Die Mykorrhizapilze
Die Entdeckung der Myorrhizapilze
BearbeitenLange Zeit hat man Pilze nur als Destruenten und Parasiten gesehen. De Bary 1879 behandelte erstmals „Die Erscheinung der Symbiose“ als das „Zusammenleben“ verschiedener Organismen sowohl als Parasiten als auch als Mutualisten. Entsprechend hat die Entdeckung der symbiotischen Mykorrhizapilze eine kaum 100-jährige Geschichte. Zunächst auf der Suche nach Trüffeln in Brandenburg prognostizierte Frank 1885, dass gewisse Waldpilze als „Ernährer“ der Bäume in Symbiose mit den Wurzeln dieser Bäume leben (siehe Kapitel "Der Begriff Mykorrhiza" .
Anschließend lange Zeit umstritten, gelang Elias Melin 1923 der experimentelle Nachweis der Mykorrhizabildung. Sämlinge verschiedener europäischer Waldbäume bildeten mit Myzel, das aus Fruchtkörpern umgebender Bodenpilze isoliert wurde, in Erlenmeyer Kolben Mykorrhizen (Abbildung 5.1.1). Pflanzen und Myzelien wurden deutlich gefördert. Reinkulturen der Pilze waren nur erfolgreich, wenn dem Kulturmedium Glucose und Thiamin (Vitamin B1) beigegeben wurde, was zeigte, dass zumindest diese beiden Stoffe von der Pflanze bezogen wurden. Ähnliche Kulturmethoden sowie das Kulturmedium werden heute noch verwendet (MMN, modified Melin-Norkrans Medium). Mit diesen Verfahren wurden inzwischen zahlreiche Waldpilze als Mykorrizapilze nachgewiesen. In einzelnen Fällen gelingt es sogar, Fruchtkörper der Pilze zu erhalten (Debaud et al. 1981).
Ein Freilandexepriment, in dem die Wurzeln der Waldbäume gekappt wurden, führte zum Verschwinden der Fruchtkörper von Mykorrhizapilzen, während saprobe Arten vermehrt auftraten (Romell 1938). Mit diesem Experiment konnte also der Nachweis erbracht werden, dass die Fruchtkörperbildung der Mykorrhizapilze baumabhängig ist. Zahlreiche weitere Beobachtungen bestätigten die Ergebnisse des Experiments: Der Lärchenröhrling (Suillus grevillei) trat in Skandinavien erstmals 1840 auf, nachdem die Europäische Lärche 1763 eingeführt wurde. Zwölf Jahre nach den ersten Kiefernpflanzungen (Pinus patula) in Ecuador kam es zu einer Massenentwicklung des Butterpilzes (Suillus luteus; Chapela et al. 2001). Díez 2005 beschreibt die „Invasion“ australischer Pilze in Spanien, Ducousso et al. 2012 für Afrika und Madagaskar nach der Pflanzung von Eucalyptus, Barroetaveña et al. 2007 für Pflanzungen von Douglasie (Pseudotsuga menziesii) und Gelb-Kiefer (Pinus ponderosa) in der Patagonischen Steppe.
In allen diesen Fällen wurden die Pilze durch die Mykorrhizen von Setzlingen aus Baumschulen verbreitet, da Pflanzungen in tropischen Gebieten ohne Mykorrhizapilze fehl geschlagen waren. Die Abhängigkeit bestimmter Pilzarten unter den Fruchtkörper bildenden Ständerpilzen (Agaricomycetes der Basidiomycota) und Trüffelartigen Schlauchpilzen (Pezizomycotina der Ascomycota) von Bäumen steht damit zweifelsfrei fest. Nach neuen Schätzungen sind mindestens 20 000 Arten dieser Pilzgruppen Symbionten von Bäumen (van der Heijden et al. 2015). Eine Übersicht der gesicherten Ektomykorrhiza bildenden Pilze geben Tedersoo et al. 2010. Aktuelle Neuerungen bringt die Datenbank UNITE http://unite.ut.ee/EcM_lineages.
Janse 1897 und Gallaud 1905 beschrieben erstmals für tropische bzw. nordhemisphärische, krautige Pflanzen Strukturen, die heute als arbuskuläre Mykorrhiza bezeichnet werden. Die Pilze wurden wegen der fehlenden Septen im Myzel den Zygomyceten (Jochpilzen) als Endogonales (in den Zellen lebende Pilze) zugeordnet. Peyronel 1923, Mosse 1956 und Gerdemann & Nicolson 1963 leisteten weitere Pionierarbeit, um die Bedeutung dieser Strukturen zu klären und ihnen vegetative Sporen zuzuordnen, die am extraradikalen Myzel gebildet werden. Erst nach Anwendung molekularer Methoden wurde den Pilzen der arbuskulären Mykorrhiza der Status eines eigenen Phylums (Stamm), Glomeromycota (Knäuelpilze), zuerkannt, die die Gattung Endogone nicht mehr enthalten (Schüßler et al. 2001). Nach Sporenmerkmalen wurden bisher 300 Arten beschrieben, Schätzungen gehen von 1600 Arten aus (van der Heijden et al. 2015).
Spatafora et mult. 2016 änderten die Benennung zu Glomeromycotina und stuften diese Pilzgruppe als Subphylum unter das neu begründete Phylum Mucoromycota ein. Endogone steht jetzt zusammen mit weiteren Gattungen in den Endogonales und bildet zusammen mit saproben Pilzen (Mucorales und Umbelopsidales) die Mucoromycotina (Abbildung 5.3.1; Bidartondo et al. 2011; Spatafora et mult. 2016).
Mykorrhizapilze von Orchideen wurden erstmals von Bernard 1909 isoliert und die Stimulierung der Samenkeimung experimentell nachgewiesen. Die Identifizierung der Pilze gelang dann erst Warcup & Talbot 1966 bis 1980, die in Kulturen die Basidienbildung induzieren konnten und so die Gattungen Tulasnella, Ceratobasidium und Sebacina (heute Serendipita) nachwiesen. Diese Pilze sind die wichtigsten Mykorrhizapilze der grünen Orchideen und wurden früher als Formgruppe Rhizoctonia zusammengefasst, da sie in Kultur Ketten von vegetativen Sporen bilden (monilioide Zellen). Diese Zusammenfassung und Zuordnung ist nicht mehr zulässig. Rhizoctonia ist heute eine parasitische Gattung innerhalb der Ceratobasidiaceae (Oberwinkler et al. 2013b, Veldre et mult. 2013).
1997 wurde erstmals mittels molekularer Nachweise gezeigt, dass heterotrophe, d. h. chlorophyllfreie Orchideen mit Ektomykorrhizapilzen assoziieren und ihre Ernährung als Epiparasiten auf Ektomykorrhizen von Bäumen sicher stellen (Taylor & Bruns 1997). Erst 2010 wurde der Mykorrhizastatus der Atractiellales mit tropischen Orchideen nachgewiesen, einer bisher als saprophytisch eingestuften Gruppe innerhalb der sonst parasitischen Rostpilze (Kottke et al. 2010). Schätzungen gehen derzeit von 25 000 Arten der Orchideen-Pilze aus (van der Heijden et al. 2015).
Ein häufiger Mykorrhizapilz der Heidekrautgewächse (Ericaceae) wurde von Pearson & Read 1973 isoliert und zunächst als Hymenoscyphus ericae (Ascomycota, Leotiomycetes) beschrieben, später in Rhizoscyphus ericae umbenannt (Zhang & Zhuang 2004). Spätere Untersuchungen wiesen Sebacinales (Serendipita und Sebacina) als weit verbreitete Pilzpartner von Ericaceae nach (Setaro et al. 2006b, Selosse et al. 2007).
Die Identifizierung der Mykorrhizapilze
BearbeitenMittels mikroskopischer Techniken kann man die Großgruppen der Pilze in den Mykorrhizen unterscheiden (Abbildung 3.3.1 und Kapitel "Die Strukturen"). Glomeromycota bilden intrazelluläre, nicht septierte, also schlauchförmige Hyphen und fein verzweigte Strukturen, die Arbuskel, sowie angeschwollene Hyphenenden, als Vesikel oder Sporen bezeichnet. Mucoromycotina lassen sich an den sehr feinen Hyphen mit unregelmäßigen Anschwellungen erkennen, auch sie können aber Arbuskel bilden (Orchard et mult. 2017a). Agaricomycotina und Pezizomycotina bilden einen Hyphenmantel und ein Hartigsches Netz oder intrazelluläre Hyphenknäuel. Die Hyphen sind septiert, d. h. in Zellen gegliedert. Diese Strukturen kann man an Schnitten oder Quetschpräparaten von Mykorrhizen erkennen und von der Besiedlung durch saprobe oder pathogene Pilze unterscheiden. Um die Pilzarten zu ermitteln sind aber aufwendige Verfahren nötig.
In einzelnen Fällen konnten die Pilzarten der Mykorrhizen identifiziert werden, indem Hyphenverbindungen zwischen Ektomykorrhizen und Pilzfruchtkörpern verfolgt wurden (Agerer 1991) oder anhängende Sporen von arbuskulären Mykorrhizen morphologisch bestimmt wurden (Oehl et al. 2011). Beide Verfahren erfordern aber eine sehr gute morphologische und systematische Kenntnis und sind auf Zufälle beschränkt, denn die Bildung und Verbreitung der Fruchtkörper unterscheidet sich deutlich von der Verbreitung der Mykorrhizen (van der Heijden et al. 1999).
