Examensrepetitorium Jura: Zivilprozessrecht Zwangsvollstreckungsrecht: Drittwiderspruchsklage


Grundlagen Bearbeiten

Die Drittwiderspruchsklage (auch: Interventionsklage) ist - ebenso wie die Vollstreckungsabwehrklage - eine prozessuale Gestaltungsklage, da die Vollstreckung in einen bestimmten Gegenstand für unzulässig erklärt wird. Die Klage steht Dritten zu, die von Maßnahmen der Zwangsvollstreckung betroffen sind, ohne dass sie für die titulierte Forderung selbst haften. Dritte im Sinne des § 771 ZPO können völlig Unbeteiligte sein, z. B. hat jemand dem Schuldner ein Buch geliehen, das der Gerichtsvollzieher dann bei diesem pfändet. In dem Fall kann der Verleiher des Buchs gegen die Pfändung intervenieren. Dritter kann jedoch auch z. B. der Gesellschafter einer Gesellschaft sein, gegen die vollstreckt wird; Beispiel: Eine OHG ist zur Zahlung verurteilt, der Gerichtsvollzieher pfändet Privateigentum eines der Gesellschafter. Zwar haftet der Gesellschafter nach materiellem Zivilrecht akzessorisch für Schulden der OHG (§ 128 S.1 HGB), ist er jedoch im Titel nicht genannt, darf nicht gegen ihn vollstreckt werden (§ 129 IV HGB). Er ist also "Dritter" im Sinne des Vollstreckungsrechts und kann aus § 771 ZPO klagen - damit ist der Fall allerdings noch nicht zuende (siehe noch unten)! Das Beispiel soll nur verdeutlichen, dass es für die Dritteigenschaft ganz formal auf den Inhalt des Vollstreckungstitels ankommt. Überhaupt handelt es sich beim Vollstreckungsrecht um ein streng formalisiertes Recht - das sollte man bei der Fallbearbeitung immer im Hinterkopf behalten! Zur Examensrelevanz dieser Klageart gilt das schon zur Vollstreckungsabwehrklage Gesagte!

Klagegegner des Dritten (also Beklagter) ist der die Zwangsvollstreckung betreibende Gläubiger.

Der Obersatz im Gutachten lautet:

Die Drittwiderspruchsklage hat Erfolg, wenn sie zulässig und begründet ist.

Zulässigkeit Bearbeiten

Übersicht über die Zulässigkeitsvoraussetzungen:


1. Statthaftigkeit

   a) Abgrenzung zu anderen Rechtsbehelfen

   b) Eigenschaft als Dritter

   c) Geltendmachung eines Interventionsrechts

2. Zuständigkeit des Gerichts

   a) sachlich

   b) örtlich

3. Rechtsschutzbedürfnis

Statthaftigkeit Bearbeiten

Die Drittwiderspruchsklage ist statthaft, wenn ein Dritter ein Interventionsrecht geltend macht (§ 771 Abs. 1 ZPO). Dritter ist jeder, der nicht Vollstreckungsschuldner ist, d. h. gegen den nicht vollstreckt wird und aus dem Vollstreckungstitel auch nicht vollstreckt werden darf (siehe dazu schon oben).

Ein Interventionsrecht ist nach der gesetzlichen Formulierung ein "die Veräußerung hinderndes Recht" (§ 771 Abs. 1 ZPO). Solche Rechte kennt die Rechtsordnung allerdings nicht, denn es gibt keine Rechte, die eine Veräußerung verhindern können. Gemeint ist folgendes: Würde der Gläubiger den Gegenstand des Dritten veräußern, griffe er damit unbefugt in dessen Rechtskreis ein.

Im Rahmen der Statthaftigkeit sollte noch nicht das materiell-rechtliche Bestehen des Interventionsrechts geprüft werden. Es sollte jedoch schon an dieser Stelle geprüft werden, ob das vom Kläger behauptete Recht überhaupt als Interventionsrecht in Frage kommt[1]. Ist das schon grundsätzlich nicht der Fall, ist die Klage nicht statthaft und damit unzulässig. In der Klausur kann es vorkommen, dass mehrere Interventionsrechte geltend gemacht werden, von denen einzelne schon als unstatthaft ausscheiden.

Beispiel: G vollstreckt in Mobiliar des S, das sich in dessen Mietwohnung befindet. Vermieter V erhebt gegen G die Drittwiderspruchsklage, da er gegen S noch offene Mietforderungen hat. V behauptet außerdem, dass ihm die gepfändete Bohrmaschine gehöre, die er dem S nur geliehen habe.

