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Sundance_Raphael - Darkcode
irc.freenode.net/#wikibooks - 6. Januar 2007

Wie oben erwähnt, fand diese Partie im IRC-Channel unseres englischsprachigen Schwesterprojekts statt. Die weißen Steine wurden von unserer Administratorin Sundance_Raphael geführt, die schwarzen Steine von einem Admin bei den englischsprachigen Wikibooks.

Da der IRC-Chat kein Schachbrett zur Verfügung stellt, müssen sämtliche Züge textlich übermittelt werden, was in der Praxis sehr häufig zu Mißverständnissen führt, weil die Züge anschließend akkurat auf das heimische Schachbrett übertragen werden müssen.

1. d2-d4 b7-b5

2. c2-c3 a7-a5

Die schwarze Eröffnung ist, gelinde ausgedrückt, ungewöhnlich. Sie macht um die Regeln, die ich im Kapitel Grundprinzipien der Eröffnung wiedergegeben habe, einen weiten Bogen. Damit scheint mir der Aufbau objektiv schwach zu sein. Subjektiv kann er trotzdem richtig sein, wie die ähnlich angelegte Partie Karpow-Miles (Skara 1980) beweist. Diese begann mit 1. e2-e4 a7-a6 2. d2-d4 b7-b5 und endete mit einem Sieg für Schwarz. Das ist insofern überraschend, weil die weißen Steine vom amtierenden Weltmeister geführt wurden.

Der weiße Zug 2. c2-c3 ist solide, aber anspruchslos. Das scheint mir in der gegebenen Situation nicht angezeigt. Immerhin erschwert der Zug den weiteren Vormarsch des schwarzen b-Bauern.

3. e2-e3

Ein weiterer auf Sicherheit bedachter Zug. Gerade in dieser Situation, in der Schwarz die völlige Kontrolle über das Zentrum gestattet, sollte man das auch ausnutzen, und den Bauern gleich noch ein Feld weiter vorziehen. Will man den Bauern aber partout auf e3 haben, sollte man vorher noch den Läufer nach f4 oder g5 entwickeln, damit er aktiv ins Geschehen eingreifen kann.

3. ... Lc8-a6

Hier zeigt sich der Nachteil von 2. a5 gegenüber 2. a6: Schwarz muß sehen, wie er seinen angegriffenen b-Bauern bewacht. Alternativ käme noch 3. c6 in Frage, was jedoch dem schwarzen Läufer ebenfalls den Wechsel auf die lange Diagonale a8-h1 vermiesen würde.

4. Sg1-f3

Alternativ war auch 4. Df3 eine Überlegung, weil sie dort gleichzeitig den neuralgischen Punkt f7 und den Turm auf a8 aufs Korn nimmt. Da jedoch dem Läufer das Feld c4 versperrt ist, und die Dame gleichzeitig die Entwicklung des Königsspringers behindert, könnte sie auf lange Sicht nicht auf Unterstützung aus dem weißen Team hoffen, und eine Dame in vorderster Front ist besonders in der Entwicklungsphase immer noch gefährdet. Der Textzug ist also vorzuziehen.

4. ... d7-d5

Stellt eigene Ansprüche auf das Zentrum auf. Aufgrund des von Weiß gewählten Aufbaus steht der schwarze Bauer dort bombenfest.

5. g2-g3

In dieser Situation ist das Läuferfianchetto schlecht. Der Fianchettoläufer beißt sich an dem stabilen Bauern auf d5 die Zähne aus. Außerdem ist ein schwaches Feld auf f3 entstanden. Warum nicht den Läufer nach d3 entwickeln?

5. ... f7-f6

Dieser Zug unterstützt zwar einen zusätzlichen Vorstoß ins Zentrum mit e7-e5, er blockt auch den weißen Springer ab, schwächt aber die Flanke des schwarzen Königs. Außerdem wird es für Schwarz höchste Zeit, sich um seine Figurenentwicklung zu kümmern.