Gattungen und Arten der Glomeromycota werden morphologisch nach Anlage und Struktur ihrer vegetativen Sporen unterschieden (Schüßler & Walker 2010). Die Identifizierung erfordert die Anlage von Kulturen mittels Trägerpflanzen, z. B. von Spitzwegerich (Plantago lanceolata) oder genetisch transformierten Wurzeln (root organ cultures; Fortin et al. 2002), denn für die morphologische Unterscheidung ist der Vergleich zahlreicher Sporen unterschiedlicher Entwicklung notwendig (St-Arnaud et al. 1996; Oehl et al. 2011). Eine weitere Möglichkeit zur Unterscheidung von Gattungen und Arten der Glomeromycota bieten Lipid-Profile (Methylester der gespeicherten Fettsäuren; Graham et al. 1995).
Bisher wurden nur wenige Pilz-Strukturen in den Mykorrhizen selbst für eine Charakterisierung verwendet. Um diese Strukturen im Mikroskop zu erkennen, müssen die Wurzeln mit Kalilauge aufgehellt und die Hyphen mit Trypanblau, Baumwollblau, Tinte oder Chlorazol Black angefärbt und die Gewebeschichten sorgfältig auseinander präpariert werden (Phillips & Hayman 1970; Brundrett et al. 1984; Beck et al. 2007). Paraglomus und Ambispora färben sich nur schwach mit Trypanblau, während sich andere Glomeromycota kräftig färben. Gigasporaceae, Paraglomus und Archaeospora bilden keine Vesikel in den Mykorrhizen aus. Glomerales bilden häufig Anastomosen im Interzellularraum, Gigasporaceae können dies nicht. Beck et al. 2007 beschrieben eine Vielfalt von zuvor nicht bekannten Anheftungsformen (Hyphopodienstrukturen) an der Wurzeloberfläche von Bäumen des andinen, tropischen Bergregenwalds, die aber erst ansatzweise molekular den bekannten Gattungen zugeordnet werden konnten (siehe Kapitel "Die Strukturen der Mykorrhizen").
Die Mykorrhizapilze unter den Agaricomycotina und Ascomycota werden an Hand der Fruchtkörper-Merkmale unterschieden und die Zuordnung von Ektomykorrhizen ist morphologisch-anatomisch nur bedingt möglich. Da Ektomykorrhizen aber Strukturmerkmale haben, die sich zur Unterscheidung von Typen oder Formen eignen, können sie beschrieben und mit einem Kunstnamen versehen werden (siehe Kapitel "Die Strukturen"). Nur wenige Arten lassen sich in Reinkultur nehmen und ohne Pflanzenpartner vermehren. Die Kultur erfolgt am besten aus dem Fleisch junger Fruchtkörper, in wenigen Fällen wurden auch Sporen zum Keimen gebracht. Versuche, Myzelien aus den Mykorrhizen direkt zu isolieren, werden durch die große Zahl von anderen, schneller wachsenden Pilzen erschwert, die die Wurzeln oberflächlich oder in abgestorbenen Zellen besiedeln. Beschreibungen solcher Isolate von Begleitpilzen, auch Mikropilze genannt, die mehrheitlich zu den Ascomycota gehören, geben Currah et al. 1997 und Qian et al. 1998b.
Isolate können experimentell auf symbiotische Fähigkeiten geprüft werden. Anleitungen findet man u. a. in Norris et al. 1991. Übliche Verfahren für Ektomykorrhizapilze sind die sterile Anzucht in Petrischalen auf Agar mit Baumkeimlingen und Myzelkulturen (Abbildung 5.2.1). Dem Agar werden nur geringe Mengen an Nährsalzen und kein Zucker zugegeben (Kottke et al. 1987). Pilze, die sich nicht steril kultivieren lassen, kann man in Containern mit Baumkeimlingen auf Torfsubstrat oder Perlite testen.
Die in Kultur erhaltenen Ektomykorrhizen (Abbildung 5.2.2) ähneln in hohem Maße den im Feld gefundenen und können zur Beschreibung und Identifizierung verwendet werden (Münzenberger et al. 1986; Münzenberger et al. 1992). Die Beispiele zeigen die typischen Pigmente der Pilzarten im Hyphenmantel sowie Sonderbildungen, wie Dauerstadien (Sklerotien). Auch die anatomischen Merkmale sind vergleichbar.
Zur antomischen Unterscheidung der Untergruppen der Agaricomycetes sowie der Pezizomycotina in den Mykorrhizen können ultrastrukturelle Merkmale verwendet werden, d. h. Merkmale, die erst im Transmissions-Elektronenmikroskop sichtbar werden. Diese Pilzgruppen bilden Hyphen mit Septen und charakteristischen Septenporen (Müller et al. 1998; van Driel et al. 2009). Alle Agaricomycetes haben Doliporen (Abb.5.2.3) mit einem nahe am Porus ringförmig angeschwollenen Septum und Kappen über dem Porus (Parenthesome). Bei den Thelephorales, Russulales, Atheliales, Boletales und Agaricales ist das Parenthesom gleichmäßig fein perforiert (Porendurchmesser 50-60 nm; Abb. 5.2.3.1). Seredipitaceae (Sebacinales; Abbildung 5.2.3.2) und Tulasnellaceae (Abb. 5.2.3.3) haben durchgehende, nicht perforierte Parenthesome. Tulasnellaceae zeigen als besonderes Merkmal osmiophile und daher dunkel erscheinende Schleimkörper in den Zellwänden. Die Parenthesome von Ceratobasidiaceae (Abbildung 5.2.3.4) sowie anderer Cantharellaceae (Pfifferlingsartige) haben wenige, große Poren (100-200 nm).
Die zu den Brandpilzen (Pucciniomycotina) gestellten Atractiellomycetes haben einen einfachen (simplen) Porus ohne Kappe, der mit sog. Mikrobodies umgeben wird (Abbildung 5.2.3.5). Atractiellomycetes sind zusätzlich durch ein einzigartiges Merkmal ausgezeichnet, das als Symplechosom bezeichnet wird (Abbildung 5.2.3.6). Es handelt sich um kleine Zellorganelle, die aus Zisternenstapeln des endoplasmatischen Reticulums bestehen und über hexagonal angeordnete Filamente verbunden sind (Bauer & Oberwinkler 1991).
Pezizomycotina haben einen einfachen Porus, der von sog. Woronin Körpern, osmiophilen Melaninkörpern, begleitet wird (Abbildung 5.2.3.7) (Turnau 1993). Diese ultrastrukturellen Merkmale haben wesentlich zur Absicherung molekularer Identifizierung von Mykorrhizapilzen beigetragen (Kottke et al. 2003; Selosse et al. 2004; Setaro et al. 2006b; Ligrone et al. 2007; Kottke et al. 2010).
Ein interessantes, modernes Verfahren zur Unterscheidung von saproben und symbiotischen Pilzarten ist die Messung des Gehalts an stabilen Isotopen des Kohlenstoffs (δ13C) der Fruchtkörper, da diese Gehalte sich je nach Ernährungsweise unterscheiden (Agerer et al. 2012). Generell haben Pilze, die Ektomykorrhizen bilden niedrigere (δ13C) Gehalte als saprobe Arten (Högberg et al. 1999; Hobbie et al. 2002).
Zur Unterscheidung der Gattungen und Arten werden heute DNA-Sequenzen verwendet. Die DNA der Pilze kann direkt aus den Mykorrhizen isoliert, mittels geeigneter Primer über die Polymerase-Kettenreaktion (PCR) vermehrt, eventuell cloniert (von anderen Sequenzen getrennt) und anschließend sequenziert werden. Eine Zusammenstellung geeigneter Primer findet man unter http://www.nature.berkeley.edu/bruns.lab/; weitere in Krüger et al. 2012 und Bidartondo et al. 2011. Auf der Grundlage zwanzigjähriger Erfahrung zahlreicher Labors eignet sich zur Unterscheidung von Arten, Gattungen und Großgruppen der Pilze insbesondere die ribosomal kodierende Einheit der nukleären DNA, die die 18S (sog. small subunit SSU), ITS1, 5.8S, ITS2 und 28S (sog. large subunit LSU) umfasst (Abb. 5.2.4). Die Region hat außer der ausreichenden Variabilität und des konservativen Abschnitts der 5.8S, an dem generelle Primer ansetzen können, den Vorteil in hoher Kopienzahl vorzuliegen.
Die ITS1 und ITS2 sind hoch variabel und wurden als genereller „Barcode“ für Pilze vorgeschlagen (Schoch et al. 2012). Die innerartliche Variabilität der ITS Region der Agaricomycetes liegt häufig bei nur 1 bis 2% (Nilsson et al. 2008). Die Abgrenzung einer Art von einer nah verwandten wird daher bei 2-3% Divergenz der Sequenzen festgelegt. Bei den Tulasnellaceae, Mykorrhizapilze von Orchideen, beträgt die innerartliche Variabilität der ITS bis zu 4%, die zwischenartliche Divergenz liegt bei mindestens 9% und bis zu 44%, sodass die Abgrenzung der Arten bei 5% Divergenz gut begründet ist (Cruz et al. 2014). Dem Vergleich der ITS-Sequenzen (Alignment) muss eine Aufteilung in Untergruppen auf der Basis der 5.8S vorausgehen, um überhaupt eine ausreichend gutes Alignement zu erhalten. Das bedeutet natürlich, dass man es bei Tulasnella spp. eigentlich mit verschiedenen Gattungen zu tun hat, die aber noch zusammengefasst werden.
Glomeromycota zeigen eine sehr hohe Variabilität der ITS innerhalb einer Art und sogar in individuellen, vielkernigen Sporen (Lanfranco et al. 1999; Lin et mult. 2014). Ökologisch ausgerichtete Untersuchungen verwenden daher meist Sequenzen der weniger variablen 18S (SSU). Krüger et al. 2012 schlagen die gesamte SSU-ITS-LSU Region der rDNA als Basis zur Unterscheidung der Arten, Gattungen und Familien der Glomeromycota vor. Die Region umfasst etwa 250 bp der SSU, die komplette ITS und ein 800 bp langes Stück der LSU. Die Variabilität beruht bei den Glomeromycota auf einzelnen Punktmutationen und ist daher in ihrer phylogenetischen Aussage schwer zu beurteilen. Neue Alignment-Verfahren, die auch „gaps“ berücksichtigen und einen mehr phylogenetisch ausgerichteten Algorithmus zu Grund legen, sollen zu eine Verbesserung der Auswertung hochvariabler Sequenzen führen (Nagy et al. 2012).
