Seitentitel: Mykorrhiza – Pilz-Wurzel-Symbiosen/ Die Grundprinzipien
(Mykorrhiza – Pilz-Wurzel-Symbiosen/ Die Grundprinzipien)
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Diversität, Unspezifität und Organisation in Netzwerken

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Nach Schätzungen leben über 90 % der Landpflanzen, das sind etwa 230 000 Arten, in obligaten Pilz-Wurzel-Symbiosen (Smith & Read 2008). Die Zahl der Mykorrhizapilze liegt vermutlich ähnlich hoch, wurde aber vor Anwendung der molekularen Erfassung der Arten und vor der Erforschung der artenreichen Tropenwälder weit unterschätzt und ist immer noch unvollständig erfasst. Pflanzen bilden stets mit vielen Pilzen Mykorrhizen und Mykokorrhizapilze können immer mit verschiedenen Pflanzenarten assoziieren. So sind z. B. von der Douglasie mehr als 500 Mykorrhizapilz-Arten, von der Gelbkiefer mehr als 150, allein aus dem westlichen Nordamerika bekannt (Barroetaveña et al. 2007). Eine einzelne Pappel kann mit Hunderten von Pilzarten Mykorrhizen bilden (Bahram et al. 2011).

Diese Forschungsergebnisse haben zu Diskussionen über den biologischen Sinn von solch verschwenderischen Redundanzen geführt. Warum so viele Pilzpartner für ein Pflanzenindividuum oder eine Art? Müssen die Pilze nicht untereinander in Konkurrenz treten, zu einer Belastung der Pflanze führen und letztlich nur wenige, effektive Nährstofflieferanten erhalten bleiben? Das theoretische Verständnis für die große Zahl ähnlicher Symbiosen wird noch erschwert durch die vielen nah verwandten Arten sowohl bei Pflanzen als auch bei Pilzen, die miteinander am gleichen Standort assoziiert sein können und die gleichen komplementären, einander ergänzenden Funktionen in der Symbiose übernehmen. Enge Verwandtschaften mit gleichen ökologischen Ansprüchen sollten sich nach gängigen Evolutionstheorien lokal ausschließen.

Die Diskussion ging traditionell vom Verständnis parasitärer Pilz-Pflanzen Interaktionen aus, bei denen Angriff und Abwehr zu einer raschen und ständigen Weiterentwickelung führen müssen und „Unterlegene“ ausselektiert werden. Molekular-phylogenetische Untersuchungen, d. h. Untersuchungen zur Verwandtschaft der Pilze auf der Grundlage genetischer Daten, zeigen aber, dass die Mykorrhizapilze nicht mit parasitär lebenden Pilzgruppen verwandt sind sondern von saproben Pilzen abstammen, die Kohlenhydrate aus dem Abbau toter organischer Materie gewinnen (Hibbett & Matheny 2009). Die Erklärung des symbiotischen Zusammenlebens zu gegenseitigem Nutzen von Pilzen und Pflanzen erfordert offenbar einen anderen theoretischen Ansatz (Fontaine et al. 2011).

Keine Theorie konnte bisher die bemerkenswert wenigen strukturellen Erscheinungsformen der Mykorrhiza mit mehr oder minder identischen Funktionen und die gleichzeitig enorme Vielfalt der eingebundenen, oft nah verwandten Pflanzen- und Pilzarten, das hohe erdgeschichtliche Alter und die allgemeine, weltweite Verbreitung der Mykorrhiza so stimmig erklären wie neue, mutualistische Netzwerkmodelle. Sie werden daher hier verwendet, um das Phänomen Mykorrhiza aus einer Gesamtsicht unter Einbeziehung von Evolution und Ökologie darzustellen. Gute Modelle regen nicht zuletzt auch sinnvolle wissenschaftliche Fragestellungen an.

Basierend auf der Spieltheorie, die bereits voraussagte, dass kooperative Systeme sich langfristig neben parasitären durchsetzen können (Sigmund 1995), erlauben heute verfügbare Modelle und Algorithmen die mathematische Modellierung dieser Aussagen. Frühere theoretische Vorhersagen der Instabilität von mutualistischen Symbiosen gründeten auf linearen Gleichungen zu Räuber-Beute-Beziehungen (z. B. auf Lotka-Volterra Gleichungen), die ungebundenes Populationswachstum mit nie endendem positivem Feedback vorhersagten und Stabilität nur bei schwachen und/oder asymmetrischen mutualistischen Interaktionen erreichten. Neuere Modelle der Netzwerktheorie auf der Basis nicht-linearer Funktionen sagen aber generelle Stabilität für mutualistische Systeme voraus (Okuyama & Holland 2008). Parasitismus und Symbiose zwischen unaghängigen Organismen sind demnach unterschiedliche Überlebensstrategien, die von Anfang an getrennte Wege gehen und zu prinzipiell anders strukturierten Gemeinschaften führen (Sigmund 1995).

Parasitische Interaktionen verändern sich rasch, da Abwehr und Entwicklung neuer Aggressions-Strategien dies erfordern. So kommt es zu ausgeprägter Spezialisierung und Gliederung von Gesellschaften in Klein- und Kleinstgruppen (hohe Modularität im Sinne der Netzwerktheorie; Fontaine et al. 2011). Parasitäre Pilz-Pflanzen Interaktionen sind daher auch strukturell sehr vielfältig und langfristige, von einander abhängige Entwicklungen (Coevolutionen) sind vielfach erkennbar (Beispiele in Agerer et al. 2004). Dagegen entwickeln sich mutualistische Interaktionen von frei lebenden Arten, die aber zwingend voneinander abhängen, in zweiseitigen (engl. bipartite), artenreichen Netzwerken. Die Netzwerke werden bestimmt durch komplementäre, einander ergänzende Fähigkeiten der Partner, die diesbezüglich einem Selektionsdruck zu konvergenter, gleichgerichteter Entwicklung unterliegen (Thompson 2005). Nah verwandte Arten entsprechen diesen Anforderungen am besten und können so leicht in das Netzwerk einbezogen werden.

Am Beispiel einer artenreichen Orchideen-Gesellschaft von einem Standort im tropischen Bergregenwald wird im Folgenden ein solches Mykorrhiza-Netzwerk gezeigt (Kottke et al. 2013). Stellt man die empirisch gefundenen Assoziationen als zweiseitiges (binäres) Netzwerk dar (Abbildung 3.1.1), erkennt man, dass die einzelnen Arten sehr unterschiedlich häufig vernetzt sind. Von den 48 Pilzarten und den 59 Orchideenarten ist nur eine sehr geringe Zahl (3 - 4) mit vielen Partnern assoziiert. Diese Arten sind untereinander vernetzt und assoziieren zusätzlich mit vielen gering vernetzten Arten. Die Mehrzahl der Arten ist gering vernetzt, assoziiert aber mit Untergruppen des Netzwerkes, die selbst mehrfach aber nicht untereinander vernetzt sind. Die Struktur eines solchen Netzwerkes nennt man im Englischen „nested“, was man mit „verschachtelt“ übersetzen kann. Das abgebildete Netzwerk ist statistisch signifikant „verschachtelt“, d. h. es unterscheidet sich statistisch gesichert von einem rein zufällig gebildetem Netzwerk. Das ergab die Berechnung des NODF (Kottke et al. 2013). Der NODF (nestedness basierend auf overlap and decreasing fills; siehe BOX) wurde nach Almeida-Neto et al. 2008, mit Hilfe der Software ANINHADO (Guimarães & Guimarães 2006) berechnet.

 
Abb. 3.1.1 Zweiseitiges (binäres) Netzwerk zwischen 59 Orchideenarten (oben) und 48 Arten von Mykorrhizapilzen (unten) im tropischen Bergregenwald von Südecuador

Trägt man die Vernetzungsgrade (degree distribution) graphisch auf, ergibt sich im Fall eines signifikant verschachtelten Netzwerks eine Kurve, die annähernd einer Power Law Funktion (oder truncated power law Funktion) entspricht (Jordano et al. 2003; Gilarranz et al. 2012). Netzwerke mit einer solchen, asymmetrischen Verteilung der Vernetzungsgrade sind nicht rein zufällig, sondern entstehen, wenn neue Partner bevorzugt Bindungen mit bereits mehrfach vernetzten eingehen (Medan et al. 2007). Dieser Zusammenhang ist sowohl methodisch als auch biologisch von großer Bedeutung, methodisch, weil sich der NODF leicht berechnen lässt, biologisch, weil dahinter nachvollziehbare biologische Mechanismen stehen.

Ähnliche Netzwerke wurden auch in anderen Mykorrhiza-Gemeinschaften gefunden (Jacquemyn et al. 2011, Jacquemyn et al. 2015; Martos et al. 2012; Chagnon et al. 2012; Montesinos-Navarro et al. 2012; Haug et al. 2013), und gelten selbst dann, wenn die Zahl der Pflanzenpartner gering ist (Diédhiou et al. 2010). Solche Netzwerke waren zuvor für zahlreiche Bestäuber- und Samenverbreiter-Pflanzen Gemeinschaften gezeigt worden (Bascompte & Jordano 2007; Mello et al. 2011).

Die mathematische Modellierung und Überprüfung an Bestäuber- und Samenverbreiter-Netzwerken ergab eine Reihe allgemein gültiger Regeln (Bascompte & Jordano 2007). (1) Mutualistische Netzwerke bauen sich allmählich auf und können (2) als sich selbst organisierende Prozesse aufgefasst werden, wobei (3) neue Verbindungen bevorzugt mit Partnern erfolgen, die bereits mehrfach verbunden sind („preferential attachment“ Barabási & Albert 1999). Die Wahrscheinlichkeit einer neuen Vernetzung erfolgt demnach proportional zum bereits bestehenden Vernetzungsgrad des Partners. So entstehen, unabhängig von der Größe der Netzwerke, Gruppen von zunehmend vernetzten Teilnehmern, wobei sich aber eine unerwartet kleine Gruppe stark vernetzter und eine unerwartet große Zahl schwach vernetzter Teilnehmer ergibt (Vázquez & Aizen 2003). Die schwach vernetzten Teilnehmer sind statistisch signifikant häufiger mit den vielfach Vernetzten verbunden als untereinander. Unser Beispiel entspricht diesen theoretischen Anforderungen.

Biologisch liegen leicht zu erkennende Vorgänge zu Grunde. Zunächst ist eine prinzipielle Unspezifität der Partner für das Netzwerk erforderlich, d. h. die beteiligten Mykorrhizapilze und ihre Pflanzenpartner sind prinzipiell Generalisten und können mit einer Vielzahl von Partnern assoziieren. Partner können aber nur einbezogen werden, wenn sie sich zueinander komplementär, d. h. einander ergänzend verhalten (Thompson 2005). In der Mykorrhiza entspricht das dem Nährstoffaustausch zwischen Pilz und Pflanze (siehe Kapitel Komplementäre Eigenschaften, Regelung des Nährstoffaustauschs). Neu entstehende oder einwandernde Arten können nur einbezogen werden, wenn die zu Grunde liegenden physiologischen Mechanismen möglichst unverändert, konserviert bleiben (Thompson 2005). Die Vorteile nah verwandter Arten für eine Netzwerkbildung konnten durch Beobachtung und experimentell belegt werden (Maherali & Klironomos 2007; Waterman et al. 2011).

In unserem Beispiel sind nur wenige Gattungen der Orchideen mit jeweils vielen Arten vertreten (Abbildung: Stelis mit 18 Arten, Pleurothallis mit 13 Arten und Maxillaria mit 9 Arten). Die Mykorrhizapilze gehören den Familien Tulasnellaceae (33 Arten), Sebacinaceae (12 Arten) und Atractiellaceae (3 Arten) an. Für diese symbiotischen Pilzgruppen gelten begrenzte, Zellulose abbauende Eigenschaften als gemeinsames, konservatives Merkmal (Kohler et mult. 2015). Die Fähigkeit erlaubt ihnen, den an Nährstoffen armen Vorkeim der Orchideen auch mit Kohlenstoff zu versorgen.

 
Abb. 3.1.2 Aufbau eines realen, binären Netzwerkes

Des Weiteren ist leicht nachvollziehbar, dass Wurzeln und Keimlinge eher von einem häufig vorhanden Mykorrhizapilz besiedelt werden als von einem sehr seltenen. Beide erhalten so größere Chancen sich zu vermehren und auszubreiten (Prinzip „rich-gets-richer“; Vázquez & Aizen 2003; Horton & Bruns 1998). Wären seltene Arten auf seltene Partner angewiesen, hätten sie beide wohl kaum Überlebenschancen. In unserem Beispiel wurde die Häufigkeit der Orchideenarten auch unabhängig von den Untersuchungen der Mykorrhiza erhoben und es zeigte sich, dass die Häufigkeit der Individuen der einzelnen Arten in etwa dem Vernetzungsgrad entsprach (Kottke et al. 2013). Ein Schema veranschaulicht den Aufbau eines solchen Netzwerkes für unser Beispiel der Orchideen und ihrer Mykorrhizapilze (Abbildung 3.1.2).

Häufig vernetzte Arten werden als Super-Generalisten bezeichnet und ihnen wird, auch aus theoretischer Sicht, eine überragende Bedeutung für die Entwicklung symbiotischer Gesellschaften zuerkannt (Guimaraes et al. 2011). Wie an unserem Beispiel zu erkennen ist, führen zweiseitige, mutualistische Netzwerke dank der Super-Generalisten zur Stabilisierung von Artenreichtum durch die Einbindung und den Erhalt seltener Arten (Verdú & Valiente-Banuet 2008). Die Robustheit des Netzwerks beim Verlust häufig vernetzer und beim Verlust gering vernetzter Arten lässt sich auch mathematisch prüfen (Santamaría et al. 2014) und bestätigt den stabilisierenden Effekt der Super-Generalisten.

Nicht mykorrhizierte Pflanzen sind dagegen einem hohen Konkurrenzdruck ausgesetzt und ihre Gesellschaften daher artenarm (Perry et al. 1989). Dieser arterhaltende Einfluss von Mutualismus auf Pflanzengesellschaften ist bisher in der Pflanzenökologie kaum berücksichtigt worden. Eine Ursache für diese Vernachlässigung ist, dass gängige statistische Methoden der Ökologie Einzelvorkommen (sog. singletons) nicht berücksichtigen, während Netzwerkmodelle diese als wesentliche Faktoren des Artenreichtums einbeziehen (Albert et al. 2000). Mutualistische Netzwerk-Modelle sind daher besonders gut geeignet, artenreiche, z. B. tropische Mykorrhiza-Gemeinschaften abzubilden und zu verstehen.

 
Abb. 3.1.3 Netzwerk nach Häufigkeiten von Mykorrhizen molekular identifizierter Pilze an Kiefer (Pinus sylvestris) und Buche (Fagus sylvatica) in Brandenburg

Komplexer stellen sich Netzwerke in Pilz-Pflanzen Gemeinschaften dar, die sehr asymmetrisch sind, weil zum Einen die Anzahl der Partner sehr ungleich hoch ist, zum Anderen mehr oder weniger spezifische Bindungen vorliegen. Solche Verhältnisse sind typisch für unsere und andere an Baumarten armen Wälder. Hier sind wenige Baumarten mit einer großen Zahl von Ektomykorrhiza bildenden Pilzen assoziiert. Häufig haben diese Mykorrhizapilze Präferenzen oder sogar spezifische Bindungen für einzelne Baumarten (siehe Kapitel "Die Mykorrhizapilze"). Abbildung 3.1.3 zeigt ein Beispiel aus Brandenburg. Es wurden die Pilze an Buche und Kiefer in Reinbeständen und benachbarten Mischbeständen erhoben. Eine größere Zahl (6) der Mykorrhizapilze war an beiden Baumarten etwa gleich häufig, wenige (4) wurden nur an einer der beiden Baumarten gefunden, die Mehrheit (8) zeigte Präferenzen für eine Baumart und mykorrhizierte die andere Baumart nur in Mischbeständen (Bubner 2013). Untersucht man nur Reinbestände, so kann eine spefische Bindung also vorgetäuscht werden. Für solche Netzwerke kann ein NODF nicht berechnet werden. An Baumarten reichere, natürliche Mischbestände, z. B. in Südosteuropa, zeigen aber trotz asymmetrischer Häufigkeiten von Baumarten und Ektomykorrhiza-Pilzarten eine dem Orchideen-Netzwerk vergleichbare Verschachtelung (signifikante "nestedness") und damit Stabilität (Fodor 2013). Generalisten sind auch in solchen Wäldern allgemein vorherrschend (Horton & Bruns 1998).