6. Lf1-g2 e7-e6

7. 0-0 g7-g5

Der Zug sieht aggressiv aus, aber wie schon mehrfach erwähnt, bringt ein Bauernangriff nur dann etwas, wenn die Figuren in den hinteren Rängen auch bereit sind, die durch den Bauernangriff entstehenden Lücken auszunutzen.

8. Sb1-a3

Der Hinweis "Springer am Rande bringt Kummer und Schande" erscheint mir hier nicht angebracht. Das wesentlich größere Problem ist der schwarze Textzug. Er zeigt mir wieder einmal, daß man es nicht lernen kann, auf seine Figuren aufzupassen, sondern seinen Gefahreninstinkt durch viel Spielpraxis trainieren muß:

8. ... b5-b4

Gleichzeitiger Angriff auf den Springer a3 und den Turm f1 (durch den schwarzen Läufer).

9. Sa3-b5 La6xSb5

10. Tf1-e1

Weiß hätte für seinen verlorenen Springer wenigstens einen Bauern zurückgewinnen können, wenn er ihn auf a3 belassen hätte. Auch wenn der Springer nach c2 geflohen wäre, hätte Schwarz nur eine Qualität (ein Turm für eine Leichtfigur) erhalten, was immer noch weniger wäre. So aber erhielt Schwarz die ganze Leichtfigur.

10. ... Sb8-c6

11. a2-a3

Weiß hat Schwierigkeiten, einen Plan zu fassen. Am ehesten aussichtsreich in verlorener Stellung erscheint mir der Vorstoß e3-e4, um dem Turm den Weg auf den immer noch nicht rochierten König freizumachen. Wozu steht der Turm denn in der richtigen Linie?

11. ... b4xc3

12. b2xc3 Lf8-g7

Auch dieses Fianchetto erscheint mir nicht unproblematisch, weil der weiße Zentralbauer gut geschützt ist. Immerhin unterstützt der Zug zusätzlich den zentralen Vorstoß e6-e5, was dem Läufer den benötigten Freiraum verschaffen könnte.

13. Lg2-h3 Dd8-e7

14. Lh3-g4 Sg8-h6

15. Lg4-h5+

Dieses zeitaufwendige Läufermanöver ist unter anderem das Eingeständnis, daß er auf g2 deplatziert war. Auf h5 steht er besser, allerdings auf Kosten von drei Zügen. Aber auch Schwarz hat Schwierigkeiten. Sein König steht recht luftig, und weder die kurze noch die lange Rochade ändern wirklich etwas daran.

15. ... Sh6-f7

16. a3-a4

Ein Befreiungsschlag, der Schwarz ordentliche Probleme bereitet. Eine alternative Idee ist es immer noch, mit e3-e4 das Zentrum aufzubrechen, insbesondere weil durch den Textzug a3-a4 der Läufer nach c4 gejagt wird, und es dort erschwert, das Zentrum mit e3-e4 aufzubrechen.

16. ... Lb5-c4

17. Lc1-a3 De7-d7

Jetzt ist die schwarze kurze Rochade unterbunden, und Schwarz hat Schwierigkeiten, das zu ändern.

18. Lh5xSf7+ Dd7xf7

Der Austausch war eine schlechte Idee für Weiß. Zunächst einmal muß er im Materialnachteil jeden Abtausch nach Möglichkeit vermeiden, dann gibt er das Läuferpaar auf, und drittens erhält er für seinen momentan stark stehenden Läufer nur den passiven, zur Verteidigung verurteilten Springer. Weiß hätte einfach den Druck aufrecht erhalten sollen, indem er auf den Abtausch verzichtet hätte.

Stattdessen hätte Weiß mit e3-e4 das Zentrum aufbrechen sollen.

