Rechte und Pflichten im Umgang mit der Polizei/ Erkennungsdienstliche Behandlung

Zusammenfassung: Die Polizei ist berechtigt, Persönliche Daten einer Person (z.B. Bilder, Fingerabdrücke, Schriftproben, etc.) zu erfassen, wenn damit eine Straftat aufgedeckt werden soll, zur Identitätsfeststellung, wenn man z.B. keinen Ausweis dabei hat, oder um künftige Straftaten zu verhindern.


Gemäß der Strafprozessordnung gibt es zwei Gründe, die die Aufnahme von Fingerabdrücken und Lichtbildern (Fotos), Messungen (z.B. Körpergröße und -gewicht) o.ä. (wie Sprach- oder Schriftproben) rechtfertigen: Zur Durchführung eines Strafverfahrens und zum Zwecke des Erkennungsdienstes.

§81b StPO
„Soweit es für die Zwecke der Durchführung des Strafverfahrens oder für die Zwecke des Erkennungsdienstes notwendig ist, dürfen Lichtbilder und Fingerabdrücke des Beschuldigten auch gegen seinen Willen aufgenommen und Messungen und ähnliche Maßnahmen an ihm vorgenommen werden.“
Quelle: gesetze-im-internet.de

Im ersten Fall sind solche Maßnahmen gegenüber Beschuldigten (also jemanden, gegen den ein Verfahren eröffnet wurde; daher kann dies auch nicht für Kinder unter 14 Jahren gelten, da sie nicht strafmündig sind) zulässig, wenn dies zur Durchführung eines Strafverfahrens notwendig ist. Dazu gehört das Sammeln belastender und entlastender Beweise.

Beispiel:

Herr T. wird beschuldigt, Herrn O. mit einem Messer angegriffen zu haben. Das Messer wurde gefunden und Fingerabdrücken eines Unbekannten darauf sichergestellt. Die Ermittlungsbehörden (also die Polizei) darf nun Fingerabdrücke von Herrn T. nehmen, um diese mit denen auf dem Messer zu vergleichen.

Die Zweite Möglichkeit ("zum Zwecke des Erkennungsdienstes") bezieht sich auf das Polizeirecht der Länder.

BVerwG 6 C 2.05
„Die Zuständigkeit für polizeiliche Maßnahmen der Strafverfolgungsvorsorge nach § 81 b 2. Alt. StPO beurteilt sich nicht nach der Strafprozessordnung, sondern nach den Polizeigesetzen der Länder.“
Quelle: bverwg.de

In Hamburg gilt zum Beispiel:

Gesetz zur Datenverarbeitung der Polizei Hamburg §7 Abs.1
„(1)Die Polizei darf erkennungsdienstliche Maßnahmen durchführen

1.zum Zweck der Identitätsfeststellung [...], wenn dies auf andere Weise nicht oder nur unter erheblichen Schwierigkeiten möglich ist,

2.zur vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten, wenn der Betroffene verdächtig ist, eine mit Strafe bedrohte Tat begangen zu haben, und wegen der Art oder Ausführung der Tat sowie der Persönlichkeit des Betroffenen die Gefahr der Begehung weiterer Straftaten besteht.

Quelle: landesrecht-hamburg.de

Die Maßnahme zum Zwecke der Identitätsfeststellung (Punkt 1) wurde im Kapitel Ausweispflicht bereits ausführlich behandelt.
Der zweite Punkt ist eine präventive Maßnahme. Steht jemand in Verdacht, eine Straftat begangen zu haben und diese zu Wiederholen oder zusätzlich eine andere begeht, darf eine erkennungsdienstliche Maßnahme durchgeführt werden, wenn damit diese (künftige) Straftat bekämpft werden kann.

Beispiel:

Herr T. hat schon oft Ladendiebstähle begangen und es gibt keine Anzeichen dafür, dass er diese Serie beendet. Die Polizei macht nun Lichtbilder, um ihn bei späteren Diebstählen leichter identifizieren zu können, z.B. mit Videoaufnahmen. Da dies auch eine abschreckende Wirkung auf Herrn T. haben kann, dient diese Maßnahme dazu, künftige Diebstähle u.U. zu verhindern.

Festzuhalten ist hier, dass in einem solchen Fall kein Verfahren gegen den Betroffenen laufen muss, es gilt jetzt also u.a. auch für Kinder unter 14 Jahren.

