Aufgaben zur Ableitung 3 – Serlo „Mathe für Nicht-Freaks“

Satz von Rolle und Zwischenwertsatz Bearbeiten

Aufgabe

Gibt es ein  , so dass   zwei verschiedene Nullstellen in   hat?

Lösung

Angenommen es gibt ein  , so dass   zwei Nullstellen   hat. Da   stetig auf   und differenzierbar auf   ist, gibt es nach dem Satz von Rolle ein   mit  . Nun gilt aber für jedes  :  . Also kann   keine zwei Nullstellen haben.

Aufgabe

Es sei   differenzierbar und   stetig. Es sei weiterhin  ,   und  . Zeige, daß   mindestens eine Nullstelle besitzt.

Beweis

  ist stetig auf   und  . Nach dem Zwischenwertsatz gibt es daher ein   mit  .

Weiter ist   stetig auf  , differenzierbar auf   und  . Nach dem Satz von Rolle gibt es daher ein   mit  . Also hat   mindestens eine Nullstelle (auf  ).

Mittelwertsatz Bearbeiten

Aufgabe (Einfache Anwendung zum Mittelwertsatz)

Sei  ,  . Zeige: Es gibt ein   mit  ?

Lösung (Einfache Anwendung zum Mittelwertsatz)

  ist auf   stetig und auf   differenzierbar, als Komposition stetiger beziehungsweise differenzierbarer Funktionen. Damit ist der Mittelwertsatz anwendbar. Es gibt also ein   mit

 

Aufgabe (Nützliche Ungleichung 1)

Zeige: Für alle   gilt

 

Lösung (Nützliche Ungleichung 1)

Beweisschritt:  

Fall 1:  

Wir definieren   durch  . Dann ist   stetig, und auf   differenzierbar. Damit ist der Mittelwertsatz anwendbar, und es existiert ein   mit

 

Wegen   ist nun

 

Fall 2:  

Hier gilt  , also Gleichheit.

Fall 3:  

Wieder gibt es nach dem Mittelwertsatz ein   mit

 

Also gilt   für alle  

Beweisschritt:  

Hier zeigen wir nur den Fall  :

Wir definieren wieder  . Dann ist   stetig, und auf   differenzierbar. Nach dem Mittelwertsatz existiert ein   mit

 

Für   gilt wieder Gleichheit, und für   folgt die Aussage analog mit dem Mittelwertsatz.

Hinweis

Aus der ersten Ungleichung lässt sich durch den Übergang zu   für   noch die Ungleichung

 

folgern.

Aufgabe (Nützliche Ungleichung 2)

Zeige: Für   gilt

 

Lösung (Nützliche Ungleichung 2)

Beweisschritt:  

Sei  . Dann ist die Sinusfunktion auf   stetig und auf   differenzierbar. Mit dem Mittelwertsatz gibt es ein   mit

 

Nun ist aber   für  . Damit folgt

 

Beweisschritt:  

Sei  . Dann ist die Tangesfunktion auf   stetig und auf   differenzierbar. Mit dem Mittelwertsatz gibt es ein   mit

 

Nun ist aber   für  . Damit folgt

 

Hinweis

Die Ungleichung lässt sich für alle   noch erweitern zu

 

Wobei Gleichheit nur in   gegeben ist.

Aufgabe (Folgerung des Mittelwertsatzes)

Zeige mit Hilfe des Mittelwertsatzes:

Seien   auf   stetig und auf   differenzierbar. Außerdem gelte   und   auf  . Dann gilt:   auf  .

Als Anwendung: Zeige die folgende Verallgemeinerung der Bernoulli-Ungleichung: Für   und alle   gilt  

Wie kommt man auf den Beweis? (Folgerung des Mittelwertsatzes)

Wir stellen drei verschiedene Lösungsmöglichkeiten vor: Eine mit Verwendung des Mittelwertsatzes der Differentialrechnung, eine mit dem Monotoniekriterium und eine mit dem Hauptsatz der Differential- und Integralrechnung. Bei allen Dreien benötigen wir die Hilfsfunktion  

Beweis (Folgerung des Mittelwertsatzes)

Wir betrachten die Hilfsfunktion

 

Diese ist stetig und differenzierbar auf  . Weiter gilt

  1.  
  2.   für alle  

1. Möglichkeit: Mit Mittelwertsatz

Nach dem Mittelwertsatz gibt es für alle   ein   mit

  für alle  

2. Möglichkeit: Mit Monotoniekriterium

Aus 1. folgt, dass   monoton steigend auf   (sogar  ) ist.

  für alle   für alle  

3. Möglichkeit: Mit HDI

Nach Voraussetzung ist   integrierbar und wegen der Monotonie des Integrals gilt für alle  :

 

Nun ist aber nach dem HDI

 

Zur Anwendungsaufgabe: Wir definieren

 

und

 

Dann sind   und   auf   stetig und auf   differenzierbar mit

 

und

 

Weiterhin ist  . Da die Exponentialfunktion streng monoton steigend ist, gilt außerdem für alle  :

 

Mit der bewiesenen Aussage folgt daher für alle  :

 

Hinweis

Gilt in der vorherigen Aufgabe sogar   und   auf  , dann folgt   auf  .

Hinweis

Die verallgemeinerte Bernoulli-Ungleichung lässt sich sogar für alle   zeigen. Dabei gilt Gleichheit nur im Fall  .

Aufgabe (Mittelwertsatz für stetig differenzierbare Funktionen)

Sei   stetig, und auf   stetig differenzierbar. Zeige: Es gibt ein   mit  , unter Benutzung des Zwischenwertsatzes.

