Augenheilkunde: Retina und Sehbahn
Retina
BearbeitenPapillenödem
BearbeitenÄt.: Optikusneuritis, Hirndruck (Hirntumor, Hirnblutung, SHT), Uveitis, Zentralvenenverschluß, Fundus hypertonicus, Morbus Horton.
Stauungspapille
BearbeitenBefund: Prominente Papille mit Randunschärfe und radiären Blutungen am Papillenrand. Vergrößerter blinder Fleck.
Commotio retinae (das Berlin-Ödem)
BearbeitenNetzhautödem mit weißlicher Verfärbung des gelben Flecks nach Trauma, günstige Prognose. Kein echtes Ödem im Sinne einer Wassereinlagerung, sondern eine Veränderung die durch Photorezeptorschädigung verursacht wird und lediglich wie ein Ödem aussieht.
Vitamin-A-Mangel
BearbeitenS.: Nachtblindheit und Lichtempfindlichkeit, Bitot-Flecke (Frühsymptom; weißliche, eingetrocknet erscheinende Flecke im Lidspaltenbereich der Conjunctiva), später Keratomalazie bis zur Erblindung.
Diabetische Retinopathie
BearbeitenEinteilung:
- nicht proliferativ - proliferativ
- einfach (eher nichtproliferativ) - kompliziert (eher proliferativ)
Ep.:
- Diabetische Retinopathie: nach 5 Jahren Diabetes: 20 bis 25%, nach 15 bis 20 Jahren ca. 95 Prozent.
- Proliferative Retinopathie nach 20 Jahren Diabetes: > 50 Prozent der Betroffenen.
- Typ-1 Diabetiker: proliferative Retinopathie bei 5 bis 7 % nach 5 bis 8 Jahren, ca. 20 % entwickeln auch nach langer Diabetesdauer (40 Jahre) nur eine milde nichtproliferative Retinopathie.
- Diabetische Makulopathie bei bis zu 15% der Diabetiker nach >15-jähriger Diabetesdauer.
Quelle: http://www.medizinfo.de/augenheilkunde/netzhaut/retinopathie.htm
verstärkende RF: schlechte Diabeteseinstellung, Dauer der Erkrankung, Alter, Rauchen, Niereninsuffizienz/Hämodialyse
Pathophysiologie:
- Hyperglykämie -> verstärkter Abbau im Polyolweg -> Glukose -Aldosereduktase-> Sorbit (ein Polyol) -Sorbitdehydrogenase-> Fruktose überführt. => vermehrte intrazelluläre Anreicherung von Sorbit und Fruktose -> osmotische Wirkung -> Ödem -> Zellschädigung
- Veränderung retinaler Gefäße (Mikroangiopathie) mit typischem frühen Untergang der Perizyten (Gefäßstützzellen)
- -> Ausbildung von Mikroaneurysmen
- -> non-perfusion-Areale
- -> Mikroinfarkte (cotton-woll-Herde)
- -> Störungen der Blut-Retina-Schranke -> Leckage (Exsudate) -> Punkt- und Fleckblutungen, harte Exsudate (Lipide)
- -> rezidivierende Einblutungen -> Vernarbungen -> Narbenzug -> Ablatio retinae
- Hyoxie -> VEGF -> intraretinale und intravitriale Kapillarproliferation (point of no return)
Einfache diabetische Retinopathie
BearbeitenÄt.:
- Veränderung retinaler Gefäße (Mikroangiopathie) mit typischem frühen Untergang der Perizyten (Gefäßstützzellen)
- -> Ausbildung von Mikroaneurysmen
- -> Störungen der Blut-Retina-Schranke -> Leckage
- -> Punkt- und Fleckblutungen
Komplizierte diabetische Retinopathie
Bearbeitenzusätzlich: Cotton-wool-Herde (lokale Infarkte), Gefäßneubildungen, Rubeosis iridis, rezidivierende Einblutungen -> Narben -> Narbenzug -> Ablatio retinae
Th.: Lasertherapie punktuell in der Peripherie der Netzhaut
Zentralvenenverschluss
BearbeitenÄt.: Arteriosklerose, Hypertonie, erhöhter intraokularer Druck (IOP)