Diese Art der erkennungsdienstlichen Behandlung darf nicht jederzeit und auf jeden Verdacht hin geschehen; sie muss eine direkte Ableitung aus einem Ermittlungs- oder Strafverfahren sein.

VG Braunschweig, Urteil vom 27. September 2006, Az. 5 A 53/06
„Dass eine erkennungsdienstliche Behandlung nach dieser Vorschrift nur gegen einen Beschuldigten angeordnet werden darf, besagt allerdings auch nur, dass die Anordnung der erkennungsdienstlichen Behandlung nicht an beliebige Tatsachen anknüpfen und zu einem beliebigen Zeitpunkt ergehen kann, sondern dass sie aus einem konkret gegen den Betroffenen als Beschuldigten geführten Ermittlungs- oder Strafverfahren hervorgehen muss“
Quelle: openjur.de

Damit eine solche Maßnahme zulässig ist, muss sie auch geeignet sein, zukünftige Ermittlungen zu fördern.

VG Saarlouis Urteil vom 29.3.2017, 6 K 1127/15
„Die Notwendigkeit der Anordnung erkennungsdienstlicher Maßnahmen i.S.v. § 81 b Abs. 2 StPO setzt auch deren Eignung, mögliche in Zukunft erforderliche Ermittlungen zu fördern, voraus.“
Quelle: rechtsprechung.saarland.de

Bei Straftaten von erheblicher Bedeutung oder gegen die sexuelle Selbstbestimmung (z.B. Sexuelle Nötigung, Vergewaltigung) darf auch die DNA im Rahmen der erkennungsdienstlichen Behandlung untersucht werden, jedoch muss die Probe danach unverzüglich vernichtet werden. Gegen den Willen des Beschuldigten ist dies nur auf Anordnung eines Richters erlaubt. Die Probe darf bei Gefahr im Verzug auch durch Polizei und Staatsanwaltschaft entnommen, aber nicht ohne Zustimmung des Richters untersucht werden

§81g StPO
„(1)Ist der Beschuldigte einer Straftat von erheblicher Bedeutung oder einer Straftat gegen die sexuelle Selbstbestimmung verdächtig, dürfen ihm zur Identitätsfeststellung in künftigen Strafverfahren Körperzellen entnommen und zur Feststellung des DNA-Identifizierungsmusters sowie des Geschlechts molekulargenetisch untersucht werden, wenn wegen der Art oder Ausführung der Tat, der Persönlichkeit des Beschuldigten oder sonstiger Erkenntnisse Grund zu der Annahme besteht, dass gegen ihn künftig Strafverfahren wegen einer Straftat von erheblicher Bedeutung zu führen sind. Die wiederholte Begehung sonstiger Straftaten kann im Unrechtsgehalt einer Straftat von erheblicher Bedeutung gleichstehen.

(2)Die entnommenen Körperzellen [...] sind unverzüglich zu vernichten, sobald sie hierfür nicht mehr erforderlich sind. Bei der Untersuchung dürfen andere Feststellungen als diejenigen, die zur Ermittlung des DNA-Identifizierungsmusters sowie des Geschlechts erforderlich sind, nicht getroffen werden[...].
(3) Die Entnahme der Körperzellen darf ohne schriftliche Einwilligung des Beschuldigten nur durch das Gericht, bei Gefahr im Verzug auch durch die Staatsanwaltschaft und ihre Ermittlungspersonen [...] angeordnet werden. Die molekulargenetische Untersuchung der Körperzellen darf ohne schriftliche Einwilligung des Beschuldigten nur durch das Gericht angeordnet werden. Die einwilligende Person ist darüber zu belehren, für welchen Zweck die zu erhebenden Daten verwendet werden. [...]“

Quelle: dejure.org

Festzuhalten ist auch, dass eine erkennungsdienstliche Maßnahme keine Festnahme ist. Um diese durchführen zu können, muss sich natürlich der Betroffene bei der zuständigen Stelle befinden, dies kann auch mit Gewalt geschehen (siehe Unmittelbarer Zwang); nach Abschluss dieser Maßnahmen ist er jedoch wieder freizulassen. Auch verpflichtet einen diese Maßnahme nicht, irgendwelche Angaben zu machen (siehe Selbstbelastungsfreiheit).