Sozialklima von Gruppen: Die Schulklasse als System
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Einführung |
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Zur Definition eines Systems
BearbeitenMan wird fragen müssen, warum die Schulklasse im folgenden unter der Perspektive eines Systems betrachtet wird, obwohl es hier um das Sozialklima von Schulklassen geht. Dies hat folgenden Grund: Nach Lindenberg (1977) ist anscheinend das wichtigste Merkmal eines Systems die vorhandene Interdependenz von Individuen. Diese erscheint für das Sozialklima nicht uninteressant, denn vielleicht erklärt sich hier die noch ungelöste Frage nach der Aggregierung der Einzelwerte der Gruppenmitglieder. Interdependenzen liegen dann vor, wenn folgende Charakteristika beobachtbar sind:
- Die komplementäre Kontrolle, bei der zwei oder mehrere Individuen eine allen gemeinsame Ereignismenge kontrollieren und jedes Individuum bereit ist, zugunsten des anderen auf Anteile an dieser Kontrolle zu verzichten.
- Das Handeln eines Individuums in einem System hat für alle Individuen, und nicht nur für den Handelnden, Konsequenzen (Externalität des Handelns)
- Die Individuen in einem System wissen um das Vorhandensein jeweils anderer Individuen in demselben System (Koorientierung des Handelns).
Das System Schulklasse kann also Aufschlüsse über die Rolle des Klimas in der Schulklasse geben. Das Sozialklima müsste, soweit es für die Schulklasse relevant ist, in systemorientierten Ansätzen bei der Beschreibung der Schulklasse eine Rolle innehaben, die etwas über den Wert dieses Forschungskonzeptes aussagt.
Wenn eine Schulklasse ein soziales System ist, dann müsste sie in Ergänzung zu den LINDENBERGschen Kriterien folgende Merkmale aufweisen (WELZ, 1974):
- Eine Schulklasse ist eine Menge von Personen;
- Eine Schulklasse wird beschrieben durch:
- - absolute Eigenschaften von Personen,
- - relationale Eigenschaften zwischen Personen;
- Alle Aussagen über eine Schulklasse können sich gliedern in:
- - zeitunabhängige, wobei das System die Zeit über dauert, wenn die Aussagen wahr sind, und
- - zeitabhängige Aussagen, also eine Folge von Zustandsbeschreibungen.
- In der Erklärung von Zustandsveränderungen innerhalb der Schulklasse treten im wesentlichen Aussagen auf, in denen Eigenschaften verschiedener Individuen untereinander verknüpft sind.
Es liegen zwei interessante Konzeptionen vor, die beide die Auffassung vertreten, dass die Schulklasse ein soziales System sei: Das System von GETZELS & THELEN (1960) und das von PETILLON (1982). Beide Systeme werden im folgenden dargestellt und daraufhin befragt, ob sie für das Sozialklimakonzept fruchtbar sind.
Das Modell von GETZELS & THELEN
BearbeitenBesonders WALBERG und ANDERSON haben ihren Forschungsarbeiten das Modell von GETZELS & THELEN (1960) von der Klasse als soziales System zugrundegelegt. Dieses sehr differenzierte Modell wurde von DREESMANN (1980a, S.47) dargestellt. Wir beziehen uns im folgenden auf eine reduzierte und überschaubare Fassung von WALBERG (1968). Das Verhalten in der Schulklasse als ein einheitliches soziales System kann wie folgt skizziert werden:
Die obere Abfolge kennzeichnet die soziologische Struktur der Klasse. Es wird nur rollenkonformes Verhalten zugelassen. Dieser 'nomothetischen' Dimension steht eine 'ideographische' entgegen (untere Abfolge), die das Individuum mit seinen Bedürfnisdispositionen aufnimmt. Hier würde das Verhalten freien Spielraum ohne Begrenzung erhalten.
In diesem Modell nimmt die Allgemeinheit der Begriffe in beiden Dimensionen von links nach rechts ab. Der rechts stehende Begriff bildet jeweils die analytische Einheit des daneben stehenden linken. Die nomothetische Dimension geht aus von Institutionen, die sich in jeder Gesellschaft zur Erfüllung ganz bestimmter Aufgaben bilden. Die analytische Einheit einer Institution ist die Rolle. Unter Rolle verstehen GETZELS & THELEN den dynamischen Aspekt von Position, Aufgabe und Status. Mit jeder Rolle sind ganz bestimmte Erwartungen untrennbar verknüpft. Somit läßt sich jede Rolle durch die mit ihr verbundenen Erwartungen unmittelbar analysieren.