Die molekularen Methoden haben für Feldstudien eine Vielzahl sog. „kryptischer Arten“ ergeben, d. h. Arten, denen man zunächst keine Fruchtkörperfunde oder Sporen-Kulturen zuordnen kann. Diese molekularen taxonomischen Einheiten (operational taxonomic units; OTUs) werden daher auch als Genotypen, Phylotypen oder virtuelle Arten bezeichnet und entsprechen nur bedingt dem üblichen, morphologischen Artkonzept. So fanden Bahram et al. 2011, 23 ITS-Genotypen von Cenococcum geophilum (Ascomyctota) an einem Individuum der Pappel (Populus tremula). Haug et al. 2013, erhielten für eine tropische Baumart (Cedrela montana) 74 Glomeromycota OTUs, wenn die Ähnlichkeiten auf der 18S mit 99% angenommen wurden, aber nur 30, wenn die Ähnlichkeiten bei 97% lagen. Auch die Wahl der Primer ist von Bedeutung. Allgemeine ITS-Primer finden weniger Glomeromycota als spezifische SSU AMF-Primer (Lekberg et mult. 2018). Bei Angaben zur Diversität der Pilze auf molekularer Grundlage, muss daher die jeweilig benutzte Abgrenzung der Genotypen beachtet werden.
Mit Hilfe der IGS-Region oder von Mikrosatelliten lassen sich noch feinere genetische Unterschiede feststellen, die teilweise zu funktionalen Unterschieden korrelieren und auf der ITS oder SSU Region nicht erfasst werden (Hönig et al. 2000; Kretzer et al. 2003; Gherbi et al. 1999; Johnson et al. 2012). Abbildung 5.2.5 zeigt die Wirkung von drei verschiedenen Herkünften des Kahlen Kremplings, die sich nur auf der IGS-Region, aber nicht auf der ITS-Region unterschieden. Mit Hilfe von Mikrosatelliten (SSR, simple sequence repeats) lassen sich benachbarte Populationen einer Art unterscheiden (Zhou et al. 2001; Croll et mult. 2008).
Die molekularen Methoden werden ständig weiter entwickelt und ergeben neue Einblicke in die Vielfalt der Mykorrhizapilze, sollten aber kritisch und sorgfältig angewandt werden (Waud et al. 2014). Es sollte auch weiterhin versucht werden, morphologische Arten und Genotypen zusammenzubringen, Isolate zu erhalten und die symbiotischen Fähigkeiten experimentell nachzuweisen (Schüßler & Walker 2010; Oberwinkler et al. 2014). Um die Kommunikation zu erleichtern, sollte auch angestrebt werden, molekular klar definierte Einheiten mit Artnamen zu benennen. Wo Fruchtkörper fehlen, sollten für die Benennung Strukturen der Mykorrhiza ausreichen, wie von namhaften Mykologen vorgeschlagen (Hibbett et al. 2011). Vielversprechend ist die Anwendung der Konfokalen Laser-Mikroskopie in Kombination mit molekularen, artspezifischen Oligonukleotiden, die an die entsprechenden Pilze in den Mykorrhizen binden und mittels Fluoreszenz sichtbar gemacht werden können (FISH; Vági et al. 2014). So können auch artspezifische Strukturen dreidimensional dargestellt werden (Gao et al. 2001). Auf der Basis von fluoreszenz-markierten, artspezifischen Primern können auch quantitative Nachweise erfolgen (TaqMan PCR, Schubert et al. 2003).
Die Zahl der Mykorrhizapilze wird durch neu entdeckte Arten ständig größer und umfasst sehr wahrscheinlich Tausende von Arten. Eine Erklärung für den Erhalt so vieler oft nah verwandter Arten, die in den gleichen „Nischen“ leben, wurde eingangs aufgezeigt (Kapitel Diversität, Unspezifität und Organisation in Netzwerken). Die Architektur der Vernetzung, die in den realen Mykorrhiza-Assoziationen zwischen Pilzen und Pflanzen durch vorherrschend unspezifische Bindungen vorliegt, gewährleistet den Erhalt der Vielfalt (Rohr et al. 2014). Aus erdgeschichtlich-ökologischer Sicht ist diese Notwendigkeit leicht zu verstehen, da dadurch ökologische und evolutäre Veränderungen gepuffert werden. Hierin liegt die fundamentale Bedeutung der Mykorrhizapilze für die Landökosysteme und den Erhalt der Artenvielfalt.
Die Stellung der Mykorrhizapilze im System
BearbeitenEine vereinfachte Übersicht zeigt die Stellung der Mykorrhizapilze innerhalb des Pilzsystems (Abbildung 5.3.1). Mykorrhizapilze finden sich nur unter den phylogenetisch höher entwickelten Pilzgruppen, Mucoromycota, Ascomycota und Basidiomycota. Die im System der Pilze (Fungi) basal stehenden Gruppen, Cryptomycota, Chytridiomycota, Blasocladiomycota und Zoopagomycota (nach Spatafora et mult. 2016) enthalten keine Mykorrhizapilze.
Mycorrhizapilze leiten sich durchweg von saproben Pilzgruppen ab und nicht von parasitischen (Hibbett et mult. 2007). Wie die Übersicht zeigt, sind sie mehrfach entstanden und stehen fast immer benachbart zu Saproben. Die Glomeromycotina (= Glomeromycota, Knäuelpilze) sind nach gültiger Einordnung eine Schwestergruppe der saproben Mortierellomycotina. Die Mykorrhiza bildenden Endogonales bilden zusammen mit den saproben Mucorales die Mucoromycotina (Köpfchenschimmel) (Spatafora et mult. 2016). Glomeromycotina enthalten außer dem einzelligen Geosiphon, der mit intrazellulären Cyanobakterien zur Gewinnung von Nährstoffen in Symbiose lebt, nur obligate Wurzel-Symbionten.
Die Ascomycota (Schlauchpilze) enthalten zahlreiche saprobe und parasitische Untergruppen (Abbildung 5.6.1). Mykorrhizapilze sind insbesondere unter den Pezizomycotina (Becherlinge und Trüffel) zu finden, die auch viele saprobe Arten enthalten.
Innerhalb der Basidiomycota finden sich Mykorrhizapilze, mit einer Ausnahme, nur unter den Agaricomycotina und dort in der Untergruppe Agaricomycetes (Kohler et mult. 2015). Unter den Agaricomycetes stehen in basaler Position Mykorrhizapilze von Orchideen, Sebacinales sowie Tulasnellaceae und Ceratobasidiaceae (Cantharellales, Pfifferlingsartige). Weitere Mykorrhizapilze der Orchideen sind die Atractiellomycetes, die – bisher noch – als Saprobe bei den Rostpilzen (Pucciniomycotina) stehen. Die beiden Großgruppen der parasitischen Pilze unter den Basidiomycota, Rostpilze und Brandpilze, sind phylogenetisch klar von den Agaricomycotina getrennt.
Die Endogonales
BearbeitenGalten lange Zeit die Glomeromycota (Knäuelpilze) als erdgeschichtlich und phylogenetisch älteste Gruppe der Mykorrhizapilze, werden jetzt die Endogonales als Vorläufer oder als gleich alte Schwester-Gruppe diskutiert (Bidartondo et al. 2011; Strullu-Derrien et al. 2014). Alle Mucoromycotina (Endogonales und Mucorales) und die Glomeromycotina (= Glomeromycota) haben unseptierte, vielkernige Myzelien. Sie sind untereinander näher verwandt als beide mit den Dikarya (Basidiomycota und Ascomycota) (Abbildung 5.3.1) (Lin et mult. 2014; (Spatafora et mult. 2016). Sowohl Glomeromycota als auch Endogonales enthalten Endobakterien in den Hyphen (siehe Kapitel Weitere Organismengruppen).
Im Unterschied zu den Glomeromycota gibt es bei den Endogonales sexuelle Stadien. Die Myzelien können auf zuckerhaltigen Medien unter Zugabe verschiedener Vitamine unabhängig von Pflanzenwurzeln kultiviert werden (Berch & Fortin 1983; Warcup 1990; Field et al. 2014). Endogonales bilden unterschiedliche Mykorrhizen bzw. mykorrhiza-ähnliche Assoziationen. Seit kurzem werden zwei Familien unterschieden: Endogonaceae und Densosporaceae (Desirò et al. 2017).
In Lebermoosen, Hornmoosen und Farnen bilden Endogonales beider Familien Endomykorrhizen mit intrazellulär, knäuelartig wachsenden, sehr feinen Hyphen (0.8 – 1.5 µm Durchmesser) mit endständigen, kugelförmigen Anschwellungen und dickwandigen, extrazellulären Sporen, die von Schleim umgeben sind (Bidartondo et al. 2011, Desirò et al. 2013). Die spezifischen Strukturen wurden experimentell bestätigt. Die Myzelien bilden auch auf Agarkulturen endständige, blasige Anschwellungen, die den kugelförmigen Anschwellungen in den Rindenzellen von Endomykorrhizen ähneln (Fassi 1965; Field et al. 2014).
Zu den Densosporaceae gehören als fine endophyte (Glomus tenue) beschriebene, arbuskel-bildende Arten, die an zahlreichen Pflanzen, weltweit vorkommen (Beck et al. 2007; Orchard et mult. 2017a; Orchard et mult. 2017b).
