Mathematik: Wahrscheinlichkeitstheorie: DW: K5: Funktionen von Zufallsvariablen

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K5: Funktionen von Zufallsvariablen

Diskrete Wahrscheinlichkeitsrechnung

5.4 Funktionen von Zufallsvariablen Bearbeiten

Die Zusammensetzung Y = goX (meistens notiert wie g(X)) von eine (diskrete) Zufallsvariable X und eine Funktion g, ist wieder eine Zufallsvariable. Wir können dies schematisch andeuten als:

 
 

Z.B. ist Y = (X-3)2 eine (diskrete) Zufallsvariable, bestimmt durch die Funktion Y(s) = (X(s)-3)2 auf dem Ergebnisraum S. Auch Funktionen der Komponenten X1,X2,...,Xn eines stochastischen Vektors, z. B. X1 + X2 - X3 , 2(X1 - Xn) sind wieder Zufallsvariablen. Wir sind solche Funktionen von Zufallsvariablen eigentlich schon begegnet. Beim zweimal würfeln ist das maximale Augenzahl Z der beiden Würfen zu schreiben als Z = max(X,Y), worin X und Y die Augenzahlen beziehungsweise des ersten und des zweiten Wurfes sind. Allgemein gilt der nächste Satz.

Satz 5.4.1 Bearbeiten

Es seien X1,X2,...,Xn Zufallsvariablen auf einen Wahrscheinlichkeitsraum (S,P) und für eine bestimmte k ≤ n

 

dann ist auch g(X1,...,Xk) eine Zufallsvariable auf (S,P).


Wie können wir aus der gegebene simultane Wahrscheinlichkeitsverteilung von n Zufallsvariablen X1,X2,...,Xn die Verteilung einer Funktion g(X1,X2,...,Xk) von k dieser Zufallsvariablen bestimmen? Eigentlich haben wir dies, wie das nächste Beispiel zeigt, schon gemacht.

Beispiel 1 (zweimal Würfeln (Fortsetzung)) Bearbeiten

Die simultane Verteilung der Augenzahl X des ersten Wurfes und der Augenzahl Y des zweiten Wurfes wird für jede x = 1,2,...,6 und y = 1,2,...,6 bestimmt durch:

P(X=x und Y=y) = 1/36.

Die Verteilung P(Z=z) der Gesamtaugenzahl Z = X + Y können wir wie folgt bestimmen. Für z.B. z=5 gilt:

P(Z=5) = P(X=1 und Y=4 of X=2 und Y=3 of X=3 und Y=2 of X=4 und Y=1) =
= P(X=1 und Y=4) + P(X=2 und Y=3) + P(X=3 und Y=2) + P(X=4 und Y=1) = 3/36.

Allgemein gilt:

Satz 5.4.2 Bearbeiten

Es seien X1,...,Xk Zufallsvariablen auf einem Wahrscheinlichkeitsraum (S,P) und es sei

 ,

dann wird die Wahrscheinlichkeitsverteilung von Y = g(X1,...,Xk) bestimmt durch:

 ,

und

 ,

für y ∈ SY.

Beweis

Wir beweisen nur den zweiten Teil und stellen X = (X1,...,Xk) und x = (x1,...,xk). Dann ist:

 

Bemerkung 1 Bearbeiten

Wir können auch g selbst auffassen als eine Zufallsvariable auf dem Wahrscheinlichkeitsraum (SX,PX) und die Theorie des 2. Kapitels anwenden.


Insbesondere werden wir die Summe zweier Zufallsvariablen X und Y (definiert auf derselbe Wahrscheinlichkeitsraum) betrachten. Die Ergebnisse lassen sich leicht verallgemeinern für mehr Zufallsvariablen, aber wir werden das nicht expliziteren.

Satz 5.4.3 Bearbeiten

Wenn die Zufallsvariablen X und Y eine simultane Verteilung haben, wird die Verteilung der Zufallsvariable X+Y für

 

gegeben durch die Wahrscheinlichkeitsfunktion

 .

Wenn X und Y unabhängig sind können wir noch schreiben:

 ,

für  

Oder anders geschrieben gilt für unabhängige Zufallsvariablen X und Y:

 .

Die beide letztere Summen nennen wir Faltungsummen und wir bezeichnen die Verteilung pX+Y von X+Y als die Faltung von pX und pY.

