsenstellung, Epikanthus, Makroglossie, 50 % Herzfehler (VSD), Muskelhypotonie, Vierfingerfurche, Sandalenfurche, erhöhtes Leukämierisiko.
Prg.: Lebenserwartung 50-60 Jahre, 10 % 70 Jahre.
Weblinks: OMIM - Trisomy 21
Sonstige
BearbeitenMosaik-Trisomie 8, Mosaik-Trisomie 9
Numerische gonosomale Chromosomenaberrationen
BearbeitenEp.: 1:1000 Männern
Genetik: 80 % rein 47/XXY, 20 % Mosaik, manchmal mehr als zwei X (zunehmende geistige Beeinträchtigung)
Klinik: Eunuchoider Hochwuchs, Arme und Beine relativ zu lang (Armspanne größer als Körperhöhe), kleine Hoden, Infertilität, verzögerte Pubertät, weiblicher Habitus, IQ etwa 10 % unter Durchschnitt (d.h. meist im Rahmen der Normalverteilung!)
Ep.: 1:3000 Frauen (hohe Spontanabortrate)
Genetik: 75 % 45,X, 20 % Mosaik (Cave: bei Y-Anteilen hohes Gonadoblastomrisiko!), 5 % Strukturaberration mit Verlust des kurzen Armes delXp-.
Klinik: Minderwuchs, multiple Nävi, Pterygium (oft nur tastbar), Lymphödem neonatal, „Sphinxgesicht“, Ptosis, mäßig modellierte Ohrmuschel, hoher, gotischer Gaumen, Keilbeinhypoplasie -> Mikrognathie und Tubenbelüftungsstörungen -> rezidivierende Otitiden -> Schwerhörigkeit. Tiefer Haaransatz, Schildthorax, Cubita valga, verkürztes Metacarpale IV, Nageldysplasie, primäre Amenorrhoe, ausbleibende Brustentwicklung, Strangonaden, Infertilität, normaler Intellekt.
XXX - Triplo-X-Syndrom
BearbeitenEp.: 1:1000 Frauen
Genetik: 47,XXX
Klinik: Üblicher weiblicher Phänotyp, IQ durchschnittlich oder leicht vermindert, normale Fertilität! (erhöhtes Risiko von Gonosomenstörungen bei Nachkommen), oft Zufallsbefund.
XYY - XYY-Syndrom
BearbeitenEp.: 1:1000 Männer
Genetik: 47, XYY
Klinik: Körpergröße überdurchschnittlich, verstärkte Pubertätsakne, Fertilität normal, meist Zufallsbefund.
Strukturelle Chromosomenaberrationen
BearbeitenEp.: 1:50.000, w:m = 1:1
Genetik: Deletion im kurzen Arm von Chromosom 5: 90 % de novo, 10 % unbalanzierte familiäre Translokation -> Elternuntersuchung wg. Wdh.risiko!
Klinik: Typische faziale Dysmorphie mit antimongoloider Lidachsenstellung, Larynxanomlie -> Katzenschrei-ähnliches Schreien des Neugeborenen, Minderwuchs, geistige Retardierung.
Weblinks: OMIM - Cri-du-chat syndrome
4p- - Wolf-Hirschhorn-Syndrom (WHS)
BearbeitenEp.: 1:50.000, w:m = 2:1
Genetik: Deletion im kurzen Arm von Chromosom 4 (Region 4p16.3): 80 % de novo, in 20 % unbalanzierte familiäre Translokation -> Elternuntersuchung wg. Wdh.risiko!
Klinik: Typische faziale Dysmorphie („Kriegerhelm“) mit Hypertelorismus, oft LKG-Spalten, Augen- und Organfehlbildungen, schwere psychomotorische Retardierung, 80 % Krampfleiden.
Weblinks: OMIM - Wolf-Hirschhorn syndrome
Darunter versteht man Krankheiten, die durch eine Mikrodeletion, dh. einen submikroskopischen und in der Zytogenetik nicht erkennbaren Chromosomenverlust bedingt sind. Es sind meist weniger als 2Mb deletiert, oft in unruhigen Regionen (Trinukleotidrepeat-Regionen perizentromer). Ein oder mehrere Gene können betroffen sein.
D.: Molekularzytogenetik (FISH)
Beispiele für Mikrodeletionssyndrome:
- Alagille-Syndrom - Weblinks: OMIM - ALGS1, OMIM - ALGS2
- Angelman-Syndrom (auch als Imprintingfehler, s.u.)
- DiGeorge-Syndrom - Weblinks: OMIM - DGS
- Langer-Giedeon-Syndrom - Weblinks: OMIM - LGS
- Miller-Dieker-Lissencephalie-Syndrom - Weblinks: OMIM - MDLS
- Prader-Willi-Syndrom (auch als Imprintingfehler, s.u.)
- w:Smith-Magenis-Syndrom - Weblinks: OMIM - SMS
- WAGR-Syndrom - Weblinks: OMIM - WAGR syndrome
- Williams-Beuren-Syndrom - Weblinks: OMIM - WBS