Mathematik: Topologie: Topologie Umgebung Basis

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Topologische Räume

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Bevor wir nun topologische Räume definieren, machen wir einen kleinen Abstecher in die Analysis. Dort sind Umgebungen und offene Mengen bereits definiert. Zunächst gibt es zwischen verschiedenen Punkten   und   den (euklidischen) Abstand

 .

Dann wird für jedes   und jedes   die  -dimensionale offene Kugel   um   mit Radius   definiert als

 .

Nun werden die offenen Mengen im   als diejenigen Teilmengen definiert, die mit jedem Punkt noch eine (unter Umständen recht kleine) offene Kugel enthalten. Eine Teilmenge   des   ist also offen, wenn es zu jedem Punkt   ein   gibt, sodass die Kugel um   mit Radius   noch ganz in   enthalten ist, also  . Zu einem Punkt   werden schließlich die Umgebungen von   als diejenigen Mengen definiert, die mit dem Punkt   noch eine offene Menge   enthalten. Eine Menge   ist also eine Umgebung von  , wenn es eine offene Menge   gibt, sodass   gibt. Umgebungen brauchen selbst nicht offen zu sein.

Man kann sich leicht davon überzeugen, dass Durchschnitte endlich vieler offener Mengen und Vereinigungen beliebig vieler offener Mengen wieder offen sind.


In allgemeinen topologischen Räumen sollen nur noch Umgebungen eine Rolle spielen. In der bisherigen Betrachtung sind Umgebungen durch offene Mengen definiert. Die Definition der offenen Mengen ist allerdings an die Definition der offenen Kugeln und damit an die Berechnung von Abständen gebunden. Letzteres ist im allgemeinen Rahmen nicht mehr möglich. Also macht man aus der Not eine Tugend und nimmt im allgemeinen Fall anstelle des Raumes einfach eine beliebige Menge und listet dann diejenigen Teilmengen auf, die offen sein sollen. Dabei fordert man von der Liste der offenen Mengen die obige Eigenschaft bezüglich der Durchschnitte und Vereinigungen. Die Definition der Umgebung kann man dann genauso vornehmen wie im  .


Diese Überlegung führt zu der folgenden Definition des topologischen Raumes:

Definition: topologischer Raum
Sei   eine Menge und   ihre Potenzmenge. Ein System   von Teilmengen von   heißt Topologie, wenn
  1. die leere Menge   und die Menge   gehören zu  ,
  2. beliebige Vereinigungen von Mengen aus   gehören wieder zu  , d.h. ist   eine beliebige Indexmenge und  , so gilt  ,
  3. endliche Durchschnitte von Mengen aus   gehören wieder zu  , d.h. für alle   ist  .

Das Paar   heißt topologischer Raum.

Die Teilmengen   heißen offen, die Komplemente der offenen Mengen heißen abgeschlossen.

Da die abgeschlossenen Mengen die Komplemente der offenen Mengen sind, sind endliche Vereinigungen und beliebige Durchschnitte abgeschlossener Mengen wieder abgeschlossen.


Beispiel 1: Der   ist im obigen Sinne ein topologischer Raum, d.h. es sind diejenigen Mengen offen, die mit jedem Punkt   noch eine offene Kugel um   enthalten. Im folgenden Text ist der   immer mit dieser Topologie versehen, wenn nicht ausdrücklich etwas anderes vereinbart wird.


Beispiel 2: Für eine Menge   gibt es zwei "pathologische" aber zuweilen recht nützliche Fälle:

  • Die indiskrete Topologie besteht nur aus der leeren Menge   und der Menge  , also  .
  • Die diskrete Topologie ist die Potenzmenge, also  . In dieser Topologie sind alle Teilmengen von   offen.


Beispiel 3: Sei   eine unendliche Menge. Die kofinite Topologie besteht aus der leeren Menge und allen Mengen, deren Komplement endlich ist.


Beispiel 4: Metrische Räume geben ebenfalls Anlass zu einer Topologie.

Definition: metrischer Raum
Ein metrischer Raum ist eine Menge   zusammen mit einer Funktion   für die gilt:
  1. für alle   ist   und   genau dann, wenn  ,
  2. für alle   ist   und
  3. für alle   ist  .

In einem metrischen Raum   bezeichne   die Kugel um den Punkt   mit Radius  .

Eine Teilmenge   von   definieren wir als offen, wenn   mit jedem Punkt   auch noch eine  -Kugel um   enthält, in Formeln: für jeden Punkt   gibt es ein   mit  . Die so definierten offenen Mengen bilden die von der Metrik induzierte Topologie auf  .


