Beim Tillervorgang wird entschieden, wie sich der Bogen biegen soll. Dies ist einer der entscheidendsten Vorgänge beim Bogenbau überhaupt.

Die Schritte beim Tillern sind grundsätzlich folgende:

  1. Bogen mit der Sehne bespannen
  2. Bogen auf dem Tillerstock spannen
  3. Steife und schwache Stellen markieren
  4. Bogen entspannen, an den steifen Stellen Holz abtragen
  5. Obige Schritte wiederholen, bis sich der Bogen gleichmässig biegt und die gewünschte Auszuglänge bzw. Zugkraft erreicht ist

Bogen bespannen

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Während dem Tillervorgang ist es empfehlenswert, eine eigens dafür hergestellte Tillersehne zu verwenden.

Am Anfang ist ein Bogen noch so steif, dass die Sehne gar nicht aufgespannt werden kann und mittels Bogenbauerknoten «lose» an die Enden geknotet werden muss. Später, wenn der Bogen sich schon besser biegt, sollte die Sehne immer wieder gekürzt werden, bis schliesslich die normale Standhöhe (Sehne 10 bis 15 cm vom Bogenrücken entfernt) erreicht ist. Der Grund liegt darin, dass sich bei unterschiedlicher Standhöhe der Winkel zwischen Sehne und Bogen verändert und somit auch die Biegung beeinflußt wird.

Spannen auf dem Tillerstock

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Wenn die Sehne am Bogen montiert ist, kommt er auf den Tillerstock und wird gespannt, damit die Biegung betrachtet werden kann. Das sieht zum Beispiel so aus:

 

Er wird so weit gespannt, bis

  • die angestrebte Zugkraft erreicht ist[1], oder
  • die angestrebte Auszugslänge erreicht ist, oder
  • eine Unregelmässigkeit in der Biegung entdeckt wird.

Der Bogen oben im Bild beugt sich zum Beispiel auf der linken Seite ein bisschen zu wenig, ansonsten ist die Beugung jedoch schön gleichmässig.

Der Tillerstock ist eines der wichtigsten Hilfsmittel beim Bogenbau, damit kann der Tiller aus etwas Entfernung beurteilt werden – so erkennt man fehlerhafte Stellen einfacher. Die Herstellung ist einfach: Er besteht nur aus einem kurzen Brett (mindestens Auszuglänge) mit einem V-förmigen Einschnitt oben für den Bogen und Einhängemöglichkeiten für die Sehne.

Steife Stellen markieren

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Nun kann der Bogen aus etwas Distanz betrachtet werden. Mit einem recht hilfreichen Hilfsmittel:

 

werden nun die kritischen Stellen aufgespürt. Stellen, an denen sich der Bogen zu stark biegt, werden auf dem Bauch rot eingezeichnet (für «hier gar nichts machen, auch wenn der Himmel runterfällt»), und jene, die zu steif sind, blau.

Solche Stellen zu erkennen erfordert etwas Übung. Den Vorgang kann man sich etwas vereinfachen:

  • Hinter den Tillerstock ein auf Papier gezeichnetes Gitter hängen/legen
  • Den Bogen fotografieren und in einem Zeichenprogramm, zum Beispiel Inkscape, einen Kreis oder eine Ellipse über die Wurfarme legen

Holz abtragen

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Nun wird der Bogen entspannt. Zu lange sollte er nicht gespannt auf dem Tillerstock bleiben, sonst wird er dauerhaft geschwächt. Zwei, drei Minuten sind meist noch okay.

Dann kommt das Werkzeug zum Einsatz. Mit einem gut geschärften Ziehmesser kann man mit etwas Vorsicht bis kurz vor Schluss arbeiten. Für geringeren Holzabtrag eignen sich dann der Schweifhobel und die Ziehklinge besser. Der Schweifhobel muss genau eingestellt sein, damit er nicht zu viel Holz abnimmt. Für unebene Bäuche ist die Ziehklinge besser geeignet.

Beim Tillern wird Holz überall weggenommen – nur nicht am Rücken, denn der darf nicht verletzt werden.

Eine wichtige Regel:

  • Ein doppelt so breiter Wurfarm ist 2× so stark.
  • Ein doppelt so dicker Wurfarm ist 8× so stark.

Das kann man zum Beispiel mit dem Holzstiel einer   Glace überprüfen. Er lässt sich nur auf der flachen Seite knicken – obwohl es ja in beiden Fällen gleich viel Holz ist.

Was diese Regel bedeutet:

  • Nimmt man Holz auf dem Bauch weg, sinkt die Stärke relativ schnell. Speziell gegen Ende des Tillervorgangs, wenn man nahe an der gewünschten Zugkraft ist, ist Vorsicht gefragt.
  • Für den selben Effekt muss auf der Seite mehr Holz weggenommen werden. Das ist gut, denn vor allem aussen an den Tips möchte man möglichst wenig Gewicht haben, um einerseits den Handschock zu minimieren, andererseits aber auch eine bessere Pfeilgeschwindigkeit (und somit Reichweite) zu erzielen.

Nun möchte man den Bogen so schmal wie möglich machen. Leider geht das nur bedingt, denn irgendwann werden Bauch und Rücken so stark belastet, dass die Holzfasern entweder reissen oder bleibend zusammengedrückt werden (Stauchriss). Dazu kommt, dass das auch bei jedem Holz wieder unterschiedlich ist. Für den Anfang ist es deshalb sinnvoll, «sichere» Breiten zu verwenden, wie 5 cm am Griff auf 2 cm bei der Nocke für einen Flachbogen aus Ahorn, Esche, Hasel etc.

Schritte wiederholen

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Sobald man das Gefühl hat, genügend Holz abgetragen zu haben, wiederholt man die obigen Schritte.

Zu beachten ist dabei auch, dass der Bogen nach einigen Schüssen etwas an Leistung verliert (etwa 5 bis 10 Pfund). Deshalb die Ziel-Zugkraft etwas höher wählen. Paul Comstock, Autor von Der gebogene Stock, geht sogar so weit, die Bögen nach dem (abgeschlossenen) Tillern eine halbe Stunde lang auf dem Tillerstock auf Standhöhe gespannt zu halten, damit die Zugkraft schon zu Beginn gesenkt wird und dann konstant bleibt.

Fussnoten

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  1. Wird der Bogen weiter ausgezogen, kann das Holz überlastet werden und bekommt Set.