Einleitung

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Erste Intuition zur Stetigkeit

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Betrachten wir die Graphen verschiedener Funktionen, so stellen wir fest, dass einige von ihnen Sprünge aufweisen und andere nicht:

Wir könnten nun vermuten, dass wir stetige Funktionen daran erkennen können, dass man ihren Graphen ohne Absetzen des Stiftes zeichnen kann. Allgemein zeigt sich, dass dies für viele stetige Funktionen gilt und dass die meisten Funktionen mit Sprüngen unstetig sind. Allerdings funktioniert diese Unterscheidungsmethode nicht immer, wie wir an den nachfolgenden Beispielen sehen werden.

Probleme der ersten Intuition

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Betrachten wir als erstes Beispiel die Funktion   und die spezielle Vorzeichenfunktion

 

Beide Funktionen sind stetig, obwohl ihre Graphen einen „Sprung“ bei   aufweisen:

Der entscheidende Punkt ist, dass beide Funktionen an der Stelle   nicht definiert sind. Eine Untersuchung auf Stetigkeit macht nur an den Stellen Sinn, wo die Funktion auch einen Funktionswert besitzt. Die „Sprungstelle“   hat somit für beide Funktionen keinen Einfluss darauf, ob sie stetig sind oder nicht, weil sie nicht zum Definitionsbereich gehört.

Wir müssen bei der Anwendung der ersten Intuition also auf den Definitionsbereich einer Funktion achten. Schauen wir uns als nächstes ein Beispiel an, wo dies nicht so einfach geht, die erste Intuition sogar Irre führend sein kann. Dazu betrachten wir die beiden Funktionen

 

Beide Funktionen oszillieren in jeder Umgebung von   sehr stark, wie folgende Abbildungen zeigen:

Sind diese Funktionen nun also stetig oder nicht? Die erste Intuition, dass Graphen stetiger Funktionen ohne Absetzen des Stiftes gezeichnet werden können, liefert hier keine klare Antwort. Deshalb benötigen wir eine mathematisch präzise Definition für die Stetigkeit von Funktionen.

Wozu braucht man Stetigkeit?

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Wir haben nun gesehen, warum man eine mathematisch strikte Definition der Stetigkeit braucht, um Funktionen eindeutig klassifizieren zu können. Aber warum beschäftigen wir uns eigentlich mit Stetigkeit?

  • Stetige Funktionen sind "nette" Funktionen. Sie haben einige nützliche Eigenschaften, welche wir für weitere Betrachtungen oder Beweise nutzen können.
  • Wenn wir Funktionswerte annähern, nutzen wir das Konzept der Stetigkeit (auch wenn wir uns dessen nicht bewusst sind). Anstatt   zu bestimmen, kann auch die Annäherung   verwendet werden, wenn   hinreichend nah an   liegt. Diese Approximation ist jedoch nur dann sinnvoll, wenn die Funktion   an der Stelle   stetig ist.
  • Viele Vorgänge oder Beziehungen zwischen Größen in den Naturwissenschaften sind stetig. Es gibt aber auch unstetige Vorgänge, wie zum Beispiel Veränderungen an der Börse, Phasenübergänge oder das Verhalten chaotischer Systeme wie dem Wetter.
  • Die Stetigkeit ist außerdem ein wichtiges Konzept der Topologie. Sie erhält nämlich Nachbarschaftsbeziehungen, beziehungsweise können durch stetige Funktionen benachbarte Punkte „nicht auseinandergerissen“ werden.
  • Die Beweistechniken, die wir im Zusammenhang mit der Stetigkeit nutzen, sind auch nützlich für andere Themen der Analysis.

Formale Definition der Stetigkeit

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Wie kommt man auf eine formale Definition?

