Grenzwert: Beispiele – Serlo „Mathe für Nicht-Freaks“

Übersicht über wichtige Grenzwerte Bearbeiten

  •   für alle  
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  •   für alle  
  •   für alle  
  •   für alle   mit  
  •   für alle  
  •  
  •   für alle   und   mit  
  •   für alle   und   mit  
  •   für alle   mit  
  •  
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Im Folgenden werden wir alle Grenzwerte mit der Epsilon-Definition der Konvergenz herleiten. Den Grenzwert   werden wir im Kapitel „Monotoniekriterium für Folgen“ betrachten.

Hinweis

In der Analysis ist es sehr wichtig, das Wachstumsverhalten verschiedener Folgen einschätzen zu können. So folgt aus dem Grenzwert  , dass die Folge   viel schneller wächst als die Folge  . Schreiben wir   für  , folgt aus den obigen Grenzwerten:

 

Konstante Folge Bearbeiten

Satz (Grenzwert der konstanten Folge)

Jede konstante Folge konvergiert gegen den Wert ihrer Folgenglieder:

 

Beispiel (Grenzwert der konstanten Folge)

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Wie kommt man auf den Beweis? (Grenzwert der konstanten Folge)

Im Kern müssen wir zeigen, dass   für fast alle   erfüllt ist. Nun ist   und damit  . Da   im Beweis stets positiv ist, ist die Ungleichung

 

immer erfüllt. Wir können also   frei wählen. Legen wir   fest. Damit würde im Beweis stehen:

„Wähle  . Sei   mit   beliebig. Es ist…

Die Formulierung klingt umständlich, denn für jede natürliche Zahl gilt  . Einfacher ist der Satz:

„Für alle   gilt…“

Dieses Beweisfragment ist völlig ausreichend: Wenn „für alle  “ etwas gilt, dann gilt es auch „für fast alle  “.

Beweis (Grenzwert der konstanten Folge)

Sei   eine konstante Folge und sei   beliebig. Für alle   (und damit für fast alle  ) gilt

 

Harmonische Folge Bearbeiten

Satz (Grenzwert der harmonischen Folge)

Es ist  .

Wie kommt man auf den Beweis? (Grenzwert der harmonischen Folge)

Hier haben wir die Ungleichung   zu beweisen. Zunächst können wir   vereinfachen:

 

Die Zielgleichung lautet damit  . Diese können wir nach   umformen, um eine Bedingung für   zu gewinnen:

 

Es muss also   sein, damit   ist. Welches   sollten wir also im späteren Beweis wählen?

Wir wählen ein   mit  . Ist nämlich  , dann ist auch  . Woher wissen wir, dass es so ein   gibt? Für einen vollständigen Beweis müssen wir dies begründen:

Dies folgt aus dem archimedischen Axiom. Nach diesem gibt es nämlich für alle reellen Zahlen   eine natürliche Zahl   mit  . Wir wählen hier  .

Beweis (Grenzwert der harmonischen Folge)

Sei   beliebig. Wir wählen ein   mit  . Dass so ein   existiert, folgt aus dem archimedischen Axiom. Sei   beliebig. Es ist

 

Inverse Potenzfolge Bearbeiten

Satz

Für alle   ist  .

Wie kommt man auf den Beweis?

Der Beweis funktioniert ähnlich dem der harmonischen Folge. Zunächst vereinfachen wir wieder  :

 

Dann stellen wir   nach   um, um eine Bedingung für   zu finden:

 

Es muss also ein   mit   gewählt werden. Dieses finden wir wieder mit Hilfe des archimedischen Axioms.

Beweis

Sei   beliebig. Wähle   so, dass   ist. Ein solches   existiert nach dem archimedischen Axiom. Sei   beliebig. Es ist

 

Inverse Wurzelfolge Bearbeiten

Satz

Für alle   ist  .

Wie kommt man auf den Beweis?

Der Beweis ähnelt sehr dem der beiden vorherigen Folgen. Zunächst vereinfachen wir wieder  :

 

Dann stellen wir   nach   um, um eine Bedingung für   zu finden:

 

Es muss also ein   mit   gewählt werden. Dieses finden wir erneut mit dem archimedischen Axiom.

Beweis

Sei   beliebig. Wähle   so, dass   ist. Ein solches   existiert wegen dem archimedischen Axiom. Damit ist

 

Sei nun   mit   beliebig. Es ist:

 

Geometrische Folge Bearbeiten

 
Die Folge   ist eine Nullfolge.

Satz

Für alle   mit   ist   .

Dieser Satz ist eine Verallgemeinerung der obigen beiden Sätze und schließt sie ein.

Beispiel

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Wie kommt man auf den Beweis?

