Die Messzahlen

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Es ist kaum mehr zu rekonstruieren, in welchen Bundesländern welche Gesetze oder Verordnungen sich in den letzten 45 Jahren auf die Klassen­größe bezogen. Eine derartige Zusammenstellung ist deshalb kaum möglich, weil die Messzahlen teilweise in nicht-dokumentierten Rundschreiben direkt an die Schulen gingen (so z.B. in Rheinland-Pfalz). So wird im folgenden nur versucht, die Situation in den ersten Jahren nach dem 2. Weltkrieg und heute darzustellen.

Die staatliche Schulhoheit umfasst die Normen- und Richtliniensetzung sowie Planung und Lenkung für das gesamte Schulwesen. Es handelt sich um eine zentrale Organisationsplanung und -gestaltung, um die inhaltliche Ausrichtung der Schule durch Normierung der Bildungs- und Lernziele und -inhalte. Die Frage ist, inwieweit die Vorgaben direkt nach dem Krieg um­gesetzt werden konnten.

Es ist verständlich, dass nach 1949 im Bereich des Grundgesetzes noch zahlreiche Gesetze aus dem Reichsrecht (z.B. Grundschulgesetz von 1920; Verordnung über die Besoldung der Lehrer an öffentlichen Volksschule und an den Hauptschulen durch das Reich vom 30.10.1944) oder aus dem preu­ßischen Recht (soweit ehemals preußische Gebiete, zurückreichend bis 1839; s. Heckel, 1952, S. 21ff) übernommen wurden. Deshalb kann man generell gesehen nicht davon ausgehen, dass nach dem Zweiten Weltkrieg ein rechts­freier Raum bestand. Die Frage der Messzahlen für die Klassengrößen muss unwichtig gewesen sein vor dem Hintergrund, das Schulwesen an sich wie­der funktionsfähig zu machen. Deshalb herrschte kurz nach dem 2. Welt­krieg in bestimmten Bereichen doch ein rechtsfreier Raum, zumal die maß­geblichen Institutionen noch gar nicht geschaffen waren. Dennoch gibt es ein paar Hinweise zu Vorstellungen über die Klassengröße, die z.T. juristi­sche als auch statistische Aussagen machen:

- In der Entschließung des Zonenerziehungsrates in der britischen Zone vom 24. Mai 1946 sollte die soziale Ausgestaltung und Demokratisierung der Schule u.a. dadurch erreicht werden, dass die Klassengröße auf 50 Schüler reduziert wird (Halbritter, 1979).
- In der Kontrollratsdirektive Nr. 54 aus dem Jahre 1947 (Grundprinzipien für die Demokratisierung des Bildungswesens in Deutschland) findet sich kein Hinweis zur Größe der Schulklassen.
- Das erste Schulgesetz war wohl das für Groß-Berlin im Jahre 1948. Klas­sengröße wird hier noch nicht erwähnt.
- In Abschnitt II der Entschließung der Erziehungsminister der deutschen Länder zur Frage der Schulreform (1948) heißt es: "In keiner Schulgattung soll die Schülerzahl einer Klasse mehr als 40 betragen" (Michael & Schepp, 1974, S. 236).
- "Die Klassenfrequenzen für die Errichtung von Lehrstellen sind in den einzelnen Ländern verschieden. Sie schwanken zwischen 45 und 65 Kin­dern" (Bühnemann, 1950, S. 16). Der Autor fordert deshalb, dass an der wenig gegliederten Landschule wegen der besonders schwierigen Lehrvo­raussetzungen dringend eine Herabsetzung auf 20 bis 25 Kinder zu fordern sei (S. 16, Anm. 2).

Erst langsam bauten sich die Bildungsinstitutionen auf. Am 18.10.1949 wurde in einer Entschließung der Kultusministerkonferenz festgeschrieben: "Die ständige Konferenz der Kultusminister ist davon überzeugt, dass die totalitäre und zentralistische Kulturpolitik der jüngsten Vergangenheit die verhängnisvolle Verwirrung und Knechtung des Geistes und die Anfälligkeit vieler Deutscher gegenüber dem Ungeist mitverschuldet hat" (zitiert nach Kanz, 1987, S. 166). Im gleichen Jahr (1950) artikulierte sich in der Öffent­lichkeit unter dem Schlagwort Schulchaos das Unbehagen über die Unein­heitlichkeit im Schulwesen (Kell, 1973, S. 43). Zwar begannen die Länder, sich Schulgesetze zu schaffen, das erwähnte Schulchaos wurde aber erst sehr träge, bis hinein in die 80er Jahre abgebaut. Dies wird besonders deutlich, wenn man sich die Zusammenfassung der Gesetze bei Heckel (1952) an­schaut.