Die ideographische Dimension geht aus vom einzelnen Individuum und seiner jeweiligen Persönlichkeit. Persönlichkeit meint "die dynamische Organisation von Bedürfnis-Dispositionen innerhalb eines Individuums, die seine einzigartigen Reaktionen auf die Umwelt und, wie man im Bezug auf das vorliegende Modell hinzufügen kann, seine Erwartungen an die Umwelt leiten" (GETZELS & THELEN (1960, S.68) übersetzt durch den Verf.). Analytische Kategorien der Persönlichkeit sind Veranlagungen oder Bedürfnisse. Diese werden von den Autoren definiert als "persönliche Tendenz, sich im Bezug auf bestimmte Objekte zu orientieren und zu handeln und von diesen Handlungen bestimmte Konsequenzen zu erwarten" (1960, S.68; übersetzt durch den Verf.).
In einem zweiten Schritt erweitern GETZELS & THELEN ihr Modell um zwei weitere Dimensionen: eine biologische und eine anthropologische. Jede Persönlichkeit, so meinen sie, ist eingebettet in einen biologischen Organismus, der sie mit bestimmten Fähigkeiten und Potentialen ausstattet. Hiervon hängen nicht zuletzt auch die Bedürfnisdispositionen eines Individuums ab. Die biologische Dimension unterteilt sich, analog der vorausgegangenen Abbildung, in ihrer Allgemeinheit von links nach rechts abnehmend, in den Organismus, die von ihm abhängende Konstitution und die theoretischen Fähigkeiten eines Individuums (Potentiale). Die anthropologische Dimension beeinflusst die Bildung von Institutionen, Rollen und Erwartungen. Sie stellt die Kultur dar, innerhalb der wir leben und läßt sich mit abnehmender Allgemeinheit in Ethik, Moral und Werte unterteilen. Erweitert man demgemäß Abbildung 3.3 durch diese beiden Dimensionen, so erhält man Abbildung 3.4 (Bei dieser und den nachfolgenden Abbildungen sind die Modellteile 'Soziales System' und 'Verhalten' der Einfachheit halber weggelassen worden).
Das konkrete Verhalten erklärt sich aus der Höhe der Übereinstimmung bzw. Diskrepanz zwischen den analytischen Einheiten der vier Ebenen. Verhaltensänderung läßt sich anhand zweier, idealtypisch zu verstehender Möglichkeiten erklären. Auf der einen Seite gibt es die Möglichkeit der Anpassung der ideographischen Dimension (= Bedürfnisse) an die nomothetische (= Rollenerwartung). GETZELS & THELEN bezeichnen dies als die 'Sozialisation der Persönlichkeit' (1960, S.76). Auf der anderen Seite besteht die umgekehrte Möglichkeit, nämlich die Anpassung der nomothetischen Dimension an die ideographische, was von den Autoren mit dem Begriff 'Personalisation der Rollen' belegt wird (1960, S.77). Tatsächlich beruht aber eine Verhaltensänderung immer auf einer Mischung beider Extreme und kann nur in Richtung auf das eine oder auf das andere hin tendieren. Der Schulklasse als Gruppe kommt die entscheidende Aufgabe zu, zwischen beiden Extremen zu vermitteln. Auf der einen Seite kann sie die Institution unterstützen, indem sie bestimmte Rollenerwartungen akzeptiert und gegenüber Gruppenmitgliedern mit anderen Bedürfnissen vertritt. Auf der anderen Seite kann sie Einzelne in der Auseinandersetzung ihrer individuellen Bedürfnisse unterstützen, indem sie diese gegenüber den Rollenerwartungen der Institution verteidigt.
