Histologie: Epithelgewebe



Allgemeines zum Epithel

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Epithelien bedecken Oberflächen, sind gefäßfrei (Ernährung durch Diffusion aus darunterliegendem Bindegewebe) und sitzen auf einer Basalmembran, wobei dieser Kontakt durch Laminin und Wurzelfüßchen der Epithelzellen vermittelt wird.

Die Basalmembran wird von den Epithelzellen produziert und besteht aus einer Basallamina und einer Lamina fibroreticularis:

  • Die Basallamina ist aufgebaut aus
    • Lamina rara (epithelnah, ohne deutliche Struktur),
    • Lamina densa (epithelfern, Kollagen Typ IV mit Grundsubstanz).
  • Die Lamina fibroreticularis verbindet die Basallamina mit dem Bindegewebe (mittels Fibronektin) und besteht v. a. aus Kollagen Typ III.

Die Epithelzellen sind miteinander eng verzahnt, so dass nur mehr feine mit Interzellularsubstanz gefüllte Interzellularspalten übrig bleiben. Diese Verzahnung leisten Desmosomen, die über Intermediärfilamente miteinander verbunden sind (trajektorieller Bau). An der Oberfläche finden sich Tight junctions (= Zonulae occludentes). Einschichtige Epithelien sind durch den Haftkomplex (= Tight Junction + Zonula adhaerens + Desmosom) charakterisiert.

Epithelzellen haben oftmals eine besonders gestaltete Oberfläche. Derartige Spezialstrukturen sind:

  • Crusta: unter der Zellmembran liegende Vesikel; dienen der potentiellen Oberflächenvergrößerung, auch Schutzfunktion.
  • Mikrovilli: unbewegliche Ausstülpungen der Zellmembran, durch Aktin stabilisiert; dienen der Oberflächenvergrößerung;
    • Bürstensaum: Gesamtheit vieler Mikrovilli, v. a. in Geweben mit hoher Resorptionsleistung,
    • Stereozilien: besonders lange Mikrovilli,
  • Kinozilien (= Flimmerhaare): bewegliche Ausstülpungen der Zellmembran, stabilisiert durch Mikrotubuli (9 Nexin-verbundene Mikrotubuli-Dubletten + 2 zentrale Mikrobululi), die durch Dynein (ein ATP-spaltendes Motorprotein) miteinander verbunden sind und gegeneinander abgeschert werden können; gehen aus Basalkörpern (9 Mikrotubuli-Tripletts) hervor; geordnete Kinozilien-Bewegung (Flimmerstrom) aufgrund elektrochemischer Kopplung der Zellen mittels Gap Junctions.
  • Cuticula: feste Deckschicht auf der Oberfläche.

Deckepithelien

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Von links nach rechts: 1. oben: einschichtiges Plattenepithel, unten mehrschichtiges unverhorntes Plattenepithel, 2. oben: einschichtiges kubisches Epithel, unten: mehrschichtiges kubisches Epithel, 3. oben: einschichtiges Zylinderepithel, unten: einschichtiges mehrreihiges Epithel, 4. Übergangsepithel (= Urothel)

Einschichtige Epithelien

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Einschichtiges Plattenepithel

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Morphologie: Platte polygonale Zellen, die eine geschlossene Fläche aus einer einzigen Zelllage bilden.

Eigenschaften: Einfache und dünne Abdeckung von Geweben, Bildung von Verschiebeflächen, ermöglicht guten Stoffaustausch (Diffusion).

Vorkommen: Endothel der Blutgefäße, Endokard, Mesothel (Perikard, Pleura, Peritoneum), Alveolen, Amnion, Innenseite der Cornea, BOWMAN-Kapsel.

Einschichtiges kubisches (= isoprismatisches) Epithel

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Morphologie: Würfelförmige Zellen, die eine geschlossene Fläche aus einer einzigen Zelllage bilden.

Eigenschaften: Stoffwechselaktive Zellen mit sekretorischen und resorptiven Aufgaben.

Vorkommen: Exokrine Drüsen, Nierentubuli, Augenlinse, Plexus choroidei, Pigmentepithel der Retina

Einschichtiges Zylinderepithel (= hochprismatisches Epithel)

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Morphologie: Längliche säulenförmige Zellen, angeordnet in einer Schicht, die ovalen Zellkerne bilden nahezu eine Linie.

Eigenschaften: Zellen mit ausgeprägter Barrierefunktion. Die Zellen sind entweder stoffwechselaktiv und erfüllen sekretorische und resorptive Aufgaben (Magen-Darm-Trakt) oder Transportfunktionen tangential zur Epitheloberfläche (Atemwege, Eileiter).

