Mathematik: Wahrscheinlichkeitstheorie: DW: K1: Wahrscheinlichkeit

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K1: Wahrscheinlichkeit

Diskrete Wahrscheinlichkeitsrechnung

1.3 Wahrscheinlichkeit

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1933 gründete der russische Mathematiker A. N. Kolmogorow (1903-1987) in seinem Buch "Grundbegriffe der Wahrscheinlichkeitsrechnung" die moderne Wahrscheinlichkeitsrechnung. Damit wurden die im vorigen Paragrafen genannten Beschränkungen aufgehoben. Bei diesem Vorgehen ist jede beliebige nicht-leere Menge als Ergebnisraum zugelassen. Z.B. sind die reellen Zahlen zugelassen mit der Möglichkeit überabzählbar vieler unterschiedlicher Ereignisse. Für die Elementarereignnisse ist nicht mehr gefordert, sie seien alle "gleich möglich". Kolmogorow stellte drei Axiome auf, die eine Wahrscheinlichkeit erfüllen muss. Diese drei Axiome sind das Analogon der Eigenschaften 1.2.1.a - c des Frequenzquotienten und der Laplace-Wahrscheinlichkeit aus dem Paragrafen 2.

Definition 1.3.1 (Axiome von Kolmogorow)

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Es sei   ein (diskreter) Ergebnisraum. Eine Funktion  , die jedem Ereignis   eine reelle Zahl   zuordnet, nennen wir eine Wahrscheinlichkeit auf  , wenn   die folgenden drei Bedingungen erfüllt:

(a)   für jedes Ereignis  
(b)  ;
(c) für jede abzählbar unendliche Folge disjunkter Ereignisse   gilt:
 .

Auf diesen drei Grundregeln für Wahrscheinlichkeiten basiert die ganze Wahrscheinlichkeitsrechnung!

Bemerkung

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Die Axiome von Kolmogorow gelten auch für beliebige Ergebnisräume. In diesem Buch beschäftigen wir uns aber nur mit diskreten Ergebnisräumen.


Im vorigen Paragrafen sahen wir schon, dass eine Laplace-Wahrscheinlichkeit die Axiome erfüllt und also zu recht als Wahrscheinlichkeit bezeichnet werden kann. Wie können wir aber andere Wahrscheinlichkeiten konstruieren? Für diskrete Ergebnisräume gibt es eine natürliche Art die Wahrscheinlichkeit p(s) = P({s}) eines Elementarereignisses fest zu legen mittels der Wahrscheinlichkeitsfunktion p.

Definition 1.3.2

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Es sei S ein (diskreter) Ergebnisraum. Eine Funktion  , die jedem Ergebnis s eine Zahl p(s) zuordnet, heißt Wahrscheinlichkeitsfunktion auf S wenn:

 

und

 

Wir nennen die Zahl p(s) einfachheitshalber auch Wahrscheinlichkeit des Ergebnisses s.


Wir können nun zu einer Wahrscheinlichkeitsfunktion eine Wahrscheinlichkeit definieren, damit wir die Wahrscheinlichkeit eines Ereignisses berechnen als die Summe der Wahrscheinlichkeiten der zum Ereignis gehörenden Ergebnisse. Der nächste Satz zeigt dass auf diese Weise tatsächlich eine Wahrscheinlichkeit definiert wird.

Satz 1.3.1

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Es sei p eine Wahrscheinlichkeitsfunktion auf dem Ergebnisraum S. Die Funktion P, definiert für jedes Ereignis A durch:

 

ist eine Wahrscheinlichkeit auf S.


Zu jeder Wahrscheinlichkeitsfunktion p auf einem diskreten Ergebnisraum S gehört also eine Wahrscheinlichkeit P auf S. Umgekehrt gehört zu jeder Wahrscheinlichkeit P auf einem diskreten Ergebnisraum S eine Wahrscheinlichkeitsfunktion p auf S.

Satz 1.3.2

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Es sei P eine Wahrscheinlichkeit auf dem Ergebnisraum S. Die Funktion   , definiert für jedes Ergebnis s durch:

 

ist eine Wahrscheinlichkeitsfunktion auf S


Aus dem hervorgehendes zeigt sich dass Wahrscheinlichkeiten P und Wahrscheinlichkeitsfunktionen p auf eindeutige Weise zu einander gehören.

Definition 1.3.3

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Es sei S ein Ergebnisraum und P eine Wahrscheinlichkeit auf S. Wir bezeichnen das Paar (S,P) als Wahrscheinlichkeitsraum. Auch das Paar (S,p), worin p die zu P gehörende Wahrscheinlichkeitsfunktion ist, werden wir als Wahrscheinlichkeitsraum bezeichnen.

Beispiel 1 (Alternative (Fortsetzung))

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Der Ergebnisraum ist S = {K,Z}. Eine beliebige Wahrscheinlichkeitsfunktion wird festgelegt durch: p(K) = 1 – p(Z) = p, mit 0 ≤ p ≤ 1. Es gibt nur vier Ereignisse. Die zu p gehörende Wahrscheinlichkeit P ordnet ihnen die Wahrscheinlichkeiten P(∅) = 0, P({K}) = p, P({Z}) = 1 – p und P(S) = 1 zu. Wir können den Wahrscheinlichkeitsraum in einer Tabelle zusammenfassen:

  K Z
     

Beispiel 1 (fairer Würfel (Fortsetzung))

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Der Ergebnisraum ist S = {1,2,3,4,5,6}. Ein Wurf mit einem fairen Würfel ist ein symmetrisches Experiment, also ist p(1) = p(2) = ... = p(6) = 1/6. Die dazu gehörende Wahrscheinlichkeit P ist eine Laplace-Wahrscheinlichkeit, also ist z.B. P(E) = 3/6 für das Ereignis E = {2,4,6} (gerade Augenanzahl) und P(D) = 2/6 für D = {1,2} (weniger als 3). In einer Tabelle sieht der Wahrscheinlichkeitsraum aus wie folgt:

  1 2 3 4 5 6 Total
  1/6 1/6 1/6 1/6 1/6 1/6 1

Beispiel 3 (zweimal Würfeln (Fortsetzung))

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Der Ergebnisraum ist S = {(1,1),...,(1,6),(2,1),...,(2,6),...,(6,6)} = {(i,j)|i = 1,2,...,6 und j = 1,2,...,6}. Für einen fairen Würfel sind alle 36 Ereignisse gleich wahrscheinlich (Symmetrie), also ist: p(s) = 1/36 für jedes s ∈ S. Die zugehörige Wahrscheinlichkeit P ist wieder eine Laplace-Wahrscheinlichkeit und ordnet z.B. dem Ereignis A = {(1,3),(2,2),(3,1)} (Summe der Augen ist 4) die Wahrscheinlichkeit P(A) = 3/36 zu.