Setzt man voraus, dass sich alle bisher genannten Punkte zu einem harmonischen Ganzen ergänzen, so ergibt sich der optimale Weg, ein Ziel (hier: das Lernen) zu erreichen. Der Einzelne würde sich dann nicht nur mit den Zielen des Systems identifizieren und sie zu seinem eigenen Bedürfnis machen, er würde darüber hinaus auch die Rollenerwartung für gerechtfertigt halten und sich einer Gruppe zugehörig fühlen, die seine Gefühle und seine Einstellungen versteht und mit ihm teilt (s. GETZELS & THELEN, 1960, S.80). Diese ideale Vorstellung führt zu dem endgültigen Modell von GETZELS & THELEN (s. Abbildung 3.5).
Das Modell von GETZELS & THELEN stellt einen rollentheoretischen Ansatz dar, der ihren Aussagen zufolge einen Rahmen zur Erklärung sozialen Verhaltens in Gruppen bilden will. Er erinnert in seiner ersten Version (Abbildung 3.3) deutlich an die von DAHRENDORF (1977) getroffenen Aussagen zur Theorie der sozialen Rolle. Die Norm repräsentiert die nomothetische Dimension, der der freie Mensch (ideographische Dimension) gegenüber gestellt ist. Der eigentliche theoretische Bezugspunkt von GETZELS & THELEN wird jedoch spätestens in der zweiten Version ihres Modells deutlich (s. Abbildung 3.4). Die vier Ebenen eines sozialen Systems, die sie unterscheiden, entsprechen genau den vier Subsystemen, nach denen laut PARSONS (1972, S.12 ff.) jedes Handlungssystem gegliedert ist. Die als analytische Konstruktionen zu verstehenden Subsysteme bezeichnen bestimmte Bedingungen, denen sich jeweils eine ganz bestimmte Funktion (= Leistung oder Wirkung) zuordnen läßt. Eine ausführliche Darstellung der Struktur funktionalistischer Rollentheorie an dieser Stelle würde zu weit führen. Die Einordnung des Modells in einen größeren theoretischen Bezugsrahmen (s. z.B. GUKENBIEHL, 1979, S.95-97) ist notwendig, um darzustellen, auf welchem Hintergrund die von GETZELS & THELEN verwandten Begriffe zu verstehen sind. Dies kann allerdings hier nicht geleistet werden.
Der hier vollzogene Rückgriff auf das Modell von GETZELS & THELEN war deshalb naheliegend, weil amerikanische und deutsche Klimaforscher sich auf dieses Modell bezogen haben. Offensichtlich scheint das Modell sehr stark an die need-press-Vorstellung von MURRAY und STERN (s. Kap. 2.2.1.6) zu erinnern. ECKERT (1985) hebt allerdings hervor, dass die Begriffsysteme beider Theorien sich nicht miteinander vereinbaren lassen. Ihm erscheint es unverständlich, wenn DREESMANN (1982b, S.51) schreibt: "Das Modell (von GETZELS & THELEN, der Verfasser) enthält zugleich Parallelen und Gegensätze zu der need-press-Vorstellung von STERN. Wie dort wird das Klima als Resultat des Wechselspiels zwischen personalen Faktoren und äußeren Gegebenheiten begriffen. Allerdings würde STERN das Klima eher dort lokalisieren, wo GETZELS & THELEN die Intention einordnen, nämlich das Resultat von Bedürfnissen (needs) und Erwartungen der Institution (presses)." Erstens verstünden GETZELS & THELEN unter needs etwas anderes als MURRAY, zweitens wären Erwartungen der Institutionen nur einer unter vielen Aspekten von press. Private und consensual beta-press hätten im vorliegenden Modell überhaupt gar keinen Platz. Dieser Annahme ECKERTs ist zuzustimmen, sie zeigt, wie unkritisch oft Theorien auf die Sozialklimaforschung übertragen wurden. (Mal abgesehen davon, dass MURRAY den Begriff 'press' auch im Plural verwendet.)
Das Modell von GETZELS & THELEN beleuchtet vorwiegend den soziologischen Aspekt des sozialen Klimas in Schulklassen. Hierbei schärft es den Blick für soziale Gegebenheiten, die ihre Realität vor allem außerhalb des Klassenzimmers besitzen. Vorteilhaft wirkt sich unter anderem die klare Struktur des Modells aus, das - vom allgemeinen zum speziellen führend - relativ komplexe Sachverhalte einer weiteren Differenzierung und Untersuchung zugänglich macht. Für eine Sozialklimaforschung allerdings, in der das subjektive Erleben der Ausgangspunkt ihrer theoretischen Überlegungen darstellt, erfüllt dieses Modell höchstens eine erkenntnistheoretische Aufgabe.
