Physikalische Grundlagen der Nuklearmedizin/ Produktion von Radionukliden

Einleitung Bearbeiten

Dies ist das zehnte Kapitel des Wikibooks Physikalische Grundlagen der Nuklearmedizin

Die meisten der in der Natur vorkommenden Radioisotope haben relativ lange Halbwertszeiten. Auch gehören sie zu Elementen die vom menschlichen Körper nicht verarbeitet werden. Daher benötigen medizinische Anwendungen Radioisotope welche künstlich hergestellt werden müssen.

Wir haben uns in den vergangenen Kapiteln dieses Wikibooks mit dem Thema Radioaktivität beschäftigt und sind dann zur Interaktion von Strahlung mit Materie fortgeschritten und haben uns mit Strahlungsdetektoren und Bildgebenden Systemen beschäftigt. In diesem Kapitel kommen wir auf die Strahlenquellen zurück und lernen Methoden kennen die verwendet werden, um Radioisotope zu erzeugen.

Ein Radioisotop, das in der nuklearmedizinischen Bildgebung sinnvoll verwendet werden kann sollte so beschaffen sein, dass die vom Patienten aufgenommene Dosis möglichst klein bleibt. Aus diesem Grund haben solche Isotope im allgemeinen eine sehr kurze Halbwertszeit und emittieren ausschließlich Gamma-Strahlung, also keine Beta-, oder Alpha-Teilchen. Die Energie der Gammastrahlung sollte nicht so gering sein, dass sie vollständig innerhalb des Körpers des Patienten absorbiert wird und nicht zu hoch um noch detektiert werden zu können. Aus diesem Grunde werden meist Radioisotope mittlerer Energien verwendet, dass heißt von ca. 100keV bis ca. 200keV. Schließlich sollte das Radioisotop, da es in irgendeine Form von Radiopharmakon eingebracht werden muss auch in einer Form herstellbar sein die der chemischen, pharmazeutischen und sterilen Verarbeitung zugänglich ist.

Als Produktionsmechanismen werden wir Spaltung, Kernreaktionen und Radioisotopengeneratoren betrachten.

Kernspaltung Bearbeiten

In Kapitel Kapitel 2 haben wir spontane Kernspaltung eingeführt, wobei wir sahen, dass schwere Kerne in eine Anzahl von Fragmenten zerbrechen können. Dieser Spaltungsprozess kann bei einigen schweren Kernen durch Absorption von Neutronen induziert werden. Nach der Absorption eines Neutrons können solche Kerne in kleinere Fragmente mit Kernladungszahlen zwischen etwa 30 und 65 zerfallen. Einige dieser neuen Kerne sind in der Nuklearmedizin verwendbar und können von anderen Spaltungsfragmenten durch chemische Prozesse getrennt werden.

Der Spaltungsprozess kann in einem Gerät namens Kernreaktor kontrolliert ablaufen. Ein solcher Reaktor existiert in Australien bei Lucas Heights in New South Wales und viele weiter existieren an verschiedenen Orten der Welt.

Kernreaktionen Bearbeiten

Bei diesem Herstellungsverfahren für Radioisotope werden geladene Teilchen bis zu sehr hohen Energien beschleunigt und dann auf ein Target geschossen. Beispiele solcher Teilchen sind Protonen, Alpha-Teilchen und Deuteronen. Neue Kerne können hierbei erzeugt werden, wenn diese Teilchen mit Kernen der Targets kollidieren. Einige dieser Kerne sind für die Nuklearmedizin von Nutzen.

Ein Beispiel für diese Methode ist die Herstellung von 22Na wobei ein Target aus 24Mg mit Deuteronen beschossen wird. Das heißt:

 

Ein Deuteron ist, wie man aus dem ersten Kapitel weiß, das zweit häufigste Wasserstoffisotop 2H. Wenn es mit 24Mg kollidiert entsteht ein 22Na Kern und ein Alpha-Teilchen. Ein solches Target wird einige Zeit einem Deuteronenstrahl ausgesetzt und anschließend chemisch weiterverarbeitet um das 22Na ab zu separieren.

Das üblicherweise für diese Art der Isotopenproduktion verwendete Gerät heißt Zyklotron. Es besteht aus einer Ionenkanone die geladene Teilchen herstellt, und einigen Elektroden die diese zu hohen Energien beschleunigen sowie einem Magneten um sie im Zyklotron zu halten und schließlich auf das Target zu lenken und besitzt einen kreisförmigen Aufbau.

Isotopengenerator Bearbeiten

Dieses Verfahren wird häufig angewandt um gewisse kurzlebige Radioisotope in einem Krankenhaus oder einer Klinik herzustellen. Es besteht darin ein relativ langlebiges Isotop zu verwenden, welches in das gewünschte kurzlebige Isotop zerfällt.