Eine unspezifische Bindung zwischen Mykorrhizapilzen und Pflanzen bedeutet nicht, dass alle Interaktionen physiologisch gleichwertig sind. So zeigten Experimente, dass Arten, die mehr Phosphat liefern, mit mehr Zucker „belohnt“ werden, was ein besseres Wachstum der Pflanze und damit auch eine größere Verbreitung des Pilzes zur Folge hat. Die weniger effektiven Pilzpartner haben aber andere Strategien, z. B. beim Abbau von Humus zur Gewinnung von Stickstoff und beim Anlegen von Reserven, die bei Veränderungen der Umwelt von beiderseitigem Nutzen sein können (Kiers et mult. 2011; Shah et mult. 2016). Franklin et al. 2014, zeigten, dass Wettbewerb zwischen verschiedenen Pilzpartnern die Effektivität des Nährstoffaustausches insgesamt steigern kann, somit beide Partner von dem Wettbewerb langfristig profitieren. Quantitative funktionale Unterschiede der Mykorrhizen wirken sich also insgesamt positiv aus (Klironomos et al. 2000; Lerat et al. 2003a; Lerat et al. 2003b; Jansa et al. 2008) und fördern das Zusammengehen vieler Partner.

Gleichzeitig zeigen die Mechanismen mutualistischer Netzwerke, dass örtlich unterschiedliche Pilzarten zu Super-Generalisten werden können, abhängig von Umweltfaktoren und Pflanzenarten. So können gegliederte, modulare Netzwerke entstehen, bei denen innerhalb eines großen, z. T. globalen Netzwerkes, Untergruppen von noch stärker vernetzen Gruppen entstehen. Ein Beispiel für Orchideen geben Jacquemyn et al. 2015 für einen artenreichen Bestand am Mittelmeer. Die 20 Orchideenarten, die insgesamt mit 100 Pilzarten mykorrhiziert waren, unterschieden sich in der Partnerwahl. Ein Netzwerk zwischen Glomeromycotina und Pflanzen der afrikanischen Steppe, Savanne, Trockenwald und feucht-tropischer Wälder zeigte ebenfalls eine deutlich modulare Struktur in Abhängigkeit von den Pflanzengesellschaften (Rodríguez-Echeverría et al. 2017). Maßgebend hierfür dürfte die Produktivität der jeweiligen Pflanzen und damit die verfügbare Lieferung von Zucker an die Pilzsymbionten und deren unterschiedlicher Bedarf sein. Um das im Freiland nachzuweisen, müßte man den Blattflächenindex (LAI) und die Sonneneinstrahlung in Bezug zu den Pilzgesellschaften setzen.

Eine Untersuchung des LAI verschiedner Waldtypen und ihrer AMF im Höhengradienten zwischen 1000m und 4000m NN der tropischen Anden stützt jetzt diese Hypothese. Die AMF-Gesellschaften der Bergregenwälder zwischen 1000 und 2700m NN unterschieden sich nur unwesentlich, trotz ganz unterschiedlicher Baumarten auf den Höhenstufen. Ebenso waren die AMF-Gemeinschaften der Hochlagenwälder (3000m Strauch- und 4000m Gras-Paramo) einander überraschend ähnlich (Haug et al. 2019). Während in den unteren Höhenstufen Glomus die häufigsten Vertreter, begleitet von Gigasporaceae waren, wurde in den Hochlagen Acaulospora als vorherrschende Gattung gefunden. Acaulosporaceae besiedeln nur kurze Wurzelabschnitte und bilden wenig freies Myzel, während Gigasporaceae und Glomus Arten die Wurzeln großflächig besiedeln und viel freies Myzel bilden. Daraus darf man schließen, dass erstere weniger Zucker zum Wachstum benötigen als letztere (Chagnon et al. 2013).

Das korrespondiert zu den Untersuchungen des LAI der Waldtypen (Moser et al. 2007). Die Wälder sind in den unteren Lagen durch großblättrige, in den Hochlagen durch kleinblättrige Baumarten charakterisiert, wobei der Blattflächenindex LAI um 60% abnimmt. Gleichzeitig wird die Sonneneinstrahlung durch eine fast permanente Wolkendecke oberhalb von 2600 m um bis zu 50% vermindert (Bendix et al. 2008). Daraus ergibt sich (messen ist in diesen steilen Lagen nicht möglich), dass die Photosynthesrate singnifikant erniedrigt wird, wodurch bevorzugt AMF mit weniger C-Bedarf, also Acaulosporaceae, gefördert werden.

Die langfristige Entwicklung kann im Zusammenhang mit größeren Evolutionsschritten und globalen Veränderungen der ökologischen Bedingungen schließlich zu eigenständigen Netzwerken zwischen neuen Pflanzen- und Pilzgruppen führen (siehe nächstes Kapitel).

Erläuterung des NODF: Der NODF (nestedness basierend auf overlap and decreasing fills) ist ein Maß für die Quantifizierung der Verschachtelung (nestedness) in zweiseitigen Netzwerken und gibt an, wie stark die einzelnen Mitglieder des Netzwerkes zu Untergruppen assoziieren. Der NODF ersetzt das früher benutzte und als nicht korrekt berechnet eingestufte Maß T (matrix temperature) von Atmar & Patterson 1993, mit welchem die Verschachtelung häufig überschätzt wurde (Almeida-Neto et al. 2008). Der Berechnung des NODF liegt eine nach Häufigkeiten der Assoziationen geordnete Matrix zugrunde. Sie berücksichtigt, ob sich in einer Interaktionsmatrix (1) die Gesamtmengen zwischen den Spalten und/oder zwischen den Reihen unterscheiden und (2) ob die Anwesenheit einer Art in den weniger besetzten Spalten oder Reihen mit denen in stärker besetzten überlappt (Almeida-Neto et al. 2008, p. 1228). (1) bedeutet, dass die Arten unterschiedlich häufig an andere Arten binden, (2) wie häufig seltene Arten an häufige binden. Der NODF hat den Vorteil gegenüber anderen Maßen, dass er für Spalten und Reihen unabhängig berechnet werden kann und dass er weder von der Größe der Matrix noch vom Verhältnis der Anzahl Reihen zu Spalten abhängt. Der Wert wird aber stark von dem Grad der Besetzung der Matrix (matrix fill) beeinflusst. Das muss bei Vergleichen zwischen verschiedenen Netzwerken berücksichtigt werden (Almeida-Neto et al. 2008).

Langfristige Stabilität der Netzwerke und Entstehung neuer Module

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Die moderne Netzwerk Theorie betrachtet den Zustand von Netzwerken zwischen mutualistisch interagierenden Organismengruppen als Ergebnis einer langen Entwicklung (Sigmund 1995; Solé und Bascompte 2006). Diesem Ergebnis von Modellrechnungen entspricht der wissenschaftliche Nachweis eines erdgeschichtlich weit zurückliegenden Ursprungs der Mykorrhiza und deren ununterbrochenem Erhalt unter Einbindung nahezu aller im Laufe der Evolution entstandener Landpflanzen und bestimmter, neuer Pilzgruppen. Durch Anpassung an neue ökologische Bedingungen haben sich Großgruppen von Pflanzen und Pilzen herausgebildet, die eigene Netzwerke eingegangen sind, also als neue Module im Sinne der Netzwerktheorie angesehen werden können. Unter einem Modul versteht man in der Netzwerktheorie kleinere Unternetzwerke oder Teilnetzwerke, in denen die Teilnehmer enger miteinander verknüpft sind als mit anderen Teilnehmern des gesamten Netzwerkes. Ein mathematisch fundiertes modulares Netzwerk zeigen Mello et al. 2011 für Pflanzen und Fledermäuse. Eine vergleichbare Berechnung für das gesamte Mykorrhizanetzwerk und seine Module steht noch aus.

Die ältesten fossilen Funde, die auf den Ursprung der Mykorrhiza hinweisen, sind Sporen von Lebermoosen und Sporen von Knäuelpilzen (Glomeromycota) aus dem Ordoviz (ca. 450 Millionen Jahre; Redecker et al. 2000; Wellman et al. 2003; Willis & McElwain 2002). Da Lebermoose nach phylogenetischen Berechnungen als älteste Landpflanzen angesehen werden und ursprüngliche, heute lebende Lebermoose mit Glomeromycota und den mit ihnen verwandten Endogonales (Mucoromycotina) assoziiert sind, geht man davon aus, dass ähnliche Mykothalli bereits bei der Landnahme der Pflanzen im Ordoviz oder bereits im Cambrium von entscheidender Bedeutung waren (Duckett et al. 2006). Diese Annahme wird unterstützt durch geochemische Untersuchungen von Gestein aus Ordoviz und Cambrium (Horodyskyj et al. 2012; Lenton & Daines 2017). Matten von Lebermoosen führten demnach mit Unterstützung von Mykorrhizapilzen zur Bodenbildung. Durch die Abgabe von Säuren durch Pflanzen und Pilze wurde aus Apatit Phosphat verfügbar und zusammen mit Kohlenstoff auf der Landoberfläche, in organischer Form gebunden, abgelagert. Die damalige weite Verbreitung der Lebermoose führte so zu einer Abnahme des Kohlendioxidgehalts und in Folge einer Abkühlung der Lufttemperatur. Die Lebermoose unterstützten die Sauerstoff-Produktion der Cyanobakterien (Blaualgen) und so wurde die heutige Sauerstoff-Konzentration erreicht. Durch die Bindung von Luftstickstoff (N2) lieferten Cynobakterien außerdem Ammonium. In den feuchten Tropen bilden Lebermoose auch heute noch dichte Matten auf frischen Erdrutschen (Abbildung 3.2.1) und leben mit Cyanobakterien zuammen (Abbildung 3.2.2).

 
Abb. 3.2.1 Lebermoose bilden dichte Matten auf Erdrutsch
 
3.2.2 Mykothallus eines Lebermooses mit Cyanobakterien (Pfeile). Th Thallus, Rh Rhizoid, Hy Hyphen
 
Abb. 3.2.3

Im Laufe der Erdgeschichte entstanden neue Pflanzengruppen, die Farnartigen, die Nadelgehölze und die Blütenpflanzen, die in das Netzwerk der sich weiter diversifizierenden Glomeromycota eingebunden wurden. Die generelle Unspezifität der Bindungen blieb erhalten. Es verwundert daher nicht, dass heute lebende Lebermoose mit den gleichen Glomeromycota gefunden werden wie hoch entwickelte Blütenpflanzen (Russel & Bulman 2005). Versuche, eine enge, parallele Weiterentwicklung (Coevolution oder Cospeciation) zwischen Pflanzen und Glomeromycota zu finden, sind daher wenig aussichtsreich.

Im Laufe der Evolution entstanden auch neue Pilzgruppen mit der Fähigkeit Mykorrhiza-Symbiosen einzugehen. Diese neuen Mykorrhizapilz-Gruppen gehören zu den Schlauchpilzen (Ascomycota) und den Ständerpilzen (Basidiomycota). Die Entstehung von Ascomycota und Basidiomycota erfolgte vermutlich etwa gleichzeitig und liegt nach molekularen Hypothesen weit vor dem Auftreten der Mykorrhiza bildenden Untergruppen, nämlich bei etwa 290 Mill. Jahren im Oberkarbon (Berbee & Taylor 2010; Floudas et mult. 2012). Es waren zunächst Pilze, die als Parasiten lebten, sowie Saprobe, die abgestorbene Pflanzenteile nutzten. Die symbiotischen Pilze (Mykobionten und Flechtenpilze) gingen aus saproben hervor und nicht aus parasitischen, wie molekulare Vergleiche zeigen (Floudas et mult. 2012; Bonito et mult. 2013; Kohler et mult. 2015). Da die Lebermoosgruppe der Aneuraceae nach molekularen Berechnungen bereits im Oberkarbon aufgetreten ist, könnte man spekulieren, dass sie bereits damals mit Tulasnellaceae als Mykobionten zusammen lebten. Fossile Nachweise fehlen aber bisher. Ektomykorrhiza bildende Mykobionten traten wohl erstmals in der Jurazeit etwa gleichzeitig mit den Kieferngewächsen (Pinaceae) oder frühen Blütenpflanzen (Angiospermen) auf.

Etwa 3% der Samenpflanzen gingen von den Glomeromycota zu den Basidiomycota und Ascomycota als Mykorrhizapartner über (Hibbett & Matheny 2009). Diese Übertritte fanden unabhängig voneinander statt und waren mit großen evolutionären Veränderungen bei den Pflanzen und Pilzen verbunden. Es entstand eine Vielzahl neuer Pflanzenfamilien und Pilze mit ganz neuen Eigenschaften. Einige wenige terrestrische und epiphytische Pflanzengruppen verloren die Fähigkeit zur Mykorrhizierung. Die Mykorrhiza ist daher eine Quelle von Innovationen in der Natur ähnlich wie andere Symbiosen (Margulis & Fester 1991). Aus Sicht der mutualistischen Netzwerkmodelle handelt es sich um die Entstehung neuer, zweiseitiger Netzwerke mit engen Verknüpfungen innerhalb des jeweiligen Netzwerks und schwächeren Verknüpfungen zu anderen Netzwerken, also um die Entstehung neuer Module im Gesamtnetzwerk. Die Module werden durchweg durch Generalisten eng vernetzt, zu anderen Modulen bestehen häufig noch Verbindungen über jeweils basal stehende Verwandte.

Eine Übersicht (Abbildung 3.2.3) zeigt das System der Pflanzen (nach Pires & Dolan 2012, vereinfacht) und den durchgehenden Erhalt der Glomeromycota als Mykorrhizapilze der Lebermoose bis zu den Asterngewächsen (Asteridae; blau unterlegt). In Form von farbigen Dreiecken als neuen Modulen sind die wichtigsten Übergängen zu Basidiomycota und Ascomycota angezeigt (braun unterlegt). Die Farben der Dreiecke deuten auf gleiche Mykorrhizapilz-Untergruppen (siehe Kapitel Die Mykorrhizapilze). Heutige Lebermoose bilden Mykothalli mit Glomeromycota, Endogonales, sowie wenigen Basidiomycota (Tulanellaceae und Sebacinaceae) und wenigen Ascomycota, aber einem bemerkenswert breiten Spektrum an Pilzpartnern. Im Gegensatz dazu steht der Verlust der Mykorrhiza bei den Laubmoosen. Hornmoose, Bärlappe, Farne und alle historisch alten Koniferen sind mit Glomeromycota assoziiert. Epiphytische Farne in den Tropen können aber Mykorrhizen mit Ascomycota bilden. Die jüngste Gruppe der Koniferen, die Kieferngewächse (Pinaceae) und die Gattung Gnetum werden von zahlreichen Agaricomycetes (Untergruppe der Basidiomycota) und einigen Ascomycota mykorrhiziert. Innerhalb der Blütenpflanzen fand der Übergang von Glomeromycota zu Agaricomycetes und Ascomycota mehrfach, unabhängig statt: unter den Einkeimblättrigen (Monocotyledonae) bei allen Orchideen und der Segge Kobresia, mehrfach innerhalb der Rosengewächse (Rosidae: Fagales, Dipterocapaceae und Cistaceae, Eucalyptus u. einige andere Myrtaceae), selten innerhalb der Nelkengewächse (Caryophyllidae: einige Nyctaginaceae, Polygonaceae und Achatocarpaceae) und nur einmal bei den Asterngewächse (Asteridae: Ericaceae).