Vorkommen:

  • Respiratorisches Epithel in Nase, Nasennebenhöhlen, Bronchiolen - Die hochprismatischen Zellen sind mit Kinozilien ausgestattet (Zylinderflimmerepithel), die Schleim und eingeatmeten Staub Richtung Nasenausgang bzw. aus der Lunge Richtung Rachen transportieren.
  • Magen
  • Darm - Die Epithelzellen des Darms tragen zahlreiche kleine Fortsätze (Mikrovilli) zur Oberflächenvergrößerung. Im Lichtmikroskop erkennbar als Mikrovillisaum.
  • Gallenwege
  • Tuba uterina - Das Epithel der Eileiter trägt Kinozilien zur Bewegung von Flüssigkeit und Eizelle Richtung Uterus

Einschichtiges mehrreihiges Epithel

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Morphologie: Alle Zellen haben Kontakt zur Basalmembran, die Zellkerne liegen in unterschiedlicher Höhe (Reihen).

Eigenschaften: Größere Resistenz gegenüber physikalischem Stress

Vorkommen:

  • Samenleiter - Zweireihig, die Zellen besitzen lange Mikrovilli.
  • Trachea und Kehlkopf - Die hochprismatischen Zellen des mehrreihigen Deckgewebes sind mit Kinozilien ausgestattet (Zylinderflimmerepithel), die eingeatmeten Staub Richtung Rachen transportieren.

Mehrschichtige Epithelien

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Die Erneuerung mehrschichtiger Epithelien erfolgt von der Basis aus: Zellen wandern in höhere Schichten und machen die entsprechenden Differenzierungsstadien durch.

Die Bennenung der Epithelien richtet sich nach der obersten Schicht.

Mehrschichtige Plattenepithelien

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Mehrschichtiges unverhorntes Plattenepithel
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Morphologie: Dickes Epithel mit ausgeprägter Schichtung. Die Zellen entwickeln sich aus den eher runden bzw. polygonalen Basalzellen, die am Epithelgrund auf der Basalmembran liegen, lösen sich dann ab und wandern zur Oberfläche. Dabei werden sie zunehmend flacher und am Ende abgestoßen. Drei Schichten:

  • Stratum basale (Basalzellschicht, Keimschicht)
  • Stratum spinosum (Stachelzellschicht) - Die Zellen sind durch Desmosomen verknüpft, die lichtmikroskopisch Stacheln ähneln.
  • Stratum superficiale (oberflächliche Schicht) - Die Zellen verlieren teilweise ihre Zellkerne und werden abgestoßen.

Stratum basale und Stratum spinosum werden zum Stratum germinativum (Keimschicht) zusammengefasst.

Eigenschaften: Hohe mechanische Stabilität bei guter Adaptation an feuchte Verhältnisse.

Vorkommen: Schleimhaut in Mundhöhle, Rachen, Ösophagus, Vagina, Analregion, Außenschicht der Cornea

Mehrschichtiges verhorntes Plattenepithel
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Morphologie: Ausgeprägte Schichtung, apikal Verhornung (Keratinbildung und Absterben der Keratinozyten). Fünf Schichten:

  • Stratum basale (Basalzellschicht, Keimschicht)
  • Stratum spinosum (Stachelzellschicht) - Die Zellen sind durch Desmosomen verknüpft, die lichtmikroskopisch Stacheln ähneln, einsetzende Keratinbiosynthese.
  • Stratum granulosum (Körnerschicht) - Die Zellen zeigen lichtmikroskopisch Keratohyalingranula als Zeichen der Hornbildung, Kernverlust
  • Stratum lucidum (helle Schicht), kommt nur in der Leistenhaut vor
  • Stratum corneum (Hornschicht) - Bestehend aus abgestorbenen Zellen, die ihr Keratin freigesetzt haben. Eingelagerte Fette erhöhen die Geschmeidigkeit und wasserabweisende Wirkung.

Stratum basale und Stratum spinosum werden zum Stratum germinativum (Keimschicht) zusammengefasst.

Eigenschaften: Hohe mechanische Stabilität, widerstandsfähig gegenüber physikalischen Einwirkungen, wasserabweisend, nur geringer Wasserverlust.

Vorkommen: Epidermis (Epithel der Haut)

Ausprägungen:

  • Leistenhaut mit dicker Hornschicht - Eigenschaften: Hohe mechanische Widerstandsfähigkeit. Vork.: Handfläche und Fußsohle
  • Felderhaut mit dünnerer Hornschicht - Vorkommen: Restliche Körperoberfläche

Mehrschichtiges hochprismatisches Epithel

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Morphologie: Schichtung, die Zellen der obersten Schicht sind zylindrisch, die darunterliegenden Zellen eher kubisch.

