Mehr wilde Natur durch Gartenrenaturierung/ Schmetterlinge

Futterpflanzen

Artenspezifische Futterpflanzen für Eiablage und Raupe, wie z. B. Brennnessel, Blutweiderich, Roter Hartriegel, Rote Johannisbeere, Wilder Hopfen, Eiche, Weide, Holunderbeere, Efeu, Haselnuss und, ganz wichtig, diverse Wildblumen einer Wiese, sind für den gesamten Lebenszyklus eines Schmetterlings absolut unerlässlich. Das Anpflanzen von nektarspendenden Blühpflanzen und Büschen ist für die Daseinsform eines fliegenden Falters eher zweitrangig. Denn: ohne Raupen-Futterpflanze kein Schmetterling! Die Efeublüte wird zum Herbst zur letzten Nektar-Tankstelle in der Natur für diverse Insekten, vor allem für die Wanderfalter, die nun in den Süden fliegen wollen (Admiral, Distelfalter und ein paar Nachtfalter), bis hin nach Nord-Afrika.

 
Tagpfauenauge an Schmetterlingsflieder

Weit verbreitete tagaktive Falter wie Tagpfauenauge, Kleiner Fuchs, Landkärtchen, Admiral, C-Falter, seltener auch Distelfalter[1], legen ihre Eier häufig an einer beliebten Futterpflanze ab: der Brennnessel.

Man hilft diesen Arten sehr, indem man einen mehrere Quadratmeter großen Bereich, der feucht und schattig sein und nicht angetastet werden sollte, ganz den Brennnesseln überlässt. Nur dort ereignen sich zwei der wichtigsten Stationen des Lebenszyklus eines Tagpfauenauges – und weiterer 4 Arten: Eiablage und Raupenstadium incl. mehrerer Häutungen! Verpuppung, Schlupf und Überwinterung der Falter können woanders stattfinden. Den meisten Menschen sind diese Fakten nicht bekannt.

Ebenso die Tatsache, daß die Überwinterung gewisser Arten entweder in der Daseinsform eines Falters (z.B. Tagpfauenauge, Zitronenfalter) oder als Puppe (z.B. Kohlweißling) erfolgt.

Wenige Nachtfalter (Spinner) – unter anderem Apfelwickler und Gespinstmotten – machen sich nächtens durch Raupenfraß an bestimmten Futterpflanzen bemerkbar. Eine Raupe allgemein bedeutet aber nicht, daß daraus ein Schmetterling entspringt. Es kann auch eine Fliege daraus entspringen.

Geballtes Wissen noch einmal in Kurzform:

  • a. Raupenfutterpflanzen (Eiablage -> Raupe) und...
  • b. nektarreiche Pflanzenblüten für die Nahrungsaufnahme eines Falters sind...           
 ...zwei völlig verschiedene Dinge! 
  • c. Manche Schmetterlinge überwintern in Gestalt eines Falters,
  • d. Andere in der Gestalt einer Puppe und...
  • e. ein paar Wanderfalter fliegen über die Alpen bis nach Nordafrika.


Flächen mit der Möglichkeit zur Vergesellschaftung von Pflanzen erhöhen die Chancen für eine Eiablage (z. B. Brennnessel, Knoblauchsrauke). Künstliche Überwinterungsmöglichkeiten schaffen durch simplen Selbstbau ist hilfreich (Bauanleitung für ein Schmetterlingshaus)! Das Gros der Schmetterlinge ist standorttreu – die Tiere bewegen sich nicht weiter als ca. 2–3 km weg. Schmetterlinge sind übrigens rein duftorientiert: Blütenfarben spielen keine Rolle.

Nur Raupenfutter-Inseln in entsprechenden Entfernungen können die Falter unterstützen. Dazu braucht es aber Überzeugungsarbeit: Entferntere Nachbarn zu bewegen, ein paar qm Brennnesseln in ihren Gärten anzubauen ist nicht eben leicht.

Generell ist es sehr schlecht um die Falter bestellt. Das leise Aussterben durch klimatische Bedingungen, Spritzgifte in der Landwirtschaft, Mangel an Raupenfutter und ein neuer, eingewanderter Feind – die Französische Feldwespe, die durch den Klimawandel bereits vor Skandinavien steht – haben den größten Teil der Falterarten dramatisch zugesetzt – bis auf die Ausnahme weniger, isolierter und naturbelassener Gebiete Deutschlands. Die Phase des Raupenstadiums ist zumeist die gefährlichste.