19. Sf3-d2 Lc4-d3

20. Dd1-c1 e6-e5

 
 
               
               
               
               
               
               
               
               
 
 
Stellung nach 20. ... e6-e5


Jetzt muß Weiß e3-e4 spielen, und zwar nicht nur um wie mehrfach erwähnt das Zentrum aufzubrechen, sondern vor allem um den schwarzen Vorstoß e5-e4 zu verhindern, der den schwarzen Läufer auf dem guten Feld d3 zementiert.

21. c3-c4 e5-e4

Jetzt ist es zu spät!! Alternativ hätte Schwarz auch einfach d5xc4 spielen können. Was ihm einen Bauern gebracht und den Läufer trotzdem unterstützt hätte.

22. c4xd5 Df7xd5

23. La3-e7

Ein Verzweiflungsschlag. Der Plan war, wie sundance_Raphael mitteilte Da3, Ld8, Tec1, Txc6 und De7 mit Schachmatt, was Schwarz aber mit sehr einfachen Mitteln an fast jeder Stelle vereiteln konnte. Der Plan wirft einfach einen Läufer weg.

23. ... h7-h5

24. Dc1-a3 Sc6xLe7

Damit ist der schwarze Materialvorteil bereits hoffnungslos für Weiß.

25. Te1-c1 0-0

Noch einmal wittert Weiß Morgenluft: Der Springer auf e7 hängt einfach, und kann durch die Dame weggenommen werden, aber:

26. Tc1xc7 Se7-f5

27. Ta1-c1 h5-h4

 
 
               
               
               
               
               
               
               
               
 
 
Stellung nach 27. ... h5-h4



Über diese Stellung haben ThePacker und ich eine ausgiebige Diskussion in einem privaten Chatroom geführt, der von den Spielern nicht mitverfolgt werden konnte. Wir kamen zu folgenden Erkenntnissen:

:A) 28. Txg7 Sxg7 29. De7 verliert gegen Tf7.

B) 28. Tc8 scheitert an 8. ... Taxc8
C) 28. T1c5 würde nach dem natürlich erscheinenden 28. ... Dd6 29. T7c6 Db8 30. Txf5 Db1+?? 31. Sxb1 Lxb1 32. Db3+ nebst 33. Dxb1 zwar einen klaren Sieg für Weiß einfahren, verläuft aber nach dem nicht allzu schwer zu sehenden Zug 28. ... De6 29. T7c6 Sd6 ebenfalls im Sande.


28. Tc1-c3 Tf8-b8

29. Tc3-c1 h4xg3

30. h2xg3 Lg7-f8

Während Weiß sich mit Hilfe von Wartezügen des Zugzwangs entledigt, baut Schwarz mit einfachen aktiven Zügen in aller Ruhe seinen Vorteil aus. Nach drei Zügen steht sein Turm auf einer offenen Linie, sein Läufer auf einer offenen Diagonalen und die weiße Königsstellung hat ein Loch in der h-Linie.

31. Da3-a1 Sf5-d6

32. Tc1-c3 Sd6-e8

Weiß verfolgt weiter seine Politik der Wartezüge, und beschränkt sich darüber hinaus nur auf das notwendigste. Auch Schwarz bleibt bei seiner Politik der einfachen und aktiven Züge.

33. Tc7-c5 Lf8xTc5

Der Turm hätte sich auf c6 in Sicherheit bringen können. Hier zeigt sich der Nachteil der Spielweise im IRC-Chat: Sowohl die Spielerin sundance_Raphael, als auch der Beobachter ThePacker hatten nicht mitbekommen, daß der Läufer tatsächlich auf f8 stand und den Turm rausnehmen konnte.

34. Da1-d1 Lc5-b4

Damit hat Weiß sogar darauf verzichtet, für den geschlagenen Turm wenigstens den Läufer mitzunehmen. Bei dem Materialunterschied hätte das allerdings keinen großen Unterschied mehr gemacht.

35. Tc3-c1 f6-f5

Weiß gibt auf.