Innere Medizin: Arterielle Hypertonie


ICD-10-GM 2007
I10-I15 - Hypertonie (Hochdruckkrankheit)


Synonyme Bearbeiten

Hypertonus, Bluthochdruck, Hochdruckkrankheit

Etymologie Bearbeiten

Definition Bearbeiten

Blutdruck systolisch ≥ 140 und/oder diastolisch ≥ 90 mmHg.

Epidemiologie Bearbeiten

Gehäuft in den Industrienationen (metabolisches Syndrom!). Mit dem Alter zunehmend.

Ätiologie Bearbeiten

Einteilung nach den Ursachen

Essentielle Hypertonie (> 90 %)

  • Unklare Ätiologie, multifaktoriell
  • RF: Positive Familienanamnese (erbliche Faktoren), Übergewicht, Bewegungsmangel, Stress.

Sekundäre Hypertonie (< 10 %)

  • Nierenerkrankungen: Nierenarterienstenose, parenchymatöse Nierenerkrankungen. PP.: Aktivierung des Renin-Angiotensinogen-Aldosteron-Systems (RAAS) bei verminderter Durchblutung, Natrium- und Flüssigkeitsretention bei Niereninsuffizienz.
  • Hormonelle Störungen:
    • CUSHING-Syndrom (Hypercortisolismus). PP.: Mineralkortikoide Restwirkung des Cortisols.
    • CONN-Syndrom (primärer Hyperaldosteronismus). PP.: Aldosteron fördert die Natrium- und Wasserrückresorption und die Kalium-Ausscheidung.
    • Phäochromozytom. PP: Katecholaminexzess
  • Aortenisthmusstenose vor oder nach dem Abgang der A. subclavia sinistra. PP: Vor der Stenose Druckerhöhung. Nach der Stenose Druckabfall.
  • Zentrale Regulationsstörungen (Hirnerkrankungen, Intoxikation)
  • Medikamente: Kortikosteroide, NSAR (PP: Hemmung der Synthese von vasodilatatorischen Prostaglandinen im Nierengefäßsbett -> RAAS-Aktivierung), Katecholamine und Sympathomimetika (Ephedrin, Kokain, Amphetamine).
  • Gestosen, z.B. Schwangerschaftsinduzierte Hypertonie (SIH), EPH-Gestose (Ödeme, Proteinurie, Hypertonie)
  • Polyglobulie. PP: Erhöhte Blutviskosität
  • Obstruktives Schlafapnoe-Syndrom (OSAS). PP: Nächtliche Sympathikusaktivierung.

Pathogenese Bearbeiten

Der Blutdruck (BD) wird analog zum Ohm'schen Gesetz bestimmt durch:

  • Herzzeitvolumen (HZV) = Herzfrequenz (HF) x Schlagvolumen (SV) und
  • Peripher Gefäßwiderstand (R)

BD = HZV x R = HF x SV x R

Einflussfaktoren:

  • HZV:
    • Blutvolumen. Als Teil des Extrazellulärvolumens (EZV) abhängig vom Natrium-Bestand. Regulation durch: RAAS, Antidiuretisches Hormon (ADH), atrialer natriuretischer Faktor (ANF)).
    • Sympathische Herzstimulation (Adrenalin, Noradrenalin).
  • R: Abhängig vom
    • Gefäßtonus. Dieser wird beeinflusst durch sympathische Innervation (Drucksensoren im Sinus caroticus und Aortenbogen vermitteln Feed-back-Hemmung), lokale Faktoren (NO, Prostaglandine u.a.), Gefäßfibrose und Atherosklerose.
    • Blutviskosität (= innere Reibung). Hb.

Symptome Bearbeiten

Oft unbemerkt. Evtl. Kopfschmerzen, Unruhe, Schwindel, Palpitationen, Epistaxis.

Komplikationen Bearbeiten

  • Folgeerkrankungen durch Gefäß-Schädigung (Atherosklerose, Mikro- und Makroangiopathie): Retinopathie, KHK, Hirninfarkt, -einblutung (hypertensive Massenblutung), vaskuläre Demenz, Nephropathie, BAA.
  • Hypertoniker-Herz: Linksherzhypertrophie, Herzinsuffizienz (Relaxationsstörung), KHK.
  • Hypertensive Entgleisung.