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Wir haben bereits festgestellt, dass es stetige Funktionen gibt, welche sich nicht ohne Absetzen des Stiftes zeichnen lassen. Dementsprechend benötigen wir eine klare Definition für die Stetigkeit. Um diese zu finden, können wir folgendermassen vorgehen: Wir überlegen uns, welche Eigenschaften stetige Funktionen haben sollten. Dann wählen wir diejenige Eigenschaft als Definition, die wir als charakteristisch für Stetigkeit ansehen. Diese Eigenschaft sollte eine sein, die wir gut formal durch eine Definition beschreiben können. Folgende Eigenschaften sollten stetige Funktionen besitzen:

  • Kleine Ursachen haben kleine Wirkung: Bei stetigen Funktionen sollte eine hinreichend kleine Änderungen des Arguments nur kleine Änderungen des Funktionswertes verursachen.
  • Bei stetigen Funktionen kann man den Limes in die Funktion ziehen. Es sollte also gelten:  .
  • Benachbarte Punkte werden durch stetige Funktionen nicht „auseinandergerissen“ (der Graph besitzt keine Sprünge), d.h. Nachbarschaftsbeziehungen der Punkte untereinander bleiben erhalten.
  • Eine stetige Funktion sollte auf dem Intervall   alle Funktionswerte zwischen   und   mindestens einmal annehmen.

Später werden wir sehen, dass diese Eigenschaften für stetige Funktionen Sinn machen. Es hat sich im Laufe der Zeit gezeigt, dass die ersten beiden Eigenschaften eine gute Ausgangsbasis für eine formale Definition liefern. Diese werden wir als „Epsilon-Delta-Kriterium“ beziehungsweise als „Folgenkriterium“ der Stetigkeit kennenlernen.

Epsilon-Delta-Kriterium

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Hauptartikel: Epsilon-Delta-Kriterium der Stetigkeit

Das Epsilon-Delta-Kriterium formalisiert die Intuition, dass hinreichend kleine Änderungen des Arguments beliebig kleine Änderungen im Funktionswert verursachen bzw. dass benachbart Punkte nicht auseinander gerissen werden. Die Definition für Stetigkeit in einem Punkt lautet:

Definition (Epsilon-Delta-Definition der Stetigkeit)

Eine Funktion   mit   ist genau dann stetig an der Stelle  , wenn es zu jedem   ein   gibt, so dass   für alle   mit   ist.   ist also genau dann in   stetig, wenn gilt

 

Folgenkriterium

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Hauptartikel: Folgenkriterium der Stetigkeit: Folgenstetigkeit

Äquivalent lässt sich Stetigkeit über das Folgenkriterium definieren. Setige Funktionen werden dabei als die Funktionen charakterisiert, bei denen der Limes in die Funktion gezogen werden kann. Die Definition der Stetigkeit in einem Punkt lautet dann:

Definition (Folgenkriterium der Stetigkeit an einer Stelle)

Eine Funktion   mit   ist stetig an der Stelle  , wenn für alle Folgen   mit   und   gilt:

 

Beide Definitionen beschreiben die Stetigkeit an einem Punkt. Damit die Funktion insgesamt stetig ist, muss sie in jedem Argument stetig sein.

Warum wählt man nicht die Zwischenwerteigenschaft als Definition?

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Die Zwischenwerteigenschaft sagt aus, dass eine auf einem Intervall   stetige Funktion   alle Werte zwischen   und   annehmen muss, und bis ins 19. Jahrhundert glaubte man auch, dass Funktionen mit der Zwischenwerteigenschaft stetig wären[1]. Schließlich lässt die Tatsache, dass eine Funktion jeden Zwischenwert annimmt, intuitiv den Schluss zu, dass sie keine Sprünge besitzt. Nur schwer kann man sich nicht stetige Funktion vorstellen, die die Zwischeneigenschaft erfüllen.

Unsere Intuition führt uns hier in die Irre. Die Zwischenwerteigenschaft ist nämlich zu schwach, um als Definition der Stetigkeit zu dienen. Ein Gegenbeispiel ist die Conway Funktion zur Basis 13. Diese Funktion nimmt für jedes Intervall   jede reelle Zahl als Funktionswert an, egal wie klein das Intervall   ist. Jede noch so kleine Änderung des Arguments kann so beliebig große Änderungen des Funktionswerts verursachen. Die Conway Funktion zur Basis 13 erfüllt damit die Zwischenwerteigenschaft, ist aber auf der anderen Seite in keinem Punkt stetig.