S.: Schlechtersehen, gestaute Venen, Papillenödem, -stauung, Netzhautblutungen, Cotton-wool-Herde
Venenastverschluss
BearbeitenVerschluss einer retinalen Vene
Th.: Abklärung von bedingenden Risikofaktoren, bei Makulaödem intravitreale Injektionen, bei Ischämie Laserkoagulation, Hämodilution mit fraglichem Nutzen
Zentralarterienverschluss
BearbeitenS: Plötzliche, drastische Sehverschlechterung auf einem Auge ohne Schmerzen, Gesichtsfeldausfall entsprechend der Lage des Verschlusses, ausgeprägtes retinales Ödem, die Papille ist blass und ödematös, kirschroter Fleck (Ödem der Nervenfasern, Makula ist nervenfaserfrei und erscheint daher intensiver rot), u.U. afferenter Ausfall der direkten konsensuellen Lichtreaktion auf dem betroffenen Auge
Arterienastverschluss
BearbeitenS: Quadrantenausfall
Th.: Bulbusmassage, systemische Lyse, Rheologica
Fundus hypertonicus
BearbeitenStadien:
- I.: Verengung und Tortuositas der Arteriolen
- II.: starke arterielle Gefäßverengung, Gunn-Kreuzungszeichen
- III.: Netzhautblutungen, harte Exsudate (spritzerförmige weißliche Exsudate), Cotton-wool-Herde, Netzhautödem
- IV.: Papillenödem
Morbus Coats
BearbeitenEinseitige, angeborene, teleangieektatische Netzhautgefäße -> Exsudation, exsudative Amotio retinae
Th.: Laser, Kryokoagulation
Retinopathie praematurorum (Frühgeborenenretinopathie)
BearbeitenEntwicklungsstörung der Netzhautgefäße durch Frühgeburt/O2-Exposition.
Temporale Riesenzellarteriitis HORTON
BearbeitenÄt.: allergisch-hyperergisch, beginnt meist erst ab dem 65. Lj
Klinik:
- Arteriitis der A. temporalis, tastbar verhärtet, druckempfindlich, evtl. pulslos
- Evtl. Befall der A. centralis retinae (Papillenödem, Visusverschlechterung, Erblindungsgefahr!), Arteria subclavia u.a.
- Schmerzen beim Kauen, Müdigkeit, migräneartige Kopfschmerzen, subfebrile Temperaturen, BSG-Beschleunigung, CRP+, evtl. auch rheumatische Polymyalgie u.a.m.
Histo: Mediadestruktion durch riesenzellreiche Granulationen.
Chorioretinopathia centralis serosa
BearbeitenSeröse Abhebung der Netzhaut und/oder des retinalen Pigmentepithels durch Defekt der äußeren Blut-Netzhaut-Schranke
Ep.: oft Männer zwischen 30 und 40
S.: Sehverschlechterung, zentrale relative Gesichtsfeldausfälle (dunkler Fleck), Verzerrtsehen
Th.: watch-and-wait, Laser
Retinopathia solaris
BearbeitenÄt.: Verbrennungsschaden der Fovea centralis
Klinik: reduziertes Sehvermögen, zentrales Skotom, Verzerrtsehen
Resochin-Makulopathie
BearbeitenÄt.: Veränderungen des Pigmentepithels
Klinik: langsame progrediente Visusverschlechterung, Verschlechterung von Farbsehen und Kontrastwahrnehmung
Fundus myopicus
Bearbeiten- Dehnungsveränderungen von Netzhaut, Aderhaut, Bruch-Membran bei verlängertem Bulbus
- peripapilläre chorioretinale Atrophie
- Staphyloma posticum verum - glockenförmige Aussackung des birnenförmig gedehnten hinteren Augenpoles mit maximaler Verlängerung der Bulbusachse, das Extrem der myopischen Bulbusdehnung
- hintere Glaskörperabhebung
- Blutungen und Pigmentablagerungen in der Macula lutea
Morbus Stargardt
BearbeitenMakulodystrophie, vom retinalen Pigmentepithel ausgehend
Ep.: 10 - 20 Lj.
