Warum fliegt ein Flugzeug - Einleitung

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Vorwort Bearbeiten

Es gibt eine Vielzahl von anschaulichen, populärwissenschaftlichen und wissenschaftlichen Erläuterungen zur Erklärung des Auftriebs bei Flugzeugen, warum noch ein Buch zu diesem Thema?

Während meiner Tätigkeit als Trainer in der Pilotenausbildung an der ehemaligen Verkehrsfliegerschule der Lufthansa in Bremen habe ich die Erfahrung gemacht, dass Piloten und selbst fortgeschrittene Studenten der Aerodynamik zwar genau die Vorzüge und Nachteile verschiedener Flügelgestaltung erklären und manchmal sogar berechnen können, aber oft keine einfache, anschauliche und widerspruchsfreie Erklärung für die Grundlage des Fliegens an sich geben können. In vielen Unterrichtseinheiten zu diesem Thema habe ich die typischen Fragen, Probleme und Misskonzepte kennen gelernt. Daraus ist am Ende ein Vortrag entstanden, der hier in schriftlicher Form zusammengefasst ist. Dabei greife ich auch auf lang zurückliegende Lehrerfahrung im Bereich Didaktik der Physik an der Gesamthochschule Kassel zurück, wo ich als wissenschaftlicher Mitarbeiter im Rahmen der Lehrerausbildung vor allem damit beschäftigt war, physikalische Fragestellungen anschaulich ohne mathematische Formeln und großem theoretischen Überbau aufzuarbeiten.

 

Als zentrales Phänomen für Auftrieb wird hier der Druckunterschied zwischen Flügelober- und Unterseite vorgestellt. Andere fortgeschrittene Modelle und Erklärungsansätze wie Anfahrwirbel, Grenzschichttheorie, Zirkularströmung, Impulsströme, etc. werden nicht angesprochen. Im Vordergrund dieses Buches stehen jeweils Phänomene und Erfahrungen aus dem Alltag. Nur an wenigen Stellen werden beobachtbare Gesetzmäßigkeiten auch in Form einer Gleichung dargestellt.

Das Buch beginnt mit Betrachtungen zum Luftdruck, sowohl phänomenologisch als auch auf der Grundlage der kinetischen Gastheorie. An anschaulichen Beispielen werden die Grundgedanken der Kontinuitätsgleichung und der Bernoulli-Gleichung beschrieben um anschließend die Druckverhältnisse bei einer Umströmung zu verdeutlichen. Diese Betrachtungen sind die Grundlage für die nun folgende Erklärung des Auftriebs.

Anhand von Otto Lilienthals wegweisenden Untersuchungen zum Vogelflug wird das asymmetrische Flügelprofil bzw. die asymmetrische Umströmung als entscheidende Voraussetzung für die Entstehung von Auftrieb in den Mittelpunkt gerückt. Ein Ausflug in Natur und Technik zeigt an vielen Beispielen, wo und wie man dieses Prinzip wieder entdecken kann. Diese phänomenologische Betrachtung erfüllt nicht die Anforderungen moderner Aerodynamiker, sie liefert aber eine anschauliche Erklärung der Druckunterschiede zwischen der Flügelober- und Unterseite bei asymmetrischen Strömungssituationen als Quelle des Auftriebs.

Am Ende werden die Druckunterschiede eines bewegten Flügels mit der beobachtbaren Abwärtsbeschleunigung der Luft ("Downwash") in Verbindung gebracht. Daran wird der Begriff des "induzierten Widerstandes" erklärt und so eine Brücke zur zeitgemäßen Erklärung des Auftriebs gebaut.

Der Abschluss beinhaltet eine generelle Reflexion über den Modellbegriff in der Physik und die wissenschaftliche Arbeitsweise.

Aufbau des Buches: Bearbeiten

Das Buch ist in 10 Kapitel gegliedert. Jedes Kapitel enthält grundlegende und weiterführende Anteile.

