Medizinische Biologie: Einführung in die Mikrobiologie



Prionen Bearbeiten

Prionen sind sehr kleine (10-15 nm) Nukleinsäure-freie infektiöse Proteinpartikel. Der Begriff Prionen leitet sich von der englischen Bezeichnung „proteinaceous infectious agents“ ab. Prionen stellen fehlgefaltete (beta-Faltblattstruktur-reiche) wasserunlösliche Proteine dar, die ähnlich wie Chaperone andere Proteine umfalten können, hier jedoch in die pathologische Form. Dadurch kann es zu einer tödlichen Kettenreaktion kommen, die z.B. im ZNS zu Protein-Ablagerungen führt und dadurch den Zellstoffwechsel beeinträchtigt und das Nervengewebe zerstört. Als große Besonderheit können Prionenerkrankungen gleich auf 3 Wegen entstehen. Sie können übertragen werden, sie können vererbt werden (Neigung des physiologischen Proteins zur Umfaltung) und sie können spontan entstehen. Meist befallen sie das ZNS. Beispiele für familiäre Prionenerkrankungen sind die (familiäre) Creutzfeldt-Jakob-Krankheit (CJD), das Gerstmann-Sträussler-Scheinker-Syndrom (GSS) und die Tödliche Familiäre Insomnie (FFI). Transmissible Prionenerkrankungen sind z.B. Kuru und die Bovine Spongiforme Enzephalopathie (BSE), die auf die Scrapie der Schafe zurückgeht und in jüngerer Zeit über nicht ausreichend erhitztes Tiermehl auf Rinder übertragen wurde. Zahlreiche Menschen haben sich in der Folge über die Nahrung mit BSE infiziert und eine ebenfalls tödliche neue Variante der CJD (nvCJD) entwickelt. Prionen widerstehen allen herkömmlichen Desinfektionsverfahren und sind extrem widerstandsfähig gegenüber Hitze, UV- und Gamma-Bestrahlung.

Viren Bearbeiten

 
Einige Vertreter aus der behüllten Herpesviridae- Familie, EM.

Viren sind unbelebt und besitzen keinen eigenen Stoffwechsel, daher können sich nur in lebenden Zellen (Prokaryonten oder Eukaryonten) vermehren. Tierische Viren sind rund, ikosaedrisch (20-flächig), geschoßförmig oder helikal. Sie bestehen aus Proteinen und dem Erbmaterial in Form der Ribonukleinsäure (RNA-Viren) oder Desoxyribonukleinsäure (DNA-Viren). Behüllte Viren besitzen zusätzliche zu ihrem Nukleokapsid (der Nukleinsäure-Protein-Partikel) eine Lipidmembran, die von der Wirtszelle abstammt. Teilweise integrieren sie ihr Genom in die Wirts-DNA und können damit auch als reine genetische Information lange Zeit latent (ruhend) im Organismus verbringen, ohne das Virusproteine oder -partikel im Gewebe nachweisbar sein müssen. Viren zeigen in ihrem reduktionistischen Aufbau eine beeindruckende Synthese aus Einfachheit und Funktionalität. Evolutionär gesehen handelt es sich um Zellbestandteile, die ein Eigenleben entwickelt haben und nun als „vagabundierende Gene“ zwischen Wirts-Individuen und sogar -Arten umherreisen.

Die Schädigung des Organismus durch die Zellparasiten erfolgt je nach Virus durch die Interferenz mit dem Zellstoffwechsel, durch Ablagerung von Virusprotein in der Zelle, durch Zerstörung der infizierten Zelle im Rahmen der Virusfreisetzung, durch die Abwehrreaktion des Organismus und durch die Induktion von Tumoren durch die in das Wirtsgenom integrierte virale DNA (virale Onkogene).

Bakterien Bearbeiten

 
Das Darmbakterium Escherichia coli, SEM.

Bakterien sind Prokaryonten. Von den Millionen Spezies sind vergleichsweise wenig humanpathogen. Bakterien bestimmen das Leben auf der Erde. Hinsichtlich des Aufbaus ihrer Zellwand und der damit zusammenhängenden Färbe-Eigenschaft in der Gram-Färbung unterscheidet man Gram-positive von Gram-negativen Bakterien. Bei ersteren besteht die Zellwand aus einer dicken Schicht Murein (Peptidoglycan), bei letzteren aus einer dünnen Murein-Schicht gefolgt von einer zusätzlichen zweiten mit Lipopolysacchariden (LPS) angereicherten Membran.

