Gleichungen: Umformungen – Serlo „Mathe für Nicht-Freaks“

Gleichungen sind Aussagen oder Aussageformen, die die Gleichheit zwischen zwei Termen ausdrücken. Die allgemeine Form von Gleichungen ist

wobei und Terme sind.

Ungleichungen machen vergleichende Aussagen über zwei Terme. Hier steht an der Stelle des Gleichheitszeichens eines der Ordnungsrelationen , , oder .

Umformungen

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Durch Umformungen kann eine Gleichung in eine neue Gleichung umgeformt werden. Dabei muss gelten, dass immer dann, wenn erfüllt ist, zwangsläufig auch die Gleichung erfüllt sein muss. Man schließt also aus der Annahme der Gleichung auf die neue Gleichung .

Eine Gleichungsumformung von nach ist also nichts anderes als die Implikation , welche wahr sein muss (also eine Tautologie sein muss).

Ein Beispiel: Immer dann, wenn ist, ist (es ist ). Damit kann die Gleichung aus der Gleichung geschlossen werden beziehungsweise in umgeformt werden.

Ein häufiges Problem ist das Separieren/Isolieren („auf eine Seite bringen“) einer Variablen aus einer Ausgangsgleichung. Hier hat man eine Ausgangsgleichung mit mindestens einer Variablen gegeben, von der man weiß, dass sie erfüllt sein muss (Beispiel: ). Nun möchte man wissen, welche Werte eine bestimmte Variable (in Abhängigkeit der anderen Variablen) annehmen kann, sodass die Ausgangsgleichung mit diesen Werten erfüllt ist (Welche Werte für erfüllen die Ausgangsgleichung ?). Hier kann man schrittweise die Ausgangsgleichung in andere Gleichungen umformen, bis man eine Gleichung erhält, in der die gewünschte Variable auf einer Seite separiert ist. So können wir folgendermaßen nach umformen:

Insgesamt haben wir so die Implikation bewiesen. Wir wissen damit, dass immer dann, wenn ist, auch die Gleichung erfüllt sein muss. Doch haben wir damit auch bewiesen, dass unter der Annahme von die ursprüngliche Ausgangsgleichung erfüllt ist?

Nein, dies haben wir nicht. Genauso, wie Implikationen im Allgemeinen nicht umkehrbar sind, sind auch Gleichungsumformungen im Allgemeinen nicht umkehrbar. So ist eine nicht umkehrbare Gleichung. Es ist also .

Frage: Wieso ist die Umformung nicht umkehrbar?

Nicht immer dann, wenn gilt, gilt auch die Gleichung . So ist für zwar , aber . Damit ist die Implikation falsch, also nicht in umformbar.

Oben haben wir gezeigt, dass in umformbar ist, aber noch nicht, dass aus auch immer die Gleichung folgt. Dies müssen wir nachholen (obige Umformung in umgekehrter Reihenfolge, da jeder Einzelschritt umkehrbar ist):

Als Quintessenz dieses Abschnitts solltest du dir merken:

Hinweis

Gleichungsumformungen sind im Allgemeinen nicht umkehrbar.

Frage: Du hast die Ausgangsgleichung ( und sind Terme, bei denen in mindestens einem Term die Variable vorkommt). Aus ihr hast du die Lösungen , bis durch einfache Gleichungsumformungen gewonnen ( sind Terme ohne Variable ). Du hast also gezeigt . Sind dann bis alle Lösungen der Ausgangsgleichung für die Variable ? Wieso?

Nein, dies ist nicht der Fall. Zwar folgt aus die Aussage , und damit sind bis mögliche Kandidaten für Lösungen. Jedoch müssen sie die Ausgangsgleichung nicht lösen.

Ein Beispiel: Du weißt, dass es keine reelle Zahl gibt, die die Gleichung löst. Jedoch kannst aus der Ausgangsgleichung Gleichungsumformungen durchführen, die dich auf die Pseudolösungen und führen:

Wenn du nur einfache Gleichungsumformungen verwendest, musst du also immer überprüfen, ob deine gefunden Lösungen auch wirklich die Ausgangsgleichung lösen.

Äquivalenzumformungen

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Oben hast du gesehen, dass nicht alle Gleichungsumformungen umkehrbar sind. Deswegen werden all diejenigen Umformungen, die umkehrbar sind, unter dem Begriff Äquivalenzumformung zusammengefasst. Äquivalenzumformungen sind also diejenigen Umformungen , bei denen auch die Umkehrung erfüllt ist. Es gilt so insgesamt die Äquivalenz (daher der Name „Äquivalenzumformung“).

Wir können die Lösungen für aus der Gleichung direkt durch Äquivalenzumformung gewinnen (und sparen uns so den sonst notwendigen Rückweg):

Frage: Welche der folgenden Gleichungsumformungen sind Äquivalenzumformungen?

  • Addition mit einem beliebigen Term auf beiden Seiten
  • Subtraktion mit einem beliebigen Term auf beiden Seiten
  • Multiplikation mit einem beliebigen Term auf beiden Seiten
  • Division mit einem beliebigen Term ungleich Null auf beiden Seiten
  • beide Seiten quadrieren
  • beide Seiten hoch drei nehmen
  • auf beiden Seiten den Betrag nehmen

Umformung Äquivalenzumformung keine Äquivalenzumformung
Addition mit einem beliebigen Term auf beiden Seiten
Subtraktion mit einem beliebigen Term auf beiden Seiten
Multiplikation mit einem beliebigen Term auf beiden Seiten
Division mit einem beliebigen Term ungleich Null auf beiden Seiten
beide Seiten quadrieren
beide Seiten hoch drei nehmen
auf beiden Seiten den Betrag nehmen

Frage: Wieso ist die Multiplikation mit einem Term keine Äquivalenzumformung?

Wenn man beide Seiten einer Gleichung mit Null multipliziert, so ist die resultierende Gleichung stets , also immer wahr. Dies ist auch dann der Fall, wenn die ursprüngliche Gleichung falsch ist bzw. nicht erfüllbar ist.

Beispiel: Es gibt keine reelle Zahl mit . So ist nicht aus herleitbar (aus einer wahren Aussage können keine falschen Aussagen hergeleitet werden). Jedoch ist eine gültige Gleichungsumformung. Diese ist aber nicht umkehrbar, da ihre Umkehrung lauten würde, was aber für alle eine falsche Aussage ist.

Frage: Welche Eigenschaften muss eine Funktion erfüllen, damit

  • eine gültige Gleichungsumformung ist?
  • eine Äquivalenzumformung ist?

Für jede Funktion ist eine gültige Gleichungsumformung. Denn eine Funktion ordnet jedem Argument einen eindeutigen Funktionswert zu. Dies bedeutet insbesondere, dass, wenn ist, auch sein muss, also erfüllt ist.

Für eine Funktion ist genau dann eine Äquivalenzumformung, wenn injektiv ist. Gerade haben wir gesehen, dass eine gültige Gleichungsumformung ist. Sie ist eine Äquivalenzumformung, wenn auch eine gültige Gleichungsumformung ist. Diese Forderung ist aber nichts anderes als die Definition der Injektivität für die Funktion .