  • Die grundlegenden Anteile sind phänomenologisch an Alltagserfahrungen orientiert und erfordern wenig Vorwissen. Die grundlegenden Anteile sind für das Verständnis des Auftriebs notwendig. Bei wenig Vorwissen wird empfohlen, diese Anteile nacheinander in der vorgesehenen Reihenfolge zu lesen.
  • Die weiterführenden Anteile enthalten auch einfache mathematische Betrachtungen für physikalisch Interessierte und ermöglichen eine Verknüpfung zu den üblichen Ausführungen in der Thermodynamik und der Strömungsmechanik. Die weiterführenden Gedanken sind keine Voraussetzung um den Grundgedanken des Buches zu verstehen. Sie können also ohne Verlust für das Verständnis der Kernaussagen ausgelassen und bei Interesse zu einem späteren Zeitpunkt nachgelesen werden.

Inhaltsverzeichnis Bearbeiten

Einleitung
1 Was wir von einer Milchbüchse über den Luftdruck lernen
Dieses Kapitel beschreibt den Luftdruck als einen zentralen Aspekt des Elements, in dem Fliegen stattfindet.
2 Wie ein Botaniker die Griechen bestätigt
Die Brownsche Molekularbewegung ist ein grundlegendes Naturphänomen und für das Verständnis vom Wesen der Luft eine zentrale Voraussetzung.
3 Wie Einstein mal wieder die Welt erklärt
In diesem Kapitel wird es zum ersten Mal physikalisch indem aufbauend auf die vorangehenden Kapitel erläutert wird, wie sich ein Physiker heute die Luft vorstellt. Für den physikalisch Interessierten wird in den "weiterführenden Gedanken" auf einfache Weise die allgemeine Zustandsgleichung für ideale Gase hergeleitet.
4 Was uns ein Autostau über die Luftströmung verrät
Dieses Kapitel widmet sich wieder den Phänomenen, insbesondere den Eigenschaften von strömender Luft wenn sie auf Hindernisse stößt, die durch- oder umströmt werden müssen.
5 Woher kommt der Auftrieb in der Luftströmung
Hier folgt die physikalische Deutung der veränderten Druckverhältnisse bei der Umströmung von Hindernissen. Für den physikalisch Interessierten wird in den "weiterführenden Gedanken" auf Grundlage der Energieerhaltung die wichtige Bernoulli-Gleichung zur Beschreibung von Strömungen hergeleitet, sowie die allgemeine Beziehung zwischen Druckgefälle und Geschwindigkeitsänderung, dem sogenannten "dynamischen Druck".
6 Wie Lilienthal das Geheimnis des Vogelfluges lüftet
Dieses Kapitel orientiert sich wieder an dem Phänomen und erläutert Lilienthals zentrale Erkenntnis der gewölbten Flügelform als Verknüpfung von geringem Luftwiderstand und notwendiger Asymmetrie.
7 Auftrieb im Alltag und in der Technik
Vielfältige Beispiele aus Natur und Technik erläutern den Zusammenhang von Auftrieb und Asymmetrie.
8 Auftrieb im Windkanal
Dieses Kapitel richtet sich etwas mehr an den fortgeschrittenen Interessierten und enthält eine detaillierte Betrachtung zu den Strömungsverhältnissen um einen Flügel in 4 verschiedenen Situationen. Durch den Vergleich wird der Einfluss von Flügelform und Anstellwinkel erklärt. In den weiterführenden Gedanken werden aber auch die Grenzen dieser Betrachtungsweise beleuchtet.
9 Flugzeuge fliegen durch ruhende Luft
Alle bisherigen Betrachtungen haben im Mittelpunkt den ruhenden Körper, der von bewegter Luft umströmt wird, weil diese Situation experimentell leicht hergestellt werden kann und physikalisch relativ einfach zu beschreiben und zu berechnen ist. Dieses Kapitel erklärt, wie sich die physikalische Beschreibung ändert, wenn man statt dessen ein bewegtes Flugzeug in ruhender Luft betrachtet.
10 Was wir über die Physik lernen können
Dieses Buch enthält eine Kombination von beobachtbaren Phänomenen und deren Deutung im Rahmen physikalischer Theorien. In diesem Kapitel wird daran anknüpfend der Blick auf eine typische Arbeitsweise der Physik geworfen. Sie ist eine grundlegende Methode für den Erkenntnisfortschritt in den Wissenschaften.