 
Abb. 3.2.4

Der Wechsel zu neuen Mykorrhizapilzen ermöglichte den Pflanzen auch, neue Habitate zu besiedeln. Die neu entstandenen Netzwerk-Module sind daher immer auch ökologische Module (Abbildung 3.2.4). Der Wechsel holziger Gewächse (Bäume und Sträucher) von Glomeromycota zu den Basidiomycota und Ascomycota verhalf Kieferngewächsen, Buchengewächsen, Drehfruchtgewächsen, einigen Caesalpiniaceae und Eucalyptus zur Dominanz in Wäldern mit Jahreszeitenklima (temperate Wälder). Die hohe Produktivität dieser Bäume, der jahreszeitliche Laubabwurf und der verzögerte Abbau der Streu führt zu humusreichen Böden mit organisch gebundenen Nährstoffen, die nur Basidiomycota und Ascomycota zugänglich sind. Heterotrophe und mixotrophe Orchideen können sich in diesen dunklen Wäldern ansiedeln, indem sie die Mykorrhizapilze der Bäume ganz oder zusätzlich als Kohlenhydrat-Lieferanten nutzen. In tropischen Wäldern herrschen dagegen nach wie vor Glomeromycota als Mykorrhizapartner vor und binden auch einige heterotrophe Pflanzen in das Netzwerk ein. Heterotrophe Orchideen werden hier von saproben Agaricomycetes mykorrhiziert. Lebermoose, Farne und Orchideen, die nicht mehr von Glomeromycota abhängig sind, können sich als Epiphyten ansiedeln, da die vom Wind verbreiteten Sporen der Agaricomycetes verfügbar sind. In den Hochlagen der Anden entstand eine Gruppe hemiepiphytisch wachsender Erikagewächse mit einer eigenen Mykorrhizaform. In offenen Landschaften der gemäßigten und arktisch-alpinen Gebiete findet man speziell angepasste, modulare Netzwerke. Heidekräuter können mit Hilfe von Mykorrhizapilzen mit ausgeprägten saprophytischen Fähigkeiten extrem nährstoffarme Gebiete besiedeln. Zwischen den räumlich oft weit getrennten Modulen stellen einige Super-Generalisten unter den Mykorrhizapilzen weltweite Verbindungen her. Das weist wiederum auf den weit zurückliegenden Ursprung der Mykorrhizen hin als die Kontinente noch nah beieinander lagen.


 
Abb. 3.2.5 Quellen: a Berbee & Taylor 2010; b Wellman et al. 2003; c Lücking et al. 2009; d Wikström et al. 2001; e Won & Renner 2006; f Ramirez et al. 2007 und Givnish et mult. 2015; g Moyersoen 2006 und Ducousso et al. 2004; h Hibbett & Matheny 2009; i Ryberg & Matheny 2012; j Floudas et mult. 2012; k Bacon et al. 2015; l Heinrichs et al. 2007; m Bonito et mult. 2013

In einem erdgeschichtlichen Überblick (Abbildung 3.2.5) ist das Auftreten der Mykorrhizapilze und ihrer Pflanzenpartner im Zusammenhang mit größeren erdgeschichtlichen Ereignissen dargestellt (nach Willis & McElwain 2002 und Pires & Dolan 2012). Die Datierung des Alters von Pilzen und Pflanzen nach molekular-phylogenetischen Berechnungen ist noch widersprüchlich (Lücking et al. 2009; Berbee & Taylor 2010) und fossile Funde sind selten und deutlich jünger als die Berechnungen ergeben. Der Ursprung der Mykorrhiza liegt aber in jedem Fall in der Zeit eines Großkontinents und der Entstehung der Landpflanzen. Glomeromycota blieben die wesentlichen Pilzpartner vom Ordoviz bis in die Jurazeit, in der große erdgeschichtliche Veränderungen eintraten, nämlich der Zerfall des Großkontinents.

Eine veränderte Umwelt, Entstehung von Klimazonen und Wäldern mit Laub abwerfenden Bäumen, bot Ascomycota und Basidiomycota Mykobionten mit zusätzlichen, wenn auch schwachen saprophytischen Eigenschaften einen Konkurrenzvorteil gegenüber den bereits etablierten rein symbiotischen Glomeromycota. Glomeromycota sind auf eine ständig gleichmäßige Zufuhr von Glucose der assimilierenden Pflanze angewiesen. Ruhephasen der Vegetation müssen sie als Dauersporen im Boden überstehen. Mykorrhizapilze mit saprophytischen Fähigkeiten können dagegen Ruhezeiten der Vegetation aktiv durch Abbau organischer Substanz nutzen. Weitere Vorteile sind die Verbreitung der Sporen durch die Luft nach Ausbildung von oberirdischen Fruchtkörpern. Ob die Aneuraceae bereits mit Tulasnellaceae im Oberkarbon assozieert waren, muss erst noch bestätigt werden. Die ersten Ektomykorrhiza bildenden Mykobionten unter den Basidiomycota treten in etwa mit dem Kieferngewächsen zusammen auf (Pinaceae 145-200 Mill. Jahre, Jurazeit Won & Renner 2006). In die Jurazeit fällt auch die Entstehung der Blütenpflanzen. Eine rasche Diversifizierung der Pflanzen erfolgte in Kreide und Tertiär mit den bereits erwähnten zahlreichen Übergängen von Glomeromycota zu Basidiomycota bzw. Ascomycota, wiederum verbunden mit wichtigen erdgeschichtlichen Veränderungen.

Komplementäre Eigenschaften und strukturelle Integration

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Der wichtigste, schon früh von der Mykorrhizaforschung erkannte funktionale Zusammenhalt zwischen den Pflanzenwurzeln und den Mykorrhizapilzen besteht im Austausch von Glucose gegen Phosphat. Pilze können selbst keine Zucker herstellen. Sie sind heterotroph und damit von den Kohlenhydraten der Pflanzen abhängig. Die Pilze werden von der assimilierenden Pflanze in der Mykorrhiza mit Glucose versorgt und können nur in der symbiotischen Assoziation ihren Lebenszyklus abschließen, d. h. vegetative oder generative Sporen bilden, die Vermehrung und Verbreitung sichern. Bereits Engelander & Hull 1980, wiesen Kohlenstoff, der als 14CO2 an Blätter von Rhododendron appliziert wurde, nach 3 Tagen in neu gewachsenen Pilzfruchtkörpern nach, die über Mykorrhizen mit der Pflanze verbunden waren. Ho & Trappe 1973, zeigten mit einer ähnlichen Methode die Versorgung der Sporen von Glomeromycota. Zahlreiche spätere experimentelle Untersuchungen haben die Kohlenhydratversorgung der Mykorrhizapilze durch die grüne Pflanze bestätigt (Smith & Read 2008), zuletzt auch für Orchideenpilze (Cameron et al. 2008). Orchideenpilze versorgen aber das Protocorm, also den keimenden Samen, zunächst mit C und N, aus degenerierenden Hyphen fließen diese wieder zurück in die Pflanzenzelle (Kuga et al. 2014).

In einem eleganten Versuch zeigten Látalova & Baláz 2010, dass in der grünen Orchidee Serapias strictiflora Myzel einer Tulasnella vollständig von der Pflanze mit Kohlenhydraten versorgt wurde, wenn keine andere C-Quelle zur Verfügung stand. Werden dem Myzel zusätzlich abgestorbene Maiswurzeln angeboten, die sich im Delta 13C-Gehalt deutlich von dem durch die Orchidee gelieferten Zucker unterscheiden, nimmt der Pilz von beiden Quellen Zucker auf, aber bedeutend mehr von der Pflanze (69 %). Die Pflanze dagegen erhält keinen aus den Maiswurzeln gewonnen Zucker über den Pilz. Die grüne Orchidee ist also autotroph und versorgt zusätzlich den Pilz, auch wenn dieser sich noch teilweise saprophytisch ernährt. Hierbei sind ökologisch gesehen interessante Unterschiede zwischen einzelnen Orchideenarten zu beobachten (Gebauer & Meyer 2003). Goodyera repens (Kriechendes Netzblatt), eine häufig mit Kiefern vorkommende Art, erhält kleine Mengen Kohlenstoff als Aminosäuren vom Pilzpartner (Ceratobasidium sp.), liefert aber das Fünffache an Kohlenhydraten an den Pilz (Cameron et al. 2006, Cameron et al. 2008). Cephalanthera rubra, Dactylorhiza sambucina, Ophrys insectifera, Neotinea ustulata, Orchid mascula und Platanthera bifolia erhalten etwa 10 % ihres Zuckers über die Mykorrizapilze.

Phosphat ist der wichtigste Energieträger der Pflanzen und Pilze und für zahlreiche physiologische Vorgänge, wie chemische Aktivierungen, Signalübertragungen und enzymatische Regulierungen notwendig. Nicht zuletzt ist Phosphat ein Bestandteil von Nukleinsäuren, Phospholipiden und Enzymen. Da Phosphat in der Natur aber überwiegend in anorganisch oder organisch gebundener Form vorliegt, ist es Pflanzen nur schwer zugänglich. Mykorrhizapilze können Phosphat aus diesen Verbindungen lösen, aufnehmen, in Form von Polyphosphaten in großen Mengen in ihren Vakuolen speichern und so über weite Strecken transportieren. In der Mykorrhiza wird Orthophosphat an die Pflanzen abgegeben. Mykorrhizierte Pflanzen weisen daher, wie vielfach nachgewiesen, einen höheren Phosphatgehalt auf als nicht mykorrhizierte Vergleichspflanzen.


Oberflächenvergrößerung zum Austausch von Nährstoffen

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Abb. 3.3.1 a und b Endomykorrhizen, c Ektomykorrhiza

Mykorrhizen dienen dem Nährstoffaustausch und entwickeln hierfür spezielle Strukturen an den feinen Saugwurzeln der Pflanzen (Scannerini & Bonfante-Fasolo 1983; Peterson et al. 2004). Epidermis und Rindenzellen dieser Wurzeln bieten den Mykorrhizapilzen einen Raum, in dem sie nicht nur vor Austrocknung geschützt sind sondern auch leichten Zugang zur Glucose der Pflanze finden. Die dünnwandige Epidermis kann Signalstoffe abgeben, die speziell Mykorrhizapilze anlocken. Die Hyphen geben ebenfalls Moleküle mit Signalfunktion ab, die zahlreiche Veränderungen in der Pflanze bewirken. Die feinen Hyphen (Durchmesser 2 bis 4 µm) dringen in lebende Rindenzellen ein oder breiten sich zwischen den Rindenzellen aus, ohne die Wurzel zu schädigen (Abbildung 3.3.1). Es entsteht so der für den Nährstoff- und Signal-Austausch notwendige, enge Kontakt und gleichzeitig stark vergrößerte Membranoberflächen an und um aktive Hyphen (Abbildungen 3.3.2 und 3.3.3).

Man unterscheidet zwischen Endomykorrhizen, bei denen die Hyphen in die Zellen der Wurzelrinde eindringen, und Ektomykorrhizen, bei denen die Hyphen entlang der Mittellamelle zwischen den Zellwänden vordringen (Abbildung 3.3.1). In Endomykorrhizen werden die Hyphen entweder knäuelartig aufgerollt (Abbildung 3.3.1a; Orchideenmykorrhizen, ORM und Mykorrhizen der Erikagewächse, ERM) oder durch die Anlage von "Arbuskeln" die Oberfläche vergrößert (Abbildung 3.3.1b). Arbuskel sind bäumchenartig-dreidimensional verzweigte, sehr feine, unseptierte Hyphen, die von der Plasmamembran der Pflanzenzelle umgeben sind. Diese Mykorrhizaform wird entsprechend als "arbuskuläre Mykorrhiza" (AM) bezeichnet. In Ektomykorrhizen wird ein "Hartigsches Netz" angelegt, indem die Hyphen die Rindenzellen der Wurzel dicht ummanteln (Abbildung 3.3.1c; von A. B. Frank 1885 nach dem Botaniker Hartig benannt).

Hyphen wachsen ausschließlich mit Spitzenwachstum. In den Spitzen herrscht ein hoher Turgordruck, wodurch die Hyphen zwischen die Zellwandfibrillen eindringen können, ohne diese enzymatisch anzugreifen (Lew 2011). Mykorrhizapilze, die typischer Weise die Gene zum Abbau von Cellulose und Pektin verloren oder stark vermindert haben, vermeiden so eine Provokation der pflanzlichen Abwehr. Die Festigkeit der Zellwände kann zuvor durch pflanzliche Expansine vermindert werden (Balestrini et al. 2005; Tarkka et al. 2013). In Lebermoosen und in Fichten- und Lärchenwurzeln wurde eine Verminderung zellwandgebundener Phenole gefunden (Münzenberger et al. 1990; Ligrone et al. 2007). Die Absenkung der Konzentration von Ferulasäure führt zu einer geringeren Verkettung der Zellulosefibrillen und gleichzeitig zu einer Verringerung dieses pilzlichen Hemmstoffs (Münzenberger et al. 1995).

Beim Vordringen der Hyphenloben zwischen die Zellwände der Kurzwurzeln wurde auch eine geringe Umverteilung von Pektinen und Proteinen, wie Hydrophobin gefunden. Molekulare Untersuchungen wiesen außerdem eine β-1,4 Endoglucanase in Laccria bicolor-Pappelmykorrhizen nach, die Cellulose und Galactomannan angreifen kann (Zhang et mult. 2018). Das Enzym lässt sich immunocytologisch an der Außenseite der Hyphenwände im Hartigschen Netz und im Hyphenmantel darstellen. Im freien Myzel befinden sich geringe Mengen intrazellulär in den Hyphen. Es handelt sich also nicht um ein Gen, dass für den Abbau organischen Materials (Cellulose) kodiert. Vielmehr löst dieses Enzym β-1,4 Bindungen zwischen Gucopyranose-Einheiten und erleichtert dadurch das Vordringen der Hyphen, ohne dass ein Abbau der Zellulosewände möglich wird.

 
Abb. 3.3.2

Sowohl die Hyphen in den Knäueln als auch die Arbuskeläste werden von einer dünnen Zellwand und der Zellmembran eng umgeben, wie elektronen-mikroskopische Aufnahmen zeigen (Abbildung 3.3.2 und 3.3.3). Die Zellwand umgibt die Hyphe zunächst kragenartig, allmählich immer dünner werdend, besteht sie schließlich nur noch aus einer lockeren Matrix. Das gilt für alle intrazellulären Hyphen von Mykorrhizapilzen und wird hier am Beispiel einer Orchideenmykorrhiza illustriert. Der mit der Matrix ausgefüllte Zwischenraum wird auch als interfazialer Raum (englisch: interface) bezeichnet und enthält Zellwandbestandteile in unvernetzter Form. Die Zusammensetzung der Matrix wurde mit Hilfe von Färbeverfahren und Immunmarkierungen geklärt (Barroso & Pais 1985 und Paduano et al. 2011 an Orchideen-Mykorrhizen; Bonfante et al. 1990 und Balestrini et al. 1994 an arbuskulären Mykorrhizen; Gianinazzi-Pearson et al. 1986 an Ericoiden Mykorrhizen; Dexheimer et al. 1985 an Endomykorrhizen vom Sonnenröschen (Helianthemum). Diese Methoden wiesen die gleiche chemische Zusammensetzung in Zellwand und interfazialer Matrix nach (Balestrini & Bonfante 2014). Damit ist erwiesen, dass auch bei Endomykorrhizen die Hyphen im Apoplast liegen, also in der Zellwand und nicht wirklich intrazellulär.

Beim Eindringen der Hyphe in die Rindenzelle wird die Plasmamembran der Pflanze nie durchbrochen, sondern vergrößert sich mit den wachsenden Hyphen. Die neu gebildete Membran ist in ihrer Zusammensetzung aber nicht identisch mit der wandständigen Plasmamembran und wird deshalb als periarbuskuläre Membran bzw. perihyphale Membran bezeichnet (englisch: periarbuscular oder perifungal membrane). Nur in der periarbuskulären Membran befinden sich symbiosespezifische Phosphattransporter (Pumplin et al. 2012). In besiedelten Zellen werden Cytosol und Organellen (Plastiden, Mitochondrien, ER und Peroxisome) vermehrt (Pumplin & Harrison 2009). Die Vakuole wird eingeschränkt, umgibt aber wohl unzerteilt die Plasmastränge. Plastiden umgeben die Arbuskel netzartig und liefern die Lipide, die für den Aufbau der periarbuskulären Membran nötig sind (Hause & Fester 2005). Peroxisome habe eine Vielzahl von Funktionen in der pflanzlichen Zelle, die für die Symbiose bisher nicht speziell geklärt sind (Hu et mult. 2012). Messungen der periarbuskulären Membran mit Hilfe elektronenmikrokopischer Aufnahmen ergaben eine um das 20ig-fache vergrößerte Oberfläche im Vergleich zu nicht besiedelten Zellen (Toth & Miller 1984, Alexander et al. 1989). In nicht besiedelten Zellen bildet der Protoplast nur eine dünne Lage entlang der Zellwand und die zentrale Vakuole nimmt einen großen Raum ein.