Die Endogonaceae Endogone lactiflua = Jimgerdemannia lactiflua bildet an Kiefer (Pinus contorta) und Endogone flammicorona = Jimgerdemannia flammicorona an Douglasie (Pseudotsuga menziesii) dünne Hyphenmäntel und ein deutliches Hartigsches Netz aus. Beide dringen aber auch in die Rindenzellen ein, bilden also Ektendomykorrhizen (Fassi 1965; Chu-Chou & Grace 1979; Walker 1985). Die Wurzelhaarbildung wird unterdrückt, wie das typisch für Ektomykorrhizen ist. Diese Pilze bilden kleine, unregelmäßig knollige Fruchtkörper (Sporokarpien) mit geschlechtlichen Sporen (Zygosporen), die sich im Boden entwickeln (hypogäisch), auch in Topfkulturen und Baumschulen gefunden wurden und besonders nach Waldbränden auftreten (Chang et mult. 2019). Endogone pisiforme kommt mit leuchtend gelben Sporokarpien in Schneetälchen vor (Trappe 1988).
Die Glomeromycota
BearbeitenDie Glomeromycota (= Glomeromycotina, Knäuelpilze) sind nur als Pilzpartner der arbuskulären Mykorrhizen bekannt, d. h. sie sind obligate Wurzelsymbionten und haben kein unabhängig lebendes Stadium. Die einzige Ausnahme macht Geosiphon pyriforme, ein einzelliger Hyphenschlauch, der, als ebenfalls obligater Symbiont, mit intrazellulären Blaualgen (Cyanobacteria) in Symbiose lebt (Gehring et al. 1996). Viele Arten der Glomeromycota assoziieren mit Arten aus einem breiten Spektrum von Pflanzenfamilien, beginnend mit den Lebermoosen, über die Farngewächse und Koniferen zu den Blütenpflanzen. Die strikte Abhängigkeit vom Pflanzenpartner erschwert die Erforschung der Glomeromycota erheblich. Auf künstlichen Substraten geht die Entwicklung nicht über die Keimung der Sporen und ein kurzes Myzel hinaus. Findet der Keimschlauch keinen passenden Pflanzenpartner, degenerieren die Hyphen innerhalb weniger Tage. Eine Ursache scheint die Unfähigkeit der Hyphen zu sein, Zucker aus dem Substrat aufzunehmen. Für Forschungszwecke werden Glomeromycota daher auf sog. "Ri T DNA-transformierten" Wurzeln, mit Agrobacterium tumefaciens zur vermehrten Wurzelbildung angeregten Wurzeln von Tomaten oder Karotten, unter sterilen Bedingungen kultiviert (Bécard & Fortin 1988). Es handelt sich dabei um reine Wurzelkulturen mit einem sehr geringen Nährstoffbedarf, sodass eine Mykorrhizierung erfolgt und die gesamte Entwicklung der Pilze beobachtet und untersucht werden kann (Chabot et al. 1992).
Die Knäuelpilze bilden Hyphen von 1.5 bis 10 µm Durchmesser, die eine Vielzahl haploider Kerne enthalten und nur selten Querwände (Septen) einziehen, meist erst um absterbende Hyphenabschnitte. Die Zellwand der Hyphen enthält Chitin, d. h. es handelt sich um echte Pilze (Fungi). Knäuelpilze bilden vegetative Dauersporen mit bis zu mehreren Tausend haploiden Kernen. Sexuelle Stadien sind nicht bekannt und die Glomeromycotina gelten als die erdgeschichtlich ältesten asexuellen Vielzeller. Molekulare Daten (Paarungs-Gene in Rhizophagus irregularis) lassen aber cryptische Meiosis oder Relikte davon vermuten (Tisserant et mult. 2012; Rosendahl 2012). Die Größen der Genome variieren stark und die Zahl der Chromosomen ist nicht bekannt. Für den ""Modellpilz" Rhizophagus irregularis (= Glomus irregulare; nicht = Glomus intraradices, welcher eine andere Art darstellt) beträgt das Kern-Genom nur etwa 16 Mb (Hijri & Sanders 2004). Die Werte für Pilze liegen im Allgemeinen zwischen 8 und 46 Mb. Dieser Modellpilz eignet sich daher gut für die funktionale, molekulare Forschung. Das Genom wurde bereits vollständig sequenziert.
Im Gegensatz zu der hoch variablen, für die Identifizierung von Arten verwendeten ITS-Region stellt sich das Gesamtgenom auch einzelner Kerne als homogen dar (Lin et mult. 2014). Die Glomeromycota sind demnach homokaryotisch, wie das für asexuelle (clonale) Lebewesen erwartet werden muss (Pawlowska 2005). Über Hyphenbrücken (Anastomosen) können Kerne von einem Teil des Myzels in einen anderen wandern und so zu einer Homogenisierung des Erbgutes beitragen (Young 2009). Kompatibilitäts-Tests ergaben aber, dass nur Hyphen fusionieren können, die aus den Sporen derselben Reinkultur stammen (gezeigt bei Arten aus den Glomerales) oder es fusionieren sogar nur Hyphenabschnitte des gleichen Myzels (bei Arten aus den Gigasporaceae). Die Ergebnisse zeigen, dass es auch bei den Glomeromycota genetisch abgegrenzte Einheiten gibt, die Arten entsprechen und dass es Mechanismen geben muss, die eine Erkennung von selbst und fremd erlauben (Giovanetti et al. 2006; Croll et al. 2009).
Die Unterscheidung der Arten, Gattungen und Familien beruhte zunächst auf der Entwicklung und Morphologie der vegetativen Sporen, wird aber heute zusätzlich mit DNA-Sequenzen begründet (Sequenzen siehe unter http://maarjam.botany.ut.ee). Krüger et al. 2012 stellten auf der Grundlage von 136 in Kultur gehaltenen Arten eine neue Gliederung der Glomeromycota vor, wobei vor allem die Gattung Glomus in mehrere Gattungen aufgespalten wurde. Es wurden einige neue Gattungs- und Familien-Namen eingeführt, die formell gültig veröffentlicht wurden (Schüßler & Walker 2010) und laufend durch weitere veröffentlichte Änderungen ergänzt werden (URL: http://amf-phylogeny.com). Die Systematik der Glomeromycota wird in einigen Punkten durchaus noch kontrovers diskutiert, ist aber wohl in ihren Grundzügen gefestigt (Oehl et al. 2011; Young 2012; Redecker et al. 2013). Derzeit sind ca. 240 Arten anerkannt, die in vier Ordnungen fallen (Abbildung 5.5.1): Glomerales, Diversisporales, Archaeosporales und Paraglomerales. Die Glomerales umfassen zwei Familien, die Glomeraceae (entsprechen früherer "Glomus Gruppe A") mit den Gattungen Glomus, Funelliformis, Rhizophagus und Sclerocystis und die Claroideoglomeraceae (entsprechen früherer "Glomus Gruppe B") mit der einzigen Gattung Claroideoglomus. Unter Diversisporales werden vier Familien mit ein bis fünf Gattungen gefaßt: Acaulosporaceae (Acaulospora), Entrophosporaceae (Entrophospora), Diversisporaceae (Diversispora, Otospora, Redeckera), Gigasporaceae (Gigaspora, Scutellospora, Dentiscutata, Cetraspora, Racocetra) und Pacisporaceae (Pacispora). Die Archaeosporales umfassen drei Familien mit jeweils einer Gattung, Ambisporaceae (Ambispora), Geosiphonaceae (Geosiphon) und Archaeosporaceae (Archaeospora). Die Paraglomerales enthalten bisher nur eine Familie und Gattung (Paraglomeraceae; Paraglomus). Beschreibungen einzelner, in Kultur genommener Arten findet man unter www.invam.caf.wvu.wdu/fungi/taxonomy/speciesID.htm und http://amf-phylogeny.com.
Etwa 30% der Arten gelten als weltweit verbreitet, etwa 90 % kommen auf mindestens zwei Kontinenten vor (Davison et al. 2015). Das betont nochmals die eingangs besprochene Unspezifität dieser Mykorrhizapilze. Es zeigen sich aber Unterschiede in der Besiedelungsgeschwindigkeit und dem Ausmaß der Besiedelung zwischen Glomeraceae, Acaulosporaceae und Gigasporaceae und erwartungsgemäß auch im Ausmaß der Förderung verschiedener Pflanzen (Hart & Reader 2002; Helgason et al. 2002; Urcelay & Diaz 2003). Glomeraceae besiedeln meist große Bereiche der Feinwurzeln, bilden aber relativ wenig freies Myzel, Gigasporaceae dagegen bilden ein ausgedehntes Myzel, das von wenigen, besiedelten Zellen ausgeht. Acaulosporaceae zeigen eine geringe Besiedlungdichte und wenig Myzel (Maherali & Klironomos 2007). Aus diesem unterschiedlichen Verhalten ergibt sich ein unterschiedlicher Kohlenstoffbedarf und eine unterschiedliche Phosphataufnahme der Arten und damit wahrscheinlich ein bedeutender Einfluß aus das Vorkommen in den verschiedenen Pflanzengesellschaften.
Die Mykorrhizapilze unter den Ascomycota
BearbeitenDie Hyphen der Ascomycota (Schlauchpilze) enthalten Chitin in den Zellwänden und haben eine sexuelle, dikaryotische Phase zur Bildung von Sporen (Ascosporen) in schlauchförmigen, Asci genannten Behältern. Die Asci werden in Fruchtkörpern gebildet, die schüsselförmig, becherförmig oder gestielt sind oder unterirdische Knollen (Trüffel) bilden. Die Hyphen sind regelmäßig septiert. Die Septen haben einfache Poren, die von sog. Woroninkörpern begleitet werden (Abbildung 5.2.3.7).