Warme Mai-Tage lassen das Tagpfauenauge frühzeitig erwachen und rapide Kälteeinbrüche im April 2018 ließen in großen Teilen Niedersachsens viele Tagpfauenaugen erfrieren. Nur Falter, die im Frühjahr aus Puppen schlüpften, waren zu sehen (Kohlweißling und Aurora-Falter). Ein gespenstisches Bild ab der 2. Maiwoche 2018. Auch im Jahr 2019 war das Tagpfauenauge hier ein äußerst seltener Gast. Nur in naturnahen Wäldchen in der Umgebung waren diese Tiere, allerdings in stark verminderter Anzahl, 2018 noch anzutreffen.

Jetzt sieht man fast nur noch Kohlweißlinge und ein einziger Admiral-Falter (22.07.2020). Neben dem Klimawandel denke ich an die Maisfelder, die in unmittelbarer Nähe stehen. Noch im Jahr 2017 wimmelte es im Sommer noch vor vielen Arten auf den blühenden Schmetterlingsbäumen. Selbst die geschlüpften Prachtlibellen fliegen nicht mehr. Wieder ein neues Gift aus der Landwirtschaft? Es macht mich wirklich etwas mutlos. Ein Nachbar hat mich daraufhin angesprochen. Es ist gespenstisch.

Ein neuer Feind Bearbeiten

 
Französische Feldwespe zerkaut junge Raupe zu Brei

Das sind die bedauernswerten Nachkommen eines Tagpfauenauges an einer Brennnesselpflanze. Die Französische Feldwespe, eine in den 1990er Jahren durch den Klimawandel aus dem Mittelmeerraum eingewanderte Raubwespe, fliegt gar nicht mit ihrer Beute davon, sondern zerkaut die Raupen genüsslich bei lebendigen Leibe zu einem leckeren, grünen Brei, den sie dann an die Larven im Nest verfüttert.

Die französische Feldwespe wird im allgemeinen als harmlos eingestuft. Das völlige Gegenteil habe ich jedoch in meinem Garten feststellen können. Bisher standen stets Flächen mit Brennnesseln für die Raupen des Tagpfauenauges zur Verfügung. Bis im Jahre 2017 auf einer Brennnesselpflanze Hunderte von jungen Raupen des Tagpfauenauges innerhalb von zwei Tagen aufgefressen wurden (siehe Bild). Um diesen Vorgang wiederholen zu können und zu beweisen machte ich ein paar Tage später daraufhin ein Experiment mit bereits etwas weiter entwickelten Raupen aus der Umgebung.

Auch diese 50 Raupen, die ich im Garten neu ansiedelte, waren innerhalb von 2 Tagen alle verschwunden. Als hätten die Feldwespen einen höchst empfindlichen Geruchssinn, wurden die anderen Schwestern unter meinen Augen förmlich nach und nach herbeigerufen um an dem räuberischen Feldzug teilzunehmen.

 
Polistes dominula

Die französische Feldwespe liebt die Wärme und siedelt in menschlichen Ballungsgebieten und Siedlungen. Sie finden dort mannigfaltige Bedingungen für Unterschlupf bzw. Nestbau, vorzugsweise unter Dachziegeln, Wellblech- bzw. Wellpappedächern und ähnlichen Hohlräumen. Wenn man kein erreichbares Nest lokalisieren kann, sind erwachsene Feldwespen nach meinen Beobachtungen auf Doldenblüten wie Fenchel, Liebstöckel, Dill und gelegentlich Karotten ab Mitte Juni leicht zu beobachten (Sommer 2019). Sie ist an ihren leicht träge wirkenden Flugmanövern mit zwei hängenlassenden Hinterbeinen bereits gut zu erkennen. Die schlanke Gestalt nebst orangefarbener Beine und Fühler machen es unmöglich, sie mit unserer heimischen Wespe zu verwechseln.

Die Tatsache, daß sich nur noch Schmetterlingsraupen an Standorten weiträumiger Felder entwickeln, wo die Feldwespe vermutlich nicht siedeln kann, deutet darauf hin, daß mein Experiment die starke Einflußnahme dieses Einwanderers beweist. Das Verhalten dieser Wespenart deutet auf Eusynanthropie.

Auf dem Vormarsch in den Norden befindet sich auch die Asiatische Hornisse (Vespa velutina nigrithorax), die ebenfalls über Frankreich nach Deutschland eingewandert ist. Laut Pressemitteilung des NABU vom 09.09.2014 wurde die erste Sichtung bei Karlsruhe fotografisch dokumentiert. Diese Hornisse bedient sich einer besonderen Jagdmethode und fängt an Bienenstöcken nur ankommende Honigbienen ab. Die Nester werden bis zu 80 cm hoch und werden in Bäumen in großen Höhen angelegt.

  1. Dieser Falter legt in dieser Region am liebsten seine Eier an Gemeiner Kratzdistel und lat. Carduus-Arten ab und fliegt, neben dem Admiral, zum Überwintern über die Alpen nach Süden. Vom nördlichen Polarkreis bis nach Nordafrika legen sie enorme Strecken zurück