Mykorrhizapilze unter den Basidiomycota und Ascomycota bilden in den Ektomykorrhizen ein sog. Hartigsches Netz aus, eine funktional ähnliche, optimal angepasste Struktur. Das Hartigsche Netz besteht aus fingerartig verzweigten Hyphen, die sich eng aneinander liegend, radial zwischen die Zellwände schieben (Abbildung 3.3.2) (Blasius et al. 1986; Kottke & Oberwinkler 1987). Ähnlich den Arbuskeln, wird so die Plasmamembran der Hyphen im Verhältnis zum Volumen stark vergrößert (Kottke et al. 1996). Die Seitenäste der Hyphen sind auffallend selten durch Querwände abgetrennt (septiert; Abbildung 3.3.2), wodurch ähnlich wie bei den Glomeromycota ein schlauchförmiges System entsteht, in dem Stoffe rasch in radialer Richtung verteilt werden können. Hacquard et al. 2013, fanden auf molekularer Basis eine erhöhte Transportaktivität im Hartig Netz.

Die Art des Hyphenwachstums ist für Basidiomycota und Ascomycota untypisch und eindeutig eine Anpassung zur Optimierung der Funktion. Durch die enge Lagerung der Hyphen entsteht eine Transferzellen ähnelnde Struktur (Abbildung 3.3.2; Kottke & Oberwinkler 1987). Transferzellen treten in Pflanzen dort auf, wo für einen raschen Stofftransport über kurze Distanz gesorgt werden muss, so z. B. in Zellen mit Drüsenfunktion oder im Sporophytenfuß von Laubmoosen (Gunning & Pate 1974). Sie werden in Pflanzenzellen durch nach innen gerichtete Auswüchse der Zellwände gebildet, wodurch die anliegende Plasmamembran vergrößert wird. Im Hartigschen Netz wird zwar nur die Hyphenmembran vergrößert, aber die Hyphenwände und die Zellwand bilden einen gemeinsamen, vergrößerten Apoplast, aus dem Nährstoffe von beiden Partnern entnommen bzw. dahin abgegeben werden können (siehe Abbildungen). Die vergrößerte Hyphenmembran dient so dem Mykorrhizapilz und gleichzeitig der Wurzelzelle.

Die hier beschriebenen Strukturen sind zeitlich und räumlich auf die Wachstumsphase der Hyphen und den aktiven Stoffaustausch begrenzt. Alternde und absterbende Hyphenknäuel in Orchideenmykorrhizen und Arbuskel werden in Zellwandmaterial eingeschlossen. Das alternde Hartigsche Netz wird aufgelockert und dient nur noch Nährstofftransport und Nährstoffspeicherung.

Regelung des Nährstoffaustauschs

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Mykokorrhizapilze benötigen Glucose, andere Zucker verwerten sie nur unzureichend. Bei der Photosynthese der Pflanzen wird aber Saccharose, ein Disaccharid aus Glucose und Fruktose, gebildet und in die Wurzeln transportiert. Saccharose gelangt über die Endodermis symplastisch, d. h. über Tüpfel in die Wurzelrinde und wird dort symplastisch (von Zelle zu Zelle) und apoplastisch (in den Zellwänden) verteilt. Weder Glomeromycota noch Mykokorrhizapilze unter den Agaricomycetes (Basidiomycota) verfügen über Invertasen, um Saccharose in Glucose und Fruktose zu spalten. Saccharose muss daher im Apoplast der Pflanze (bei Ektomykorrhizen die Zellwand der Rindenzellen, bei Endomykorrhizen der Interfazialraum; Abbildung 3.3.3) durch saure Invertase in Glucose und Fructose gespalten werden (Salzer & Hager 1991; Wright et al. 1998). Die Aktivität der pflanzlichen Invertase steigt im Interfazialraum von Endomykorrhizen im Vergleich zu unbesiedelten Wurzeln um das 2-3 fache an. Ein zuständiges Gen wurde identifiziert und die Expression an Gewebeschnitten nachgewiesen (Schaarschmidt et al. 2006). Ascomyceten, wie Rhizoscyphus ericae oder echte Trüffel (Tuber borchii) verfügen aber über eigene Invertasen (Straker et al. 1992; Martin et mult. 2010; Hacquard et al. 2013).

Glucose- und Fructose werden in die Wurzelzellen über Transportproteine der Zellmembran aufgenommen (Harrison MJ 1996; Nehls et al. 2010). Es wird vermehrt Glucose aus dem Apoplast in besiedelte Rindenzellen aufgenommen, wenn durch den Pilz ein höherer Bedarf entsteht. 20 % bis 50 % der pflanzlichen Zucker werden von den Mykorrhizapilzen verbraucht (Jakobsen 1995; Nehls et al. 2010). Bei erhöhtem Bedarf durch die Mykorrhizen wird die Photosyntheserate gesteigert, mehr Saccharose gebildet und an die Wurzeln geliefert. Voraussetzung ist, dass ausreichend Phosphat und Stickstoff zur Verfügung stehen. In Ektomykorrhizen wurde ein Anstieg von Fruktose im Apoplast gemessen. Da Fruktose die Aktivität der Invertase hemmen kann, wird so eventuell die Glucosezufuhr an den Mykorrhizapilz kontrolliert (Salzer & Hager 1993).

Nur wachsende Hyphenspitzen nehmen aktiv Glucose, Ionen und Aminosäuren im Co- oder Antiport mit Protonen aus dem umgebenden Medium auf (Lew 2011). Die Hyphenwand ist dann noch sehr dünn und unverfestigt (Wessels 1993). Das gilt besonders für Arbuskel und die aktiven Loben des Hartigschen Netzes (Abbildung 3.3.3). Den Arbuskeln von Glomaceae und Acaulosporaceae fehlt sogar die innere, aus ß(1-3)Glucan bestehende Wandschicht (Lemoine et al. 1995). In den wachsenden Spitzen der Hyphen besteht ein starker elektrochemischer Gradient zwischen der Innen- und Außenseite der Plasmamembran, der für die Aufnahme von Nährstoffen entgegen dem Konzentrationsgradienten erforderlich ist. Der elektrochemische Gradient wird, wie auch sonst, über einen an die Plasmamembran gebundenen, H+-ATPase getriebenen Protonentransport aufrecht erhalten (Gianinazzi-Pearson et al. 1991; Sondergaard et al. 2004). Es ist naheliegend aber unzureichend geklärt, dass in den dünnwandigen Spitzenbereichen der Hyphen auch leicht Stoffe in das umgebende Medium, hier der gemeinsame Apoplast von Hyphen und Wurzeln, abgegeben werden können ( Abbildung 3.3.3). Diskutiert werden passiver Efflux und Aquaporine (Dietz et al. 2011; Hacquard et al. 2013).

 
Abb. 3.3.3 Kontakt zwischen Hyphen und Wurzelzelle bei Endomykorrhiza (a) und Ektomykorrhiza (b); transmissions-elektronenmikroskopische Aufnahmen

Die Regulation des Austausches von Glucose gegen Phosphat wurde zunächst für arbuskuläre Mykorrhizen geklärt. Die Zuckeraufnahme der Mykorrhizapilze erfolgt mittels Monosaccharid-Transportern der Pilzmembran. Ein solcher Transporter (MST2) wurde für Glomus sp. nachgewiesen (Helber et al. 2011). Zur notwendigen Energetisierung wiesen Requena et al. 2003 mehrere pilzliche ATPase-Gene nach (in Glomus mosseae; GmHA5 und GmPMA1), wovon GmHA5 nur in der symbiotischen Phase und da bereits beim ersten Kontakt zwischen Pilz und Wurzeloberfläche exprimiert wird. Das weist auf eine Zuckeraufnahme bereits über die Haftplatten (Hyphopodien) hin, die auf der Wurzeloberfläche gebildet werden, bevor der Pilz in die Wurzel eindringt (siehe Kapitel Die Strukturen der Mykorrhizen). Der Monosaccharid-Transporter MST2 arbeitet nachweislich nicht nur in den Arbuskeln, sondern auch in interzellulären Hyphen der AM. Arbuskel und feine Hyphen im Interzellularraum dienen also der Glucoseaufnahme (siehe Kapitel Die Strukturen der Mykorrhizen). Der Transporter MST2 nimmt bevorzugt Glucose auf, kann aber auch andere Monosaccharide transportieren wie Xylose, Glucuronsäure, Galacturonsäure, Mannose und Galactose . Diese Zucker wurden, wie erwähnt, zuvor cytochemisch in der Matrix des Interfazialraums nachgewiesen. Gemäß Helber et al. 2011 aktiviert Xylose als Signalmolekül den Monosaccharid-Transporter und ist beteiligt an der Koppelung zwischen der Zuckeraufnahme des Mykorrhizapilzes und der Phosphataufnahme der Pflanzenzelle.

Die Phosphatübergabe erfolgt ausschließlich über die Arbuskel (Rausch et al. 2001; Harrison et al. 2002; Javot et al. 2007). Phosphat wird als Orthophosphat (Pi) mittels spezifischer Phosphattransporter Proteine (H+:Pi) der periarbuskulären Membran von der Pflanzenzelle aufgenommen (PT4; MtPT4 in Medicago truncatula, LjPT3 in Lotus japonicus, StPT3 in Kartoffel, Solanum tuberosum; Javot et al. 2007; Pumplin & Harrison 2009; Pumplin et al. 2012). Karandashov et al. 2004 wiesen nach, dass PT4 nur aktiv ist, wenn die richtigen Pilzpartner, also Hyphen von Glomeromycota, in Kontakt mit Wurzeln kommen. Pathogene Pilze oder Endophyten lösen keine Aktivierung der Phosphat-Transporter aus. Die Aktivität des Phosphat-Transporters ist an einen Protonen Co-Transport gekoppelt, der über H+-ATPase energetisiert wird, die ebenfalls in der periarbuskulären Membran sitzt (Gianinazzi-Pearson et al. 1991; Wang et al. 2014).

Pilze, die mehr Phosphat liefern, erhalten mehr Zucker und sind so erfolgreicher bei der Mykorrhizierung, wie Kiers et mult. 2011 in einem eleganten Versuch an arbuskulären Mykorrhizen zeigten. Glomeromycota die die Pflanze weniger stark fördern, bilden weniger Arbuskel aus. Arbuskel werden nur vollständig ausgebildet, wenn P-Transporter, Zuckertransporter und H+-ATPasen gleichzeitig aktiv sind (Helber et al. 2011; Wang et al. 2014). Zucker-Transporter und Phosphat-Transporter arbeiten nachweislich gleichzeitig, ihre regulierenden Gene werden gleichzeitig exprimiert. Wird die Pflanze über Mykorrhizapilze mit ausreichend Phosphat versorgt, werden Symbiose unabhängige, pflanzliche Phosphat-Transporter reduziert (Liu et al. 1998).

Bei hohem externen Phosphatangebot werden aber die beiden Symbiose spezifischen Transporter deaktiviert (Helber et al. 2011). Es werden keine Arbuskel ausgebildet und das Wachstum der externen Hyphen wird um ein Vielfaches verringert und folglich auch die Phosphataufnahme aus dem Boden. Nach Ergebnissen von Breullin et al. 2010, reduzieren hohe Phosphatgaben auch den Gehalt an Xylose und somit wahrscheinlich die Aktivierung des Monosaccharid-Transporters. Die Effekte sind schon messbar, bevor die Mykorrhizierung verringert wird. Die Koppelung dieser Prozesse ist somit genetisch fein reguliert und wird durch den jeweiligen Ernährungsstatus beeinflusst. Als Folge von Phosphatdüngung kann die Mykorrhizierung völlig unterbleiben. Es zeigt sich also ein bemerkenswert ökonomisches Verhalten der Pflanze.

In von Arbuskeln besiedelten Zellen sind Plastiden frei von Stärke und ihre Membranstruktur und Physiologie verändert gegenüber stärkehaltigen Plastiden in benachbarten, pilzfreien Zellen (Daher et mult. 2017). Man kann daraus schließen, dass angelieferte Zucker vom Pilz verbraucht werden. Die Autoren schließen auf eine unterversorgte, pflanzliche Zelle, was zum Absterben der Arbukel beitragen könnte. Dem ist allerdings entgegen zu halten, dass Zellen mehrfach von Arbuskeln besiedelt werden können, sodass aktive neben abgestorbenen Arbuskeln gefunden werden. Solange ist offensichtlich ausreichend Glucose in der pflanzlichen Zelle vorhanden.

Für Ektomykorrhizen wurde für das System Pinus pinaster-Hebeloma cylindrosporum ein H+:Pi Symporter (HcPT2) nachgewiesen, der von außerordentlicher Bedeutung zu sein scheint (Becquer et mult. 2018). Er sorgt in den Hyphenspitzen des freien Myzels für eine gesteigerte Aufnahme von Phopshat aus dem Medium und - bemerkenswerter Weise - im Hartigschen Netz für den Export von Phosphat. Die Expression des Transportergens ist bereits beim ersten Kontakt der Hyphen mit der Wurzeloberfläche nachzuweisen und wird durch die Pflanze induziert. Die Expression dieses Gens ist auch notwendig für die Bildung des Hartigschen Netzes. Wird das Gen blockiert, ist nachweislich die Phosphatversorgung der Pflanze reduziert.

Für die erste Anlage von Mykorrhizen an Sämlingen sind bereits die Keimblätter als Exporteure von Saccharose außerordentlich wichtig sind. Bei Entfernung oder Verletzung wird kein Hartig Netz angelegt (Bâ et al. 1994). Eine künstlich verminderte Photosynthese führt zu einer geringeren Phosphataufnahme durch Ektomykorrhizen (Bücking & Heyser 2001). Im Hartig Netz wurden pilzliche Glucose-Transporter nachgewiesen, die teilweise hohe Ähnlichkeit mit den Glucose-Transportern von Glomus aufweisen (Hacquard et al. 2013).

Weitere Kontrollen der Verteilung des Kohlenstoffs zwischen den Symbioten liegen bei den unterschiedlichen Speichermöglichkeiten von Hyphen und Wurzelzellen. Pflanzen speichern Stärke, die Pilze nicht zugänglich ist und können so den Abfluss von Kohlenhydraten kontrollieren. Stärke wird in nicht besiedelten Zellen und im Zentralzylinder der Wurzeln gespeichert und nur bei Bedarf abgebaut, z. B. für den Austrieb neuer Wurzeln. Pilze speichern Trehalose und Glycogen als Kohlenhydrate sowie Lipide als Fette, die Pflanzen nicht zugänglich sind. Ein Rückfluss der Glucose in die Pflanzenzelle wird so verhindert und ein ständiger Bedarf nach Glucose aufrechterhalten. Der Kohlenstoff-Metabolismus der Ektomykorrhizapilze ist insgesamt gut geklärt und unterscheidet sich nicht von dem saprophytischer Pilze (Deveau et al. 2008). Trehalose ist ein lösliches Disaccharid, das als schnell verfügbarer und transportabler C-Vorrat zur Verfügung steht. Fajardo Lopez et al. 2007, wiesen eine Steigerung der Genaktivitäten für die Synthese von Trehalose im Hartigschen Netz nach (Amanita muscaria AmTPS, AmTPP, AMTP). Gesteigerte Trehalose-Synthese kann durch Kälte und Trockenstress induziert und so der osmotische Wert der Myzelien und damit der Frostschutz von Hyphen verbessert werden (Niederer et al. 1992; Tibbett et al. 2002). Trehalose schützt Proteine in den Membranen vor Austrocknung (Crowe 2007).

Glycogen und Lipide dienen als langfristige Speicherprodukte der Pilze. Bis zu 70 % der Zucker in den Ektomykorrhizen können als Glykogen vorliegen. In Glomeromycota können Lipide mehr als 25 % des Trockengewichtes von Hyphen, Vesikeln und Sporen ausmachen. Es handelt sich um Triacylglyceride, an deren Bildung unterschiedliche Fettsäuren beteiligt sind. Daneben kommen Phospholipde und Glycolipide vor. Ausgangsverbindung für die Bildung von Lipiden ist bei Pilzen und Tieren die Fettsäure C16. Neuere molekulare Befunde deuten darauf hin, dass Gene zur Synthese von C16 in den Gloeromycota fehlen, sie also auch die Fettsäure von der Pflanze erhalten müssen (Keymer et mult. 2017; Luginbuehl et mult. 2017). Nach molekularen Befunden fehlt den Glomeromycota zwar der cytosolische Enzymkomplex, der sonst der Synthese dient, sie haben aber eine Lipid-Synthesemöglichkeit in den Mitochondrien (Wever et al. 2014). Mit Hilfe der Plasmaströmung gelangen Lipide und Glycogen in die externen Hyphen und in die Sporen der Glomeromycota (Bago et al. 2003). Keimende Sporen der Glomeromycota leben kurzfristig von dieser Lipidreserve.

