Gotisch/ Band2/ Zwischenlektion3/ Geschichte

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Zwischenlektion 3
Dies ist eine Zwischenlexikon, die der Verbesserung und dem Ausbau des bisher Gelernten dienen soll.
Sie enthält kein neues Lernmaterial und kann bei Bedarf übersprungen werden:
Vor zu Lektion 7

In dieser Zwischenlektion gehen wir der Frage nach, welche schriftlichen Überbleibsel die Goten hinterließen. Diese werden auch im Mittelpunkt der folgenden Lektionen stehen.

Geschichte - Wer waren die Goten?
Beispielseite aus dem Codex Argenteus
Beispielseite aus dem Codex Argenteus

Welche gotischen Originalschriften gibt es?

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Die Hauptquelle der gotischen Sprache ist, wie Sie sicherlich bereits wissen, die sog. Wulfilabibel. Auch bei der Mehrheit der anderen Quellen handelt es sich meist um christlich-religiöse Dokumente. Dabei spielt die sog. Skeireins (vgl. unten) eine wichtige Rolle, doch erwies sich diese ebenfalls als eine Übersetzung. Des Weiteren existiert noch ein Fragment eines religiösen Kalenders aus dem beginnenden 6. Jh., von dem nur der November und 8 Oktober-Tage erhalten sind, und einige weitere religiöse Schriften mit kleineren Gotica (z. B. Randnotizen, Personennamen, Alphabete). Hierzu zählt auch der Codex Vindobonensis aus dem Jahr 798 (!), der die Namen der gotischen Buchstaben (etwas verballhornt) überlieferte. Die bereits vorgestellten Verkaufsurkunden (um 550; vgl. unten) sind die wichtigsten profanen Dokumente, wenngleich sie einen klerikalen Bezug haben. Ebenfalls zu erwähnen sind gotische Runeninschriften auf Metallartefakten (um 5. Jh.) und das sog.  Krimgotische (16. Jh.).

Informationen zu den einzelnen Gotica, erhalten sie auf der Webseite http://www.gotica.de/

Ist die ganze Bibel überliefert?

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Wulfila-Bibel
Im 4. Jh. übersetzte der westgotische Bischof  Wulfila große Teile der Bibel aus dem Griechischen ins Gotische. Hierfür erfand er die gotischen Buchstaben, während die Goten zuvor Runen verwendeten. Das Original ist heute nicht mehr erhalten. Erhalten sind allerdings Abschriften (Handschriften), meist aus dem 6.-8. Jh., die aber ebenfalls nicht vollständig sind. So fehlen oft einzelne Sätze oder große Teile der Bibel, da sie von keiner der Handschriften überliefert sind. Die wichtigste Handschrift ist der sog.  Codex Argenteus, der Ihnen bereits von den Lektionen bekannt sein dürfte. Die 187 der ursprünglich 336 Blätter enthalten Teile der vier Evangelien. 1970 fand man in Speyer in einem Reliquienschrein ein weiteres Blatt dieses Codex, das die letzten Verse von Mk 16 enthielt (sog. Speyer Fragment).

Weitere Handschriften sind1:

  • Codex Ambrosianus A-E (Briefe, Skeireins, Nehemia; 193 Blätter)
    • CA A (Briefe, Gotischer Kalender; 102 Blätter, inkl. 12 leeren und 2 unlesbare Seiten)
    • CA B (Briefe; 77 Blätter und 2 leere Blätter)
    • CA C (Mt 25-27; 2 Blätter)
    • CA D (Nehemia 5-7; 3 Blätter)
    • CA E (Skeireins; 5 Blätter)
  • Codex Gissensis (Lukasevangelium 23-24; 2 Blätter; bilingual; 1945 zerstört)
  • Codex Carolinus (Römerbrief 11-15; 4 Blätter; bilingual)
  • Codex Vaticanus Latinus 5750 (Skeireins; 3 Blätter)
  • Fragmenta Pannonica (Bruchstücke einer Metallplatte mit Versen des Johannesevangelium)
1Quelle: Wulfila-Projekt

Skeireins2
Nach der Bibel bildet die Skeireins (von got. skeirjan "erklären"; nach dem Titel der ersten Herausgabe von 1834 Skeireins aiwaggeljons þairh ïohannen "Auslegung des Evangeliums nach Johannes") den umfangreichsten gotischen Text (ca. 3 % der Corpora). Es handelt sich dabei um Fragmente einer Erläuterung zum Johannesevangelium. Seit 1981 ist bewiesen, dass es sich hierbei ebenfalls um eine Übersetzung aus dem Griechischen handelt. Die Skeireins umfasst 8 beidseitig beschriebene Blätter, die aus dem Codex Ambrosianus E und Vaticanus Latinus stammen.

2Quelle: Skeireins-Projekt

Um was ging es bei den Verkaufsurkunden?

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In der Lektion 6 lernten sie 5 Unterschriften einer Verkaufsurkunde kennen. Diese entstanden um 550 in Italien (vgl. Geschichte der Ostgoten). Die Urkunden selbst wurden in Latein verfasst, lediglich die genannten Unterschriften waren in gotischer Sprache. Diese 5 Schriften stammen von zwei unterschiedlichen Urkunden. Die ersten vier stammten aus der Urkunde von Neapel, die ursprünglich aus Ravenna kam. Der hiesige Klerus schuldete einem gewissen Petrus Defensor 120 Schillinge, für die der Diakon Alamuth bürgte. Sie verkauften ihm deshalb ihr Marschland (Wert: 180 Schillinge) und erhielten den Überschuss (60 Schillinge) bar zurück. Die fünfte Unterschrift stammt aus der Urkunde von Arezzo. Hierin verkaufte der Diakon Gudilub 4 Unzen des Landguts "Kaballarja" für 133 Schillinge an den Diakon Alamuth.