Morbus Best
BearbeitenErbliche Läsion, in Makulabereich, EOG pathologisch bei normalen ERG,
- Symptome: Verschwommensehen, Metamorphopsie, Verzerrtsehen
- Funduscopie: gelbe Flecken mit unscharfen Ränder auf RPE-Niveau, Uni- bilateral, einzeln, multiple , Exzentrisch und- oder im Makulabereich , gelbeläsion 0,5-3 PD
Pseudohypopyon, , Rührei, Hypertrophie Fibröse, Weiße Makulanarbe,
- Hyperopie, Strabismus, seröse Netzhautablösun
- Meist 4.-10 Lebensjahr
- Visus meisten >0,4
Retinopathia pigmentosa
BearbeitenÄt.: rezessiv erblich (geschlechtsgebunden), gelegentlich auch toxisch bedingt (Phenothiazine, Chloroquin)
Klinik:
- fortschreitende tapeto-retinale Degeneration
- Gesichtsfeldausfälle, -einengungen (Skotom, Tunnel), Farbsinnstörungen und Nachtblindheit im Kindesalter
- Gefäßverengung
- " Knochenbälkchen"-ähnliche Pigmenteinlagerungen von der Peripherie ausgehend
- Potentialverminderung im ERG
- oft kombiniert mit Taubstummheit, Farbenblindheit, geringer Intelligenz usw. bei der erblichen Form
Retinochorioiditis toxoplasmotica
BearbeitenÄt.: fokale Netzhaut-Aderhaut-Entzündungen durch Toxoplasma gondii
Klinik: grauweiße retinochorioiditische Herde mit umgebender Glaskörperinfiltration und begleitender Vaskultis
Th.: Bis zur 16.SSW Spiramycin, danach Kombination aus Pyrimethamin, Sulfadiazin und Folinsäure in Zyklen von vier Wochen mit vierwöchigem freien Intervall.
Proph.: Antikörpertest in der Schwangerschaft, Antikörper-negative Schwangere sollten den Kontakt zu Katzen meiden, nicht das Katzenklo reinigen, ebenso auf den Genuß von nicht durchgegartem Fleisch und auf Gartenarbeit verzichten. Notfalls Handschuhe tragen.
Symptome:
- eingeschränktes Dämmerungssehen im Alter von 6-12 Jahren
- fortschreitend bis totaler Nachtblindheit
- peripheres Skotom, nach innen fortschreitend, zentraler Visus meist lange gut
- mehr oder weniger Myopie
- Blau-Gelb-Blindheit
- Röhrengesichtsfeld im Endstadium, 50% der Fälle führen zur Erblindung
- Sekundärglaukom
- Katarakt
CMV-Retintis
BearbeitenÄt.: Meist im Rahmen von AIDS auftretende opportunistische virale Infektion bzw. Reaktivierung.
S.: Typisch sind einseitig auftretende schmerzlose Gesichtsfeldausfälle, verschwommenes Sehen, Visusverschlechterung oder andere pathologische Sinneswahrnehmungen. Das Auge erscheint dabei äußerlich unauffällig.
S.: Ophthalmoskopisch findet man meist peripher gelegene weißliche Veränderungen oder Blutungen.
D.: klinisch, schwierig.
DD.: Chorioretinitis durch Toxoplasma gondii, Cotton-wool-Herde.
Th.: Systemische Akut- und Dauertherapie mit Foscarnet und/oder Ganciclovir.
Prg.: Die Ausfälle sind irrversibel. Bei zu spät einsetzender Behandlung kommt es erst zur einseitigen, dann zur beidseitigen Erblindung. Die Quote der Erblindung liegt bei ca. 54 %
Makulaforamen
BearbeitenEp.: 6.-8. Dekade
Klinik: zentraler Gesichtsfeldausfall
Th.: Pars-plana-Vitrektomie und Peeling der epiretinalen Membran, ggf. Endotamponade
Ablatio retinae (Netzhautablösung)
BearbeitenDef.: Abhebung der neurosensorischen Netzhaut vom Pigmentepithel mit Funktionsverlust
RF.: Myopie, Diabetes mellitus, Aphakie, Tumore, Alter, Trauma
Klinik: Gesichtsfeldausfälle, typisch: "fallender Vorhang", evtl. Verlust der zentralen Sehschärfe, Lichtblitze, flottierende dunkle Trübungen im Gesichtsfeld, Glaskörperblutungen.
