Wikijunior Entwicklung des Lebens: Vorwort
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BearbeitenVorwort
BearbeitenBevor wir die Entwicklung des Lebens verstehen können, stellt sich die zentrale Frage:
Was ist das Leben überhaupt und wie grenzt man Lebewesen von anderen Dingen ab?
Gut, wessen wir uns relativ sicher sind, du als Leser und ich als Autor dieser Zeilen, wir verstehen uns als Lebewesen. Und du bist etwas anderes als der Rechner vor dem du sitzt oder der Stuhl auf dem du sitzt.
Dies sind hergestellte Dinge.
Hat dich auch jemand in dem Sinne hergestellt?
Gibt es einen Handwerker, der dich gemacht hat, eine Fabrik, aus der du stammst?
Man wird dir bereits erklärt haben, dass du von deinen Eltern abstammst, die dich in dem Sinne nicht hergestellt haben, die aber selbst Lebewesen sind, die wiederum von ihren Eltern abstammen und so weiter.
Hat das irgendwann einmal einen Anfang genommen und wie funktioniert das mit dieser Abstammung?
Die Sonne, die durchs Fenster scheint, ist auch ein unbelebtes Ding, aber nicht hergestellt,
aber irgendwann entstanden, stammt nicht von anderen Sonnen ab. Der Unterschied zwischen Herstellung und Abstammung ist also noch kein eindeutiger Hinweis auf ein Lebewesen oder ein unbelebtes Ding, zudem könnte es irgendwann auch gelingen, Lebewesen herzustellen, ihre Eigenschaften ändern kann man schon.
Gemeinhin findet man folgende Aussagen über Lebewesen oder wie sich das Leben von den unbelebten Dingen unterscheidet:
- Ein Lebewesen grenzt sich als eigenes Ding von seiner Umwelt ab.
- Ein Lebewesen tauscht aber auch Energie und Dinge, Stoffe mit seiner Umwelt aus.
- Lebewesen organisieren sich selbst, also was sie tun und dass sie nicht unmittelbar zerfallen und wieder in der Umwelt aufgehen; ein Lebewesen reagiert auf seine Umwelt.
- Lebewesen können durch Aneignung von Stoffen und Energie aus der Umwelt wachsen.
- Lebewesen können sich von anderen Lebewesen unterscheiden.
- Lebewesen können sich vermehren, also weitere Lebewesen hervorbringen, die sich sowohl von ihnen unterscheiden, als auch Gemeinsamkeiten mit ihnen haben.
Die meisten dieser Dinge kannst du an dir, deinen Eltern und Bekannten nachvollziehen.
Es wird dir nicht schwerfallen, dich etwa von deinem Stuhl oder Rechner zu unterscheiden,
du hast ein gutes Gefühl dafür, was zu dir gehört und was nicht.
Du kannst dich also von deiner Umwelt abgrenzen.
An einigen Stellen bist du dir vielleicht nicht sicher (dieser oder jener Pickel, die Bakterien in deinem Mund, die Löcher in den Zähnen bewirken), aber im Großen und Ganzen hast du ein ziemlich sicheres Gefühl dafür, was zu dir gehört und was nicht.
Bei einem Stein draußen vom Feld ist das schon nicht mehr so einfach, meist klebt da Erde dran und spült man die ab, bröckelt oft auch ein Teil des Steines mit ab.
Andere Dinge kannst du hingegen gut von ihrer Umwelt abgrenzen, deinen Rechner, deinen Stuhl und so weiter.
Du isst und trinkst und gehst auch wieder auf Toilette, schwitzt, deine Haare und Fingernägel werden geschnitten. Damit nimmst du Dinge aus der Umwelt in dich auf, machst sie zu einem Bestandteil von dir, beziehungsweise von anderen Bestandteilen von dir trennst du dich wieder - die eben noch zu dir gehörenden Fingernägel
werden nach dem Schneiden zu einem Bestandteil der Umwelt und du siehst sie nicht mehr als Teil von dir an, ähnlich wie die Dinge, die sich nach der Toilettenspülung deiner weiteren Aufmerksamkeit entziehen. Dein Schweiß tropft herab oder du wischt ihn ab und verschwendest keinen weiteren Gedanken mehr daran.