Hier betrachten wir den Betrag  , den wir als erstes vereinfachen:

 

Mit der Bernoulli-Ungleichung kann man beweisen:

„Zu jedem   und jedem   gibt es ein   mit  .“

Setzen wir  . Es gibt dann ein   mit  . Für alle   folgt dann:

 

Beweis

Sei   und   mit   beliebig. Über die Bernoulli-Ungleichung kann man beweisen, dass es ein   mit   gibt. Dann gilt für alle  :

 

Hinweis

Auch für   lässt sich die geometrische Folge auf Konvergenz untersuchen. Allerdings müssen wir dabei drei Fälle unterscheiden:

  •   Hier ist  . Mit dem ersten Beispiel folgt  .
  •   Hier erhalten wir  . Diese alternierende Folge divergiert, wie wir in einer Übungsaufgabe im Kapitel „Aufgaben zur Konvergenz und Divergenz“ bewiesen haben.
  •   Hier divergiert die Folge  . Diese Folge ist unbeschränkt. Im Kapitel „Unbeschränkte Folgen divergieren“ zeigen wir, dass alle unbeschränkte Folgen divergent sind.

n-te Wurzel von c Bearbeiten

Satz (Grenzwert Folge mit n-ter Wurzel)

Für alle   ist  .

Wie kommt man auf den Beweis? (Grenzwert Folge mit n-ter Wurzel)

Am Ende müssen wir die Ungleichung   zeigen. Führen wir zunächst den Beweis für  . Dann ist nämlich  , und wir können die Betragsstriche weglassen.

Fall 1:  

In diesem Fall ist  , und wir müssen   für fast alle   beweisen. Formen wir diese Ungleichung um, um eine Bedingung für   zu finden:

 

Ist die obige Ungleichung sinnvoll? Wegen   ist  . Damit ist   eine geometrische Folge, die mit wachsenden   beliebig groß wird. Es gibt ein  , ab dem   größer ist als  , womit wir   beweisen können. Hierzu hatten wir bereits im Abschnitt „Folgerungen aus der Bernoulli Ungleichung“ bewiesen:

Für jede Zahl   und jede Zahl   gibt es ein  , so dass   ist.

Wenn wir nun   und   setzen, erhalten wir das gewünschte   mit  . Es muss dann nur noch gezeigt werden, dass   für   ist. Dies folgt aber aus

 

Fall 2:  

Diesen Fall können wir auf obigen Fall zurückführen. Hierzu setzen wir  , so dass   ist. Wir haben:

 

Diese Umformung ist sinnvoll, weil wir bereits im ersten Fall gezeigt haben, dass   beliebig klein wird (es ist ja  ). Wir müssen also nur noch den Term   sinnvoll nach oben abschätzen. Nun ist aber

 

Also ist

 

und von   haben wir bereits im ersten Teil gezeigt, dass es beliebig klein wird.

Beweis (Grenzwert Folge mit n-ter Wurzel)

Fall 1:  

Sei   beliebig. Aus dem Satz

Für jede Zahl   und jede Zahl   gibt es ein  , so dass   ist.

folgt, dass es ein   mit   gibt. Sei   beliebig. Es ist

 

Also ist

 

Fall 2:  

Sei   beliebig. Setze zunächst  . Es ist  , und aus dem ersten Fall wissen wir, dass es ein   mit   für alle   gibt. Sei   beliebig. Es ist zunächst

 

und damit

 

n-te Wurzel von n Bearbeiten

Satz (Grenzwert n-te Wurzel von n)

Es ist  .

Wie kommt man auf den Beweis? (Grenzwert n-te Wurzel von n)

Der abzuschätzende Betrag ist  . Auch hier können wir versuchen, die Ungleichung umzustellen, um Bedingungen für   zu finden:

 

  und   wachsen beide über alle Grenzen hinaus. Wir müssen also zeigen, dass   irgendwann größer wird als  . Sehen wir uns dazu   an. Nach dem binomischen Lehrsatz ist

 

Jeder Summand dieser Summe ist größer-gleich Null. Wenn wir zeigen können, dass   kleiner als eine Teilsumme von   ist, wissen wir, dass   kleiner als   ist. Wir wählen die Summanden   und   (wir werden gleich sehen, dass diese beiden Summanden ausreichen) und zeigen

 

Indem wir die oben stehende Formel zeigen, wobei gleichzeitig

 

gilt, zeigen wir auch

 

Um eine Bedingung für   zu finden, formen wir   um:

 

Über das archimedische Axiom finden wir ein  , sodass   für alle   gilt.

Beweis (Grenzwert n-te Wurzel von n)

Sei   beliebig. Wir wählen   nach dem archimedischen Axiom so, dass   ist. Sei   beliebig. Es ist

 

Quotient Potenzfolge durch geometrische Folge Bearbeiten

Satz

Sei   beliebig und   eine reelle Zahl mit  . Es ist dann  .

Wie kommt man auf den Beweis?