Die Ascomycota sind die artenreichste Pilzgruppe und enthalten saprobe und parasitische Arten sowie zweierlei Symbionten, nämlich Flechtenpilze und Mykorrhizapilze (Abbildung 5. 6. 1). Vornehmlich drei Untergruppen der Pezizomycotina (Becherlingsartige) bilden Flechtensymbiosen mit Blaualgen oder Grünalgen, insgesamt 40% aller Ascomycota (Lutzoni et al. 2001; Schoch et mult. 2009). Die Untergruppe Pezizomycetes enthält die bekanntesten Mykorrhizapilze unter den Ascomycota, die echten Trüffel (Tuber spp.). Auch Wüstentrüffel (Terfezia spp.), weitere trüffelartige und kleine Becherlinge sind Mykorrhizapilze. In allen diesen Familien stehen aber auch zahlreiche saprobe Arten. Mykorrhizapilze kommen noch vereinzelt in den Dothidiomycetes (Cenococcum geophilum), Eurotiomycetes (Hirschtrüffel, Elaphomyces spp.) und Leotiomycetes (Rhizoscyphus ericae) vor. Auch diese Gattungen sind entweder kleine Becherlinge (Rhizoscyphus ericae), trüffelartig (Elaphomyces spp.) oder überdauern im Boden als sog. Sklerotien, kugelige Hyphengeflechte mit fester Rinde (Cenococcum geophilum). Während die Pezizomycetes nur saprobe und symbiotische Arten enthalten, findet man in den letztgenannten Gruppen auch Pflanzenparasiten und teilweise Tierparasiten.
Das isolierte Vorkommen der genannten, weit verbreiteten und häufigen Mykorrhizapilze ist entwicklungsgeschichtlich schwer zu verstehen. Auffällig ist die vergleichsweise geringe Artenzahl und das Vorherrschen von im Boden lebenden, unterirdischen oder hypogäischen Fruchtkörperformen (Abbildung 5.6.2). Letzteres deutet auf eine durch Trockenstress bedingte Selektion. Entwicklungsgeschichtlich liegt ein mehrfacher Übergang vor von offenen „Bechern“ (Apothecien), bei denen die Sporen aus den Asci geschleudert und anschließend durch den Wind verbreitet werden, zu geschlossenen „Trüffel“, in denen die Sporen nicht mehr ausgeschleudert sondern von Tieren verbreitet werden.
Die Verbreitung der Sporen der „Trüffel“ erfolgt durch grabende Säugetiere, wie Hörnchen, Wühlmäuse oder Wildschweine, die durch unterschiedliche Düfte angelockt werden. Hörnchen vergraben zusätzlich die Samen der zu mykorrhizierenden Baumarten durch Anlegen von Wintervorräten und geben die Mykorrhiapilze gleich dazu (Maser et al. 1978). Hypogäische Pilze sind daher wohl durchgehend Symbionten und verdanken ihre Entstehung dem Zusammenspiel der Mykorrhizierung von Bäumen mit nährstoffreichen Samen, Sporen verbreitenden kleinen Säugetieren und einem winterkalten und/oder sommertrockenen Klima. Besonders eindrucksvoll ist das in den Nadelwäldern von Kalifornien und Oregon oder in Australien zu beobachten. Das Phänomen ist unter den Basidiomycota noch ausgeprägter (siehe dort). Bemerkenswert ist, dass Echte Trüffel (Tuber spp.) über flüchtige Verbindungen, die u. a. Tiere anlocken, einen hemmenden Einfluss auf das Pflanzenwachstum haben können, sodass ringförmige "Brandzonen" entstehen können (Pacioni 1991).
Die trüfferartigen Mykorrhizapilze sind mit ausdauernden, fast ausschließlich holzigen Sträuchern und Bäumen aus nur wenigen Pflanzenfamilien assoziiert (siehe Kapitel "Die Assoziationen im Pflanzenreich"). Sphaerozone ostiolatum wurde an Buche, die Wüstentrüffel Terfezia und Tirmania am Sonnenröschen (Helianthemum spp.) nachgewiesen (Dexheimer et al. 1985). Tedersoo et al. 2006a fanden Peziza michelii, P. depressa, Sarcosphaera coronaria und Pachyphloeus sp. als Mykorrhizapilze in nordeuropäischen Wäldern. Tuber puberulum ist in Fichtenwäldern bei uns nicht selten. Andere Tuber Arten bevorzugen Laubbäume, wie Haselnuss und Eiche, bei uns T. rufum, T. aestivum, im Mittelmeerraum die kulinarisch wertvollen Arten T. melanosporum und T. borchii. Weitere Gattungen in nordhemisphärischen Wäldern, besonders in den Nadelwäldern des westlichen Nordameika, sind Choiromyces, Balsamia, Barssia, Hydnotrya, Leucangium und Fischerula. Dingleya, Reddelomyces, Labyrinthomyces und Gymnohydnotrya sind südhemisphärische Gattungen an Eucalyptus. Lange Zeit wurden die echten Trüffel (Tuber spp.) als rein nordhemisphärisch angesehen. In die Verwandtschaft der Tuberaceae gehört aber auch ein Becherling aus Argentinien, Nothojafnea thaxteri, womit auch in dieser Gruppe die Entwicklung von schüsselförmigen zu knolligen Fruchtkörpern belegt werden kann (Bonito et mult. 2013).
Auch in den Pyronemataceae finden sich einige trüffelartige Mykorrhizapilze europäischer Waldbäume (Genea, Geopora, Genabea, Gilkeya, Phaeangium) aber auch „Becherlinge“ wie Wilcoxina spp., Trichophaea hybrida, Humaria hemisphaerica, Tarzetta sp., Geopyxis carbonaria, Pulvinula spp. und Sphaerosporella brunnea. Die nahe Verwandtschaft von Humaria und Genea belegt beispielhaft die Entwicklung von oberirdisch wachsenden, becherförmigen zu unterirdisch wachsenden, geschlossenen Fruchtkörpern (Erős-Honti et al. 2008). Die bronzefarbenen Mykorrhizen von Genea hispidula und G. verrucosa wurden von Buche bzw. Eiche beschrieben und sind in unseren Wäldern nicht selten. Die unscheinbaren Mykorrhizen von Wilcoxina oder Tricharina mikolae, wurden früher als „E-strain“ bezeichnet und treten besonders an Nadelbäumen oder Birke auf Brandflächen oder in Baumschulen auf (Yang & Wilcox 1984). Durch den dünnen Hyphenmantel scheint die Wurzelrinde durch, was zu Fehldiagnosen als „nicht mykorrhiziert“ führen kann. Wilcoxina mikolae bildet mit Kiefern eine Ektendomykorrhiza mit Hartigschem Netz und intrazellulären Hyphen, mit Fichte und Birke aber eine Ektomykorrhiza ohne intrazelluläre Hyphen und ohne Mantel (Scales & Peterson 1991a, Scales & Peterson 1991b).
Cenococcum geophilum (= C. graniforme) ist der weltweit häufigste und nur als Ektomykorrhiza mit schwarzem Myzel und als vegetative Dauerform (Sklerotien: 1-2 mm große, schwarze Kügelchen im Boden) bekannte Mykorrhizapilz. Die Mykorrhizen sind außerordentlich resistent gegen Trockenstress. Das Myzel ist kultivierbar und bildet samtig schwarze, langsam wachsende Kulturen. Das Genom wurde vollständig sequenziert und Symbiose spezifische Gene bereits identifiziert (Peter et mult. 2016). Obwohl Fruchtkörper bisher nicht gefunden wurden, weisen molekulare Daten auf die Möglichkeit einer sexuelle Phase hin. Molekular-phylogenetisch steht Cenococcum geophilum als einziger Mykorrhizapilz in der großen Familie der Dothideomycetes. Seine nächsten Verwandten sind Saprobe (Lepidopterella und Glonium). Obwohl er eine der kürzesten ITS-Regionen von Pilzen hat, weist diese dennoch eine sehr hohe Variabilität auf (90/140 bp; Shinohara et al. 1999; Jany et al. 2002). Das Genom selbst ist sehr groß (178 Megabites), was vor allem an der großen Zahl von repetitiven Transposons liegt. Eine Voraussetzung der symbiotischen Lebensweise ist die geringe Zahl von Genen, die für den Zellwandabbau kodieren. Im Vergleich zu Agaricomycetes-Symbionten hat C. geophilum aber noch eine relativ große Zahl an Zellwand abbauenden Enzymen und die Reaktion der Pflanze unterscheidet sich dementsprechend. Eine große Zahl spezifischer Gene wurde gefunden, die für kleine, sekretierte Proteine kodieren, die wohl für die Erkennung von selbst und nicht selbst notwendig, deren Funktionen aber noch nicht geklärt sind. Bemerkenswert ist vor allem die gesteigerte Expression von Aquaporin-Genen, die die Resistenz des Pilzes gegen Trockenstress erklären könnte (Peter et mult. 2016).
Die Mykorrhizen von C. geophilum sind an allen ektomykorrhizierten Baumarten zu finden (Trappe 1962) und in humusreichen Nadelwaldböden auf sandiger Unterlage extrem häufig, also auf Standorten mit häufiger Trockenheit (Mexal & Reid 1973). Die Mykorrhizen sind ist aber auch nach Bränden und Vulkanausbrüchen wichtig (Wu et al. 2004). Cenococcum geophilum wurde auch an der Silberwurz (Dryas octopetala), dem Knöllchenknöterich (Polygonum viviparum) und am Schuppenried (Kobresia myosuroides) nachgewiesen (Massicotte et al. 1998). Diese alpinen Pflanzen werden als Eiszeitrelikte angesehenen und könnten als Symbiontenträger die Wiedereinwanderung von Hasel und Kiefer nach der Eiszeit unterstützt haben, denn die Silberwurz war damals weit verbreitet (Dryaszeit) und die Sklerotien werden von Hörnchen und anderen kleinen Nagetieren gefressen, die das Myzel mit Pfoten und Fell übertragen.