Es läßt sich allerdings nicht ganz von der Hand weisen, dass dem Sozialklima in dem System von GETZELS & THELEN eine Art Vermittlerrolle zukommt. Es entspricht im weitesten dem Spannungsverhältnis zwischen Rollendruck und individuellem Streben. Verhalten in einer Klasse ist Folge von individuellen Bedürfnissen, gruppenkonformem Rollendruck und - als vermittelnde Instanz - dem Zusammengehörigkeitsgefühl der Schüler.
Die wichtigste Konsequenz, die man aus diesem Modell ziehen kann, ist folgende: Verändert man ein Element des Systems, verändert sich das gesamte System (PETILLON, 1980a, S.28). Sind einige Elemente nicht oder kaum veränderbar (Sitten Normen, Begabung etc.), andere hingegen variabler (z.B. Klima), so kommt dem Klima in diesem Ansatz als möglichem Steuerungsfaktor für das Gesamtsystem eine zentrale Rolle zu.
Weitgehend offen sind die Beziehungen zwischen den drei Abfolgen. Wie z.B. wirken sich die Faktoren 'Normen der Gruppe' und 'Persönlichkeit' auf die Umweltwahrnehmung aus? Ein Vorteil dieses Ansatzes ist in dem Verzicht zu sehen, Einzelelemente in eine kausale Abhängigkeit zwischen den Ebenen zueinander zu setzen.
Das Modell von GETZELS & THELEN ist eine Möglichkeit, die Schulklasse als soziales System zu beschreiben. Ein ganz anderer Ansatz ist der von PETILLON.
Das Modell von PETILLON (1980)
BearbeitenPETILLON bezeichnet die Klasse als 'hochkomplexes soziales System' (1982, 481). Der Autor kommt zu diesem Schluss, nachdem er gezeigt hat, dass wesentliche Merkmale der Beteiligten (Lehrer-Schüler-Schülergruppe) und Prozessmerkmale der Interaktionen interdependent sind. Ausgangspunkt sind die Interaktionen zwischen den Beteiligten (s. Abbildung 3.6).
Nach einer gründlichen Analyse der Literatur zu sozialen Aspekten der Klasse kommt PETILLON schließlich zu der Darstellung
in Abbildung 3.7.
PETILLON besetzt also die ideographische Dimension durch zwei Personen: den Lehrer und den Schüler. Die transaktionale Dimension ist durch die Schülergruppe repräsentiert. Die nomothetische Dimension kann man nicht wiederfinden.
Das System von PETILLON gibt keine Erklärung über den Zusammenhang von Prozessen innerhalb der Schulklasse, es stellt vielmehr die maximal möglichen Beziehungen zwischen Lehrer, Schüler und Schülergruppe dar. Damit ist es ein geeignetes heuristisches Instrument z.B. für die differenzierte Darstellung vorliegender Literatur zur Unterrichtsforschung, wie PETILLON es ja auch zeigt. Theoretisch allerdings leistet dieses System für die Sozialklimaforschung wenig, da in diesem System (s. Abbildung 3.7) Verhalten interagiert. Eigentlich können ja nur Personen interagieren und dies bezeichnet man dann als Verhalten.
Beide sozialen Systeme entsprechen weitgehend den Anforderungen von WELZ (1974). Zudem scheinen beide Systeme geschlossen, d.h., dass keine Einflüsse von aussen berücksichtigt werden. Dies ist wohl als ein Mangel anzusehen, denn Verhalten in der Schulklasse ist mit Sicherheit von ausserhalb der Schulklasse liegenden Faktoren beeinflusst. Das System von GETZELS & THELEN ist diesbezüglich aber unpräzise beschrieben, denn entweder ist es offen (dann ist es nicht formuliert) oder es ist geschlossen (dann fehlt eine Rückbeziehung von Verhalten zu den davor liegenden Elementen des Systems). Das System PETILLONs ist ein System von Verhaltens- und Merkmalsinteraktionen. Der Ansatz PETILLONs unterscheidet sich erheblich von dem von GETZELS & THELEN. PETILLON hebt auf Interdependenzen von Verhaltensweisen der Beteiligten ab, wobei die Merkmale der Beteiligten (die 'Determinanten') mit einbezogen werden. Sicherlich passt auf das Modell die Aussage LUHMANNs: "Für alle Schematismen der Interaktion gilt: dass sie hochkomplexe Zusammenhänge polarisieren" (1979, S.247).