Beispiel 5: Normierte Vektorräume sind vermöge   metrische und damit auch topologische Räume.


Beispiel 6: Induzierte Topologie

Sei   ein topologischer Raum und   eine Teilmenge von  . Dann wird durch die Mengen   die induzierte Topologie auf   definiert. Sie wird auch Teilraum-, Unterraum- oder Spurtopologie genannt.
 
Im Diagramm repräsentieren   offene Mengen in  . Die schraffierten Gebiete sind die entsprechenden offenen Mengen in  .


Nun können wir wie zu Beginn dieses Abschnitts Umgebungen definieren.

Definition: Umgebung
Sei   ein topologischer Raum und  . Eine Menge   heißt Umgebung des Punktes  , wenn es eine offene Menge   gibt, sodass  .

Es sei angemerkt, dass Umgebungen selbst nicht offen zu sein brauchen. Eine offene Menge ist allerdings Umgebung aller ihrer Punkte.

Auch ist eine Menge  , die mit jedem Punkt  noch eine Umgebung von   enthält, offen. Denn dann existiert für jedes   nach Definition der Umgebung auch eine offene Menge   mit  . Dann ist aber   als Vereinigung offener Mengen offen.


Für eine beliebige Teilmenge   eines topologischen Raumes   seien noch das Innere   als Vereinigung aller offenen Teilmengen von  , der Abschluss   als Durchschnitt aller abgeschlossenen Mengen, die   enthalten, sowie der Rand   definiert.

Bemerkungen:

Das Innere einer Menge ist offen (Vereinigung offener Mengen).
Der Abschluss einer Menge ist abgeschlossen (Durchschnitt abgeschlossener Mengen).
Ist   eine Teilmenge einer abgeschlossenen Menge  , so ist auch der Abschluss   von   in   enthalten, also  .
Ist   eine offene Teilmenge einer Menge  , so ist   auch im Inneren   von   enthalten, also  .


Definition: Berührpunkt
Sei   eine Teilmenge des topologischen Raumes  . Ein Punkt   heißt Berührpunkt von  , wenn jede Umgebung   von   die Menge   trifft, also   für jede Umgebung   von  .


Satz: Eine Menge   ist genau dann abgeschlossen, wenn sie alle ihre Berührpunkte enthält.

Beweis:

  1. Sei   abgeschlossen. Dann ist   offen. Für jedes   gibt es daher eine Umgebung   von  , die ganz in   enthalten ist. Es gilt also  , und der Punkt   ist kein Berührpunkt von  . Die Berührpunkte von   müssen also in   liegen.
  2. Sei nun   eine Menge, die alle ihre Berührpunkte enthält. Die Punkte   sind dann keine Berührpunkte von  , und für jeden dieser Punkte gibt es folglich eine Umgebung   mit   und damit  . Das bedeutet aber gerade, dass   offen und daher   abgeschlossen ist. 


Korollar: Ist   ein Berührpunkt von  , dann gilt  .

Beweis: Sei   eine abgeschlossene Menge mit  . Dann ist   auch Berührpunkt von  , denn   für jede Umgebung   von  . Da   abgeschlossen ist, folgt  . Dies gilt für jede solche Menge  , also ist   auch im Durchschnitt aller abgeschlossenen Mengen, die   enthalten, also  .  


Lemma: Ist  , so ist   ein Berührpunkt von  .

Beweis: Sei   und   eine beliebige Umgebung von  . Angenommen  . Da   eine Umgebung von   ist, gibt es eine offene Menge   mit  . Folglich ist  , also  . Damit folgt  . Nun ist aber   abgeschlossen und daher auch  . Nach obiger Bemerkung folgt dann   und damit   im Widerspruch zu  . Also ist  , und daher ist   ein Berührpunkt von  .  


Korollar:   ist die Menge aller Berührpunkte von  , oder in anderer Formulierung   für alle Umgebungen  von  .

Beweis: klar.  


Satz: Der Rand   einer Menge   besteht aus allen Punkten  , die Berührpunkte sowohl von   als auch von   sind. Also   und   für alle Umgebungen   von  .

Beweis:

  1. Sei   und   eine beliebige Umgebung von  . Zunächst ist nach Definition des Randes  . Nach dem Lemma ist   Berührpunkt von  , und daher ist  . Nehmen wir nun an, dass   ist. Das bedeutet   und daraus folgt   im Widerspruch zu  . Damit ist   und   für alle Umgebungen   von   gezeigt.
  2. Sei nun   und   für alle Umgebungen   von  . Da für jede Umgebung   von     gilt, ist   ein Berührpunkt von  , und es folgt  . Wegen   für jede Umgebung   von   kann   nicht im Inneren von   liegen. Folglich ist  , also  . Damit gilt auch   und   für alle Umgebungen   von  .
Aus 1. und 2. folgt die Behauptung   und   für alle Umgebungen   von  .  