Ein gutes Beispiel ist 99mTc welches, wie wir bereits wissen eines der in der Nuklearmedizin am häufigsten verwendeten Radioisotope ist. Dieses Isotop hat eine Halbwertszeit von sechs Stunden, was sehr kurz ist wenn wir es unmittelbar von einer nuklearen Herstellungsanlage heranschaffen müssen. Statt dessen versorgt uns die Herstellungsanlage mit dem Isotop 99Mo welches zu 99mTc mit einer Halbwertszeit von ca. 2.75 Tagen zerfällt. Das 99Mo wird Mutterisotop und das 99mTc wird Tochterisotop genannt.

Also wird in der Kernanlage das Mutterisotop hergestellt, welches relativ langsam in das Tochterisotop zerfällt, welches im Krankenhaus/Klinik chemisch vom Mutterisotop getrennt wird. Das Gerät zur Trennung heißt in unserem Beispiel 99mTc Generator:

 

Er besteht aus einer Keramiksäule an deren Oberfläche 99Mo angelagert ist. Eine Lösung, auch Eluent genannt, wird durch die Säule laufen gelassen und reagiert chemisch mit dem entstandenen 99mTc und verlässt den Generator in einer chemischen Form, die geeignet ist zusammen mit einem Pharmakon zu einem Radiopharmakon verarbeitet zu werden. Der in der obigen Abbildung gezeigte Aufbau und heißt Überdrucksystem, wobei das Eluent mit Druck, etwas höher als der atmosphärische Druck, durch die Keramiksäule in das Auffanggefäß gepresst wird.

Die Keramiksäule und das Auffanggefäß müssen, aus Gründen des Strahlenschutzes, durch eine Bleiabschirmung geschützt werden. Weiterhin müssen alle erzeugten Produkte in sterilem Zustand gehalten werden, da die gesammelte Lösung Patienten verabreicht werden wird.

Schließlich wird bei einem 99mTc Generator eine Ionisationskammer benötigt um die Radioaktivität einer dem Patienten zu verabreichenden Dosis während deren Herstellung zu bestimmen und zu überprüfen ob Reste von 99Mo in der gesammelten Lösung vorhanden sind.

Einige Fotos, die in den heißen Zellen nuklearmedizinischer Laboratorien aufgenommen wurden, sind unter gezeigt:

Betrieb eines 99m-Tc Generators Bearbeiten

Nehmen wir an wir haben eine Probe von 99Mo und nehmen wir weiterhin an, dass wir zur Zeit   genau   Kerne in unserer Probe haben. Die Anzahl   der 99Mo Kerne nimmt mit der Zeit entsprechend dem radioaktiven Zerfallsgesetz welches wir in Kapitel 3 behandelt haben ab:

 

wobei   die Zerfallskonstante von 99Mo bezeichnet.

Daher ist die Anzahl der 99Mo Kerne die in einem kurzen Zeitintervall   zerfallen durch folgende Gleichung gegeben:

 

Da 99Mo in 99mTc zerfällt, entsteht die gleiche Anzahl an 99mTc Kernen während des Zeitintervalls  . Zu einer Zeit   ist nur noch der Bruchteil   von diesen Kernen vorhanden, da 99mTc selbst auch zerfällt. Die Zeit in der 99mTc zerfallen kann ist gegeben durch  . Setzen wir dies in das radioaktive Zerfallsgesetz ein, so erhalten wir:

 

Nun summieren wir die kleinen Beiträge  . Anders ausgedrückt integrieren wir über   um die Zahl   der 99mTc Kerne, die zum Zeitpunkt   vorhanden sind, zu erhalten.

 

Lösen wir schließlich dieses Integral, so erhalten wir:

 

Die unten gezeigt Abbildung stellt das Ergebnis unserer Rechnung graphisch dar. Auf der horizontalen Achse ist die Zeit in Tagen und auf der vertikalen die Anzahl der Kerne (in beliebigen Einheiten) dargestellt. Die Grüne Kurve stellt den exponentiellen Zerfall von reinem 99mTc dar. Die rote Kurve zeigt die Anzahl der 99mTc Kerne in einem 99mTc Generator, der niemals eluiert wird. Die blaue Kurve zeigt schließlich den Verlauf für einen 99mTc Generator, der alle 12 Stunden eluiert wird

 

Weiterführende Links (englisch) Bearbeiten

  • Cyclotron Java Applet - a Java-based interactive demostration of the operation of a cyclotron from GFu-Kwun Hwang, Dept. of Physics, National Taiwan Normal University, Virtual Physics Laboratory.
  • Nuclear Power Plant Demonstration - a Java-based interactive demonstration of controlling a nuclear reactor. Also contains nuclear power Information links.
  • ANSTO's HIFAR Reactor - details about the nuclear reactor at Lucas Heights, NSW.

Medical Valley - contains information on what nuclear medicine is, production of nuclear pharmaceuticals, molybdenum and technetium - from The Netherlands Energy Research Foundation Petten.


Zusammenfassung und Test Bearbeiten

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