Signale zur Partnererkennung

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Eine Symbiose zwischen freilebenden Organismen, wie Pflanzen und Mykorrhizapilzen, setzt eine Partnererkennung voraus. Diese beginnt breits, bevor Pilz und Pflanzenwurzel in engem Kontakt sind und setzt sich während der Mykorrhzierung in einem komplexen Signalaustausch fort. Dabei werden kleine, leicht zu transportierende Moleküle verwendet, die an spezifische Rezeptoren der Partner binden und weitere Reaktionen aktivieren. Man kann von symbiotischen Signalketten sprechen, durch die Pflanzen Pathogene von Symbionten und Glomeromycota von Rhizobien, trotz vieler Gemeinsamkeiten, unterscheiden. Wenig bekannt ist bisher über die Signalketten in Ektomykorrhizen, Orchideen und Ericaceen.

Alle Pflanzenwurzeln, die arbuskuläre Mykorrhizen bilden, geben Strigolactone als Botenstoffe ab, um Glomeromycota weitgehend unspezifisch anzulocken. Rhizobien nutzten später diese Erkennung, genauso wie einige pflanzliche Wurzelparasiten. Der Botenstoff, das Hormon Strigolacton, stammt aus dem Carotinoid-Stoffwechsel und wurde zunächst als Signalmolekül für die Keimung der Samen des Wurzelparasiten Striga (Orobanchaceae, Sommerwurzgewächse) entdeckt, daher der Name. Strigolactone, Strigol, Orobanchol, Solanacol und Isomere, aktivieren in Sporen und Hyphen schon bei sehr geringer Konzentration (10-13M) und sehr rasch den Energiestoffwechsel (Besserer et mult. 2006), regen damit die Sporenkeimung an und stimulieren Wachstum und Verzweigung der Hyphen. Strigolactone sind die bisher einzigen, nachgewiesenen Signalstoffe mit derartiger Wirkung und unter den arbuskulär mykorrhizierten Pflanzen allgemein verbreitet (Parniske 2008; Gough & Bécard 2017).

Strigolactone werden von der Wurzel vermehrt unter Phosphatmangel abgegeben, stimulieren also besonders Symbioten, die die Phosphataufnahme verbessern (López-Ráez et mult. 2008). Nach der Besiedelung durch Glomeromycota wird die Produktion von Strigolactonen stark verringert, eventuell als Folge der besseren Phosphat-Versorgung. Gleichzeitig wird die Keimung und Besiedelung durch die Wurzelparasiten Striga oder Orobanche (Sommerwurzen) deutlich gesenkt (Lendzemo et al. 2007).

Mykorrhizapilze geben ihrerseits Signalmolküle (sog. Effektoren) ab, die von entsprechenden, spezifischen Rezeptor-Proteinen in der Zellmembran der Pflanzenwurzel als Symbionten zugehörig erkannt werden (Plett & Martin 2012; Oldroyd 2013). Bereits in der Vorbereitungsphase, also noch vor einem engen Kontakt mit der Wurzel, stimulieren Lipo-Chitooligosaccharide (LOCs) von Glomeromycota Wachstum und Verzweigung von Wurzeln (Maillet et mult. 2011). Diese LOCs wurden zunächst als Myc-Faktoren bezeichnet und sind, wie der Name sagt, kurzkettige Chitingerüste mit entsprechenden Anhängseln. Sie ähneln den „Nod-Faktoren“ bei der Knöllchenbildung, sind aber nicht identisch. Ihre Bindung an spezielle Rezeptoren der Zellmembran der Wurzelrindenzellen löst über einen noch nicht bekannten Botenstoff eine rhythmische Veränderung des Gehaltes an Calcium-Ionen im Zellkern benachbarter Zellen aus (sog. Cacium-Spiking), das weitere, komplexe Aktivierungen und symbiose-spezifische Umprogrammierungen in den Wurzelzellen bewirkt, die letztlich zur Ausbreitung des Myzels und zur Anlage der Arbuskel führen (Luginbuehl & Oldroyd 2017).

Die Ausbreitung von AMF Myzel in der Wurzel wird aber offenbar von der Pflanze kontrolliert. So ist die Wurzelspitze (Meristem und Streckungszone) normaler Weise nicht besiedelt. Die Besiedelung der weiter distal liegenden Wurzelabschnitte wird durch das NSP2 Gen kontrolliert, indem das Transcript als Signalgeber wirkt, im Anschluss an die Erkennung der Myc-LOCs. Im apikalen Bereich wird NSP2 aber durch eine spezielle mikroRNA (miR171h) gespalten und so unwirksam gemacht. Diese experimentell gezeigten Abläufe scheinen bei den mykorrhizierten Angiospermen verbreitet zu sein, fehlen aber bei Pflanzen, die ohne Mykorrhiza auskommen (Lauressergues et mult. 2012). Pflanzliche miRNAs beieinflussen Signalketten nach neuen Befunden sowohl in pathogenen wie in mutualistischen Interaktionen vielfach. Es handelt sich um nicht-kodierende RNA von 18-21 Nucleotiden Länge, die in AM überwiegend Abwehrreaktionen verhindern (Plett & Martin 2018).

Als Signalgeber der Pilze wirken auch kleine Proteinmoleküle (SPs – small proteins oder SSPs – small secreted proteins), die von den Hyphen abgegeben, von der Wurzel aufgenommen und in die Zellkerne transportiert werden, wo sie symbiose-spezifische, genetische Signalketten auslösen. Bisher wurde ein solches Protein von Glomus intraradices genauer charakterisiert (Kloppholz et al. 2011). SP7 bewirkt im Kern der Wurzelzelle eine Absenkung der Abwehr durch Ethylen, die bei parasitischem Angriff erhöht würde (Gutjahr & Parniske 2013). Eine ähnliche Wirkung auf den Abwehrmechanismus durch ein solches „kleines Protein“ (MiSSP7) zeigten Plett et mult. 2014 für Laccaria bicolor bei der Ektomykorrhizierung der Pappel. Dieses Signalmolekül leitet die Unterdrückung von Genen ein, die von Jasmonsäure aktiviert werden und zu einer Abwehr des Symbionten führen würden.


Oberflächenvergrößerung durch freies, extraradikales Myzel

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Abb. 3.4.1 Mykorrhizen mit extraradikalem Myzel (Pfeile); W Trägerwurzel

Von den Mykorrhizen ausgehend und durch sie gefördert, breiten sich die Hyphen im Boden aus und bilden das freie oder „extraradikale Myzel“ (außerhalb der Wurzel/radicula) (Abbildung 3.4.1). So entsteht eine stark vergrößerte, äußere Oberfläche der Wurzel, die die Wasser- und Mineralaufnahme der Pflanzen um ein Vielfaches verbessert. Glomeromycota können noch aus 12 cm Entfernung von der Wurzel Phosphat aufnehmen (Li et al. 1991) und zwischen der Fähigkeit, einen großen Bodenraum zu erschließen und der Phosphataufnahmerate wurde ein enger, artspezifischer Zusammenhang gefunden (Munkvold et al. 2004). Ektomykorrhizapilze breiten sich artspezifisch weit, bis zu 10 cm Entfernung von der Wurzel im Boden aus, wobei sich unterschiedliche „Explorationstypen“ mit kurzen, mittleren und langen Distanzen unterscheiden lassen (Weigt et al. 2012).

Das Myzel setzt sich aus sehr feinen Hyphenenden, die die Mobiliserung und Aufnahme der Nährstoffe übernehmen, und Transporthyphen zusammen, in denen Nährstoffe zur Mykorrhiza transportiert werden. Transporthyphen haben einen größeren Durchmesser oder können zu mehr oder weniger differenzierten Hyphensträngen, in oft arttypischer Weise gebündelt werden (Agerer 1991). Zur Versorgung der wachsenden Hyphen erfolgt ein Kohlenhydrattransport in Gegenrichtung. Nur die wachsenden Hyphenspitzen sind aktiv an der Mineralaufnahme beteiligt, geben Enzyme ab und säuern den Boden durch Protonenabgabe, z. B. bei der Aufnahme von Ammonium an. Die feinen, reich verzweigten, absorbierenden Hyphen haben aber nur eine kurze Lebenszeit und müssen daher laufend neu gebildet werden (Glomeromycota 5-7 Tage; Bago et al. 1998; Staddon et al. 2003).

Die feinen Saugwurzeln der Pflanzen können Makronährelemente wie Phosphat, Nitrat, Ammonium, Calcium, Magnesium sowie Mikronährelemente wie Zink nur aus dem Boden aufnehmen, wenn diese in Lösung vorliegen. Wurzeln können auch in einem gewissen Umfang das Bodenmilieu verändern und durch Abgabe von Protonen oder organischen Säuren Mineralien in Lösung bringen. Feinstwurzeln (< 0.5 mm Durchmesser) können aber nur in Bodenhohlräume eindringen und mit den Wurzelhaaren von etwa 10 µm Durchmesser Wasser und gelöste Substanzen aus Grobporen (50 – 10 µm) aufnehmen. Für Ionen, die nur eine geringe Diffusionsrate aufweisen wie Phosphat oder Ammonium, entsteht aber rasch eine Verarmungszone um die Wurzel. Pilzhyphen mit einem Durchmesser von < 5 µm, meist 2- 3 µm, können in Mittelporen (10 – 0.2 µm) der Bodenaggregate eindringen und damit Haftwasser (pF Wert 2.5 – 4.2) und darin gelöste Substanzen erreichen oder enzymatisch aufschließen. Versuche haben gezeigt, dass gerade an den Aggregatoberflächen ein großes Nährstoffpotential durch die Hyphen der Mykorrhizapilze erschlossen werden kann (von Wilpert et al. 1996). Mykorrhizapilze können auch Mineralien aus Gestein freisetzen (engl. mineral weathering), indem sie Protonen und organische Säuren abgeben wie Oxalsäure, Citronensäure, Ameisensäure oder Essigsäue und so zur besseren Versorgung mit Ca, Mg, K und Fe beitragen (Übersicht über Nachweise in Courty et al. 2005).


Die Phosphatversorgung

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Da Phosphatmangel die häufigste Ursache von Wuchsstörungen bei Pflanzen ist und alle Mykorrhizapilze eine entscheidende Verbesserung der Versorgung bewirken, wurden diese Vorgänge seit langem intensiv untersucht (Plassard & Dell 2010). Phosphat kommt in der Natur als Apatit (Ca3(PO4)2x Ca(Cl,F)2 und Phosphorit Ca3(PO4)2 im Gestein vor, in humushaltigen Böden liegen aber überwiegend Phytate (Myoinositolphosphate), Nukleinsäuren oder Phospholipide vor. In den humosen Böden der temperaten und tropischen Bergwälder kann der Anteil an organisch gebundenem Phosphat bis zu 90 % betragen (Wilcke et al. 2002). Phosphat wird aber von Pflanzen und Pilzen nur in Form von Orthophosphat (H2PO4', HPO4’’) aufgenommen. Da eine Dissoziation von Phosphaten nur im sauren Bereich erfolgt, ist in Böden mit einem pH Wert über 5.6 bereits mit nur geringen Mengen an gelöstem Phosphat zu rechnen. Wurzeln und Bodenmikroorganismen können zwar durch Abgabe von Protonen und organischen Säuren den pH Wert absenken und Phosphat aus dem Gestein oder mittels saurer Phosphatasen auch aus Phytat freisetzen, der Beitrag der Mykorrhizapilze zur Phosphatfreisetzung durch Abgabe von niedermolekularen organischen Säuren, insbesondere von Oxalsäure bei Ektomykorrhizapilzen, Acetat, Formiat, Citrat und Malat bei Glomeromycota sowie der Aktivität von Phosphatasen ist aber um ein Vielfaches höher (sog. „rock eating fungi“, Jongmans et al. 1997).

Die Aktivität saurer Phosphatasen (Phosphomonoesterase und Phosphodiesterase) und die Hydrolysierung von Inositolhexaphosphat und anderer organischer Phosphatverbindungen wurde experimentell an Mykorrhiza-Kulturen mit Glomus intraradices nachgewiesen (Koide & Kabir 2000; Joner et al. 2000a). Eine Mithilfe von Bakterien zur Abspaltung von organisch gebundenem Phosphat ist daher auch bei Glomeromycota nicht erforderlich. Die Aktivität der sauren Phosphatase steigt bei zunehmendem Phosphatmangel, z. B. bei Erhöhung des pH-Wertes an. Ezawa et al. 2005, zeigten mit molekularen Nachweisen, dass Glomus etunicatum zusätzlich die Abgabe saurer Phosphatasen der Wurzel stimulieren kann. Auch Agaricomycotina und Ascomycota verfügen über saure Phosphatasen, mit deren Hilfe sie Orthophosphat aus organischen Verbindungen freisetzen können (McElhinney & Mitchell 1993). Versuche mit Laubstreu zeigten eine effiziente Verwertung (Perez-Moreno & Read 2000). Das Myzel von Rhizoscyphus (=Hymenoscyphus) ericae (Ascomycota) ist besonderes effektiv. Saure Phosphatasen in der fibrillären Oberfläche des Myzels, die nicht von Fe- und Al-Ionen gehemmt werden, ermöglichen die Nutzung von Fe- und Al-Hydroxyphytaten als P-Quelle und können so Erikagewächse auf sehr sauren Standorten mit Phosphat versorgen (Read et al. 2004). Zwischen einzelnen Pilzarten bestehen große Unterschiede; ein durchschnittlicher Beitrag der Hyphen zur P-Aufnahme der Pflanzen liegt bei 70-80 % (Plassard & Dell 2010). Nur Proteaceae, die keine Mykorrhizen bilden, dafür aber über ein besonders feines, dicht behaartes, enzymatisch aktives Wurzelsystem verfügen („proteoide Wurzeln“), zeigen höhere Phosphatase-Aktivitäten als mykorrhizierte Bäume (Steidinger et al. 2015).

Die Aufnahme von Orthophosphat erfolgt aktiv über Membran gebundene Transportproteine, die sowohl für Glomeromycota als auch für Mykorrhizapilze unter den Agaricomycotina nachgewiesen wurden (Javot et al. 2007; Plassard & Dell 2010). Die Membranproteine arbeiten als Protonen gekoppelter Symport und entsprechen einem aktiven, hochaffinen Aufnahme-System, d.h. die Phosphat-Aufnahme erfolgt bei sehr geringen Phosphat-Konzentrationen in der Bodenlösung (Km 1-10µM bzw. 55µM). Der GvPT- Transporter (Km 18 µM) in Glomus versiforme wird nur im extraradikalen Myzel, nicht in der Mykorrhiza exprimiert, gleichzeitig wird die P-Aufnahme der Wurzel verringert (Harrison & van Buuren 1995). Dagegen nimmt der Phosphat-Transporter GigmPT von Gigaspora margarita im freien, extraradicalen Myzel, sowie in den inter- und intrazellulären Hyphen Phosphat auf (Xie et mult. 2016). Phosphat-Aufnahme erfolgt, im Unterschied zur Zuckeraufnahme, auch in "aktivierten" Keimschläuchen und Sporen von Glomeromycota, d. h. nach Zugabe von Wurzelexudaten und CO2 (Lei et al. 1991), ohne diese Stimulation aber nur nach Ausbildung einer Mykorrhiza. Mehrheitlich werden die Transportproteine und die zugehörigen Gene aktiv, wenn das Phosphatangebot gering und die Versorgung der Pflanzen niedrig ist.