Übersicht zu den Eigenschaften stetiger Funktionen

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Stetige Funktionen besitzen viele schöne Eigenschaften, welche wir in den folgenden Absätzen konkretisieren werden.

Zwischenwertsatz

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Hauptartikel: Zwischenwertsatz

Betrachten wir folgende Ausgangssituation: Sei   ein beliebiger Wert und sei   eine Funktion, die an der Stelle   den Wert   und an der Stelle   den Funktionswert   besitzt:

 
Ausgangslage für den Zwischenwertsatz: Es gibt eine Funktion mit f(a) < f(b) und wir betrachten einen Wert s mit f(a) < s < f(b).

Wenn   stetig und im gesamten Intervall   (bzw, falls b<a,  ) definiert ist, können wir unseren Graphen ohne Absetzen des Stifts von   nach   zeichnen. Dabei muss dieser aber zwangsweise einmal die Gerade   schneiden. Es muss also mindestens eine Stelle   geben, wo   ist:

 
Zwischenwertsatz: Der Wert s wird mindestens einmal von der Funktion angenommen.

Das gilt nicht nur für  , sondern für alle Funktionswerte zwischen   und  .

Mit dem Zwischenwertsatz können wir beispielsweise beweisen, dass die Gleichung   mindestens eine Lösung besitzt. Es ist nämlich  . Weil die Sinusfunktion stetig ist, muss es nach dem Zwischenwertsatz mindestens eine Stelle   zwischen   und   geben, wo   ist. Auf ähnliche Art und Weise können wir für viele andere Gleichungen beweisen, dass sie mindestens eine Lösung besitzen. Darauf werden wir im Kapitel Zwischenwertsatz genauer eingehen.

Verkettungen stetiger Funktionen sind wieder stetig

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Hauptartikel: Komposition stetiger Funktionen

Wie wir später zeigen werden, sind beliebige Verkettungen wie Kompositionen, Summen oder Produkte stetiger Funktionen ebenfalls stetig. Somit können wir aus der Tatsache, dass die Identitätsfunktion   und die konstante Funktion   stetig sind, schließen, dass auch die aus diesen Funktionen verkettete Funktion   stetig ist.

Kleine Ursachen haben kleine Wirkung

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Hauptartikel: Epsilon-Delta-Kriterium der Stetigkeit

Unsere grobe Intuition sagt uns, dass stetige Funktionen ohne Absetzen des Stifts gezeichnet werden können und keine Sprünge besitzen. Betrachten wir nun eine stetige Funktion , die an der Stelle   den Wert   besitzt. Ändern wir   nun um den Betrag  , bekommen wir den neuen Funktionswert  :

 
Änderung einer stetigen Funktion durch Änderung des Arguments

Wenn   stetig ist, dann kann der Abstand von   zu   beliebig klein gemacht werden, indem   hinreichend klein gewählt wird. Dies ist möglich, weil bei stetigen Funktionen hinreichend kleine Änderungen des Arguments nur kleine Änderungen des Funktionswertes verursachen. Aus   folgt also  . Diese Eigenschaft stetiger Funktionen werden wir später im sogenannten „Epsilon-Delta-Kriterium“ formalisieren.

Limes kann in die Funktion hineingezogen werden

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Hauptartikel: Folgenkriterium der Stetigkeit: Folgenstetigkeit

Stetige Funktionen erfüllen auch das sogenannte Folgenkriterium: Betrachten wir die Funktion   und eine konvergente Folge   mit  . Was ist  ? Bei stetigen Funktionen werden wir sehen, dass man den Limes in die Funktion ziehen kann. Es ist also

 

Dies erleichtert Grenzwertberechnungen ungemein. Der Grund dafür ist, dass   beliebig nah an   liegt, wenn   hinreichend nah an   ist. Das hängt damit zusammen, dass bei stetigen Funktionen hinreichend kleine Änderungen im Argument nur kleine Änderungen im Funktionswert verursachen.