Lösung (Mittelwertsatz für stetig differenzierbare Funktionen)

Wir betrachten eine beliebige Funktion   mit den angegebenen Eigenschaften und deren Sekante durch die Punkte   und  . Die Steigung der Sekante ist gegeben durch den Differenzenquotienten  . Als nächstes sehen wir uns die Steigung des Graphen, also die Ableitungswerte der Funktion, im Intervall   an.

Fall 1: Der Funktionsgraph ist eine Gerade.

Dann ist die Ableitungsfunktion konstant und folglich gilt   für alle  .

Fall 2: Der Funktionsgraph ist keine Gerade.

Dann muss ein   existieren mit   oder  , damit   keine Gerade als Funktionsgraphen hat. Daraus wiederum folgt, dass ein   existiert mit   oder  , da der Graph bei   sonst nie den Funktionswert   annehmen kann. Insgesamt existieren also   mit  . Nach dem Zwischenwertsatz, der hier auf die Ableitungsfunktion anwendbar ist weil sie stetig ist, gibt es nun ein   mit  .

Also gibt es in jedem Fall ein   mit  .

Aufgabe (Unbeschränkte Ableitung und gleichmäßige Stetigkeit)

Sei   eine differenzierbare Funktion mit  . Beweise, dass dann   keine gleichmäßig stetige Funktion ist.

Beweis (Unbeschränkte Ableitung und gleichmäßige Stetigkeit)

Sei   eine differenzierbare Funktion mit  . Um zu zeigen, dass   nicht gleichmäßig stetig ist, muss gezeigt werden, dass es ein   gibt, so dass es für alle   reelle Zahlen   mit   und   gibt.

Wähle  . Sei nun   beliebig. Wegen   gibt es ein   mit   für alle   mit  . Nach dem Mittwelwertsatz der Differentialrechnung gilt dann für alle   mit  :

 

Wähle nun  . Es ist nach der obigen Abschätzung   und wir erhalten:

 

Damit ist   nicht gleichmäßig stetig.

Aufgabe (Anwendung des zweiten Mittelwertsatzes)

Seien   differenzierbar. Weiter gelte   für alle  . Zeige, dass dann auch

 

für alle   gilt.

Beweis (Anwendung des zweiten Mittelwertsatzes)

Seien   beliebig mit  . Dann sind   und   nach Voraussetzung auf   stetig und auf   differenzierbar. Dann gibt es mit dem zweiten Mittelwertsatz ein   mit

 

Da nach Voraussetzung   für alle   gilt, ist  .

Daraus folgt

 

Schrankensatz Bearbeiten

Aufgabe (Lipschitz-Stetigkeit von Funktionen)

Zeige, mit Hilfe des Schrankensatzes, dass die folgenden Funktionen Lipschitz-stetig sind. Bestimme außerdem geeignete Lipschitz-Konstanten.

  1.  
  2.  
  3.  

Lösung (Lipschitz-Stetigkeit von Funktionen)

Teilaufgabe 1: Für alle   gilt

 

Also hat   eine beschränkte Ableitung, und ist mit dem Schrankensatz daher Lipschitz-stetig. Weiter gilt für alle  

 

Daher ist   eine geeignete Lipschitz-Konstante.

Teilaufgabe 2: Hier ist für alle  :

 

Also ist   mit dem Schrankensatz ebenfalls Lipschitz-stetig. Außerdem gilt für alle  

 

Daher ist hier   eine geeignete Lipschitz-Konstante.

Teilaufgabe 3: schließlich gilt für alle  :

 

Also ist auch   mit dem Schrankensatz Lipschitz-stetig, und für alle   gilt

 

Daher ist   eine geeignete Lipschitz-Konstante.

Aufgabe (Variante des Schrankensatzes)

Sei   eine stetige Funktion, die auf   differenzierbar ist. Seien   zwei beliebige reelle Zahlen, so dass   für alle   ist. Beweise, dass für alle   die folgende Abschätzung erfüllt ist:

 

Beweis (Variante des Schrankensatzes)

Sei   eine stetige Funktion mit der Eigenschaften der Aufgabenstellung. Sei   beliebig. Ist   so ist   und  , so dass obige Abschätzung erfüllt ist. Sei also im Folgenden  .

Beweisschritt:  

Widerspruchsbeweis: Sei  . So ist  . Aus dem Mittelwertsatz der Differentialrechnung folgt, dass es ein   mit   gibt. Somit ist   im Widerspruch zu   für alle  .

Beweisschritt:  

Widerspruchsbeweis: Sei  . So ist  . Aus dem Mittelwertsatz der Differentialrechnung folgt, dass es ein   mit   gibt. Somit ist   im Widerspruch zu   für alle  .

Aufgabe (Lokale Lipschitz-Stetigkeit)

Sei   eine stetig differenzierbare Funktion, wobei   eine offene Teilmenge von   ist. Beweise, dass   lokal Lipschitz-stetig ist. Beweise also, dass es für alle   ein   gibt, so dass   auf   Lipschitz-stetig ist.

Beweis (Lokale Lipschitz-Stetigkeit)

Sei   eine stetig differenzierbare Funktion, wobei   offen ist. Sei   beliebig. Da   offen ist, gibt es ein  , so dass   ist. Wähle  . Dann ist  . Da   stetig ist, ist   auf   eine beschränkte Funktion.

Nun haben wir bereits bewiesen, dass differenzierbare Funktionen mit beschränkter Ableitung Lipschitz-stetig sind. Damit ist   auf   und damit auch auf   Lipschitz-stetig.