Folgende Auszüge aus den frühen Gesetzen seien beispielhaft angeführt:

- In dem Gesetz über das Schulwesen der Hansestadt Hamburg vom 25.10.1949 heißt es in §7: "Klassenfrequenzen sollen die Lehrfähigkeit der Lehrer und die Lernfähigkeit der Schüler nicht übersteigen" (Froese, o.J., S. 109). Präzise Zahlen gab es nicht, wohl aber ein Gutachten: Die "unabhängige Kommission für das Hamburger Schulwesen" hat 1955 das "Gutachten über die Grundschule und den Übergang in die weiterführen­den Schulen" erstellt (abgedruckt in Scheibe, 1965, S.96ff). In diesem Gutachten heißt es für den Mittelbau: "Die durchschnittliche Klassenfre­quenz ist auf 30 Kinder festzulegen".
- In dem Ersten Gesetz zur Ordnung des Schulwesens in Nordrhein-Westfa­len vom 8.4.1952 ist in §3 zu lesen: "Eine erfolgreiche Bildungs- und Er­ziehungsarbeit der Schule ist durch Klassenstärken zu gewährleisten, die einen erziehenden Unterricht ermöglichen. Die durchschnittliche Klassen­stärke ist in allen Schulen zu senken und insbesondere in den Volksschulen bis 1956 stufenweise auf vierzig herabzusetzen" (Froese, o.J., S. 117).
- In den Bestimmungen für die Mittelschule in Schleswig-Holstein aus dem Jahre 1950 (abgedruckt in Maassen, 1958, S. 135f, Band 3) heißt es: "Als Durchschnittszahl für die einzelnen Klassen ist die Zahl 30 anzustreben. Fächer mit praktischen Schülerübungen erfordern eine entsprechend gerin­gere Zahl."
Heckel (1952) hat das deutsche Schulwesen (Stand etwa 1950) darge­stellt. in Heckels Darstellung finden sich auch Angaben zu den Messzahlen in den einzelnen Bundesländern. In Tab. 3.1 sind die Messzahlen für die ein­zelnen Bundesländer und Schularten des allgemeinbildenden Schulwesens zusammengefasst:


Tabelle 3.1
Messzahlen in den Ländern der Bundesrepublik (etwa 1950; Quelle: Heckel, 1952)
Land
SS/HS
VS
MS/RS
Höhere Schule
        5.-7.
8.-10.
11.-13.
Schleswig-Holstein
25
50
50
40
35
25
Niedersachsen
25
50
45
50 + 10%
40 + 10%
30 + 10%
Nordrhein-Westfalen
25
50
40 - 50
50
40
30
Hessen
25
55
40
50
40
30
Bayern
  40
40
45
40
30 - 35
Rheinland-Pfalz
20 - 25
50
30 - 40
50 + 10%
40 + 10%
30 + 10%
Wü-Baden
25
48
40
   
Wü-Hohenzollern
25
60
40
40
35
25
Baden
  50
  45
40
30
Bremen
43
      35
25
Hamburg
25
40
33
  27
27
Berlin
  55
     
Legende: SS/HS: Sonder- /Hauptschule; VS: Volksschule; MS/RS: Mittel-/Realschule; HöS: Höhere Schule


Die Werte sind z.T. nicht direkt vergleichbar, weil die Schulformen sich in dieser historischen Phase noch teilweise unterscheiden. Dennoch wird der Eindruck deutlich, dass die Messzahlen sich von denen vor dem 2. Weltkrieg kaum unterscheiden. Ein etwas anderes Bild ergibt sich, wenn man die derzeit aktuellen Messzahlen auf der Basis der gültigen Richtlinien zusammenstellt (Tab. 3.2):


Tabelle 3.2
Messzahlen für die Bundesländer für das Jahr 1990/91
Schulform
RP
SL
HB
NRW
NS
BY
Grundschule
30
27
25
23
25/26
32
OS
    25
  26
 
Hauptschule
30
30
20
28
25
32
Realschule
30
30
30
28
27/30
30
Gymnasium 5-9
30
30
  28
  31
Gymnasium 10
33
30
  28
   