Rhegmatogene Netzhautablösung
BearbeitenÄt.: Netzhautriss, -loch -> Eindringen des Glaskörpers unter die Netzhaut
Klinik: Lichtblitze, Schwarm schwarzer Punkte (Russregen) bei Gefäßeinriß
Traktionsablation
BearbeitenÄt.: bei Myopie, Narbenzug
Exsudative Netzhautablösung
BearbeitenÄt.: Entzündliche oder tumoröse Infiltrate
Therapie
Bearbeiten- kausal
- Lochverschluss
- Kryobehandlung
- Plombe
- Cerclage
- Glaskörperchirurgie
- Laserbehandlung
Altersbedingte Maculadegeneration (AMD)
BearbeitenKlinik: Zentralskotom, Verzerrtsehen
Formen:
- trocken (in 80 %): Drusen, Verdickung der Bruch-Membran und Hypoxie. Langsam progredient. Th.: keine bekannt
- feucht (in 20 %): Aggressive Form der AMD. Narben, Netzhautzerstörung. Th.: Intravitreale Injektion von Antikörpern gegen den Vascular Endothelial Growth Factor (VEGF), z.B. Ranibizumab (Lucentis®) oder Bevacizumab (Avastin®, kostengünstiger, aber nicht zugelassen -> off-label-use).
Farbenfehlsichtigkeit
BearbeitenTrichromasie - normale Farbsichtigkeit
Dichromasie - Erkennen von nur 2 der 3 Grundfarben
Formen:
- Protanomalie, -anopie - Rotfehlsichtigkeit/- blindheit
- Deuteranomalie, -anopie - Grünfehlsichtigkeit/- blindheit
- Tritanomalie, -anopie - Blaufehlsichtigkeit/- blindheit
- Stäbchenmonochromasie - nur Schwarz-Weiss-Wahrnehmung
Aderhautmelanom
BearbeitenTh.: Thermotherapie (45-65°C), Problem: limitierte Eindringtiefe, Wärmekonvektion -> Nachkontrolle!
Retinoblastom
BearbeitenEp.: Kleinkindhalter
Ät.: Mutation beider Allele des Retinoblastom-Tumorsuppressorgens (Chromosom 13q14). In etwa der Hälfte der Fälle sporadisch (zufällige somatische Mutation beider Allele -> meist unilokulär), in der anderen Hälfte der Fälle autosomal-dominant erblich heterozygote Inaktivierung eines Allels mit hoher Wahrscheinlichkeit, dass durch hinzukommende somatische Mutationen in vielen Zellen beide Allele inaktiviert werden (-> meist bilateral und multilokulär).
S.: Leukokorie (amaurotisches Katzenauge) - Weißes Aufleuchten der Pupille.
Th.: Stadienabhängig.
Netzhautmetastasen
Bearbeitenhäufig MammaCa und BronchialCa
Phakomatosen
Bearbeiten- Morbus von Recklinghausen (Neurofibromatose)
- Morbus Pringle-Bourneville
- Sturge-Weber-Syndrom
- Retino-zerebelläre Angiomatose (Morbus von Hippel-Lindau)
Näheres siehe im Buch Klinische Humangenetik.
Sehbahn
Bearbeiten- Retina
- Nervus opticus (eigentlich kein peripherer Nerv, sondern eine Verlängerung des Gehirns, Tractus) - leitet die Information eines Auges - Läsion -> Ausfall eines Auges
- Chiasma opticum
- die lateralen Anteile (mediale Gesichtshälfte) führen zur gleichseitigen Sehrinde
- die medialen Anteile (laterale Gesichtshälfte) kreuzen zur Gegenseite - mediale Läsion/Kompression -> heteronyme bitemporale Hemianopsie (Scheuklappenblick)
- Tractus opticus - leitet die Information der entgegengesetzten Gesichtshälfte - Läsion -> homonyme Hemianopsie (gleichseitiger Gesichtsfeldausfall) der Gegenseite
- Sehrinde: Läsionen ähnlich, Zentralskotom möglich, wenn Sehrinde genau in der Mitte geschädigt ist.
Neuritis nervi optici (Retrobulbärneuritis)
BearbeitenÄt.: Multiple Sklerose (Encephalomyelitis disseminata)
S.: Visusverschlechterung, Zentralskotom, Schmerzen bei Augenbewegungen.
D.:
- Augenhintergrund ophthalmoskopisch o.p.B.
- VEP (visuell evozierte Potentiale) verzögert
Toxische Sehnervschädigung
BearbeitenÄt.: Übermäßiger Tabak- und Alkoholgenuss bei gleichzeitiger Eiweiß- und Vitamin-B-armer Ernährung (Zyanidspuren in schlecht fermentiertem Tabak, Methylalkoholgehalt von bis zu drei Prozent in selbst gebranntem Schnaps.), Methylalkohol, Ethambutol (Tuberkulostatikum), Chinin, Schwermetalle wie Arsen, Blei und Brom