Formales Teil 1 Teil 2 Teil 3


Hinweise für Fortgeschrittene

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Auch an dieser Stelle sei es nochmal gesagt: Wer sich an der Verbesserung des Schachbuchs beteiligen möchte, ist dazu herzlich eingeladen. Erste Anlaufstellen sind die Projektdefinition und die Diskussionseite mit der Todo-Liste.

Allgemeines

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„François-André Philidor, ein Komponist und Zeitgenosse von Mozart und Haydn, war nebenbei auch noch ein guter Schachspieler. Tatsächlich gilt er heute als der beste Schachspieler seiner Zeit. Als nun der französische König das Spiel erlernen wollte, suchte er sich natürlich den besten Fachmann von allen als Lehrer aus, nämlich Philidor. Nach einer Weile aber wollte der König gerne eine Bewertung seiner schachlichen Fortschritte haben. Damit war es nicht weit her, doch so etwas sagt man seinem König nicht ins Gesicht. Philidors Antwort lautete: ‚Eure Majestät, es gibt drei Arten von Schachspielern, solche, die es gar nicht spielen, solche, die es schlecht spielen, und solche, die es gut spielen. Eure Majestät haben sich bereits zur zweiten Stufe emporgeschwungen.‘“

Wenn man sich durch die Grundregeln gekämpft und gegen einen Bekannten die ersten Partien gespielt hat, dann stellt man schnell fest, daß man jetzt zwar Schach spielen kann, aber mit dem Gewinnen hapert es noch. Direkt beim ersten Zug stellt sich die Frage „Was wäre ein sinnvoller Anfangszug?“, und insofern scheint es logisch, sich zuerst mit der Eröffnungsphase zu beschäftigen und für das Durchstehen derselben zu trainieren. Leider ist es die Aufgabe der Eröffnungsphase, ein günstiges Mittelspiel zu erreichen, und weil man als Anfänger das Mittelspiel noch nicht einmal ansatzweise versteht, kann man die Ideen der Eröffnung ebenfalls nicht verstehen. Und jetzt kommt es zu einer verhängnisvollen Entwicklung: Viele Anfänger, auch der Autor damals, beschäftigen sich mit der Eröffnung, indem sie Eröffnungsvarianten vollkommen ohne Verständnis auswendig lernen und durch die umfangreiche Kenntnis von Eröffnungsfallen auch noch Erfolgserlebnisse haben. Ich persönlich kannte die russische Eröffnung, die sich durch ein ruhiges, friedliches Dahinplätschern der Partie auszeichnet, bis zum 10. Zug auswendig, bevor ich erkannt habe, daß sie meiner Spielweise im Mittelspiel überhaupt nicht gerecht wird. Dann erst konnte ich auf die Drachenvariante der sizilianischen Verteidigung und zu ähnlich scharfen und wilden Eröffnungen überwechseln. Das Konzept ging auf, drei Jahre später habe ich drei Ligen höher gespielt.

Ich bevorzuge heute einen zielgerichteten Lernansatz. Das Ziel des Spiels ist, wie eingangs erwähnt, den Gegner matt zu setzen. Also sollte man nach der sicheren Beherrschung der Grundregeln zuerst einmal lernen, wie man matt setzt, und zwar zuerst in elementaren Situationen. Wenn man das nicht aus dem Effeff beherrscht, dann braucht man gar nicht erst zu versuchen, im Mittelspiel einen Mattangriff zu starten.

Wenn man diese elementaren Situationen im Griff hat, dann kann man seine Lernbemühungen darauf richten, wie man typische komplexe Mittelspielsituationen in günstige Elementarsituationen abwickelt. Damit kann man dann lernen, welche Eröffnungen zu den Mittelspielen führen, die man gut beherrscht. Diesem Ansatz entsprechend habe ich die weiteren Ausführungen aufgebaut.

Nun mag der Leser einwenden: „Wo bleibt denn da der Spielspaß?“. Eine berechtigte Frage, ein Kompromiss ist nötig. Eine Trainingssitzung sollte also die gesamte Bandbreite der Schachpartie umfassen: Ein Viertel der angesetzten Zeit sollte in das Thema Endspiele investiert werden, ein weiteres in das Thema Mittelspiele, eines in das Thema Eröffnungen und das letzte sollte sich der Partie als Ganzem widmen. Auch hier habe ich die Endspiele an den Anfang der Sitzung gestellt. Die angenehmen Trainingsteile sollte man sich für den Schluss aufheben, als Motivation für die trockenen und langweiligen Trainingsteile.