Seit wenigen Jahrzehnten ist der Mensch in der Lage bakterielle Infektionen mit Antibiotika zu behandeln. Erfunden wurden sie jedoch nicht vom Menschen, sondern von anderen Ein- und Mehrzellern wie z.B. Schimmelpilzen, die sich im Überlebenskampf gegenüber prokaryontischen Konkurrenten und Fressfeinden zur Wehr setzen müssen. Im Folgenden exemplarisch einige Antibiotika mit ihren Ansatzpunkten:

  • Störung der Zellwandsynthese (Murein-Bildung) durch Hemmung der D-Alanyl-D-Alanin-Transpeptidase (EC 3.4.16.4):
    • β-Lactam-Antibiotika wie z.B. Penicilline und Cephalosporine
  • Störung der Translation:
    • Tetrazykline wie z.B. Doxycyclin
    • Aminoglykoside wie z.B. Gentamicin und Streptomycin
    • Makrolide wie z.B. Erythromycin
    • Chloramphenicol
  • Störung der DNA- und RNA-Synthese:
    • Rifampicin hemmt die RNA-Polymerase
    • Fluorchinolone wie z.B. Ciprofloxacin hemmen die bakterielle Gyrase (Topoisomerase)
    • Trimethoprim und Sulfamethoxazol (Kombipräparat: Cotrimoxazol) hemmen die Synthese von Nukleotiden durch die Störung des Folat-Stoffwechsels. Trimetoprim hemmt dabei die Dihydrofolat-Reduktase (DHFR), die die biologisch aktive Tetrahydrofolsäure (THF) zur Verfügung stellt. Sulfamethoxazol ist ein Analogon der para-Aminobenzoesäure, einem Folsäure-Baustein, und hemmt als Hemmstoff am bakteriellen Folatsyntheseenzym die Folsäure-Synthese.
    • Metronidazol bewirkt DNA-Strangbrüche

Parasiten Bearbeiten

 
Ringformen von Plasmodium falciparum, dem Erreger der Malaria tropica in Erythrozyten.
 
Lebenszyklus der Plasmodien.

Gliederfüßer wirken oft als Überträger von Infektionserkrankungen, selten führen sie selbst zur Erkrankung. Parasitische Protozoen und Würmer zeigen oft einen komplexen Lebenszyklus über einen oder mehrere Wirte und können den Menschen als Zwischenwirt, Endwirt oder Fehlwirt befallen. Taxonomische Einteilung:

  • Eukaryonten
    • Einzeller (Protozoen) - Bsp.: Plasmodium falciparum (Malaria tropica), Entamoeba histolytica (Amöbenruhr), Giardia lamblia (Giardiasis).
    • Mehrzeller
      • Arthropoden (Gliederfüsser) - Bsp.: Ixodes ricinus (Zecke, Überträger der Borreliose und FSME), Anopheles-Mücke (Überträger der Malaria), Aedes-Mücke (Überträger von Dengue und Gelbfieber).
      • Würmer - Bsp.: Taenia solium (Schweinebandwurm), Schistosoma spp. (Schistosomiasis).

Pilze Bearbeiten

Mehrzellige Eukaryonten, heterotroph (keine Photosynthese!).

Bsp.: Candida albicans (Hefepilz), Aspergillus flavus (gelber Gießkannenschimmel), Dermatophyten (Hautpilze, versch. Spezies)

Humanpathogene Pilze können z.B. folgende Erkrankungen hervorrufen:

  • Pilzvergiftung durch Verzehr giftiger Pilze (α-Amanitin im Knollenblätterpilz) oder verschimmelter Lebensmittel (Aflatoxine).
  • Allergische Reaktionen (Asthma bronchiale) z.B. durch Aspergillus-Sporen.
  • Oberflächliche oder invasive Mykosen. Letzteres tritt besonders bei Immunschwäche auf (AIDS, Chemotherapie).