Als Interventionsrecht des V kommt zunächst dessen Vermieterpfandrecht an den in die Mietwohnung eingebrachten Sachen in Betracht (§ 562 BGB). Aus § 805 Abs. 1 erster Halbs. ZPO ergibt sich jedoch, dass der Inhaber eines besitzlosen Pfandrechts - typischer Fall ist gerade das Vermieterpfandrecht - der Pfändung nicht widersprechen darf. V steht nur die Klage auf vorzugsweise Befriedigung (kurz: Vorzugsklage) gem. § 805 Abs. 1 zweiter Halbs. ZPO zur Verfügung. Hinsichtlich des Vermieterpfandrechts ist die Drittwiderspruchsklage also unstatthaft und damit teilweise unzulässig. Dagegen stellt das behauptete Eigentum (Bohrmaschine) ein typisches Interventionsrecht im Sinne von § 771 ZPO dar, so dass die Klage insoweit statthaft ist.

Übersicht über die wichtigsten Interventionsrechte:

  • Alle Formen des Eigentums, auch Sicherungs- und Vorbehaltseigentum (da es sich dabei auch um juristisches Volleigentum handelt).
    • Sonderfall Eigentumsvorbehalt: Bei Vollstreckung gegen den Vorbehaltskäufer hat der Vorbehaltsverkäufer ein Interventionsrecht, da er bis zur vollständigen Kaufpreiszahlung Eigentümer bleibt (aufschiebend bedingte Übereignung gem. §§ 929 S. 1, 158 Abs. 1 BGB; Begriff des Eigentumsvorbehalts: § 449 Abs. 1 BGB).
    • Sonderfall Sicherungsübereignung: Der Sicherungsgeber (= ehemaliger Eigentümer) hat im Fall der Vollstreckung gegen den Sicherungsnehmer (= Eigentümer) ein Interventionsrecht, solange noch keine Verwertungsreife eingetreten ist - denn bis dahin bleibt dem Sicherungsgeber die Sache wirtschaftlich zugeordnet. Im umgekehrten Fall, d. h. bei Vollstreckung gegen den Sicherungsgeber, hat der Sicherungsnehmer ein Interventionsrecht, solange die zu sichernde Forderung noch besteht[2].
    • Sonderfall Eigentum eines Ehegatten: Soweit Ehegatten an Gegenständen des gemeinsamen Haushalts Mitbesitz haben, können sie der Pfändung durch Gläubiger des jeweils anderen nicht widersprechen. § 809 ZPO ist durch § 739 ZPO ausgeschlossen, soweit die Vermutung des § 1362 BGB reicht. Die Vollstreckungserinnerung ist insofern ausgeschlossen (siehe schon hier). Der andere Ehegatte hat jedoch aufgrund seines Eigentums ein Interventionsrecht für die Drittwiderspruchsklage; für die Statthaftigkeit der Klage muss er jedoch Tatsachen vortragen, welche die Eigentumsvermutung des § 1362 BGB widerlegen können[3].
  • Anwartschaften. Der Vorbehaltskäufer kann der Vollstreckung in die Kaufsache beim Vorbehaltsverkäufer aufgrund seines Anwartschaftsrechts widersprechen[4].
  • Inhaberschaft an Forderungen.
  • Besitzende Pfandrechte (für besitzlose gilt, wie oben bereits erwähnt, die Vorzugsklage).
  • Schuldrechtliche Herausgabeansprüche (z. B. Rückgabe einer vermieteten oder verliehenen Sache); nicht jedoch bloße Verschaffungsansprüche (z. B. auf Übereignung einer gekauften Sache), weil bei ihnen der Gegenstand noch zum Schuldnervermögen zählt[5].
  • Nach h. M. soll auch der Besitz ein Interventionsrecht geben. Das kann allerdings bezweifelt werden, da es sich beim Besitz bloß um ein tatsächliches Herrschaftsverhältnis an einer Sache handelt. Eigentlich besteht auch nicht die Notwendigkeit der Drittwiderspruchsklage, da sich der Besitzer schon nach §§ 766, 809 ZPO gegen die Pfändung wehren kann.
  • Umstritten ist, ob Anfechtungsrechte zur Intervention berechtigen. Beispiel: Der Schuldner verschenkt Vermögenswerte an seine Ehefrau (= anfechtbare Rechtshandlungen, dazu noch unten), danach vollstreckt ein Gläubiger der Ehefrau in diese Vermögenswerte. Fraglich ist, ob nun ein Gläubiger des Ehemanns ein Interventionsrecht daraus ableiten kann, dass die Vermögensverschiebung anfechtbar ist! Nach h. L. hat der Gläubiger des Ehemanns ein Interventionsrecht gegenüber dem Gläubiger der Ehefrau[6], a. A. ist jedoch der BGH [7]. Für die h. L. spricht, dass es sich bei der Anfechtbarkeit im Verhältnis der beiden Gläubiger untereinander der Sache nach um einen Herausgabeanspruch handelt (der unstrittig ein Interventionsrecht gibt, s. o.) und nicht bloß um einen schuldrechtlichen Verschaffungsanspruch[8].