Jetzt haben wir uns ein ungefähres Trainingsprogramm festgelegt, und schon stellt der Anfänger fest, daß ihm noch wesentlich fundamentalere Grundlagen fehlen: Der Gegner nimmt ihm immer die schönen Steinchen weg.

Jeder Schachspieler hat als erstes zu lernen, seine Steine nicht einfach stehen zu lassen, sondern auch für deren Sicherheit zu sorgen. Er sollte ein Auge dafür entwickeln, welche Steine der Gegner aufs Korn nimmt. Der Schachspieler sollte sich nach jedem einzelnen Zug des Gegners zuerst fragen: "Was droht?". Dabei muß er natürlich zunächst die einfachen Drohungen bemerken, nämlich welche Steine konkret bedroht sind.

Um ein guter Schachspieler zu werden, gibt es nur zwei Rezepte: 1. Üben, üben, üben! Und 2. Trainieren, trainieren, trainieren!

Dafür braucht man den richtigen Trainingspartner, am besten jemanden, der schon ein kleines bisschen weiter ist in seiner Spielstärke. Und kaum hat man diesen Stand erreicht, und lässt seine Figuren nicht mehr ungeschützt im Schussfeld des Gegners herumstehen, fängt der auch schon mit Tricks wie Fesselung, Gabel und Spieß an, und man verliert seine Figuren schon wieder, diesmal auf höherem Spielniveau. Das ist das Schöne am Schach: Es geht immer noch komplizierter, aber umso schöner ist das Gefühl, wenn man damit keine Probleme mehr hat.

Insbesondere für das Training von vollständigen Partien ist es günstig, einen Trainingspartner zu haben. Ich ermutige die Leser, schon frühzeitig mit einem örtlichen Schachklub Verbindung aufzunehmen; die Steigerung der Spielstärke ist dadurch enorm. Natürlich kommt man sich dann in der Anfangsphase wie ein geprügelter Hund vor, aber daran ändert sich auch nichts, wenn man vorher fünf Jahre lang intensiv zu Hause trainiert, die Prügelphase verkürzt sich dadurch nur unwesentlich. Dort kann man sich auch ausgiebig über weitere Trainingshilfsmittel informieren, beispielsweise, welcher Schachcomputer besonders lerngeeignet ist, wie eine Schachdatenbank funktioniert und welche Bücher gerade aktuell und gut sind. Die besonders Mutigen können sich auch direkt in der Anfangszeit einen Platz in einer der unteren Mannschaften des Vereins sichern. Keine Sorge, man genießt hier eine gewisse Narrenfreiheit und kann hier nicht wirklich etwas falsch machen, aber viel lernen.

Ob man jetzt einen festen Trainingspartner hat, oder wechselnde Trainingspartner im Schachklub: Sie sollten viele ihrer Partien mitschreiben. Für einen Trainingseffekt ist es wenig nützlich, wenn die Spieler in den Schachklubs fast immer nur blitzen (siehe Schachuhr). Das Mitschreiben an sich führt schon zu einer erhöhten Sorgfalt beim Spiel der Partie. Selbstverständlich wird die Partie damit reproduzierbar und kann erst dadurch später analysiert werden. Bei mitgeschriebenen Partien haben Sie die wichtige Möglichkeit zu einer Fehleranalyse und zur direkten Verbesserung Ihres Spiels.

Ein Fehler ist es übrigens auch, wenn Sie Züge völlig unmotiviert ausführen, einfach weil Sie keinen Plan haben. Wenn das der Fall ist, sollten Sie den Zug auf Ihrem Partieformular kennzeichnen, und hinterher ausgiebig analysieren. Jeder Zug, den sie ausführen, sollte einen Grund haben! Ist das nicht der Fall, dann ist das ein deutlicher Hinweis auf ein Defizit in Ihrem Spiel, nämlich vermutlich mit genau dem Stellungstyp, den Sie an dieser Stelle vorliegen haben. Und jetzt hilft die Mitschrift der Partie erst richtig: Spielen Sie die Partie nach, bis zu diesem Punkt, charakterisieren Sie den Stellungstyp, und lernen Sie gezielt, mit diesen oder ähnlichen Stellungstypen umzugehen, am besten mit der Hilfe von einem erfahrenen Schachspieler.

Noch ein guter Tipp: Seien sie wachsam! Spulen Sie die hier gelernten Konzepte nicht einfach herunter, sondern überlegen Sie immer gut, ob sie auch in Ihrer Position anwendbar sind, oder ob es Gegenanzeigen gibt. Lassen Sie keine Routine einreißen.