Auch dieser Grenzwertbeweis ist relativ schwierig. Natürlich wollen wir trotzdem erklären, durch welche Gedanken man selbst auf die Lösung kommen kann. Dabei werden einige „Tricks“ eingesetzt, die auch bei späteren Beweisen helfen können. Der erste ist es,   als   mit   zu schreiben. Auf   können wir dann den binomischen Lehrsatz anwenden, der uns eine geeignete Abschätzung des Ausdrucks nach oben ermöglicht. Also ist

 

Die Summe des Nenners macht den Bruch kompliziert. Es wäre schön, ihn durch einen „einfacheren“ Ausdruck zu ersetzen. Zum Glück ist jeder der Summanden   positiv. Wenn wir also Summanden weglassen, dann machen wir die Summe, und damit den Nenner, kleiner. Der gesamte Quotienten wird somit größer (dies ist in Ordnung, weil wir nach oben abschätzen wollen). Die Frage ist nun, welche Summanden weggelassen werden sollen.

Da im Zähler   steht, ist es sinnvoll den Ausdruck im Nenner durch einen Ausdruck der Form   abzuschätzen, wobei   nicht von   abhängen soll. Dann bildet der Bruch nach der Abschätzung auf jeden Fall eine Nullfolge. Daher behalten wir nur den Summanden für   bei, also  , und alle anderen Summanden lassen wir weg. Der Ausdruck   erhällt nach dem Ausmultiplizieren im Zähler den Summanden   mit der größten Potenz. Dazu muss zunächst   sein, da nur dann in der Summe   der Summand für   vorkommt. Wir erhalten

 

Wenn wir es jetzt noch schaffen, den mittleren Ausdruck  , nach oben, durch einen von   unabhängigen Ausdruck abzuschätzen, so sind wir endlich am Ziel! Der (Vor-)Faktor   bleibt im Limes   konstant und stellt daher kein Problem für die Konvergenz gegen Null dar. Wir brauchen nun allerdings noch die zusätzliche Forderung  . Damit gilt

 

Daraus wiederum ergibt sich

 

Insgesamt erhalten wir

 

Da der Ausdruck   nicht von   abhängt und   eine Nullfolge ist, ist der letzte Ausdruck ebenfalls eine Nullfolge.

Um dies mathematisch korrekt zu beweisen, müssen wir jedoch noch zu jedem   ein   finden, so dass für alle   gilt:

 

Für unsere oberen Abschätzungen benötigen wir zunächst die Bedingungen   und  . Da   für alle   ist, reicht die stärkere Bedingung   schon aus. Weiter gilt

 

Daher benötigen wir als zweite Bedingung noch  . Um sicher zu gehen, dass beide Bedingungen erfüllt sind, forden wir  . Dann folgt insgesamt

 

Beweis

Sei   mit   beliebig. Setze  . Es ist dann   mit  .

Sei   beliebig. Wähle eine natürliche Zahl   mit  . Sei   beliebig. So ist:

 

Hinweis

Dieser Grenzwert taucht gelegentlich auch in der Form   für alle   und   mit   auf. Ist nämlich   , so gilt für   offensichtlich  . Also gilt

 

Quotient geometrische Folge durch Fakultätfolge Bearbeiten

Satz

Sei   eine reelle Zahl mit  . Es ist dann  .

Wie kommt man auf den Beweis?

Um den Satz zu beweisen, müssen wir zeigen, dass   für große   beliebig klein wird. Dafür werden wir den Ausdruck nach oben durch einen anderen Ausdruck abschätzen, von dem wir bereits wissen, dass er beliebig klein wird.

Wenn wir uns den Quotienten ansehen, fällt uns auf, dass Zähler und Nenner immer gleich viele Faktoren haben (  Stück). Die Faktoren im Nenner werden allerdings immer größer, wohingegen die im Zähler immer gleich   ist. Sobald   ist, ist  . Dies können wir für unsere Abschätzung ausnutzen, indem wir diese Faktoren   getrennt zusammenfassen. Sei also   und  . Es ist dann

 

Wegen   wird   als geometrische Folge beliebig klein, während der Faktor   konstant bezüglich   ist. Damit können wir   zeigen, da

 

Sei nun   gegeben. Wir müssen nun ein   finden, so dass für alle   die Ungleichung   erfüllt ist. Hierzu schauen wir, wann die rechte Seite der obigen Ungleichung kleiner als   ist (weil es dann auch die linke Ungleichung sein muss). Wir erhalten:

 

Die rechte Seite der Ungleichung ist unabhängig von  . Weil   ist, gibt es nach einer Folgerung zum Archimedischen Axiom ein  , so dass

 

Damit ist für alle  

 

so dass wir alles zusammen haben, um den Beweis aufzuschreiben. Da wir im Laufe des Lösungswegs   und   gefordert haben, werden wir   wählen (so dass   beide Bedingungen   und   impliziert).

Beweis

Sei  . Nach dem Archimedischen Axiom gibt es ein   mit  . Dann gilt für alle  :

 

Wegen   gibt es ein   so, dass  . Für alle   gilt dann

 

Fakultätfolge durch Bearbeiten

Satz

Es gilt  .

Beweis

Sei  . Wähle   so, dass  . Für alle   gilt dann