Das Phosphation wird zunächst an ADP gebunden und als ATP in die Vakuole geschleust und dort zu langen Ketten aneinandergefügt. Dies ist eine beondere Eigenschaft von Pilzen. Als Polyphosphate können so große Mengen an Phosphat osmotisch unwirksam gespeichert werden (Klionsky et al. 1990; Cole et al. 1998). Die Fähigkeit der Pilze Polyphosphate zu bilden war mit Sicherheit eine wichtige Voraussetzung für die Entstehung und die langfristige, erfolgreiche Verbreitung der Mykorrhiza-Symbiosen (Hijikata et al. 2010). Der Transport erfolgt in den Vakuolen über weite Strecken, wobei Aquaporine und der Wasserstrom beteiligt sind (Kikuchi et al. 2016). Letzlich treibt der Transpirationsstrom der Pflanze den Wassertransport an. Ein bessere Versorgung mit Phosphat erlaubt eine längere Öffnung der Spaltöffnungen und damit auch eine erhöhte Photosynthese. So wird die Zuckerversorgung der Pilze auch unter Trockenstress gewährleistet.

 
Abb. 3.4.2 Formel und Spektren von Polyphosphat

Synthese und Abbau von Polyphosphaten in Pilzen sind gut untersucht und schwerpunktmäßig in Hefe (Saccharomyces cerevisiae) und Neurospora crassa geklärt worden (Beever & Burns 1980; Schröder & Müller 1999). Es handelt sich um energiereiche -P-O-P- Bindungen (Phosphoanhydrid-Bindung), die nicht nur eine Phosphatreserve sondern auch ein Energiedepot darstellen (Abbildung 3.4.2). Mit Hilfe der Röntgenmikroanalyse (EDXA) kann Phosphor, mit der Elektronen-Energieverlust-Spektroskopie (EELS/EF-TEM) auch polyPi an der Nahkantenfeinstruktur nachgewiesen werden (Kottke & Martin 1994; Bücking et al. 1998; Abbildung 3.4.2). Saito et al. 2006, nutzten die gelbe Fluoreszenz unter UV-Licht nach DAPI-Färbung (6-diamidino-2-phenylindole) und Antikörper-Markierungen zu einer eindrucksvollen Darstellung der Polyphosphate in Phialocephala fortinii, einem endophytischen Pilz in Wurzeln (engl. „dark septate endophyte“). Kuga et al. 2008 führte einen ähnlichen Nachweis (EF-TEM und Antiköper) an gefriersubstituierten Schnitten von Gigaspora margarita (Glomeromycota) Myzel durch.

 
Abb. 3.4.3 Polyphosphat im Licht- und Elektronenmikroskop

Polyphosphate werden je nach Kettenlänge (drei bis mehrere tausend Atome) gelöst oder gelartig in den Vakuolen gespeichert (Saito et al. 2006). Polyphosphate bis zu einer Kettenlänge von 20 Einheiten sind säurelöslich und füllen in gelartiger Form die Vakuolen der Hyphen, längerkettige bilden Niederschläge. Durch Bindung von Kationen wie Aluminium können schwer lösliche Komplexe gebildet werden (Martin et al. 1994). In den extraradikalen Hyphen kommen eher langkettige Polyphosphate, in den interradikalen kurz- und langkettige vor (Solaiman et al. 1999; Ohtomoto und Saito 2005).

Entwässerung, wie bei der Einbettung in Kunstharz oder der Färbung mit Toluidin führt zu längeren Ketten und zur Bildung von bereits im Lichtmikroskop sichtbaren, metachromatischen, mehrfarbigen Niederschlägen (sog. Volutingrana; Abbildung 3.4.3). Kryofixierte Hyphen in den Mykorrhizen zeigen dagegen diffus gefüllte Vakuolen. Da Phosphate Osmium binden, erscheinen die Niederschläge im Transmissions-Elektronenmikroskop als dunkle, elektronendichte Körper (Abbildung 3.4.3). Polyphosphate wurden vereinzelt auch in den Zellwänden von Hyphen gefunden, vermutlich gebunden an Mannan, Chitosan oder anderen Wandbestandteilen (Väre 1990; Kuga et al. 2008). Die Bedeutung ist unklar. Es ist nicht auszuschließen, dass es sich um Präparationsartefakte handelt (Beever & Burns 1980).

Polyphosphate können als Polyanion metallische Kationen wie K, Ca, Mn, Mg, Zn, Fe, Cu, Cd, Cs, Al binden (Abb. 3.4.2, EDX-Spektrum). Vorallem K und Mg Ionen werden zur Kompensation der freien Bindungen parallel zur Phosphataufnamhe über entsprechende Tonopasten- Transportproteine aufgenommen. Eine gesteigerte Phosphataufnahme kann so auch die Versorgung mit mineralischen Nährelementen verbessern, so für Zn und Cu, die für über 70 Enzyme notwendig sind (George et al. 1994). In den Polyphosphaten werden auch basische Aminosäuren, insbesondere Arginin, Glutamin und Glutamat in erheblichem Umfang und in osmotisch unwirksamer Form gespeichert und transportiert (Cruz et mult. 2007; Abbildung 3.4.3). N wurde auch mittels ESI-Spektroskopie in den Polyphosphaten nachgewiesen (Abbildung 3.4.3; Turnau et al. 1993; Dexheimer et al. 1996; Kottke et al. 1998).

Polyphosphate können aber auch schützend wirken, wenn sie potentiell toxische Elemente wie Al in Form von Aluminiumhydoxyphosphat-Komplexen unterschiedlicher Kettenlänge irreversibel binden (Abbildung 3.4.2) (Martin et al. 1994; Kottke & Martin 1994). Das für nicht mykorrhizierte Wurzeln schädliche, freie Aluminium wird in den Hyphen gespeichert und gelangt so nur in sehr geringen Mengen in die Pflanze. Studien an mykorrhizierten Baum-Sämlingen fanden keine Beeinträchtigung der physiologischen Funktionen durch Aluminium (Cumming & Weinstein 1990). An den Myzelien lassen sich auch nach längerer Exposition keine zellulären Schäden erkennen. Daher sind dem Aluminium zugeschriebene Schäden an mykorrhizierten Bäumen eher auf Phosphatfestlegung in Al-Polyphosphaten und damit P-Mangel als auf Al-Toxizität zurückzuführen.

Die Menge der Polyphosphate korreliert zum P-Angebot und zum Versorgungszustand des Myzels und kann über 10 % des Trockengewichtes der Hyphen ausmachen. Die P-Konzentration in den Hyphen kann 1000-fach über dem Bodenwert liegen. Hijikata et al. 2010, bestimmten den Anteil an Polyphosphat zum gesamten Phosphat-Gehalt der extraradikalen Hyphen einer Glomus Art als über 60 %. In den Hyphenmänteln des Maronenröhrlings (Xerocomus badius) wurde eine Hyperakkumulation von Polyphosphat gefunden (Kottke et al. 1998).

In den Arbuskeln und den Hyphen des Hartigschen Netzes werden die Polyphosphate mit Hilfe von Endo- und Exophosphatasen abgebaut und Orthophosphat in den Apoplast/Interfazialraum abgegeben, ein passiver, konzentrationsabhängiger Efflux (Solaiman & Saito 2001; Kiers et mult. 2011). Auch hierbei wurde eine Regulation des Nährstoffaustausches zwischen den Partnern gefunden: wird weniger Zucker geliefert bleibt mehr Phosphat in den langkettigen Polyphosphaten gebunden (Bücking and Shachar-Hill 2005).

Die Stickstoffversorgung

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Stickstoffaufnahme aus dem Boden

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Abb. 3.4.4 Bodenhorizonte und Pilze in temperaten und tropischen Wäldern

Stickstoffverbindungen gelangen ausschließlich durch Organismen in den Boden. Luftstickstoff (N2) bindende Bakterien (Cyanobakterien, Actinomyceten, Rhizobien) sind die wesentliche primäre Quelle für den Stickstoffgehalt des Bodens. Abgestorbene Pflanzen, Tiere und Pilze stellen einen weiteren, großen Vorrat dar, der im Humus, häufig in phenolhaltigen Proteinen festgelegt wird.

Die organischen Reste müssen von Bodenorganismen aufgeschlossen werden, um Stickstoff in löslicher Form als Nitrat, Ammonium und Aminosäuren zu erhalten. Der Anteil dieser löslichen Stickstoffverbindungen hängt von Bodentyp, Vegetation und Klima ab. Während Nitrat frei beweglich im Bodenwasser vorkommt, dadurch aber auch leicht ausgewaschen wird, ist Ammonium wenig mobil und an Bodenteilchen gebunden. Inselsbacher & Näsholm 2012 wiesen kürzlich mit Hilfe einer Mikrodialyse im Feld nach, dass Aminosäuren 80 % des pflanzenverfügbaren, diffusiblen Stickstoffs im Boden borealer und arktischer Wälder bilden, Ammonium und Nitrat dagegen nur 10 % beitragen. Die Mehrzahl bisheriger Arbeiten berücksichtigte nur Ammonium und Nitrat aus wässrigen Bodenextrakten für die Pflanzenernährung, wobei Ammonium 80 % der Fraktionen stellte. Die neuen Ergebnisse zeigen die Wichtigkeit von Analysen an ungestörten Bodenproben.

Die größten Stickstoffspeicher unter den Bodenorganismen sind Ektomykorrhizen. Die Speicherung und die Humusbindung verhindern die Auswaschung aus dem Boden. Der gespeicherte Stickstoff vermindert gleichzeitig die Menge an frei verfügbarem, löslichem Stickstoff und verstärkt so die Abhängigkeit der Bäume von den Mykorrhizapilzen (Franklin et al. 2014). Auch hier liegt also wieder ein sich selbst verstärkender Effekt der Symbiosen vor.

Während schnell eine N-Verarmungszone um die Wurzel entsteht, können die Spitzen wachsender Hyphen der Mykorrhizapilze entferntere Bodenteilchen erreichen und so eine vergrößerte Oberfläche der mykorrhizierten Wurzel bewirken. Glomeromycota steigern nur auf diese Weise die Aufnahme löslicher Stickstoffverbindungen, denn der große Vorrat an organisch gebundenem Stickstoff ist Glomeromycota, mangels Enzymen, nicht zugänglich (Abbildung 3.4.4; Kleber et al. 2015). Mykorrhizapilze der Agaricomycetes und Asomycota können jedoch, wie ihre saproben Verwandten, organisch gebundenen Stickstoff enzymatisch freisetzen und tragen so entscheidend zur Stickstoffversorgung der Pflanzen bei (Abbildung 3.4.4).

Die Konkurrenz zwischen Saprobionten und Mykorrhizapilzen um Nährstoffe im Boden wird verringert durch eine Verteilung auf unterschiedliche Bodenhorizonte (Abbildung 3.4.4; Lindahl et al. 2007; Clemmensen et al. 2013). In der oberflächlichen Nadel- und Laubstreu leben vornehmlich Saprobionten (Weißfäule- und Braunfäulepilze). Zwischen den Humushorizonten sind feine Zonierungen im Grad des Abbaus zu beobachten, die auch von unterschiedlichen Pilzarten bevorzugt werden (Abbildung 3.4.4). So findet man z. B. die leuchtend gelben Myzelien und Mykorrhizen von Piloderma croceum (Safrangelber Hautrindenpilz) in den obersten Humusschichten, die von Täublingen (Russula spp.) bevorzugt in tieferen, schon mit Mineralien durchsetzten Horizonten (Abbildung 5.7.2; Haug et al. 1986).

Glomeromycota haben keine Ektoenzyme zum Abbau organischer N-Verbindungen, nehmen aber Ammonium, Nitrat und Aminosäuren bis zu mehreren cm Entfernung im Umkreis der Wurzeln aus dem Fermentationshorizont auf (Hodge et al. 2001; Bago et al. 1996; Jin et al. 2005). Ammonium- und Nitrat-Transporter sowie Aminosäure-Permeasen wurden nachgewiesen (López-Pedrosa et al. 2006). Glomeromycota können Ammonium oder Nitrat aber nur aufnehmen wenn ihre Kohlenhydratversorgung durch die Pflanze gesichert ist, d. h. nur in Symbiose (Bago et al. 1996). Auch externer Kohlenstoff in Form von Acetat steigert die Stickstoffaufnahme nicht (Fellbaum et al. 2012). Eine verbesserte N-Aufnahme steht auch in engem Zusammenhang mit der gesteigerten P-Aufnahme durch die Mykorrhizapilze.

Die Mykorrhizapilze unter den Agaricomycetes nehmen bevozugt Ammonium und Aminosäuren auf, zusätzlich Dipeptide und Oligopeptide, seltener Nitrat (Müller et mult. 2007). Nitatreduktase ist zwar bei vielen Mykorrhizapilzen vorhanden, aber wenig aktiv. Bei gleichzeitigem Angebot von Ammonium und Nitrat, kann Nitrat zusätzlich aufgenommen aber nicht immer verwertet werden (Botton & Chalot 1995). In dem Orchideen-Symbionten Tulasnella calospora (Agariconycetes) wurden sowohl Ammoniumtransporter als auch Aminosäure-Transporter gefunden, aber keine Möglichkeit zur Aufnahme von Nitrat (Fochi et al. 2017; Nurfadilah et al. 2013). Der Orchideen-Symbiont Ceratobasidium kann hingegen Nitrat verwerten.

Diese Mykorrhizapilze sind wiederholt aus Braunfäulepilzen hervorgegangen und haben eine entsprechende, aber etwas unterschiedliche Gen-und Enzymausstattung für den Substratabbau. Mykorrhizapilze verfügen über Peroxidasen und Proteasen mit deren Hilfe sie Stickstoff aus Humusbestandteilen (stabile Komplexe von Proteinen, Peptiden oder Aminosäuren) aufschließen (Abuzinadah & Read 1986a, b, c; Finlay et al. 1992; Shah et mult. 2016). Es werden zunächst die Humus-Komplexe über oxidative Reaktionen aufgebrochen und anschließend die organischen Verbindungen enzymatisch abgebaut (Tunlid et al. 2017).

Während Weißfäulepilze über eine ganzes Bündel an Oxidasen und Enzymen verfügen, um Holz, einschließlich des Lignins, abzubauen, haben Braunfäulepilze und Mykorrhizapilze eine eingeschränkte Ausstattung. Mykorrhizapilze bauen mit Hilfe von Mangan-Peroxidasen und Laccasen sowie mittels der Fenton-Reaktion Humusbestandteile ab (Timonen & Sen 1998). Mangan-Peroxidasen oxidieren Mn(II) zu Mn(III), das mit Oxalsäure oder anderen organischen Säuren Komplexe bildet, die dann polyphenolhaltige Substrate oxidieren und abbauen. Interessanter Weise enthalten alle von Bödeker et al. 2009 untersuchten Proteinsequenzen der Manganoxidasen eine Aminosäure (D175), die essentiell ist für die Oxidation von Mn2+ zu Mn3+, aber die wichtigste Bindungsstelle (W164/W172) für die Oxidation von Aromaten fehlt. Das bedeutet, die Peroxidasen der Mykorrhizapilze können Lignin nicht vollständig abbuen (Hatakka 1994; Kohler et mult. 2015). Die humushaltigen Böden verarmen daher laufend an Stickstoff, während der Kohlenstoffgehalt zunimmt.

Laccasen (EC 1.10.3.2; p-Diphenyl:Dioxid Oxido-Reductasen) sind Multikupferoxidasen, die ein breites Spektrum von phenolischen Substraten oxidieren bei gleichzeitiger Reduktion von molekularem Sauerstoff zu Wasser ohne Bildung von Peroxid (Rivera-Hoyos et al. 2013). Die Fenton-Reaktion ((H2O2+Fe2+ + H+ = H2O+Fe3+ + ·OH) ist ein wesentlicher Teil des oxidativen Humusabbaus bei Braunfäulepilzen und den Ektomykorrhizapilzen Kahler Krempling (Paxillus involutus) und Verwandter (De Beeck et al. 2018). Eine chemisch basierte Untersuchung zum Abbau von Streuextrakten durch den Kahlen Krempling (Paxillus involutus) zeigt Veränderungen der Seitenketten von Phenolringen aber keinen Abbau der Phenolringe selbst (Rineau et al. 2012).