Gymnasium 7-10
    30
  27/30
 
Gymnasium 11-13
  28
21,5
22
  30
IGS 5-10
30
    28
   
IGS 12-13
  28
  28
   
KGS 5-10
30
       


Die Interpretationen und insbesondere der Vergleich der Richtzahlen ist problematisch, denn die Richtlinien für die Bildung von Klassen sind durch­aus unterschiedlich, wie folgende Übersicht zeigt.[1]

Baden-Württemberg: Die Klassenbildung erfolgt nach Höchstschülerzah­len (Klassenteiler)
Bayern: Die Richtwerte für die Volksschulen sind Messzahlen, die der Zu­weisung der Lehrer zugrundeliegen. Sie sind nicht Maßstab für die Klas­senbildung und die Klassengröße an einzelnen Schulen. Die Schüler­höchstzahlen (HZ) sollen nicht überschritten werden. Für die Realschulen und Gymnasien ergibt sich die Klassenzahl aus dem Quotienten Schüler durch Richtzahl, wobei der Quotient stets aufzurunden ist (Höchstzahl). Eine Überschreitung des Wertes ist nach Möglichkeit zu vermeiden.
Berlin: In den Klassen 1-4 werden die Klassen grundsätzlich innerhalb der Bandbreite eingerichtet. Ab Klasse 5 ist eine Durchschnittsfrequenz fest­gelegt.
Bremen: Die Klassengröße wird als Richtwert der Lehrerzuweisung zu­grundegelegt. Bei der Klassenbildung darf bis zu 10% überschritten wer­den.
Hamburg: Es werden Orientierungsgrößen (RW) bekanntgegeben.
Hessen: Für die Grundschule und Förderstufe (Orientierungsstufe) sind die Höchstwerte festgelegt (HZ).
Niedersachsen: Die Klassengrößenrichtwerte (RW) dienen als Orientie­rungshilfe. Maßgebend für die Klassenbildung ist die Erteilung der Schü­lerpflichtstunde aufgrund der zugewiesenen Lehrerstunden. Die Höchst­zahl (HZ) soll nicht überschritten werden. Ab Schuljahr 1991/92 sind verbindliche Richtwerte geplant.
Nordrhein-Westfalen: Die Klassenzahl einer Schule ist in der Weise zu er­rechnen, dass die Schülerzahl durch den Klassengrößenrichtwert (RW) ge­teilt wird; das Ergebnis wird auf ganze Zahlen auf- bzw. abgerundet. Die Zahl der Schüler einer Klasse darf nicht über dem Klassengrößenhöchst­wert (HZ) und nicht unter der Hälfte des Klassengrößenhöchstwertes (Klassengrößenmindestwert) liegen. In der Tabelle ist der Richtwert an­gegeben.
Rheinland-Pfalz: Die Klassen-Messzahlen sind Höchstzahlen (HZ), da bei der Überschreitung dieser Zahl um 1 eine weitere Klassen gebildet werden kann. Die Klassen-Messzahlen sind Grundzahlen, die für die Eingangsklas­sen um 10% erhöht werden können. Bei Weiterführung von Klassen kann der 10%-Zuschlag wegfallen. Die Entscheidung trifft die Schulbehörde
Saarland: Die angegebenen Zahlen sind die Maximalwerte. Klassen-Mess­zahlen werden nicht mehr per Erlass festgelegt. Die Zahlen stammen aus Ziffer 7 den Richtlinien über die Grundsätze der Schulentwicklungspla­nung der Gemeinden und Gemeindeverbände, in der die Be-Messung des Raumprogramms festgelegt wird.
Schleswig-Holstein: Es gibt nur Klassenhöchstzahlen (HZ) für die Klassen­stufen 1 der Grundschule und 5 der weiterführenden allgemeinbildenden Schulen. Die gebildeten Klassen sollen in die nächstfolgenden Klassenstu­fen aufsteigen.

Die derzeit gültigen Regelungen zur Klassen-/Kursbildung in den einzel­nen Bundesländern im allgemeinbildenden und berufsbildenden Bereich machen den Kulturförderalismus deutlich sichtbar: Sowohl hinsichtlich des Umfangs und Detailgrades der Regelungen als auch hinsichtlich der Höhe der fixierten Klassen-/ Kursgrößenwerte bestehen zum Teil beträchtliche Unterschiede zwischen den Ländern. Nur einmal, in der von der Ständigen Konferenz der Kultusminister (KMK) erarbeiteten "Bedarfsfeststellung 1961-1970", sind von den bildungspolitisch Verantwortlichen überregional einheitliche Richtwerte für die Klassengröße festgelegt worden.