Die Hirschtrüffel (Elaphomyces spp.) bilden mit 14 Arten eine eigenständige Gruppe von Mykorrhitzapilzen innerhalb der Eurotiomycetes (Geiser et al. 2006). Hirschtrüffel bilden im Boden dunkelbraune Cleistothecien, d. h. Fruchtkörper, die sich nicht öffnen. Die äußere Hülle (Peridie) ist warzig, höckerig, ohne anhängendes Myzel und umgibt die runden Asci, die frei in den inneren Hohlraum wachsen. Die runden Sporen werden durch Zerfall der Asci frei oder über Tiere, z. B. Wildschweine und Hörnchen verbreitet, für die sie eine wichtige Nahrungsquelle darstellen (North et al. 1997). In unsern Nadelwäldern sind zwei Arten häufig, E. granulatus und E. muricatus. Die Mykorrhizen haben ein farbloses, feines Myzel. Der Hyphenmantel besteht aus auffallend hirschgeweihförmig verzweigten Hyphen.
Eine besondere Gruppe von Mykorrhizapilzen bildet neben Saprophyten und Parasiten die Leotiomycetes (Wang et al. 2006). Rhizoscyphus ericae (Zhang & Zhuang 2004; vormals Hymenoscyphus ericae oder Pezizella ericae) ist der wichtigsten Mykorrhizapilz und bildet ericoide Mykorrhizen. Isolate wachsen als feine, zunächst farblose, später dunkel pigmentierte, melanisierte Hyphen und können winzige, becherförmige Fruchtkörper bilden (Read 1974). Die als Hymenoscyphus ericae aggregat zusammengefasste Gruppe enthält weitere, nah verwandte Isolate (Meliniomyces, Phialophora finlandia = Cadophora finlandica, Scytalidium vaccini), die sowohl ericoide als auch Ektomykorrhizen bilden können (Grelet et al. 2009). Rhizoscyphus ericae bildet auch Mykothalli mit Lebermoosen (Pressel et al. 2010). Oidiodendron maius gehört nach neuen Befunden ebenfalls zu den Leotiomycetes und bildet ericoide Mykorrhizen. Myzelien dieser Art wurden auch von zahlreichen anderen Wurzeln und direkt aus dem Humus isoliert. Wahrscheinlich gehören auch Ascomyceten aus epiphytischen, tropischen Farnen hierher (Kottke et al. 2008). Aus Grammitis blepharoides, einem epiphytischen Farn aus Costa Rica, konnte ein dunkel pigmentiertes, langsam wachsendes Myzel isoliert werden, das mit dem Heidekraut (Calluna vulgaris) in Kultur eine Mykorrhiza bildet und auch das Wachstum dieser Pflanzen fördert (Wäckers 1998). Ein Vertreter dieser Gruppe wurde auch an Graffenrieda emarginata und G. hartlingii (Melastomataceae; Bäume im Bergregenwald der Nordanden) molekular und strukturell als Ektomykorrhiza bildend nachgewiesen (Haug et al. 2004).
Die Vorkommen dieser Pilzgruppe auf humusreichen, sehr nährstoffarmen, meist sauren Standorten lassen sich erklären, wenn man berücksichtigt, dass sie über eine besondere Enzymausstattung verfügt, mit der schwer zugängliche Nährstoffquellen erschlossen werden können (Martino et mult. 2018). Im Gegensatz zu Ektomykorrhizapilzen haben sie zahlreiche Gene und entsprechende Enzyme für den Abbau von Polysacchariden, Lipiden und Proteinen. Die Ausstattung ist sogar vielfältiger als die verwandter, saprophytischer Pilze (Martino et mult. 2018). Oidiodendron maius kann sogar Torfmoos (Sphagnum) abbauen, dessen Zellwände holzartig sind. Somit haben diese Pilze sowohl symbiotische, biotrophe als auch saprophytische Eigenschaften. Man erklärt diesen erstaunlichen Sachverhalt als Beispiel für einen noch nicht ausreichend lang zurückliegenden Übergang vom Saprophytismus zur Symbiose.
Eine Mykorrhizierung kann demnach nur an Pflanzen erfolgen, deren Wurzeln nicht als Substrat dienen und daher nicht mit Abwehrreaktionen reagieren. In den Zellwänden von Calluna vulgaris (Heidekraut) wurde nur wenig oder kein Pektin gefunden (Nachweis mit Antikörpern JIM5/JIM7, Peretto et al. 1990). Obwohl R. ericae Pektin abbauen kann, wurde daher keine Abwehrreaktion der Pflanze beobachtet. Polygalacturonasen wurden nur außerhalb der Mykorrhiza an Hyphen exprimiert (Peretto et al. 1993). Im Gegensatz dazu enthalten die Zellwände von Trifolium pratense (Wiesenklee) sehr viel Pektin. Bei einem Infektionsversuch wurde eine hohe Pektinaseaktivität von R. ericae gefunden. Der Pilz nutzte also die Nichtwirtspflanze als Substrat (Bonfante-Fasolo et al. 1984).
Die Mykorrhizapilze unter den Basidiomycota
BearbeitenMyorrhizapilze finden sich in großer Artenzahl gemeinsam mit Saproben in der Untergruppe Agaricomycetes (Champignonartige) der Agaricomycotina (Fruchtkörper bildende Ständerpilze; Abbildung 5.7.1). Eine kleine Gruppe, die Atractiellomycetes, steht derzeit noch bei den Pucciniomycotina (Rostpilzen). Wie der Name „Fruchtkörper bildende Ständerpilze“ andeutet, bilden die Agaricomycotina sexuelle Sporen an „Ständern“ (Basidien), die in Lagern (Hymenien) dicht gedrängt nebeneinander stehen und in Fruchtkörpern (Basidiomata) angeordnet werden. Die ursprünglichste Form der Fruchtkörper sind feine, oft gelatinöse Krusten (corticioide Fuchtkörper), in denen die Basidien aufrecht stehen und die nach außen abgeschnürten Schleudersporen durch den Wind verbreitet werden. Daraus entwickelte sich eine Vielzahl verschiedener, gestielter Formen, bei denen die Basidien mit den Schleudersporen an der Unterseite der Fruchtkörper an Leisten (clavarioid, cantharelloid, z. B. Pfifferling) oder in Hüten an Lamellen (agaricoid, z. B. Fliegenpilz), Stiften (hydnoid, z. B. Habichtspilz) oder in Röhren (boletoid; z. B. Steinpilz und Maronenröhrling) angelegt werden. Die letzte Entwicklungsstufe sind, wie bei den Ascomycota, unterirdisch wachsende (hypogäische), geschlossene (gastroide) Fruchtkörper, in denen die Sporen nicht mehr abgeschleudert sondern von Tieren verbreitet werden. Die Fruchtkörperformen wurden, ausgehend von krustigen Formen, unabhängig mehrfach entwickelt, was zunächst morphologisch abgeleitet (Oberwinkler 1985; Bougher et al. 1993) und später molekular-phylogenetisch vielfach bestätigt worden ist (Bruns et al. 1989; Hibbett & Binder 2002; Larsson & Larsson 2003; Miller et al. 2006; Binder et al. 2010).
Alle diese Fruchtkörper- und Hymenium-Formen sind unter den Mykorrhizapilzen der Agaricomycetes zu finden und der Sporenverbreitung durch Tiere kommt hier wahrscheinlich eine noch größere Bedeutung zu als bei den Ascomycota. Bereits die oberirdisch wachsenden, relativ großen Fruchtkörper locken durch Duftstoffe Tiere an, werden von ihnen gefressen und die Sporen ausgeschieden. Zu den Mykorrhizapilzen gehören fast alle wohlschmeckenden Waldpilze! Schon die Entwicklung zu diesen kompakten, eiweißreichen Fruchtkörpern muss als Folge der Tierverbreitung gesehen werden und setzte sich fort in der großen Zahl von Arten mit unterirdischen Fruchtkörpern (Bougher & Tommerup 1996). Zusätzlich besteht auch hier ein Zusammenhang mit langen Trockenzeiten sowie häufigen Waldbränden. Hypogäische Arten sind daher in Australiens Eucalyptuswäldern und in den Nadelwäldern des Westlichen Nordamerika besonders häufig und artenreich (Claridge et al. 2000). Die Sporen der Wurzeltrüffel (Rhizopogon spp.) überdauern nachweislich Brände und lange Trockenzeiten (Bruns et al. 2002).
Die Mehrzahl der Mykorrhizapilze bildet Ektomykorrhizen mit Bäumen der Kieferngewächse (Pinaceae) und verschiedenen Familien oder Gattungen unter den Rosenartigen (Rosidae) (siehe Kapitel "Die Assoziationen im Pflanzenreich"). Mit Erikagewächsen werden arbutoide oder cavendishioide Mykorrhizen gebildet, seltener ericoide Mykorrhizen. Außerdem sind Orchideen und einige Lebermoose mit Agaricomycetes assoziiert. Entsprechend sind Familien und Gattungen dort verbreitet, wo sie ihre Pflanzenpartner finden, d. h. vorherrschend außerhalb der Tropen, in Gebieten mit Jahreszeitenklima auf der Nord- und Südhalbkugel.