Auch du organisierst dich hauptsächlich selbst: atmen, trinken, essen, schlafen, sehen, hören, schmecken, sitzen, stehen, gehen, denken, lachen, reden und so weiter bekommst du hin, teils erst nachdem du es gelernt hast, dann aber selbständig.
So bekommst du es selber hin, dass du bist und nicht irgendein beliebiger Teil deiner Umwelt, du tust etwas in dieser Umwelt und bist nicht nur etwas, was sich aufgrund der Einflüsse dieser Umwelt ohne eigenen Antrieb ändert.
Als Kind wächst du, zwangsläufig stammt das Material dazu aus deiner Umwelt, zum großen Teil aus dem, was du isst und trinkst und einatmest.
Es lagert sich nicht einfach außen an dich an, wie etwa die Erde an einen Stein, sondern was du isst und trinkst und einatmest wandelt dein Körper in dir zumindest teilweise in etwas um, was nun eine Zeitlang zu dir gehört und gezielt dort in deinem Körper und in geeigneter Form untergebracht wird, wo es hingehört, damit du wächst und dabei immer noch als du selbst handeln kannst.
Wenn du deine Eltern, Geschwister, Freunde, Bekannte betrachtest, werden dir viele Unterschiede auffallen, aber auch viele Gemeinsamkeiten, das sind alles Menschen, die sich einerseits sehr ähneln, aber jeder hat auch wieder seine Eigenheiten, die ihn zu etwas Besonderem machen. So geht es fast allen Lebewesen.
Und betrachtest du eine Fliege, einen Hund, eine Katze, so sind die Unterschiede zu deinen menschlichen Bekannten größer, aber es gibt immer noch viele Gemeinsamkeiten.
Auch Pflanzen oder Pilze sind Lebewesen, da gibt es noch deutlich größere Unterschiede zu dir, aber in den oben genannten Punkten eben auch Gemeinsamkeiten, die dir zeigen, dass es sich ebenfalls um Lebewesen handelt.
Wie bereits erwähnt, stammst du von deinen Eltern ab und in der Zukunft wirst vielleicht auch du einmal Kinder haben.
Dieses sind wieder eigenständige Lebewesen, die Vieles mit dir gemeinsam haben, aber auch wieder Eigenheiten haben werden, die anders sind als bei dir.
Das bist nicht du, etwas hat sich bei diesen verändert, mehr oder weniger und man wird dann sehen, ob dies egal ist oder besser oder schlechter als bei dir, um in jener Umwelt zurechtzukommen, in der deine Kinder leben werden.
Betrachten wir hingegen einen Kristall - etwa Salz oder auch einen Diamanten oder einen Quarzkristall, so erkennen wir zwar auch Struktur, Selbstorganisation und eine Möglichkeit zu regelmäßigem Wachstum.
Solch ein Stein oder Kristall organisiert sich aber eigentlich nicht selbst, noch vermehrt er sich, er hat keine Abstammung und etwa die Unterschiede zu anderen Kristallen der gleichen Sorte sind meist weder besonders auffällig noch individuell ausgeprägt.
Solche Gegenstände unterscheiden sich also wenigstens in einem oder einigen Punkten obiger Liste von den Lebewesen.
Dabei kann es bei einigen Dingen durchaus schwieriger sein, zu entscheiden, ob es sich um Lebewesen handelt oder nicht.
Viren etwa können zunächst ähnlich wir Kristalle sein, in dir können sie sich aber mit deiner unfreiwilligen Hilfe vermehren und die relevanten Eigenschaften von Lebewesen annehmen, wobei sie aber auf ein Lebewesen wie dich angewiesen sind.