Man kommt zusammenfassend zu den folgenden Erkenntnissen:

- Keinerlei Erlassregelungen oder Richtlinien über die Höhe der Klassengrö­ßen gibt es lediglich in Bremen. Dort werden die Klassengrößen jährlich im Rahmen der Haushaltsberatungen festgelegt.
- Bei den fixierten Klassengrößen überwiegen Höchstwertangaben. In Ham­burg und Niedersachsen sind ausschließlich Richtwerte angegeben.
- Die niedrigsten Klassengrößenwerte finden sich - abgesehen von den Son­derschulen und der Hauptschule in Bremen - entweder an den Grundschu­len oder an den berufsbildenden Schulen.
- Eine Differenzierung der Klassengrößen wird im allgemeinen nach Klas­senstufen vorgenommen, wobei im Primarbereich in der Regel die unteren, im Sekundarbereich die oberen Klassenstufen niedrigere Schülerzahlen je Klasse aufweisen. Eine Ausnahme davon stellen die Regelungen für die Grundschulen in Hamburg, die Hauptschulen, Realschulen und Gymnasien in Rheinland-Pfalz und die Realschulen in Nordrhein-Westfalen dar.
- Der Tatsache, dass in den letzten Jahren der Klassenunterricht durch ande­re unterrichtliche Organisationsformen ergänzt oder substituiert worden ist, wird in einigen Ländern durch differenzierte Erlassregelungen zur Grup­pen- und Kursstärke Rechnung getragen (Bayern, Berlin, Rheinland-Pfalz).
- Die Zulässigkeit von Über- bzw. Unterschreitungen der festgelegten Klas­sengrößen (z.B. um einmal gebildete Klassen fortführen zu können) ist zum Teil ausdrücklich in Erlassen festgehalten (Baden-Württemberg, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz). Darüber hinaus enthalten die Er­lasse der meisten Länder Sonderregelungen, z.B. für die Klassenbildung bei hohem Ausländeranteil oder bei Schülern, die einer besonderen Förde­rung bedürfen (Baden-Württemberg, Berlin, Hamburg, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz).
- Der Aspekt der Bestandssicherung kleiner Schulen (z.B. Grundschulen, die nicht mehr einzügig geführt werden können, oder einzügige Haupt- und Realschulen) findet nur in Niedersachsen explizit im Rahmen der Klassen­größenregelung Berücksichtigung.
- Ein Zusammenhang zwischen Klassengröße und Stundentafel wird in Schleswig-Holstein durch die Vorgabe eines nach der Klassenschülerzahl differenzierten einheitlichen Unterrichtsangebotes hergestellt. In Nieder­sachsen wird ausdrücklich auf die Möglichkeit hingewiesen, im Rahmen der an allgemeinbildenden Schulen zur Verfügung stehenden Lehrerstun­den zwischen größeren Klassen mit dem vollen "Plansoll" der Stundentafel und kleineren Klassen mit reduziertem Unterricht zu wählen.
Dörpfeld (1961) kennzeichnete drei "Gebrechen" der Schulverfassungen von heute. Dazu gehören:
- die bürokratische Form des Schulregiments, der Mangel einer gebührenden Vertretung der Schulinteressenten (S. 8)
- fehlende Einheitlichkeit der Schularbeit und des Schullebens (S. 15)
- die fehlende Mitwirkung des "Technikers" (Lehrers) an amtlichen Ent­scheidungen (S. 68)


Wenn man diese Heterogenität der einzelnen Schulverfassungen betrach­tet, so wird man immer noch die vor 30 Jahren beklagte fehlende Einheit­lichkeit beobachten können. Zurückzuführen ist diese Lage auf die Kultur­hoheit der Länder, die in vielen Bereichen zu unterschiedlichen Regelungen geführt hat. Man muss davor warnen, die Zahlen der Länder einander ver­gleichend gegenüberzustellen, weil sich die begleitenden Regelungen z.T. sehr unterscheiden, so dass die Zahlen sehr unterschiedlich in die Praxis hin­einwirken können.


Bleibt die Frage, ob die Unterschiede in den Regelungen der Bundeslän­der inhaltlich gerechtfertigt werden können. Dafür gibt es im Moment keine Hinweise. In den einzelnen Regelungen spiegelt sich meist der bildungspoli­tische Wille der regierenden Parteien bzw. der vom Finanzminister gegebe­ne Rahmen wieder. Ein Prinzip wird allerdings erkennbar, welches im letz­ten Kapitel dieser Arbeit aufgegriffen wird: die Flexibilisierung der Messzah­len für eine Organisationseinheit (hier: das Bundesland). Man kann also die Unterschiede in den Regelungen der Bundesländer als Indiz dafür werten, dass unterschiedliche Messzahlen möglich sind. Damit ist die Hoffnung gege­ben, dass für kleinere Organisationseinheiten bis hinunter zur einzelnen Schule prinzipiell spezifische Messzahlen erlassen werden könnten. Dazu mehr aber im letzten Kapitel.