Das können wir gut am Beispiel der Exponentialfunktion mit   nachvollziehen. Es gilt nämlich

 

Das folgende Diagramm illustriert diesen Umstand:

 
exp(1/n) konvergiert gegen exp(0)=1 für n gegen unendlich

Nachbarschaftsbeziehungen bleiben erhalten

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Die Intuition, dass hinreichend kleine Änderungen im Argument nur kleine Änderungen im Funktionswert hervorrufen, kann auch anders formuliert werden: Benachbarte Punkte werden durch stetige Funktionen nicht „auseinandergerissen“ (der Graph besitzt keine Sprünge). Man kann auch sagen, dass Nachbarschaftsbeziehungen der Punkte untereinander erhalten bleiben. Die Topologie beschäftigt sich näher mit diesen Phänomenen.

Intuition der Stetigkeit

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Wie wir bereits festgestellt haben, spiegelt unsere ursprüngliche anschauliche Intiution der Stetigkeit – Graphen stetiger Funktionen besitzen keine Sprünge – nur grob den Begriff der Stetigkeit wider. Um falsche Diagnosen zu vermeiden, sollten wir unsere erste Intuition demnach entsprechend der formalen Definition umformulieren:

Bei stetigen Funktionen führen hinreichend kleine Änderungen des Arguments zu beliebig kleinen Änderungen des Funktionswerts.

Eine alternative Intuition liefert das Folgenkriterium:

Stetige Funktionen sind genau die Funktionen, bei denen man den Limes in die Funktion ziehen kann. Bei ihnen gilt also  .

Hinweis

Beachte, dass die wahre Intuition der Stetigkeit nur ungefähr der ursprünglichen Intuition entspricht, dass stetige Funktionen keine Sprünge besitzen. Für stetige Funktionen solltest du besser eine der beiden obigen Intuitionen wählen.

Wichtige Aspekte der Stetigkeit

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Nachdem wir die Intuition und die Definition der Stetigkeit kennengelernt haben, betrachten wir in den folgenden Absätzen einige wichtige Aspekte dieses Konzepts.

Stetigkeit ist eine lokale Eigenschaft

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Nach unserer groben und ungenauen Intuition scheint Stetigkeit eine globale Eigenschaft der gesamten Funktion zu sein. Aus der formalen Definition der Stetigkeit an einer Stelle können wir jedoch folgern, dass es sich um eine lokale Eigenschaft handelt. Das heißt, dass die Kenntnis über den Funktionsverlauf in einer beliebig kleinen Umgebung eines Arguments ausreicht, um entscheiden zu können, ob sie dort stetig ist oder nicht. Stimmen zwei Funktionen in einer beliebig kleinen Umgebung um ein Argument überein, müssen entweder beide an dieser Stelle stetig sein, oder bei diesem Argument eine Unstetigkeitsstelle aufweisen.

So können wir auch die Stetigkeit der speziellen Vorzeichenfunktion zeigen, die bei   nicht definiert ist:

 

Diese Funktion ist lokal konstant. Das bedeutet, dass es für jeden Punkt eine Umgebung gibt, auf der   konstant ist:

 
Für jedes Argument der speziellen Vorzeichenfunktion gibt es eine Umgebung, wo die Funktion konstant ist.

Da es um jeden Punkt der speziellen Vorzeichenfunktion eine Umgebung gibt, in der die Funktion konstant ist, muss sie auch an jedem Punkt dasselbe Stetigkeitsverhalten wie eine konstante Funktion besitzen. Da konstante Funktionen nach unserer Intuition stetig sind, sollte dies auch für die spezielle Vorzeichenfunktion an jeder Stelle gelten. Sowohl mit dem Folgenkriterium, als auch mit dem Epsilon-Delta-Kriterium, kann die Stetigkeit einfach bewiesen werden.