Man wird sich fragen müssen, ob der Begriff des sozialen Systems in der Literatur nicht überstrapaziert wurde. Es kann soviel darunter fallen, dass die Trennschärfe zu anderen Begriffen weitgehend fehlt. Heikel wird es dann, wenn Definitionen anderer Begriffe mit dem des sozialen Systems übereinstimmen: "Als Interaktion soll dasjenige Sozialsystem bezeichnet sein, das sich zwangsläufig bildet, wenn Personen einander begegnen, d.h. wahrnehmen, dass sie einander wahrnehmen, und dadurch genötigt sind, ihr Handeln in Rücksicht aufeinander zu wählen"(LUHMANN, 1979, S.237).
Wenn man sich nun noch vergegenwärtigt, dass PETILLON seinen Ansatz als 'soziales Interaktionssystem' bezeichnet hat, dann kann man nur zu dem Schluss kommen, den Systembegriff aus allen weiteren Überlegungen herauszulassen, da die Begriffe Interaktion und System starke Redundanz aufweisen.
Zusammenfassend lässt sich also festhalten, dass der Systembegriff derzeit für die Sozialklimaforschung wenig zu leisten in der Lage ist.
Zusammenfassung
BearbeitenDie im vorhergegangenen Kapitel dargestellten Theorien sind für die Beschäftigung mit dem Sozialklimakonzept zwar notwendig, aber keineswegs hinreichend. Aus diesem Grunde wurden in diesem Kapitel Aspekte der Gruppe beleuchtet. Es stellte sich dabei heraus, dass das Sozialklima, hier grob definiert als gemeinsame Erlebensweise, ein ganz zentraler Definitionsbestandteil des Begriffes 'Gruppe' ist. Zwei weitere wesentliche Begriffe sind einmal die Norm und zum anderen die Struktur einer Gruppe. Nach der Struktur einer Gruppe wird weitgehend durch soziometrische Techniken gefragt, wobei die Konzentration immer auf einem bestimmten Aspekt der Struktur liegt. Das Problem besteht in der Beschreibung der Interdependenzen der Individuen untereinander. Soziometrische Techniken versuchen dies durch Erweiterung von erfragten Paarbeziehungen. Ob dieser Schritt theoretisch gerechtfertigt ist, ist keinesfalls unumstritten.
Die soziale Norm einer Gruppe ist ein dem Klima sehr nah verwandter Begriff. Anhand von verschiedenen Modellen wurde gezeigt, dass es verschiedene Möglichkeiten gibt, Normen zu definieren. Es wäre nicht uninteressant, diese verschiedenen Modelle auf das Sozialklimakonzept zu übertragen. Da die Hauptfragestellungen der vorliegenden Arbeit allerdings in eine andere Richtung gehen, wird dies hier nicht geschehen.
Bei der Diskussion über die Gruppensituation zeigte es sich, dass ein schon älteres Modell von MOLLENHAUER aus dem Jahre 1972 eine wesentliche Bereicherung für die Sozialklimaforschung darstellen kann. Dieses Modell erklärt, warum Mitglieder einer Gruppe zur gleichen Situationsdefinition kommen. Eine gleiche oder ähnliche Situationsdefinition ist aber ein wesentlicher Bestandteil der Definition von Sozialklima.
Da in der Literatur zur Schulklassenforschung im allgemeinen sehr oft der Begriff des Systems verwendet wird, erschien es notwendig, gerade im Zusammenhang mit der Sozialklimaforschung, auf den Systembegriff näher einzugehen. Am Beispiel von zwei vorgestellten Systemen (GETZELS & THELEN sowie PETILLON) wurde aufgezeigt, dass die Definitionen des Systems z.T. redundant und z.T. widersprüchlich verlaufen. Aus diesem Grunde wird der Systembegriff aus den weiteren Überlegungen ausgeschlossen.