Die politischen Organisationen

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Wichtig ist die Frage, wie die politischen Parteien, Gewerkschaften und Kirchen als einflußreiche politische Organsationen über die Frage der Klas­sengröße denken. Im folgenden wird eine eher sporadische Sammlung von Äußerungen gegeben werden können.[2]


a) SPD

In den Leitsätzen der SPD von 1964 wird gefordert: "Die Zahl der Schü­ler je Klasse ist zu senken" (SPD, o.J., S. 14).

1965 legte die SPD einen Diskussionsentwurf vor, das Modell für ein de­mokratisches Bildungswesen. In diesem heißt es u.a.: " An der Grundschule soll die Schülerzahl je Klasse die der Mittelstufe des Schulwesens nicht übersteigen" (SPD, o.J., S. 44). In den Entschließungen zur Bildungspolitik aus dem Jahre 1970 ist es ganz ähnlich zu lesen: "Die Schülerzahlen pro Klasse sind spürbar zu senken. Die Klassenfrequenzen in der Grundschule sollen die der Mittelstufe des Schulwesens nicht übersteigen" (SPD, o.J. S. 144). Schließlich formuliert die SPD in ihren kommunalpolitischen Grundsatzprogramm aus dem Jahre 1975 das Ziel, "in kleineren Klassen und bei einer höheren LehrerMesszahl eine individuelle Förderung zu ermög­lichen" (SPD, o.J. S. 149; Michael & Schepp, 1974, S. 463).


b) CDU

Die Bundes-CDU antwortete auf ein Schreiben des Verfassers, dass es keine Aussage in ihren Programmen und Resolutionen zur Klassengröße gä­be (Brief vom 3.12.1990). Dies kann nicht stimmen, denn es gibt zumindest eine Äußerung zu unserem Themenbereich: Die CDU forderte in ihrem Schul- und Hochschulreformprogramm: "Um eine bessere Förderung des Kindes zu sichern, muss die Schüler-Lehrer-Relation in der Grundschule so verbessert werden, dass eine Individualisierung des Unterrichts möglich ist" (Michael & Schepp, 1974, S. 443).


c) Kirchen

Die Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland schrieb in ihrem Wort zur Schulfrage 1958: "Von der Errichtung der notwendigen Schulbau­ten und der Senkung der Klassenfrequenzen hängt es ab, ob die Schule ihre Aufgabe erfüllen kann" (Michael & Schepp, 1974, S. 527).


d) Deutscher Gewerkschaftsbund

Der Deutsche Gewerkschaftsbund forderte 1972 in seinen Bildungspoliti­schen Grundsätzen

- für den Elementarbereich: "Die Zahl der Kinder ist in den einzelnen Grup­pen auf ein pädagogisch vertretbares Maß zu beschränken. Sie sollte höch­stens 15 betragen".
- für den Primarbereich: "Der DGB fordert, durch kleine Klassen (höchstens 25 Kinder) und Einrichtung zusätzlicher Förderstunden die Voraussetzun­gen für eine ausgleichende Erziehung zu schaffen" (Michael & Schepp, 1974, S. 520f).
Im März 1982 verabschiedete der Bundesvorstand des DGB die Bil­dungspolitischen Vorstellungen des Deutschen Gewerkschaftsbundes. Darin ist die Forderung enthalten, dass Klassen nicht mehr als 25 Kinder haben sollten.


Insgesamt betrachtet ist die Befundlage sehr schlecht. Eine Schlussfolge­rung aus diesen wenigen Angaben ist nicht möglich. Es wäre eine zukünf­tige Aufgabe, intensive Archivarbeit zu leisten - etwas, was im Rahmen die­ser Arbeit nicht möglich war.

Kommen wir im folgenden deshalb zur Darstellung der tatsächlichen Klassengrößen nach 1945.




Ergänzungen

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  1. Eine solche Übersicht ist natürlich schnell veraltet. Sie soll in erster Linie die Heterogenität der Richtlinien aufzeigen.
  2. Die Organisationen können nur mit erheblichem Aufwand ihre Dokumentationen durchgehen; entsprechende Archivarbeit wäre eine andere Alternative.