Zuständigkeit Bearbeiten

Die sachliche Zuständigkeit bestimmt sich gemäß § 1 ZPO nach dem Gesetz über die Gerichtsverfassung (GVG), und zwar nach dem Streitwert: Bis 5.000 Euro ist das Amtsgericht zuständig (§ 23 Nr. 1 GVG), darüber das Landgericht (§ 71 Abs. 1 GVG). Der Streitwert selbst ist nach § 6 ZPO zu ermitteln: Die Höhe entspricht der Forderung, wegen der vollstreckt wird, es sei denn der Wert des gepfändeten Gegenstands ist geringer.

Örtlich zuständig ist das Gericht, in dessen Bezirk die Vollstreckung stattfindet (§§ 771, 802 ZPO). Es handelt sich um einen ausschließlichen Gerichtsstand.

Rechtsschutzbedürfnis Bearbeiten

Das Rechtsschutzbedürfnis besteht ab Beginn der Zwangsvollstreckung; ausnahmsweise schon vorher, wenn durch die Zwangsvollstreckung ein irreparabler Schaden droht. Mit Erlösauskehr an den Gläubiger erlischt das Rechtsschutzbedürfnis; in dem Fall muss die Klage geändert werden auf Herausgabe des aus der Vollstreckung erlangten Erlöses (§§ 812 BGB, 264 Nr. 3 ZPO - sog. "verlängerte Drittwiderspruchsklage").

Kein Rechtsschutzbedürfnis besteht, wenn der Kläger sein Ziel durch die Vollstreckungserinnerung (§ 766 ZPO) unproblematisch erreichen kann. Wenn also eine Sache aus dem Besitz des Dritten gepfändet wurde, ohne dass dieser der Pfändung zugestimmt hat, kann er die Verletzung von § 809 ZPO mit der Erinnerung rügen. Für die Drittwiderspruchsklage besteht dann kein Anlass (eine Ausnahme besteht wegen § 739 ZPO bei der Ehe - siehe schon oben). Ein weiterer Fall ist die Missachtung von evidentem Dritteigentum, das ebenfalls mit der Erinnerung gerügt werden kann - hier soll allerdings ein Wahlrecht zwischen den Rechtsbehelfen bestehen.

Begründetheit Bearbeiten

Der Obersatz für die Begründetheit lautet:

Die Klage ist begründet, wenn dem Kläger ein die Veräußerung hinderndes Recht zusteht und dieses Recht nicht durch eine Einwendung des Beklagten ausgeschlossen ist.
Übersicht zur Begründetheit:


1. Interventionsrecht

2. Einwendung des Beklagten?

   ► dolo agit-Einwand?

   ► Scheingeschäft, Sittenwidrigkeit?
     (allerdings schon unter 1. zu prüfen)

   ► Anfechtbarkeit des Geschäfts zwischen Schuldner und Drittem
     nach dem Anfechtungsgesetz?

Interventionsrecht Bearbeiten

An dieser Stelle ist zu prüfen, ob das vom Kläger geltend gemachte Interventionsrecht (siehe oben bei der Statthaftigkeit) materiell-rechtlich auch wirklich besteht. Beruft er sich z. B. auf Eigentum, ist ganz normal nach Sachenrecht zu prüfen, ob er eben Eigentümer ist. Bei der materiell-rechtlichen Prüfung kann der Schwerpunkt der Klausur liegen, wenn die Drittwiderspruchsklage nur als "Aufhänger" für die eigentlichen Klausurprobleme dient! Klausurtaktisch ist - um sich keine Probleme "abzuschneiden" - zu empfehlen, zuerst das behauptete Recht zu prüfen (z. B. Eigentum) und danach das in Wirklichkeit vorliegende (z. B. Anwartschaft).