Definition 5.4.1 Bearbeiten

Unter die Faltung zweier Wahrscheinlichkeitsfunktionen p1 und p2, verstehen wir die Funktion p1* p2, definiert durch:

 .

Satz 5.4.4 Bearbeiten

Die Faltung p1*p2 zweier Wahrscheinlichkeitsfunktionen p1 und p2 ist selbst auch eine Wahrscheinlichkeitsfunktion.

Wir können die Verteilung der Summe zweier unabhängigen Zufallsvariablen wie folgt charakterisieren:

Satz 5.4.5 Bearbeiten

Die Wahrscheinlichkeitsverteilung der Summe X+Y zweier unabhängige Zufallsvariablen X und Y, ist die Faltung ihrer Wahrscheinlichkeitsfunktionen pX und pY; also:

pX+Y = pX * pY.

In der Praxis ist die Faltungssumme nur von Bedeutung wenn es auch tatsächlich "Faltung" gibt, d.h. wenn (pX*pY)(z) nicht nur bestimmt wird durch ein oder einige zufällig von 0 verschiedene Summanden in die Faltungssumme ∑ pX(x)p2(z-x). Tatsächliche Faltung gibt es z.B. wenn X und Y ganzzählige Zufallsvariablen sind. Übrigens stellt sich dann heraus dass nur in einige Einzelfälle die Faltungssumme explizit zu berechnen ist.

Wir bespechen nun einige Beispiele der Berechnung der Verteilung von Funktionen von Zufallsvariablen.

Beispiel 2 Bearbeiten

Es sei X die Augenzahl beim Würfeln und Y = (X-3)2. In der nächste Tabelle sehen wir die relevante Größen benötigt zur Bestimmung der Verteilung von Y.

  1 2 3 4 5 6 Total
  1/6 1/6 1/6 1/6 1/6 1/6 1
  4 1 0 1 4 9

Daraus lesen wir ab:

SY = {0,1,4,9}

und für die Wahrscheinlichkeitsfunktion von Y:

  0 1 4 9 Total
  1/6 2/6 2/6 1/6 6/6

denn z.B. ist: P(Y=4) = P(X=1 of X=5) = P(X=1) + P(X=5) = 2/6.

Beispiel 3 (Multinomialverteilung (Fortsetzung)) Bearbeiten

Wir betrachten eine Multinomialverteilung mit den Parametern n, 4 und p1,p2,p3 und p4, und wir nennen die Zufallsvariablen X, Y, Z und U. Was ist die Verteilung von V = (X,Y,Z+U)?

 

und

 
 .

Also wieder eine Multinomialverteilung, aber mit den Parametern n, 3 und p1,p2,p3+ p4.

Beispiel 4 Bearbeiten

Es seien X und Y unabhängig und beide binomialverteilt mit Parametern bzw. m und p, und n und p. Dann ist die Verteilung von X+Y bestimmt durch:

SX+Y = {x+y|x = 0,1,...,m und y = 0,1,...,n} = {0,1,...,m+n}

und

 
 
 
 

Also eine Binomialverteilung mit Parametern m+n und p.


Wenn die Zufallsvariablen X, Y und Z unabhängig sind, folgt automatisch dass auch z.B. X+Y und Z2 unabhängig sind. Wir formulieren dies ganz allgemein.

Satz 5.4.6 Bearbeiten

Es seien die Zufallsvariablen X1,X2,...,Xn unabhängig und für k≤n

 ,
 ,

dann sind auch g(X1,...,Xk) und f(Xk+1,...,Xn) unabhängig.

Beispiel 5 (drei Mal Würfeln) Bearbeiten

Wir beschreiben das Experiment durch die unabhängige Zufallsvariablen X, Y und U, die bzw. die Augenzahlen des ersten, zweiten und dritten Wurfes darstellen. Die simultane Verteilung wird also gegeben durch P(X=x und Y=y und U=u) = 1/216 für x,y,u = 1,2,...,6.

Wir dürfen nun konkludieren dass z.B. die Summe X + Y der Augenzahlen der ersten zwei Würfe unabhängig ist vom Augenzahl U des dritten Wurfes. Auch sind X und max(Y,U) unabhängig.