Mn-Peroxidasen wurden in Kulturen von Piloderma byssinum, P. croceum und Tylospora fibrillosa, drei in humusreichen Fichtenwäldern weit verbreitete Mykorrhizapilzen aus der Familie der Atheliaceae, sowie in Fruchtkörpern von Täublingen (Russula spp.), Milchlingen (Lactarius spp.) und Schleierlingen (Cortinarius spp.) nachgewiesen, also auch in Arten die bisher als rein symbiotisch angesehen wurden. In Mykorrhizapilze wurden auch zahlreiche Gene für Laccasen nachgewiesen, so in Lactarius spp., Russula spp., Rhizopogon luteolus, Piloderma croceum, Tylospora fibrillosa, Tuber borchii (Chen et al. 2003; Courty et al. 2005; Bödeker et al. 2009; Martin et al. 2010; Shah et mult. 2016. Das Genom von Cortinarius glaucopus kodiert 11 Peroxidasen, vergleichbar viele wie Weißfäulepilze (Bödeker et al. 2014). Arten, die sich weit im Boden ausbreiten, sind dabei effektiver als solche mit wenig Myzel und nur geringerer Ausbreitung (Hobbie & Agerer 2010). Entsprechend sind Suillus luteus (Butterröhrling) und Paxillus involutus (Kahler Krempling) sehr effektive Humuszersetzer (Shah et mult. 2017).

Besonders hohe enzymatische Aktivitäten für den Abbau von Humus wurden für Rhizoscyphos ericae und in nah verwandten Isolaten von Meliniomyces sowie Oidiodendron maius (Leotiomycetidae, Ascomycota) gefunden. Es sind dies häufige Mykorrhizapilze von Heidekräutern auf extrem nährstoffarmen, saurem Humus. Diese Pilze haben sowohl ausgeprägte saprobe als auch symbiotische Fähigkeiten. Humus abbauende Enzyme und die entsprechende Zahl an Genen sind sogar vermehrt im Vergleich zu saproben Pilzen, d. h. sie können u. a. auch Cellulose und Pektin abbauen. Das Enzymprofil für den Abbau von Zellwänden unterscheidet sich deutlich von dem der Ektomykorrhizapilze (Martino et mult. 2018).

Saure Proteinasen wurden in Reinkulturen auf künstlichen Substraten (BSA Bovine-Serum-Albumin, Gliadin, Blütenpollen, Laubstreu) zahlreicher Mykorrhizapilze nachgewiesen (Liste in Leake & Read 1997; Nehls et al. 2001). Gene für Proteasen sind bei den Mykorrhizapilze unter den Agaricomycotina weit verbreitet und gegenüber Saprobionten nicht verringert, z. T. sogar vermehrt worden (Martin et mult. 2008 und Martin et mult. 2010; Wolfe et al. 2012). Damit können diese Pilze Proteine abbauen und die daraus gewonnenen Aminosäuren, z. T. auch kurze Peptide (Oligopeptide) aufnehmen (Chalot & Brun 1998).

Speicherung, Transport und Übergabe an die Pflanze

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Das aufgenommene Ammonium wird zur Bildung von Aminosäuren verwendet und bevorzugt als Arginin, aber auch Glutamin und Glutamat gespeichert (Chalot et al. 2006; Cruz et mult. 2007). Die Stickstoffspeicherung der Myzelien hängt von der Photosyntheseleistung und dem Transport von Saccharose in die Wurzeln ab (Högberg et mult. 2010; Fellbaum et al. 2012). Die Speicherung erfolgt in Vakuolen, osmotisch unwirksam an Polyphosphate gebunden und wird auf diese Weise in die Mykorrhizen transportiert (Jin et al. 2005). Der Transport erfolgt rasch, am untersuchten Beispiel wurden 3 nmol N mg-1 Trockenmasse h-1 transportiert (Cruz et mult. 2007). Nur ein geringer Teil (3 - 30 %) des aufgenommenen Stickstoffs wird aber an die Pflanze weitergegeben, der größte Teil bleibt im freien Myzel (Hodge & Fitter 2010).

Sowohl Aminosäuren (Glutamin, Glutamat, Arginin) als auch Ammonium gelangen von den Hyphen zunächst in den Apoplast der Wurzel und werden dort über unterschiedliche Mechanismen von den Wurzelzellen aufgenommen. Sowohl für Glomeromycota als auch für Agaricomycotina und Tuber melanosporum (Ascomycota), wurde gezeigt, dass Arginin mittels Arginase und Urease abgebaut wird und NH4+ in den periarbuskulären Raum (Interfazialraum) bzw. die Zellwand gelangt (Chalot et al. 2006; Dietz et al. 2011; Hacquard et al. 2013). Da das Zellwandmilieu einen ph-Wert von 4.5 bis 5.5 hat, ist Ammonium in der protonierten Form vorhanden, wird aber zu NH3 deprotoniert bevor es mittels Ammoniumtransporter von der Pflanzenzelle aufgenommen wird. In Orchideenkeimlingen mit Tulasnella calospora konnte dieser Mechanismus nicht gefunden werden. Hier nehmen die Hyphen Ammonium aus dem perihyphalen Apoplast auf und geben Aminosäuren an die Pflanze ab (Fochi et al. 2017).

Die Übergabe von Stickstoff an die Pflanze erfolgt bei Glomeromycota nach derzeitigem Wissensstand nur in Form von Ammonium (Bücking & Kafle 2015; Koegel et al. 2015). Symbiose-spezifische Ammoniumtransporter wurden in Medicago truncatula und Lotus japonicus gefunden (Gomez et mult. 2009; Guether et al. 2009). Die Ammoniumübergabe an die Pflanze steigt, wenn mehr Zucker an den Pilz geliefert wird (Fellbaum et al. 2012). In Ektomykorrhizen werden Wahrscheinlich Ammonium und Aminosäuren von der Pflanze übernommen (Chalot & Brun 1998; Chalot et al. 2006). Die Vorgänge sind aber noch nicht geklärt (Müller et mult. 2007). Erste Ergebnisse am Orchideen-Symbionten Tulasnella calospora (Agariconycetes) zeigen, dass überwiegend Aminosäuren (Arginin, Lysin, Histidin) von den Zellen des Protocorms aufgenommen werden. Isotopen-Untersuchungen und molekulare Daten stimmen diesbezüglich überein (Cameron et al. 2006; Fochi et al. 2017). Um Ammonium im Apoplast des besiedelten Protocorms scheinen Pilz und Pflanze zu konkurrieren (Fochi et al. 2017).

Kohlenstoff aus Stickstoffverbindungen

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Ektomykorrhiza-Pilze können keine lebenden Zellen angreifen und daher wahrscheinlich keine Kohlenhydrate aus dem Abbau von komplexen Kohlenhydraten gewinnen (Nagendran et al. 2009; Plett & Martin 2011; Floudas et mult. 2012; Lindahl & Tunlind 2015). Nach Untersuchungen von Treseder et al. 2006, werden nur etwa 2% der benötigten Kohlenhydrate von Ektomykorrhiza-Pilzen aus dem Abbau von Streu gewonnen und dies ist wahrscheinlich auf die Aufnahme von Aminosäuren zurückzuführen. Polysaccharide die während des Abbaus von Streuextrakten anfallen, wurden z. B. vom Kahlen Krempling (Paxillus involutus) nicht verwertet (Rineau et al. 2012). Nur ein Cellulase-Gen der Familie GH5 (Endoglucanasen), keine der Familien GH6 und GH7 (Cellobiohydrolasen), sehr wenige für Hemicellulose und Pektin-Abbau wurden in L. bicolor und Tuber borchii (Martin et mult. 2008, Martin et mult. 2010) und Paxillus involutus bisher nachgewiesen (Rineau et al. 2012). Der Verlust der Gene für Cellobiohydrolasen wurde für weitere ECMF bestätigt (Wolfe et al. 2012). Der Verlust von Genen für den Abbau von Zellulose und Pektinen ist ja eine notwendige Anpassung an die symbiotische Lebensweise.

Im Widerspruch zu den molekularen Ergebnissen steht der enzymatische Nachweis von Cellobiohydrolase an Mykorrhizen aus dem Freiland (Courty et al. 2005). Es ist nicht auszuschließen, dass an den Freiland-Mykorrhizen weitere Mikroorganismen die Ergebnisse verfälschten. An Ektomykorrhiza-Pilzen, die große Mengen an Bodenmyzel bilden (z. B. Hysterangium ssp., Gautieria ssp., Suillus spp. oder Piloderma croceum) wurden aber Esterasen zum Abbau von Fettsäuren nachgewiesen (Caldwell et al. 1991). Ektomykorrhizen beschleunigen den Abbau von Humus mittels oxidativer Enzyme, wenn sie gut mit Glucose aus der Photosynthese versorgt werden (Dijikstra et al. 2007). Durch die Pflanzung exotischer, ektomykorrhizierter Kiefern (Pinus radiata) in den Gras-Paramos der Anden, kam es z. B. zu irreversiblem Abbau der Jahrtausende alten Humusauflage und damit zu einem Verlust der gespeicherten Nährstoffe durch die Massenentwicklung des Mykorrhizapilzes Suillus luteus (Butterpilz) (Chapela et al. 2001).

Die Mykorrhizapilze der grünen Orchideen (Tulasnella, Ceratobasidium, Sebacina) haben jedoch noch die Fähigkeit, Zellwandbestandteile wie Xylan und Pektin sowie Cellulose, wenn auch in geringem Maße, abzubauen (Nurfadilah et al. 2013; Stöckel et al. 2014). Die Zahl der Genkopien für Zellwand abbauende Enzyme ist bei diesen Pilzgruppen wesentlich höher als bei Ektomykorrhiza-Pilzen (Kohler et mult. 2015). Die Ergebnisse von Stöckel et al. 2014 und Fochi et al. 2016 deuten aber darauf hin, dass auch von diesen Pilzen vor allem Stickstoff geliefert und mittels Aminosäuren zur C-Versorgung beigetragen wird. Insbesondere das chlorophyllfreie Protocorm der Orchideen ist sehr reich an Stickstoffverbindungen.

Stickstoffdüngung

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Ein Überangebot an Ammonium und Nitrat, z. B. durch Düngung oder atmosphärischen Eintrag aus Landwirtschaft und Verkehr führt, wie diverse Studien zeigen, zu einer vermehrten Bildung von Aminosäuren im Myzel und Hyphenmantel von Ektomykorrhizen (Wallander 1992; Turnau et al. 2001). Stehen nicht ausreichend Zucker zur Verfügung, wird kein Glycogen mehr im Myzel gespeichert. Offenbar gibt es für die Mykorrhizapilze keinen Schutz vor einem Stickstoffüberangebot. Überdüngung führt zu einem gestörten Nährstoffgleichgewicht in den Pilzen, zu einem veränderten Artenspektrum der Mykorrhizapilze und zu einer geringeren Zahl an Mykorrhizen und Fruchtkörpern (Wallenda & Kottke 1998; Peter et al. 2001; Bidartondo et al. 2001). Högberg et al. 2011 fanden eine Erholung unter derzeitigen Umweltbedingungen erst nach 6 bis 20 Jahren. Im Laborexperiment konnte das Gleichgewicht zwischen Glycogen Speicherung und „Ammoniumentsorgung“ im Myzel durch Verdoppelung des CO2-Angebots und entsprechende Steigerung der Photosynthese der Fichtensämlinge wieder hergestellt werden (Turnau et al. 2001). Eine verminderte Versorgung der Mykorrhizen mit Glucose würde auch den Humusabbau verringern, da die oben beschriebenen, oxidativen Mechanismen eine gute Energieversorgung benötigen (Tunlid et al. 2017). Man kann daraus ableiten, dass der hohe Stickstoffeintrag aus Verkehr und Landwirtschaft in unsere Wälder ohne den Anstieg von CO2 zu noch stärkeren Schäden bei Bäumen und Pilzen führen würde. Ähnliches gilt auch für arbuskulär mykorrhizierte Pflanzen. Ein Anstieg des CO2 Gehaltes der Luft führt zu bevorzugter Investition in die Myzelien (Treseder 2004).

Hyphennetzwerke zwischen Pflanzen

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Über Myzel, das sich von Mykorrhizen im Boden ausbreitet, können weitere Wurzeln der gleichen Pflanze aber auch die Wurzeln anderer Pflanzenindividuen erreicht und mykorrhiziert werden. Dabei kann eine physische Vernetzung (CMN, common mycorrhizal network) von Mutterpflanzen und Sämlingen oder von ganz unterschiedlichen Pflanzenarten entstehen, wie experimentell für ektomykorrhizierte und für arbuskulär mykorrhizierte Pflanzen anschaulich gezeigt wurde (Finlay & Read 1986a; Finlay & Read 1986b; Francis et al. 1986). Es wurde der Nachweis erbracht, dass aus dem Boden aufgenommener Stickstoff oder Phosphat über Hyphenverbindungen zwischen den Mykorrhizen zweier Pflanzen transportiert werden kann. Spätere Untersuchungen bestätigten diese Ergebnisse und zeigten, dass auch Kalium und radioaktives Cesium über Hyphenverbindungen verteilt werden können (Simard & Durall 2004; Meding & Zasoski 2008; Gyuricza et al. 2010a). Die Elemente bleiben aber mehrheitlich in den Hyphen und gelangen nur in geringen Mengen in die Pflanzen (Meding & Zasoski 2008; Gyuricza et al. 2010b).

Von größerer Bedeutung ist die Frage, ob auch Kohlenstoff über Hyphenverbindungen von einer Pflanze zu einer anderen gelangen kann. So könnten Altbäume in schattigen Wäldern ihre eigenen Sämlinge unter den geringen Lichtbedingungen zusätzlich mit Kohlenhydraten versorgen oder Orchideen ihre chlorophyllfreien Protocorme ernähren. Tatsächlich liegen zahlreiche Beobachtungen vor, dass Sämlinge von ektomykorrhizierten Bäumen und Protocorme von Orchideen am häufigsten in der Nähe der Mutterpflanzen auftreten. Außerdem zeigten molekulare Identifizierungen, dass genetisch sehr nah verwandte Sippen der Pilzpartner in einem engen Areal an zahlreichen Individuen Mykorrhizen bilden (Simard & Durall 2004).

In Experimenten wiesen Simard et al. 1997 bidirektionalen C-Transport nach zwischen mykorrhizierten Jungpflanzen von Birke (Betula payrifera) und Douglasie (Pseudotsuga menziesii) mit Hilfe von 13CO2 bzw. 14CO2 Markierungen, wobei im tieferen Schatten stehende Pflanzen mehr C erhielten als gut belichtete. Die beiden Baumarten hatten sieben gemeinsame Pilzpartner, die etwa 90 % der Mykorrhizen bildeten. Von großer Bedeutung ist der Kohlenstofftransport von grünen Pflanzen zu mykoheterotrophen, chlorophyllfreien Pflanzen, die über gemeinsame Mykorrhizapilze verbunden sind, wie der Fichtenspargel (Monotropa hypopitys) und die die Nestwurz (Neottia nidus-avis) (siehe Kapitel "Mykoheterotrophe Pflanzen"). Der erste Nachweis des C-Transportes in eine chlorophyllfreie Pflanze gelang bereits Björkman 1960 bei einem Freilandversuch mit radioaktiv markiertem C und P. Er injizierte 14C-Glucose ins Phloem von Fichten und Kiefern, die von Fichtenspargel umgeben waren. Nach 4-5 Tagen war 14C in jüngeren und älteren Fichtenspargel Individuen nachweisbar. Auch appliziertes, radioaktiv markiertes Phosphat (32P) konnte im Fichtenspargel nachgewiesen werden. Ein chlorophyllfreies Lebermoos (Cryptothallus mirabilis) deckt nachweislich ebenfalls seinen Kohlenstoffbedarf über die Hyphenverbindung zu Birkenmykorrhizen (Bidartondo et al. 2003).

 
Abb. 3.4.5 C- und N-Ernährungsketten

Die moderne Technik zur Messung der natürlichen, stabilen Isotope 13C und 15N in Pflanzen und Pilzen erlaubt sensiblere Nachweise der Kohlenstoffquellen am natürlichen Standort (Gebauer & Meyer 2003). Die stabilen Isotope von 13C und 15N steigen relativ zu den Isotopen 12C und 14N systematisch in jeder trophischen Stufe einer Ernährungskette an (Abbildung 3.4.5), weil die leichteren Isotope stärker veratmet werden und sich so die schweren Isotope in der Biomasse anreichern (Dawson 2002). Saprobe PIlze haben daher die vergleichbar höchsten δ13C Werte. Mykoheterotrophe Pflanzen, die Kohlenstoff und Stickstoff über Ektomykorrhizapilze beziehen, haben ebenfalls hohe Werte für δ13C aber auch hohe Werte für δ15N (Trudell et al. 2003; Courty et al. 2011; Gebauer & Meyer 2003).