Die Mykorrhizapilze stehen in den Agaricomycetes als abgeleitete Schwestergruppen zu Saproben, d. h. Gattungen, die ihren Kohlenhydratbedarf aus dem Abbau von Holz oder Streu beziehen. Um das zu erreichen, sind die Saproben ab den Auriculariales (Ohrlappenpilze) mit Enzymen zum Abbau von Holz (Lignozellulose) ausgestattet. Bei den Mykorrhizapilzen geht gleichzeitig die Fähigkeit zum Abbau von Cellulose verloren. Anschauliche Beispiele für die phylogenetisch abgeleitete Stellung der Symbionten im Verhältnis zu den Saproben, sowie die ebenfalls abgeleiteten, sehr seltenen, parasitischen Arten geben Matheny et mult. 2006 für Agaricales (Blätterpilze) und Miller et al. 2006 für Russulales (Täublinge und Milchlinge). Es würde zu weit führen, diese Ergebnisse hier genauer darzustellen. Die Kombination der saproben mit der symbiotischen Lebensweise macht die Agaricomycetes besonders erfolgreich, sowohl was ihre Diversität betrifft als auch bezüglich der Anpassungen an das Jahreszeitenklima. Die Mykorrhizapilze fördern produktive Baumbestände, die Lignocellulose abbauenden Saproben (Weißfäulepilze) sorgen für das Reycling des Holzes und der großen Streumengen, die in Wäldern mit Ektomykorrhizen im Jahreszeitenklima anfallen. Die mächtigen Kohlelager des Karbon konnten sich bilden, weil es noch keine Weißfäulepilze gab, das Wachstum der Baumartigen aber durch den hohen Kohlendioxidgehalt der Luft und die hohen Temperaturn enorm gesteigert war.
Jahreszeitenklima, Baumarten und geologischer Untergrund bedingen mehr oder weniger gut ausgeprägte Bodenhorizonte. Mykorrhizapilze zeigen entsprechend dem Gehalt und der Form des Humus eine unterschiedliche Verteilung (Abbildung 5.7.2), wobei sie selbst entscheidend an der Humusbildung beteiligt sind (Clemmensen et al. 2015). Cortinarius, Suillus, Thelephorales, Atheliaceae (z. B. Piloderma) und Sebacinaceae bevorzugen die oberen Humusauflagen, während Russulales bevorzugt im humosen Mineralboden auftreten. Cenococcum und andere Ascomyceten sind in allen Horizonten zu finden, dominieren aber in den tieferen Humusschichten (Haug et al. 1986; Tedersoo et al. 2003; Gebhardt et al. 2009). Unter den Besiedlern der Humusauflagen sind zahlreiche Arten, die Myzelstränge über mehrere cm bilden und daran sehr viele feine, explorative Hyphen entwickeln. Durch hohe Enzymaktivitäten tragen sie zum Abbau der organischen Auflage bei und versorgen die Bäume effektiv mit Stickstoff. Cenoccocum und andere Ascomyceten haben melanisierte Hyphen, die langlebig und resistent auch gegen Aubbau sind. Diese Hyphen-Nekromasse ist der Hauptanteil des im Boden festgelegten Kohlenstoffs.
Die Sebacinales (Wachskrusten) sind die basal stehende Ordnung innerhalb der Agaricomycetes. Sie bilden hauchdünne bis wachsige Überzüge auf verrottendem Pflanzenmaterial und zeichnen sich durch längsseptierte Basidien (Abbildung 5.7.1) und einen speziellen Septenporus aus (Doliporus mit durchgehendem Parenthesom, Abbildung 5.2.3.2). Die Familie der Sebacinaceae (vormals: Sebacina incrustans-Gruppe oder Sebacina A; Oberwinkler et al. 2013a; Oberwinkler et al. 2014) bildet an Fichte, Buche, Hainbuche, Haselnuss, Eucalyptus und Linde Ektomykorrhizen und versorgt von dort auch heterotrophe und mixotrophe Orchideen mit Kohlenhydraten (z. B. Nestwurz, Neottia nidus-avis; Selosse et al. 2002a, Selosse etal. 2002b). Auch an Erdbeerbaum (Arbutus unedo) und Wintergrün (Pyrola chlorantha und Orthilia secunda) wurden Sebacinaceae nachgewiesen (Selosse et al. 2007).
Die zweite Familie, Serendipitaceae (vormals Sebacinales B, Sebacina vermifera Gruppe Oberwinkler et al. 2014) bilden Endomykorrhizen mit Lebermoosen, grünen Orchideen und Heidekrautgewächsen, sowie Ektendomykorrhizen mit den Andinen Ericaceae (Kottke et al. 2003; Setaro et al. 2006a, Setaro et al. 2006b; Suárez et al. 2008). Orchideen, und Andine Ericaceae sind mit jeweils eigenen Arten der Seredipita-Gruppe assoziiert und bilden eigene Netzwerke, obwohl diese Pflanzen direkt nebeneinander vorkommen (Setaro et al. 2013). Ein erste experimenteller Arbeit bestätigt die spezifische Bindung der jüngsten Gruppe der Serendipitaceae (crown group) an Ericaceae und zeigt die nur geringe Besiedelung durch Isolate von Orchideen (Vohnik et al. 2016). Freiland-Untersuchungen machen es wahrscheinlich, dass die Serendipitaceae der Andinen Ericaceae mit diesen zusammen aus Nordamerika eingewandert sind (Setaro & Kron 2012). Eine vergleichbar enge Bindung ist für die Orchideen und ihre Symbionten zu erwarten, denn schon jetzt sind einzelne Sequenzen weltweit nachgewiesen. Auch die mit terrestrischen Lebermoosen assoziierten Serendipitaceae stimmen in Mitteleuropa und der Antarktis überein (Newsham & Bridge 2010). Der Bezug zur Pflanzengruppe erscheint also hoch konserviert und weist auf eine gemeinsame Ausbreitung hin.
Auf die Sebacinales folgen im System der Agaricomycetes die Catharellales (Pfifferlingartige), zu denen neben Ektomykorrhizapilzen auch die Orchideenpilze Tulasnellaceae (Veldre et mult. 2013; Gónzales et al. 2016) und Ceratobasidiaceae gehören. Die Tulasnellaceae (Violette Wachskrusten) sind die wichtigsten Mykorrhizapilze der grünen Orchideen, mit denen sie weltweit unspezifisch mit terrestrischen und epiphytischen Arten assoziieren. Die Fruchtkörper sind unscheinbare, dünne bis krustenförmige, wachsige, grau bis violette Lager auf morschem Holz und Ästen. Auf dem Hymenium werden Basidien mit charakteristischen, aufgeblähten Sterigmen (Epibasidien) gebildet (Abbildung 5.7.1). Die Basidien stehen offen in diesem Lager. Tulasnella kann in den Mykorrhizen an den besonderen Septenporen (Doliporen mit nicht perforiertem, schüsselförmigen Parenthesom) und Schleimeinlagerungen in den Hyphenwänden von anderen Pilzen unterschieden werden (Abb. 5.2.3.3).
Die bisher beschriebenen ca. 40 Arten müssen auf Grund molekularer Ergebnisse revidiert werden (Cruz et al. 2014). Die Artenzahl ist um ein Vielfaches höher als zuvor bekannt, wie molekulare Nachweise aus Orchideenmykorrhizen zeigen (Jacquemyn et al. 2011; Martos et al. 2012; Kottke et al. 2013). Tulasnella Arten sind auch Symbionten der Ohnnervmoose (Aneuraceae, Lebermoose) (Kottke et al. 2003, Pressel et al. 2010). Die gleichen Arten bilden Ektomykorrhizen mit Birke und Kiefer und versorgen die chlorophyllfreie Aneura mirabilis = Cryptothallus mirabilis mit Kohlenstoff, wie experimentell nachgewiesen wurde (Bidartondo et al. 2003). Tulasnella bildet auch eine Ektomykorrhiza mit einem dünnen Hyphenmantel an dem neotropischen Baum Graffenrieda emarginata (Melastomataceae; Haug et al. 2004).
Die Ceratobasidiaceae (Wachsbasidien) bilden unscheinbare Krusten und weisen als typischen Septenporus einen Doliporus mit groß-löchrigem Parenthesom auf (Abbildung 5.2.3.4). Die Familie enthält neben Symbionten von terrestrischen Orchideen viele parasitische und einige saprobe Arten (Veldre et mult. 2013). Die Autoren fanden eine klare, molekular-phylogenetisch begründete Trennung zwischen Gruppen von parasitischen Arten und den Gruppen mit Symbionten und Saproben. Oberwinkler et al. 2013b legen ein revidiertes Gattungs- und Artkonzept zum Ceratobasidium-Rhizoctonia Komplex vor, nach dem nur die Art Ceratobasidium calospora anerkannt wird und Rhizoctonia für alle Thanatephorus benannten Arten gilt. Während die Gattung Rhizoctonia = Thanatephorus Pflanzen parasitiert, werden Isolate und Sequenzen aus terrestrischen Orchideenmykorrhizen Ceratobasidium zugeordnet. Eine weitere taxonomische (Namen gebende) Bearbeitung steht noch aus. Yagame et al. 2008 und Yagame et al. 2012 erzeugten in Kultur Ektomykorrhizen an Tannen und Kiefernsämlingen mit Isolaten von Ceratobasidium aus mykoheterotrophen Orchideen Südostasiens. Ein vergleichbares Ergebnis hatten Bougoure et al. 2009 bereits für Isolate aus der australischen, hypogäisch wachsende Orchidee Rhizathella gardneri an Melaleuca uncinata (Myrtaceae) erhalten. Ein ultrastruktureller Nachweis der Ektomykorrhizen in Natur steht aber noch aus.
Unter den weiteren Familien der Cantharellales sind insbesondere Pfifferlinge (Cantharellus spp.), Totentrompete (Craterellus cornucopoides), Semmelstoppelpilze (Hydnum spp.), Kammförmige Koralle (Clavulina) und die krustigen Rindenpilze (Sistotrema) weit verbreitete Ektomykorrhizapilze.
