Zivilprozessrecht im 2. Staatsexamen: Exkurs: Prozesskostenhilfe


Die in den § 114 geregelte Prozesskostenhilfe ("PKH") soll verhindern, dass der grundsätzlich parteifinanzierte Zivilprozess Personen mit unzureichenden finanziellen Mitteln zivilgerichtlichen Rechtsschutz verwehrt.

Voraussetzungen

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Berechtigte

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Prozesskostenhilfe kann, mit wenigen Ausnahmen, jede Partei in fast jedem zivilgerichtlichen Verfahren erhalten. Im klassischen Zivilprozess sind das neben Kläger und Beklagtem auch Nebenintervenienten.[1] Nach § 116 ZPO können auch Parteien kraft Amtes, juristische Personen und parteifähige Vereinigungen unter bestimmten Voraussetzungen PKH erhalten.

Bedürftigkeit

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Eine Partei ist nach § 114 ZPO bedürftig, wenn sie die Kosten ihrer Prozessführung nicht, oder nicht vollständig tragen kann. Maßstab sind zum einen das Einkommen abzüglich bestimmter Aufwendungen, § 115 Abs. 1 S. 3 ZPO, zum anderen soweit zumutbar, die Möglichkeit, vorhandenes in angemessener Zeit liquidierbares Vermögen zu verwerten, § 115 Abs. 3 ZPO.

Erfolgsaussichten der Klage

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PKH soll nach § 114 ZPO nur gewährt werden, wenn die angestrebte Rechtsverfolung oder -verteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg hat. Gemeint ist der rechtliche Erfolg, eventuelle Probleme bei der Vollstreckung bleiben also außer Betracht (ggfs. kann aber Mutwilligkeit vorliegen, s.u.). Das entscheidende Gericht nimmt eine summarische Prüfung nach dem gegenwärtigen Sachstand vor.

Um die angestrebte Gleichstellung von bedürftigen und nicht bedürftigen Parteien nicht zu gefährden, ist bei unklaren Erfolgsaussichten, z.B. streitigen höchstrichterlich noch nicht geklärten Rechtsfragen[2] oder noch nicht geklärten entscheidungserheblichen Tatfragen, PKH zu bewilligen.

Hat die vom Antragsteller begehrte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung nur zum Teil hinreichende Aussicht auf Erfolg, wird nur insoweit PKH gewährt.

Keine Mutwilligkeit

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Durch die Prozesskostenhilfe soll der mittellosen Partei dieselbe Rechtsschutzhöhe gewährt werden, wie anderen Beteiligten des Rechtsstreits. Sie soll aber nicht besser gestellt werden. Das Kriterium der Mutwilligkeit soll daher verhindern, dass mittellose Parteien ausnutzen, dass die PKH ihr Prozessrisiko weitgehend entfallen lässt. Finanziert werden daher nur Prozesse, die eine nicht bedürftige, rationale Person ebenso führen würde.

Beispiele für Mutwilligkeit sind:[3]

  • Klage ohne Veranlassung
  • Klage ohne vorhergehendes Mahnverfahren bei unbestrittener Forderung (auch für das Mahnverfahren kann PKH beantragt werden)
  • Widerklage statt Aufrechnung
  • Rechtsmissbräuchliche Erschleichung von PKH durch Abtretung der Forderung an einen Mittellosen
  • Klage wenn Vollstreckung des Titels langfristig aussichtlos ist (str.)

Die Prozesskostenhilfe ist bei dem Gericht zu beantragen, bei dem der betreffende Prozess anhängig ist oder gemacht werden soll, § 117 Abs. 1 S. 1 ZPO. Die Bedürftigkeit wird dabei nachgewiesen anhand einer Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse, begleitet von entsprechenden Nachweisen zu Einnahmen und Ausgaben, § 117 Abs. 2 S. 1 ZPO. Um die Prüfung der Erfolgsaussichten der Klage zu ermöglichen, muss das Streitverhältnis dargestellt werden. Es gilt kein Anwaltszwang, § 117 Abs. 1 S. 1 HS. 2 iVm § 78 Abs. 3 ZPO.

In der Praxis wird häufig der PKH-Antrag zusammen einer Klageschrift eingereicht. In diesem Fall muss ausgelegt werden, ob die Klage bereits erhoben werden soll, oder zunächst nur ein PKH-Antrag vorliegt und die beiliegende Klageschrift lediglich als Darstellung des Streitverhältnisses zu verstehen ist.

Gemäß § 118 Abs. 1 ZPO wird vor Bewilligung der PKH dem Gegner grundsätzlich bekannt gegeben, dass der PKH-Antrag eingegangen ist. Die Bekanntgabe hemmt die Verjährung, § 204 Abs. 1 Nr. 14 BGB. Dem Gegner ist grundsätzlich bereits im PKH-Verfahren rechtliches Gehör zu gewähren.

Entscheidung

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Die Entscheidung über die Bewilligung der PKH ergeht durch Beschluss, § 127 Abs. 1 iVm § 128 Abs. 4 ZPO. Ein Beispiel findet sich hier.

Rechtsfolgen

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Wenn das Gericht die PKH bewilligt übernimmt die Staatskasse Gerichtskosten und Anwaltsgebühren des Antragstellers nach RVG (allerdings zu geringeren Sätzen, § 49 RVG) wenn der er den Prozess verliert. Die Kosten des Gegners muss der Antragsteller hingegen selbst tragen, § 123 ZPO. Gewinnt er den Prozess trägt der Gegner (mit Ausnahme von Verfahren vor dem Arbeitsgericht in erster Instanz) die vollen Gerichts- und Anwaltskosten des Antragstellers. Die weiteren Rechtsfolgen ergeben sich aus § 122 ZPO.

Rechtsmittel

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Gegen den ablehnenden Beschluss ist die sofortige Beschwerde statthaft, § 127 Abs. 2 S. 2 ZPO. Für das Beschwerdeverfahren selbst wird keine PKH gewährt, § 127 Abs. 4 ZPO.

  1. Thomas/Putzo, 34. Aufl. 2013, § 114 Rn. 2
  2. BGH NJW-RR 2012, 125
  3. Thomas/Putzo, 34. Aufl. 2013, § 114 Rn. 7a