Grüne Pflanzen mit Glomeromycota und ericoid mykorrhizierte Pflanzen (Heidekrautgewächse) haben dagegen niedrige Werte, was bedeutet, dass sie Kohlenstoff überwiegend aus der eigenen Photosynthese beziehen. Grüne, ektomykorrhizierte Pflanzen, grüne Orchideen in Wäldern und heterotrophe Pflanzen mit Glomeromycota haben nahe beieinander liegende Werte, wobei δ13C leicht angereichert, δ15N aber abgereichert ist. Sie beziehen also alle einen Teil des Kohlenstoffs über die Mykorrhizapilze aus den grünen Partnern (mixotrophe Orchideen). Für die sehr kleinen mykoheterotrophen Gentianaceae (Enziangewächse) und Burmanniaceae in tropischen Wäldern sind die bisherigen Ergebnisse zur Anreicherung von 13C noch widersprüchlich, während die δ13C Werte in grünen Orchideen mit Hilfe der Messung der Mengen der 2H Isotope bestätigt wurden (Merckx et al. 2010; Courty et al. 2011; Gebauer et al. 2016). Der Kohlenstoff wird wahrscheinlich überwiegend in Form von Aminosäuren transportiert (Selosse & Roy 2009).

Es gibt auch Hinweise auf die Übertragung von „Signalen“ mittels Hyphennetzen, die aber weiterer Klärung bedürfen (Giovanetti et al. 2006; Johnson & Gilbert 2015). Man sollte auch bedenken, dass unter natürlichen Bedingungen Collembolen, Milben und andere Bodentiere Hyphenverbindungen rasch wieder zerstören können, wodurch deren Wirkung insgesamt gering ist (Johnson et al. 2005; Schneider et al. 2005).

Steigerung der Stressresistenz der Pflanzen

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Verbesserung der Wasserversorgung

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Zahlreiche Versuche haben gezeigt, dass mykorrhizierte Pflanzen weniger unter Trockenheit und unter Salzstress leiden als nicht mykorrhizierte Vergleichspflanzen. Das ist zunächst einmal auf die gesteigerte Wasseraufnahme durch die Hyphen zurückzuführen, die eine vergrößerte Oberfläche darstellen, in kleinere Bodenporen eindringen und noch bei deutlich höherer Wasserspannung Wasser aufnehmen können. Es wurde auch eine vermehrte Bildung von Mykorrhizen unter Trockenstress beobachtet (Feil et al. 1988).

Das Wasser wird über die externen Hyphen in die intraradikalen Hyphen und von dort weiter in die Pflanze transportiert. Dabei ist die Transpiration der Pflanze die entscheidende, treibende Kraft und der Wassertransport erfolgt überwiegend apoplastisch, also in den Zellwänden (Cooper & Tinker 1981; Bitterlich & Franken 2016). Unter Trockenstress wird die Transpiration mykorrhizierter Pflanzen nicht oder deutlich weniger abgesenkt und dadurch die Nährstoffversorgung aufrechterhalten. Hierfür ist ein komplexes Zusammenspiel pflanzlicher Hormone verantwortlich, das durch die Mykorrhizapilze verändert wird. Die physiologischen Mechanismen, die zu erhöhter Trocken-bzw. Salz-Resistenz führen, sind vielfältig und hängen von Pflanzen- und Pilzarten ab (Guehl et al. 1990; Ruiz-Lozano et al. 2017). So sind Glomeromycota, die an Trocken- oder Salzstress angepasst, deutlich wirksamer, indem sie Catechin und Vitamin B6 sowie das PhotosystemII, und damit die Photosynthese, steigern (Rivero et al. 2018).

Mit dem Wasserstrom werden die gespeicherten Polyphosphate in den Hyphen transportiert und so kann die Versorgung mit Phosphat aufrecht erhalten werden. Die Photosyntheserate der gestressten, mykorrhizierten Pflanzen liegt daher bis zum zehnfachen über der von nicht mykorrhizierten Vergleichspflanzen.

Auch verändern die Hyphen die Struktur der Bodenaggregate und tragen so zu einer besseren Wasserhaltefähigkeit des Bodens bei. Bemerkenswert ist auch der Nachweis eines nächtlichen Wassertransfers von Tiefwurzeln zu oberflächen-nahen Mykorrhizen und deren ausstrahlenden Myzelien unter Trockenstress (Querejeta et al. 2003). Der diurnale Rhythmus für ein hydraulisches "liftig" unter Trockenheit ist gut belegt und könnte so in Trockengebieten zu einer besseren Nährstoffversorgung über die Mykorrhizapilze beitragen.

Bindung toxischer Metalle und Eisenversorgung

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Abb. 3.4.6 Bindungseigenschaften der Elemente

Inwieweit Metalle als Makro- oder Mikronährelemente von Pilzen und Pflanzen benötigt werden oder toxisch wirken, hängt von den Bindungseigenschaften der Elemente ab (Abbildung 3.4.6). Wie aus der Zusammenstellung von Woolhouse 1983 zu entnehmen ist, sind die Nährelemente Ca, Mg, K, Na bevorzugt an Sauerstoff gebunden und neigen nicht zur Komplexbildung. Es sind Elemente, die, wie bereits erwähnt, in den Hyphen, an Polyphosphate gebunden transportiert werden können. Nicht verwendete, toxische Metalle binden bevorzugt an Schwefel oder Stickstoff und können daher Proteine (Enzyme, Membranen) schädigen. Als Spurenelemente verwendete Metalle befinden sich im Übergangsbereich dieser Bindungseigenschaften und wirken daher erst in höheren Dosen toxisch.

Es gelten, soweit bekannt, auch für Mykorrhizapilze die allgemeinen zellulären Mechanismen zur Detoxifikation (Hall 2002). Hinzu kommen aber Bindungseigenschaften von Pilzen, die Pflanzen fehlen oder in Pilzen effektiver sind. Daher ist besonders der Hyphenamntel von Ektomykorrhizen ein Filter der zu einem geringeren Transport von toxischen Elementen in den Spross führen kann, während gleichzeitig die benötigten Mengen an Elementen in die Pflanze gelangen (Jourand et al. 2014).

Die Kationenaustauschkapazität (CEC) und die Metallbindungskapazität der Zellwände von Pilzen sind wesentlich höher als die von Wurzeln (Joner et al. 2000a). Hyphenwände können daher große Mengen an toxischen Metallen binden, z. B. 0.5 mg Cd per mg Trockenmasse in Glomus spp.. Ein schädlicher Überschuss an Calcium kann als Calciumoxalat an der Oberfläche der Hyphen, die Oxalsäure ausscheiden, ausgefällt werden (Sun et al. 1999; van Hees et al. 2006). Aluminium mit hohen komplex-bildenden Eigenschaften wird von Pflanzen und Pilzen gar nicht verwertet und kann von den Pilzen in Aluminium-Pholyphosphatkomplexen irreversibel festgelegt und damit "entsorgt" werden (Martin et al. 1994; Kottke & Martin 1994).

Toleranz, Speicherung oder Ausscheidung von toxischen Metallen sind artspezifisch unterschiedlich, ebenso die zu Grunde liegenden Mechanismen, deren Aufklärung erst am Anfang steht (Smith & Read 2008; Ruytinx et mult. 2017). Colpaert & Asche 1987 fanden eine Anpassung von Mykorrhizapilzen an hohe Zn und Cu Werte im Boden, Joner et al. 2000a an Cd, Sharples et al. 2001 an Arsen. Folgerichtig kann die Mykorrhiza die Belastung von Pflanzen besonders dann reduzieren, wenn angepasste Pilzstämme verwendet werden (Rivera-Becceril et al. 2002; Hristozkova et al. 2016).

Pilzliche Farbstoffe, wie Melanin können toxische Elemente in der Zellwand festlegen. Norbadion (Pulvinsäurederivat), kann radioaktives Caesium binden, wodurch es z. B. im Maronenröhrling (Xerocomus badius) zu einer starken Anreicherung der Radioaktivität nach dem Reaktorunfall von Tschernobyl kam (Aumann et al. 1989). Aber auch weitere Ektomykorrhizapilze wie Cortinarius brunneus und Dermocybe cinnamomea zeigen hohe Anreicherung, sodass etwa 40 % der Bodenradioaktivität in Pilzhyphen gespeichert wird (Guillite et al. 1994). Es ist aber eine Illusion, zu postulieren (Saraswat & Rai 2011), dass Mykorrhizapilze zur Reinigung von mit toxischen Metallen belasteten Standorten eingesetzt werden können. Die Wirkung ist zu gering, wie ein Blick auf solche nur mit wenigen und meist kleinen, z.T. nicht mykorrhizierten Pflanzen besiedelte Standorte zeigt.

Dagegen hat die Komplexierung von Fe3+ in Phytaten auf humusreichen Standorten, wie auf Heiden oder in tropischen Bergregenwäldern, Eisenmangel zur Folge. Hier können die Mykorrhizapilze zu einer besseren Versorgung der Pflanzen beitragen, indem sie Siderophore abgeben, mittels deren stabile Fe3+-Komplexe gebildet werden, die dann von den Pilzen und Pflanzen aufgenommen werden können (Winkelmann 1992; Winkelmann 2007). Nachgewiesen sind Hydroxamate, wie Ferricrocin in Rhizoscyphus ericae und Hebeloma crusuliniforme, Fusigen in Mykorrhizapilze aus Rhodothamnus chamaecistus und Basidiochrom in Ceratobasidiaceae und Pilz-Isolaten aus Mykorrhizen terrestrischer Orchideen (Haselwandter et al. 1992; Haselwandter et al. 2002; Haselwandter et al. 2006; van Hees et al. 2006). Eine deutlich verbesserte Eisenversorgung wurde für Heidekraut (Calluna vulgaris) nachgewiesen (Leake et al. 1990). Es ist zu erwarten, dass auch die Eisenversorgung epiphytischer Orchideen durch die Mykorrhizapilze verbessert wird. Für saprobe Mucorales wurde ein anderer Siderophortyp gefunden, ein zitronensäure-haltiges Rhizoferrin. Ob das auch für die symbiotischen Endogonales gilt, ist nicht bekannt.

Steigerung der Abwehr von Schädlingen

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Pflanzen haben ein Immunsystem zur Minderung von Angriffen pathogener Pilze und Bakterien, von Nematoden und Fraßinsekten. Die Mykorrhizierung kann zusätzlich schützen, wie zahlreiche, experimentelle Untersuchungen gezeigt haben (Azcón-Aguilar & Barea 1996; Whipps 2004). In diesen Experimenten wurden mykorrhiza-abhängige Pflanzen mit und ohne Mykorrhiza unter kontrollierten Bedingungen dem Schadorganismus ausgesetzt. Es zeigte sich, dass der verbesserte Schutz sowohl die Wurzel als auch die Blätter betrifft, also eine "systemischer" Schutz hervorgerufen wird. Die Wirksamkeit ist aber von der Art der Mykorrhiza, von den jeweiligen Mykorrhizapilzen, von der Pflanzenart und den gegebenen Umweltbedingungen abhängig. Eine Voraussetzung effektiven Schutzes ist eine gute Mykorrhizierung bereits vor der Infektion.

Unter natürlichen Bedingungen sind Keimlinge nicht mykorrhiziert und können rasch von Schädlingen befallen und vernichtet werden, wie leicht zu beobachten ist. Wie gut Mykorrhizierung heranwachsende Sämlinge schützen kann, zeigt das Beispiel "Buchen Anzucht" in Abbildung 9.1.3 (Kapitel 9). Unter natürlichen Bedingungen sind voll entwickelte Pflanzen fast ausnahmslos mykorrhiziert und mit verschiedenen Mykorrhizapilzen assoziiert, wodurch die Effizienz des Schutzes größer ist als in Experimenten mit nur einer Art. Der gesteigerte Schutz gegen Schädlinge geht aber nicht soweit, dass diese ganz unterdrückt würden. Schädlinge haben ja auch eine regulierende Funktion im Ökosystem, indem sie z. B. Monokulturen besonders befallen und so beschränken können.

Mykorrhizierung schränkt die Wirkung von Schädlingen mittels unterschiedlicher Mechanismen ein, deren wichtigster ein sog. Priming Effekt ist. Unter "Priming" versteht man allgemein einen physiologischen Zustand von Pflanzen, in den sie durch Pathogene oder Symbionten versetzt werden und der zu einer erhöhten Abwehr von Pathogenen führt (Conrath et mult 2006). Mykorrhizapilze versetzen Pflanzen in einen "Alarmzustand", der dazu führt, dass auf einen Angriff durch Schädlinge schneller und stärker reagiert wird (Jung et al. 2012). Sie lösen also nicht selbst eine Abwehrreaktion aus, denn das wäre kontraproduktiv, da es sich auch gegen sie selbst richten würde. An anderer Stelle (Kapitel 4) wird gezeigt, dass Mykorrhizapilze die Abwehr sogar lokal ausschalten.

Mykorrhizierte Pflanzen zeigen bei Befall durch Schädlinge höhere Gehalte an Jasmonat als nicht mykorrhizierte (Sanchez-Bel et al. 2016). Jasmonat löst in Pflanzen allgemein ein Programm zur Abwehr von Pathogenen aus und die Folge ist ein geringerer Befall und Schaden. Es handelt sich um ein kleines Molekül, das über größere Entfernung in der Pflanze transportiert und so an verschiedenen Stellen Abwehrreaktionen auslösen kann. Methyljasmonat ist flüchtig und kann daher auch die Abwehr in benachbarten Pflanzen anregen (Cameron et al. 2013). Man spricht hier von "Mykorrhiza induzierter Resistenz" (MIR). Dieser Effekt betrifft die ganze Pflanze, und ist daher von besonderem Interesse im Pflanzenschutz.

Mykorrhizierte Pflanzen haben, wenn sie von Pathogenen befallen sind, auch erhöhte Gehalte an Phenolen und ihren Derivaten in den Blättern (Sanchez-Bel et al. 2016). Pflanzliche Abwehrstoffe, wie Ferulasäure, Cumarsäure, Quercetin, Cumarin oder Riboflavin werden deutlich vermehrt gebildet. Der Sekudärstoffwechsel wird also durch die Mykorrhizierung unter Pathogenstress gesteigert. Die Effekte sind nicht auf eine bessere Ernährung der Pflanzen zurückzuführen.

Pflanzen unterscheiden Pathogene von Mykorrhizapilzen und fördernd wirkenden Bakterien an deren "Effektoren". Effektoren sind kleinen Moleküle der Zellwand oder kleine, abgegebene Proteine, die an spezifische Rezeptor-Proteine der Zellmembran der Pflanze binden (Ausubel 2005). Gegen die Vielzahl pathogener Pilze wurde eine Vielzahl von spezifischen Rezeptoren entwickelt, auf die die Pflanzen in unterschiedlicher Weise abwehrend reagieren. Für Mykorrhizapilze wurden bisher zwei Effektorproteine beschrieben und es kann sein, dass die meist unspezifische Erkennung mit einem geringeren Vorrat an Varianten auskommt (Kloppholz et al. 2011; Plett et mult. 2014).

Zusätzlich zum Priming-Effekt kann ein besseres Wachstum Ausfälle kompensieren und so die Schäden mindern. Ektomykorrhiza-Pilze können andere Pilze und Bakterien mittels Antibiotika hemmen (siehe Kapitel 8.4). Ein lebender Hyphenmantel schützt Ektomykorrhizen effektiv vor Schädlingen. Für Endomykorrhizen gilt, dass eine Wurzelzelle die von einem Mykorrhizapilz besiedelt ist, nicht mehr von pathogenen Pilzen infiziert werden kann. Ob es sich dabei um eine Konkurrenz um Nährstoffe handelt oder vielmehr um einen lokalen Priming-Effekt, ist nicht geklärt. Mykorrhizierung verändert auch die Rhizosphäre und die darin lebenden Mikroorganismen. Auch unter diesen Mikroben sind Arten, die die pflanzliche Abwehr anregen oder direkt antibiotisch gegen Pathogene wirken (Cameron et al. 2013).