Warum ist Stetigkeit eine lokale Eigenschaft?

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Um besser zu verstehen, warum Stetigkeit eine lokale Eigenschaft ist, können wir die Negation der Stetigkeit betrachten. Nach unserer groben Vorstellung ist eine Funktion genau dann an einer Stelle unstetig, wenn ihr Graph dort einen Sprung besitzt. Insofern bedeutet Stetigkeit an einer Stelle die Abwesenheit eines Sprungs im Graphen am betrachteten Argument. Nun ist die Sprungstelle eines Graphen eine lokale Eigenschaft. Die Kenntnis einer Funktion in einer beliebig kleinen Umgebung um diese Stelle reicht aus, um festzustellen, ob es dort eine Sprungstelle gibt oder nicht. Dementsprechend ist auch deren Negation, also die Abwesenheit eines Sprungs beziehungsweise die Stetigkeit an einer Stelle, eine lokale Eigenschaft.

Bedeutung des Definitionsbereichs für die Stetigkeit

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Die für alle reellen Zahlen definierte Vorzeichenfunktion ist nicht stetig.
 
Die nur an der Nullstelle nicht definierte spezielle Vorzeichenfunktion ist stetig.

Anhand der speziellen Vorzeichenfunktion können wir sehen, wie wichtig der Definitionsbereich bei Entscheidungen zur Stetigkeit ist. Während nämlich die Vorzeichenfunktion

 

die auf dem kompletten Zahlenbereich   definiert ist, unstetig ist, ist die spezielle Vorzeichenfunktion

 

die an der Stelle   nicht definiert ist, stetig. Auch mit gleicher Zuordnungsvorschrift können Funktionen mit unterschiedlichen Definitionsbereichen ein unterschiedliches Stetigkeitsverhalten aufweisen. Dieses Beispiel zeigt, wie wichtig die Kenntnis des Definitionsbereichs ist, um die Frage nach Stetigkeit und Unstetigkeit zu beantworten.

Stetigkeit ist nur im Definitionsbereich definiert

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Die Funktion   mit dem Definitionsbereich  

Stetigkeit ist nur für Argumente einer Funktion definiert. Aussagen über Stetigkeits- oder Unstetigkeitsstellen sind also nur sinnvoll, wenn die Funktion an der ausgewählten Stelle auch definiert ist. Sowohl im Epsilon-Delta-Kriterium, als auch im Folgenkriterium wird auf den Funktionswert an der betrachteten Stelle zurückgegriffen. Somit muss die Funktion hier definiert sein, um diese Definitionen anwenden zu können.

Betrachten wir die Funktion  . Sie ist an der Stelle   nicht definiert. Zu fragen, ob die Funktion an dieser Stelle stetig ist, wäre ungefähr genauso sinnvoll wie die Frage, ob sie am Mount Everest oder am Mond stetig ist. Also schlicht unsinnig. Sinnvoll und richtig ist dagegen: „Die Funktion   kann in   nicht stetig fortgesetzt werden.“ Es ist wichtig, dass wir zwischen stetiger Fortsetzbarkeit und Stetigkeit sauber unterscheiden.

Halten wir also fest: Stetigkeit ist nur für Punkte im Definitionsbereich einer Funktion definiert. Außerhalb des Definitionsbereichs sind Aussagen zur Stetigkeit einer Funktion folglich sinnlos.

Ausblick auf die nächsten Kapitel

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In den nächsten Kapiteln werden wir die verschiedenen Definitionen der Stetigkeit behandeln. Außerdem werden wir lernen, die Stetigkeit einer Funktion nachzuweisen und wichtige Eigenschaften stetiger Funktionen (wie beispielsweise die Zwischenwerteigenschaft) zu beweisen.


  1. Siehe den Thread „Are there written (19th century) sources expressing the belief that the intermediate value property is equivalent to continuity?“ von der Q&A Seite hsm.stackexchange.com