Vorkommen: Urethra

Übergangsepithel (Urothel)

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Morphologie: Mehrschichtiges Epithel, oftmals mehrkernige Zellen. Die Zellen werden nach oben hin allerdings nicht flach, sondern abgerundet und breit und überdecken mehrere darunterliegende Zellen (umbrella cells). Letztere zeigen oberflächlich eine Verdichtung, die sog. Crusta (Glycokalix).

Eigenschaften: Dehnbarkeit (Vergrößerung der Membran durch Einbau von Vesikeln), Barrierefunktion

Vorkommen: Nierenbecken, Harnleiter, Harnblase

Drüsenepithelien

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Auf Sekretion spezialisierte Epithelzellen.

Aufgabe: Bildung von Sekreten (Schleim, Enzyme, Hormone usw.)

Einteilung von Drüsen:

  • Nach Zahl der Zellen
    • Einzellige Drüsen, z.B. die Becherzellen des Darms und in den Atemwegen.
    • Mehrzellige Drüsen, z.B. Schweiß- und Talgdrüsen, sowie die Magendrüsen.
  • Nach Art der Zellen (bei mehrzelligen Drüsen)
    • Homokrin - Eine Zellart, Bsp.: Talg- und Schweißdrüsen.
    • Heterokrin - Mehrere Zelltypen in einer Drüse, Bsp.: Fundusdrüsen (Magen).
  • Nach dem Sekretionsweg
    • Auto- und parakrine Sekretion: Sekretion ins Interstitium, meist lokal wirksame Signalstoffe, Bsp.: Histaminbildende Mastzellen.
    • Endokrine Drüsen: Sekretion ins Blut (kein Ausführungsgang), z.B. Hormondrüsen wie die Schilddrüse.
    • Exokrine Drüsen: Sekretion auf innere oder äußere Oberflächen.
      • Im Epithel gelegen Drüsen (endoepithelial), Bsp.: Becherzellen.
      • Unterhalb des Epithels gelegene Drüsen (exoepithelial), zweiteilig (Endstück und Ausführgangssystem), Bsp.: Schweißdrüsen.
        • Alveoläre Drüsen (bläschenartige Endstücke mit großem Innenlumen), Bsp.: Schweißdrüsen, Brustdrüse, Prostata.
        • Azinäre Drüsen (kugelige Endstücke mit kleinem Innenlumen)
        • Tubuläre Drüsen (röhrenförmige Endstücke)
        • Tubuloalveoläre Drüsen
        • Tubuloazinäre Drüsen
Endstück --> Schaltstück (kubisches Epithel) --> Streifenstück (Zylinderepithel) --> Ausführungsgang
  • Nach der Sekretionsweise
    • Merokrine Sekretion - Freisetzung durch Exozytose (manchmal auch Freisetzung von Exosomen)
    • Apokrine Sekretion - Freisetzung durch Abspaltung größerer sekretgefüllter Zytoplasmafragmente, Bsp.: Brustdrüse.
    • Holokrine Sekretion - Freisetzung fettgefüllter Zellen durch Zytolyse, d. h. Zerfall des Zellkerns (Pyknose) und Abstoßen der gesamten Zelle, Bsp.: Talgdrüse.
  • Nach Sekreteigenschaften
    • Seröse Drüsen - Bilden dünnflüssiges Sekret (proteinhaltig), große, pyramidenförmige dunkle Zellen mit runden, zentralen Zellkernen, engeres Lumen. Bsp.: Glandula parotis (Ohrspeicheldrüse), Pankreas (Bauchspeicheldrüse), Glandula lacrimalis (Tränendrüse).
    • Muköse Drüsen - Bilden dickflüssiges Sekret (fettreich oder schleimig, Glycoproteine), helle Zellen mit basal gelegenen flachen Zellkernen, oft schaumiges Zytoplasma, oft PAS-positiv, etwas weiteres Lumen, Myoepithelzellen ("Auspressen"). Bsp.: Talgdrüsen, Becherzellen.
    • Gemischte Drüsen (d.h. heterokrin, seröse und muköse Drüsenzellen in einer Drüse). Bsp.: Von-Ebner-Halbmonde

Sinnesepithelien

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  • Primäre Sinneszelle (Rezeptor und Nervenzelle in einem: Riechepithel)
  • Sekundäre Sinneszelle (Epidermis)

Als (Sinneszelle) Rezeptor wird eine spezialisierte Zelle bezeichnet, die äußere und innere chemische oder physikalische Reize für das Nervensystem in einen verständlichen Code umwandelt. An ihrer Oberfläche treten Nervenzellfortsätze heran, die die Sinneszellen erregen und diese Reize an das ZNS weiterleiten. Dies kann z. B. auf molekularer Ebene ein Protein oder ein Proteinkomplex sein.
Aufgabe: Umwandlung physikalischer und chemischer Reize in chemosynaptische bzw. elektrische Signale.