Impuls: Definition Bearbeiten

Wir haben bisher unterschiedliche physikalische Größen kennengelernt und definiert: Die Zeit, die Strecke, die Masse, die Frequenz, die Periode, die Dichte, den Druck, die Geschwindigkeit, die Beschleunigung, die Kraft, die Arbeit, die Energie. Hier werden wir eine neue Größe definieren: den Impuls. Der Impuls in der Physik bedeutet etwas völlig anderes als der Impuls im Alltag. Der Impuls in der Physik hat sowohl mit der Kraft als auch mit der Bewegungsenergie zu tun.

Der Impuls (p) wird als das Produkt der Masse (m) und der Geschwindigkeit (v) definiert:

 


Von der Formel ist schon zu verstehen, dass Impuls ein Vektor ist. Bisher haben wir die Kraft als das Produkt von Masse und Beschleunigung definiert:  . Dabei wird die Beschleunigung als Geschwindigkeitsänderung durch die dafür benötigte Zeit definiert. Mit Hilfe des Impulses kann man jetzt die Kraft wieder anders definieren:

 


Jeder kann hier selber feststellen, dass die Kraft auch in dieser Definition durch dieselben Grundeinheiten ausgedrückt wird: Kilogramm mal Meter durch Sekunden zum Quadrat, was ein Newton ist. Durch Einsetzen der Formel für den Impuls kommt man zur „traditionellen“ Definition der Kraft:


 

Die Definition von Kraft durch den Impuls hat einen Vorteil. Wir haben schon gesehen, dass Masse das Licht beeinflusst (z. B. schwarzes Loch). Licht hat aber keine Masse. Mit dieser Definition der Kraft kann man auch Kraft für Objekte, die keine Masse haben, definieren, wenn der Impuls dieser Objekte ohne die Hilfe der Masse definiert wird. Ist so etwas möglich? Vielleicht in der ganz besonderen Welt der Quantenphysik oder auch in der Relativitätstheorie! Noch etwas: mit Hilfe des Impulses kann man auch die Bewegungsenergie erneut definieren:

 

Impulserhaltungssatz Bearbeiten

Wir haben schon den Energieerhaltungssatz gelernt. Wir haben sogar die Gesetze der geradlinigen Bewegung benutzt, um diesen Erhaltungssatz zu zeigen. Insgesamt gibt es in der Physik drei Erhaltungssätze und alle drei sind Grundsteine der klassischen Physik. Hier lernen wir den zweiten, den Impulserhaltungssatz.

Bei einem abgeschlossenen System bleibt der Gesamtimpuls erhalten.

Diesen Satz können wir nicht wie beim Energieerhaltungssatz irgendwie theoretisch zeigen. Wir können nur sagen, dass die Experimente ihn bisher immer bestätigt haben.

Diesen Satz kann man am leichtesten mit Hilfe von Billardbällen visualisieren. Wenn so ein Ball 1 mit Masse   und einer Geschwindigkeit   von einem anderen (Ball 2) mit Masse   und Geschwindigkeit   gestoßen wird, dann ändern sich die Geschwindigkeiten zu jeweils   und  . Laut dem Impulserhaltungssatz muss dann gelten: Gesamtimpuls des Systems (Ball 1 und Ball 2) am Anfang gleich Gesamtimpuls des Systems am Ende.

 

Wie man dieses Gesetz der Natur benutzen kann, kann man in den folgenden Beispielen sehen.

Ballsystem Bearbeiten

Freier Fall: ein Schritt weiter Bearbeiten

Beim freien Fall haben wir die Formeln der gleichmäßig beschleunigten Bewegung benutzt und sind wir zu folgenden Ergebnissen gekommen:   und   Wenn man die erste Formel um die Zeit t umformt, bekommt man:  

Wenn man dieses Ergebnis in die Formel für die Endgeschwindigkeit   einsetzt, bekommt man:

 


Fallhöhe und Endgeschwindigkeit sind also direkt verbunden. Wenn man in die Gegenrichtung arbeitet, wenn man also einen Körper nach oben mit einer Geschwindigkeit v wirft und annimmt, dass es keinen Widerstand gibt, dann kann man die zu erreichender Höhe durch Umformen der letzten Formel berechnen:

 

Das Ballsystem Bearbeiten

Stellen wir uns einen elastischen Ball vor. Wir lassen ihn fallen und er hüpft wieder nach oben. Laut Energieerhaltungssatz sollte er wieder die gleiche Höhe erreichen. Ein Teil der Energie aber wird wegen Reibungskräfte und Luftwiderstand zu Wärmeenergie umgewandelt. Der Ball springt also jedes Mal etwas niedriger zurück.

Stellen wir ein System von zwei Bällen vor. Wir stellen einen Ball mit weniger Masse genau auf dem höheren Punkt des anderen Balls und lassen das Ballsystem fallen. Man stellt fest, dass der untere Ball nicht so hoch wie sonst springt, der obere hingegen höher als normal. Je kleiner ja die Masse des oberen Balls, desto höher fliegt er! Ist das ein Widerspruch zu unseren Ergebnissen?