Korollar: Es gilt  .

Beweis: klar.  

Basis, Vergleich von Topologien

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Im Beispiel der metrischen Räume wurden die offenen Mengen der Topologie nicht explizit, sondern durch die Angabe der  -Kugeln charakterisiert. Dies führt zur Definition der Basis einer Topologie.

Definition: Basis
Sei   eine Topologie. Eine Basis von   ist eine Menge   mit der Eigenschaft, dass jede offene Menge   Vereinigung von Mengen aus   ist.

Satz: Sei   eine Menge und   eine Familie von Teilmengen von   mit folgenden Eigenschaften:

  1.  
  2. Sind   und  , dann gibt es ein   mit  .

Dann ist   die Basis einer Topologie   auf  .

Beweis: Die gesuchte Topologie   sei definiert als die Menge aller Vereinigungen von Mengen aus  . Wegen Eigenschaft 1.) ist  . Die leere Vereinigung   ist dann ebenfalls in  . Beliebige Vereinigungen von Mengen aus   sind nach Definition auch Vereinigungen von Mengen aus   und gehören daher ebenfalls wieder zu  . Bleibt zu zeigen, dass auch endliche Durchschnitte von Mengen aus   zu   gehören. Es reicht zu zeigen, dass für je zwei Mengen der Durchschnitt zu   gehört. Seien also  . Dann ist   und   für geeignete Indexmengen   und   sowie Familien   von Mengen aus  . Weiter ist   und daher ist   eine Vereinigung von Durchschnitten  . Es genügt also zu zeigen, dass die Durchschnitte von je zwei Mengen aus   zu   gehören, denn dann gehört   als Vereinigung von Mengen aus   wieder zu  . Seien nun   zwei Mengen aus  . Nach Voraussetzung gibt es für jedes   ein   mit  . Dann gehört aber   als Vereinigung von Mengen aus   zu  .    

Definition: Subbasis
Sei   eine Topologie. Eine Subbasis von   ist eine Menge   mit der Eigenschaft, dass die endlichen Durchschnitte von Mengen aus   eine Basis von   bilden.

Sei   eine Menge und seien   Topologien auf  .   heißt feiner als  , wenn jede offene Menge   auch offen in   ist, also  . Die Topologie   heißt dann gröber als  .

Die feinere Topologie enthält also "mehr" offene Mengen und verleiht dem Raum   damit eine stärkere Struktur. Wenn man sich vorstellt, dass die offenen Mengen eine Art Lupe bilden, mit der man auf die Punkte des Raumes sieht, so hat man in einer feineren Topologie auch eine feinere Sicht auf den Raum. Mit "mehr" offenen Mengen kann man auch mehr Punkte unterscheiden. Z. B. ist die indiskrete Topologie, die nur die leere Menge   und   enthält, die gröbste Topologie auf  . In ihr kann man keine Strukturen erkennen, weil man entweder nichts oder alles auf einmal sieht. Die diskrete Topologie wiederum, in der alle Teilmengen von   offen sind, ist die feinste Topologie auf  . Im Raum   kann man mit dieser Topologie auch noch jeden einzelnen Punkt erkennen.

Definition: Umgebungsbasis
Sei   ein topologischer Raum und  . Eine Menge   von Umgebungen   von   heißt Umgebungsbasis von  , wenn es für jede Umgebung   von   eine Menge   gibt mit  .

Beispiel: In einem metrischen Raum bilden die  -Kugeln   eine Umgebungsbasis für jeden Punkt  .

Definition: Abzählbarkeitsaxiom
Sei   ein topologischer Raum. Er erfüllt das 1. Abzählbarkeitsaxiom, wenn es für jeden Punkt   eine abzählbare Umgebungsbasis gibt. Er erfüllt das 2. Abzählbarkeitsaxiom, wenn es eine abzählbare Basis der Topologie   gibt.

Bemerkungen

  • Aus dem 2. Abzählbarkeitsaxiom folgt das 1. Abzählbarkeitsaxiom.
  • Metrische Räume erfüllen das 1. Abzählbarkeitsaxiom, weil auch die Kugeln   mit Radius   eine Umgebungsbasis von   bilden.

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