Differentialdiagnosen Bearbeiten

  • Hyperthyreose

Diagnostik Bearbeiten

Anamnese: Beschwerden, Familienanamnese, Medikamente, Vorerkrankungen, weitere kardiovaskuläre Risikofaktoren (CRF) wie Rauchen, Bewegungsmangel, Diabetes mellitus.

Körperliche Untersuchung: Auskultation (Herz, Nierengefäße), Pulse, Augenhintergrund.

Blutdruck-Messung (BDM): Einmalig an beiden Armen, wiederholte Messungen in Ruhe. Evtl. LZ-BDM.

EKG: (Linksherzbelastung ?)

Labor: Kreatinin-Clearance, S-Elektrolyte, CVR: BZ, Fette. Urin: Mikroalbuminurie. Ggf. freie Metanephrine im Plasma (Phäochromozytomdiagnostik), ggf. Clonidin-Test (Phäochromozytomdiagnostik).

Sonographie: Ggf. Nieren, Nierengefäße.

Echokardiographie: Ggf. bei V.a. auf Linksherzhypertrophie.

Therapie Bearbeiten

Allgemeinmaßnahmen: Regelmäßige Bewegung (Ausdauersportarten), Normalgewicht anstreben, salzarm essen (Responder: 1/3), Entspannungsverfahren, ggf. Anpassung der Medikation.

Medikamentöse Therapieschemata:

  • Monotherapie: β-Blocker oder ACE-Hemmer (alternativ AT1-Hemmer) oder Diuretikum (Thiazid).
  • Kombinationstherapie:
    • Diuretikum + β-Blocker oder ACE-Hemmer oder Kalziumantagonist
    • Kalziumantagonist + β-Blocker oder ACE-Hemmer oder Diuretikum
  • Dreifachtherapie: Diuretikum + ACE-Hemmer (bzw. AT1-Hemmer) + β-Blocker (oder Kalziumantagonist)

Es gilt: Möglichst niedrig dosieren, einfaches Schema (Compliance!), Einschleichen (BD-Abfall!), Ausschleichen (Rebound!).

Wirkstoffe:

  • Diuretika: Ungünstig bei Hyperurikämie, diabetogen. Thiazide 1. Wahl. Bei Niereninsuffizienz high-ceiling-Diuretika.
  • β-Blocker: Kardioselektive ohne ISA bevorzugen. Günstig bei KHK und nach Herzinfarkt, ungünstig bei AV-Block/Bradykardie, Asthma bronchiale, AVK.
  • ACE-Hemmer: Günstig bei Diabetes und/oder Nierenschaden (nephroprotektiv). Metabolisch neutral.
  • AT1-Hemmer: Alternative zu ACE-Hemmern (seltener Husten).
  • Kalziumantagonisten: Nur langwirksame Kalziumantagonisten vom Nifedipin-Typ geeignet. Senkung der Mortalität bei AH im Ggs. zu Thiaziden, β-Blockern und ACE-Hemmern nicht belegt.

Reserve:

  • α1-Blocker - Anw.: Kombinationstherapie (eher nachteilig)
  • Antisympathotonika
    • Clonidin - Anw.: Hypertensive Entgleisung
    • Moxonidin - Anw.: Kombinationstherapie
    • α-Methyldopa - Anw.: Schwangerschaft (SIH)
    • Urapidil - Anw.: Hypertensive Entgleisung
  • Vasodilatatoren (Dihydralazin, Minoxidil)

Verlauf und Prognose Bearbeiten

Die Mortalität korreliert eng mit der mittleren Höhe des Blutdrucks. Potenzierung durch Rauchen, Diabetes, Dyslipoproteinämie u.a.

Prophylaxe Bearbeiten

Regelmäßige Bewegung (Ausdauersportarten), Normalgewicht anstreben, salzarm essen, Entspannungsverfahren.

Geschichte Bearbeiten

Literatur und Weblinks Bearbeiten



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