Thelephorales enthalten wahrscheinlich die am weitesten verbreiteten Ektomykorrhizapilze in großer Artenzahl. Man findet sie nicht nur an Baumschulpflanzen und als Frühbesiedler in Aufforstungen an jungen Fichten und Birken ("early stage fungi") sowie als häufigste Mykorrhizapilze in Koniferenwäldern, sondern auch mit Nyctaginaceae im neotropischen Bergregenwald, wo sonst ausschließlich mit Glomeromycota mykorrhizierte Bäume wachsen (Horton & Bruns 1998; Haug et al. 2005). Sie sind auch die häufigsten Mykorrhizapilze der Drehfruchtbäume (Dipterocarpaceae) in Malaysia (Sirikantaramus et al. 2003).
Unter den Hymenochaetales, die sonst eine rein saprobe Gruppe darstellen, wurde der Harzrindenpilz (Resinicium) als Symbiont der tropischen, chlorophyllfreien Erdorchidee Gastrodia similis auf La Réunion gefunden (Martos et mult. 2009).
Unter den Russulales befinden sich zwei Familien mit wahrscheinlich ausschließlich Ektomykorrhizapilzen, die Schafporlinge (Albatrellaceae) und die Täublinge und Milchlinge (Russulaceae) (Miller et al. 2006). In den Russulales steht als Ausnahme auch der parasitische, die Rotfäule der Fichte hervorrufende Wurzelschwamm (Heterobasidium annosum = H. irregulare). Zu den Atheliales, einer Schwestergruppe der Boletales mit krustigen Fruchtkörpern, gehören einige sehr häufige Mykorrhizapilze unserer Fichtenwälder wie Piloderma croceum, Amphinema byssoides, Tylospora fibrillosa und T. asterophora. Unter den Boletales sind Steinpilz, Maronenröhrling, Rotkappe und Kahler Krempling vielleicht die bekanntesten. Hierher gehören auch der Kahle Krempling (Paxillus involutus), die Erbsenstreulinge (Pisolithus), die Röhrlinge (Suillus spp.) und Kartoffelboviste (Scleromerma spp.) Unter den Agaricales (Blätterpilze) sind Fliegenpilz (Amanita muscaria), Tonblasser Fälbling (Hebeloma crustuliniforme), Violetter Lacktrichterling (Laccaria amethystina) und Rötlicher Lacktrichterling (L. laccata) Arten mit einem sehr breiten Wirtsspektrum (Roy et al. 2008). Laccaria bicolor ist der Modellpilz der molekularen Forschung (Martin et mult. 2008). In den tropischen Wäldern Asiens gibt es eine kleine Gruppe von rein saprophytischen Agaricales (Mycena, Gymnopus, Psathyrella, Marasmius), die chlorophyllfreie Orchideen mykorrhizieren und sie mit Nährstoffen versorgen (Selosse et al. 2010).
Wirtsbindungen der Agaricomycetes
Ishida et al. 2007 zeigten in einer beispielhaft umfangreichen Untersuchung in japanischen Mischwäldern (8 Baumarten aus drei Familien: Pinaceae, Fagaceae, Betulaceae) mit einer hohen Pilz-Diversität (121 bzw. 137 Arten je Standort), dass 36,5 % der Pilzarten Generalisten waren, 16,5 % an Fagaceae und Betulaceae und 8% an nur einer Baumfamilie vorkamen. Dieses Ergebnis kann als typisch für ECM Wälder angesehen werden. Die meisten und die häufigen Arten mykorrhizieren unspezifisch, bilden also Netzwerke wie eingangs beschrieben. Im Unterschied zu den Glomeromycota, gibt es unter den Agaricomycetes aber auch Spezialisten bezüglich der Partnerwahl (Molina et al. 1992; Horton & Bruns 1998). In unseren Wäldern sind z. B. der Fichtenreizker (Lactarius deterrimus) an Fichte (Picea abies), der Lachsreizker (L. salmonicolor) an Weißtanne (Abies alba), der Echte Reizker (L. deliciosus) an Waldkiefer (Pinus sylvestris), der Lärchenreizker (L. porninsis) an Lärche (Larix decidua), der Flaumige Milchling (L. pubescens) an Birke, der Erlenmilchling (L. obscuratus) an Erle, der Scharfe Milchling (L. acris) an Buche und der Rußbraune Milchling (L. fuliginosus) an Hasel gebunden. Für die spezifische Erkennung ihrer Partner wurden Lactarien-Lektine gefunden, die an 1,3ß-Galactosamin an der Oberfläche der Wurzelspitzen und der Wurzelhaare binden (Guillot et al. 1994; Guillot & Konska 1997). Die hypogeae Gattung Alpova (Paxillaceae) mykorrhiziert nur Erlen, wobei die einzelnen Arten an verschiedene Erlenarten gebunden sind. Ähliches gilt für Alnicola und einige Tomentella- und Lactarius-Arten (Pozzi et mult. 2018).
Die Röhrlinge (Suilloide) unter den Boletales mykorrhizieren ausschließlich Kieferngewächse (Pinaceae). Ihre hypgäischen Mitglieder, die Wurzeltrüffel (Rhizopogon spp.) sind auch innerhalb der Pinaceae spezialisiert, die Erbsenstreulinge (Pisolithus spp) sind an die regionalen Baumarten gebunden. Experimente zeigten jedoch, dass in Mischpflanzungen Übergänge von Rhizopogon spp. auf andere Kieferngewächse möglich sind und unspezifisch auch Beerentraube (Arctostaphylos) oder Erdbeerbaum (Arbutus) mykorrhiziert werden (Massicotte et al. 1994; Molina et al. 1994). Auch spezifisch gebundene Mykorrhizapilze haben nicht nur einen Pflanzenpartner, zeigen aber deutliche Bevorzugungen. So mykorrhiziert Pisolithus tinctorius Kiefern und Eichen im Mittelmeerraum, australische Arten mykorrhizieren Eucalyptus und Acacia, während eine kenianische Art an Afzelia vorkommt (Martin et al. 2002).
Mit der Einfuhr von Eucalyptus-Sämlingen nach Spanien wurden die australischen Pilzarten mit eingeführt und erhielten sich in den Plantagen (u. a. Hydnangium carneum, Hymenogaster albus, Hysterangium inflatum, Labyrinthomyces donkii, Laccaria fraterna, Pisolithus albus, P. microcarpus, Rhulandiella berolinensis, Setchelliogaster rheophyllus, Tricholoma eucalypticum). Ein Übergang auf einheimische Baumarten wurde bisher nur an Hand von Fruchtkörperfunden unter Cistrose, nicht aber unter Eiche oder Kiefer nachgewiesen, dabei könnte es sich aber um eine eigene Art handeln (Martin et al. 2002; Díez 2005). Der Erbsenstreuling (Pisolithus) mediterraner Wirtspflanzen ging nicht auf gepflanzte Eucalyptus Bäume über, sondern diese behielten ihre australischen Arten (Diéz et al. 2001). Langfristig haben aber Übergänge auf andere Wirtsbaumarten stattgefunden. So zeigen Hosaka et al. 2008, wie die zunächst an Eucalyptus gebundenen, trüffelartigen Hysterangiales im Lauf der Erdgeschichte auf die Südbuche (Nothofagus), die Drehfruchtgewächse (Dipterocarpaceae) und andere Baumarten übergingen, wobei dann auch neue, aber nah verwandte hypogäische Arten entstanden. Zahlreiche weitere Beispiele für Spezialisierungen ließen sich anfügen, wobei diese auf unterschiedlichem Niveau stattfinden können, zwischen Familien, Gattungen, Arten oder innerhalb von Artkomplexen. Der Ausdruck wird daher in der Literatur sehr unterschiedlich verwendet.
Alle Untersuchungen weisen Spezialisierung unter den Agaricomycetes als abgeleitetes Merkmal aus und die Frage nach dem Vorteil dieser Entwicklung ist wohl eher negativ zu beantworten (Bruns et al. 2002). Leichter ist die Frage zu beantworten, unter welchen Bedingungen Spezialisierung auf Artebene überhaupt langfristig erhalten bleiben kann. Die notwendige Voraussetzung ist, dass der Partner in großer Zahl und langzeitig zur Verfügung steht. Spezifisch gebundene Ektomykorrhizapilze kommen daher nur in Wäldern mit dominanten Beständen einer oder weniger Baumarten vor und nicht in artenreichen Tropenwäldern mit vereinzelten, seltenen Baumarten oder gar an einjährigen Pflanzen.
Atractiellomycetes (Puccinomycotina) als Mykorrhizapilze von Orchideen
Sequenzen, die der Gattung Helicogloea zugeordnet wurden, waren gelegentlich aus Orchideenwurzeln erhalten worden. Aber erst die weite Verbreitung dieser zu den Atractiellomycetes gehörenden Pilze in Wurzeln von Orchideen des tropischen Bergregenwaldes von Südecuador und der ultrastrukturelle Nachweis in den Mykorrhizen erlaubten, sie als Mykorrhizapilze nachzuweisen (Abbildung 5.2.3.5 und 5.2.3.6; Kottke et al. 2010). Es fehlt aber noch ein experimenteller Nachweis der Förderung des Protocorms der Orchideen (Vorkeime) durch diese Pilze. Atractiellomycetes wurden bisher als Saprophyten angesehen. Sie bilden winzig kleine, schleimige Fruchtkörper mit „auricularioiden“ Basidien, weswegen sie morphologisch zu den parasitischen Rostpilzen (Pucciniomycotina) gestellt wurden. Zusätzlich haben die hier gefundenen Atractiellomycetes einfache Septenporen, die von Mikrobodies umgeben werden, was auch für diese Einordnung spricht (Bauer et al. 2006). Bisher wurden drei Arten molekularphylogenetisch unterschieden, die mit Helicogloea sp. eine eigene Gruppe innerhalb der Atractiellomycetes bilden (Kottke et al. 2010).