Wenn man genau hinsieht, kann man also feststellen, dass die Übergänge zwischen den unbelebten Dingen und den Lebewesen fließend sind.
Und so ist man sich heute sehr sicher, dass sich die Lebewesen einst aus unbelebten Dingen entwickelt haben, wobei es eine der spannenden Fragen der Entwicklung des Lebens ist, wie unbelebte Dinge zu diesen neuen Eigenschaften oben aus der Liste gelangen konnten.
Allerdings, so kann ein jeder leicht feststellen, eignen sich viele Dinge oder Eigenschaften nicht nur für einen Zweck, weswegen sich leicht Änderungen ergeben können, je nachdem, in welchem Zusammenhang ein Ding gerät.
Und wir haben bereits festgestellt, dass einige unbelebte Dinge schon einige der Eigenschaften aus der obigen Liste haben - und wer herausfinden will, wie sich das Leben entwickelt, schaut nach solchen Änderungen, die von einer Form zu anderen führen oder eben in den Anfängen des Lebens, wie aus zunächst unbelebten Dingen andere unbelebte
Dinge entstehen konnten, die mehr Eigenschaften aus obiger Liste haben und wie daraus oder in Kombination mit anderen Dingen schließlich einfache Lebewesen entstanden sind.
Die einfachen Lebewesen aber haben sich entwickelt und manchmal haben sie etwas andere, kompliziertere Lebewesen hervorgebracht.
Irgendwann haben sich dann so auch jene Lebewesen entwickelt, die uns heute vertraut sind, Bäume, Gräser, Moose, Pilze, Insekten, Reptilien, Vögel, Säugetiere einschließlich des Menschen.
Die Entwicklung hört nicht auf und unsere Umwelt, auf die wir selbst einwirken, bestimmt mit, wie die Entwicklung weitergeht und welche Lebewesen es in einigen tausend Jahren oder Millionen Jahren geben wird.
Dies Buch zeigt dir, wie man sich heute in den Naturwissenschaften vorstellt, was zunächst passiert ist, bevor es Leben gab, wie aus den unbelebten Dingen Lebewesen entstanden sein könnten und wie sich diese über viele Millionen Jahre hinweg entwickelt haben.
Die meisten dieser Vorgänge sind geschehen, bevor es Menschen gab, die dies beobachten konnten und für andere aufzeichnen konnten, daher ist es eine mühsame Angelegenheit für die Forscher und Naturwissenschaftler, all dies nachzuvollziehen.
Sie ziehen ihre Schlüsse aus dem, was sie heute beobachten können oder aus Versuchen, die sie heute anstellen können.
Damit ergibt sich allmählich ein Bild, was damals passiert sein könnte, aber auch, was ziemlich sicher nicht passiert ist.
Man kann sich denken, dass diese Geschichten daher nicht perfekt sind und durch neue Beobachtungen manchmal auch verändert oder verfeinert werden.
Während wir annehmen können, dass sich die Vergangenheit, wie es 'wirklich' war, nicht verändert, so ändern sich doch häufiger einmal die Geschichten und Bilder etwas, welche die Forscher über die Vergangenheit entwerfen, weil auch diese immer wieder dazulernen, Stück für Stück, um ein immer besseres Bild von dem zu bekommen, was 'wirklich' passiert ist.
Es ist daher auch sehr spannend zu beobachten, wie sich die Geschichte, die die Forscher über die Entwicklung des Lebens erzählen, im Laufe der Jahrzehnte immer wieder ein wenig ändert, verfeinert, verbessert, je nachdem, was die Forscher gerade wieder dazugelernt haben.
Spannend auch, wie sich die Forscher streiten und mit ihren begrenzten Möglichkeiten hadern, um alle die kleinen Stücke zu einem schlüssigen Bild zusammenzusetzen und das Bild mit jedem neuen, zuvor noch fehlendem Stück wieder anzupassen.