Nein, weil hier der Impulserhaltungssatz ins Spiel kommt. Nehmen wir an, dass der obere Ball (Ball 1) die Hälfte der Masse des unteren Balls (Ball 2) hat: m1 = ½ m2 (Annahme I) und dass die Geschwindigkeit des unteren Balls nach dem Stoß am Boden nun die Hälfte der Geschwindigkeit vor dem Stoß ist: v2B = ½ v2A (Annahme II) (mit Index B sind hier die Geschwindigkeiten nach dem Stoß gemeint, mit A vor dem Stoß)

Ein Teil des Impulses des unteren Balls wird also nach dem Stoß am Boden zu dem oberen Ball übertragen. Bis zum Stoß gibt es zwischen den Bällen keine Wechselwirkung. Jeder Ball fällt, wie er fallen würde, wenn er allein da wäre. Beim Stoß aber stößt der untere Ball den oberen auch, daher gibt es eine Wechselwirkung und es wird Impuls übertragen. Weil es annäherungsweise um einen freien Fall geht und die Endgeschwindigkeit unabhängig von der Masse des fallenden Körpers ist (2.2.3), können wir auch annehmen, dass v2A = v1A (Annahme III), dass also die Geschwindigkeiten beider Bälle vor dem Stoß am Boden gleich sind.

Wenden wir jetzt den Impulserhaltungssatz an: m1 · v1A + m2 · v2A = m1 · v1B + m2 · v2B Benutzen wir unsere drei Annahmen, bekommen wir: m1 · v1A + 2 · m1 · v1A = m1 · v1B + 2 · m1 · ½ v1A Wenn man diese Gleichung vereinfacht, bekommt man:

v1B = 2 v1A

also der obere Ball fliegt mit doppelter Geschwindigkeit als erwartet nach oben! Viel beeindruckender sind die Ergebnisse, wenn wir nun die Annahme für die Masse des oberen Balls ändern und   der Masse des unteren Balls annehmen. Dann ist die Geschwindigkeit des oberen Balls nach dem Stoß das Sechsfache der Geschwindigkeit vor dem Stoß! Daher gelangt der obere Ball viel, viel höher!

Rakete: Funktionsprinzip Bearbeiten

Der Impulserhaltungssatz findet auch bei den Raketen Anwendung (und bei Jet-Fliegern wie den gewöhnlichen Flugzeugen).

Wer auf einem Skateboard zu gehen versucht hat, weiß es schon: er bewegt sich kaum nach vorne, das Skateboard aber fliegt nach hinten, ja umso schneller, je abrupter man nach vorne zu gehen versucht! Hier spielen zwei Phänomene eine Rolle: die kaum vorhandene Reibung zwischen Skateboard und Boden und der Impulserhaltungssatz. Das erste Phänomen trägt dazu bei, dass das Skateboard nicht an einer Stelle bleibt (wie wenn man mit den Schuhen auf dem Boden steht), sondern rollt. Das zweite Phänomen erklärt, warum das Skateboard so schneller nach hinten fliegt, obwohl wir uns kaum nach vorne bewegen (siehe Impulserhaltungssatz).

Wenn jetzt zwei Personen auf einem Skateboard sind und die eine nach hinten springt, dann rollt die andere nach vorne mit ungefähr gleicher Geschwindigkeit (nach dem Impulserhaltungsprinzip). Gleiches gilt, wenn zwei Personen sich in einem Boot befinden und die eine nach hinten springt.

Stellen wir uns vor, dass mehrere Personen sich auf einem Boot befinden und dass sie, eine nach der anderen und immer schneller, nach hinten springen. Die restlichen auf dem Boot wurden sich immer schneller nach vorne bewegen.

Nach diesem Prinzip funktioniert auch eine Rakete. Bei einer Rakete wird nach hinten Gas freigesetzt. Man kann sagen, dass Gas keine besonders große Masse hat. Auch wenn das stimmen würde, ist es bei Raketen so, dass das Gas mit einer sehr hohen Geschwindigkeit nach hinten freigesetzt wird. Der Impuls des Gases ist daher wegen seiner Geschwindigkeit hoch und dieser Impuls wird dann dem Rest der Rakete (nach vorne) übertragen.

Wie erreicht das Gas solche Geschwindigkeiten? Das funktioniert wie der Dampfdrucktopf. Der hat auch Ventile, die die Luft immer wieder mit hoher Geschwindigkeit herauslassen.

Wie wird das Gas in der Rakete aber auf so eine hohe Temperatur gebracht? Es geht um einen Brennstoff (in der Regel Wasserstoff, der zusammen mit dem Sauerstoff aus der Atmosphäre brennt). Wenn dieser Brennstoff brennt, wird viel Energie freigesetzt und diese Energie wird zur Wärmeenergie und daher zu sehr hohem Druck. Ein Teil des Gases wird dann mit hoher Geschwindigkeit nach hinten freigelassen und dank dem Impulserhaltungssatz wird dann die ganze Rakete in Bewegung gesetzt und wird immer schneller!