In der Prüfung des Interventionsrechts sind die Einwendungen des Beklagten (d. h. des Vollstreckungsgläubigers) aus §§ 117 und 138 BGB zu verorten. Verschiebt der Schuldner Vermögen an den nun klagenden Dritten, ist zu prüfen, ob es sich hierbei um ein Scheingeschäft (§ 117 BGB) handelt oder ob die Vermögensverschiebung sittenwidrig ist (§ 138 BGB), da sie mit der Absicht der Gläubigerbenachteiligung erfolgte. Ein Scheingeschäft wird jedoch in der Regel nicht vorliegen, da der mit dem Rechtsgeschäfte bezweckte Erfolg (z. B. Übertragung von Eigentum) auch tatsächlich eintritt. Bei der Sittenwidrigkeit wegen Gläubigerbenachteiligung ist zu beachten, dass die Regelungen des Anfechtungsgesetzes (siehe dazu noch unten) Vorrang haben und § 138 Abs. 1 BGB daher nur bei Vorliegen zusätzlicher sittenwidriger Umstände zur Anwendung kommt[9].

Dies liest sich sehr gefährlich - in Betracht kommen die Einwendungen meiner Ansicht nach nur für den Fall, dass sie sich doppeltrelevant auch auf das dingliche Rechtsgeschäft beziehen und deshalb auch dort zur Anfechtbarkeit der dinglichen Einigung führen können. Ansonsten ist an der Eigentumslage Nichts zu mäkeln, gleichgültig was nun in dem schuldrechtlichen Verhältnis fehl gelaufen ist.

Einwendungen des Beklagten Bearbeiten

Mit Prüfung und Bejahung eines Interventionsrechts ist noch nicht über den Erfolg der Klage entschieden! Dem Beklagten, d. h. dem Vollstreckungsgläubiger, stehen gegenüber dem Dritten einige Einwände zu Verfügung.

Dolo agit Bearbeiten

Der Beklagte kann einwenden, dass der Dritte für die Forderung selbst haftet, auch wenn ihm formal gesehen ein Interventionsrecht zusteht.

Beispiel: Der Gläubiger hat einen Vollstreckungstitel gegen die A & B OHG. Er vollstreckt in Privateigentum des A, der sich dagegen mit der Drittwiderspruchsklage wehrt.

Im Fall darf aus dem Titel nur gegen die OHG vollstreckt werden. Das besagt ausdrücklich § 129 Abs. 4 HGB. Dagegen spricht auch zunächst nicht die akzessorische Haftung des Gesellschafters A (§ 128 HGB), da ein solcher materiell-rechtlicher Einwand im Vollstreckungsverfahren grundsätzlich keine Beachtung findet (Stichwort formalisiertes Verfahren!). Da also ein Vollstreckungstitel im Sinne von § 750 ZPO gegen A fehlt, darf gegen ihn nicht vollstreckt werden - der Gerichtsvollzieher müsste den Vollstreckungsantrag ablehnen. Aber: Das bedeutet noch nicht, dass A sich gegen die Vollstreckung auch mit der Drittwiderspruchsklage wehren darf! Da er nämlich dem Gläubiger nach materiellem Recht haftet (§ 128 HGB), ist die Geltendmachung eines Interventionsrechts treuwidrig (§ 242 BGB gilt auch im Prozess). Es greift der Grundsatz dolo agit qui petit quod statim redditurus est, d. h. A darf nicht zunächst herausverlangen, was er später wieder hergeben müsste (h. M.[10]. Das Interventionsrecht des A greift somit nicht durch, seine Klage hat keinen Erfolg.

Entsprechendes gilt, wenn A und B keine Gesellschafter sondern z. B. Gesamtschuldner sind, d. h. dem Gläubiger beide im Außenverhältnis voll haften (§ 421 BGB). Vollstreckt der Gläubiger aus einem Titel gegen B in Vermögen des A, steht diesem nach Treu und Glauben ebenfalls kein Interventionsrecht zu.

In allen diesen Fällen ist zu fragen: Würde der Vollstreckungsschuldner dem Gläubiger aus irgendeinem Rechtsgrund sowieso haften?

Beachte aber: A kann die Vollstreckung in sein Privateigentum mit der Vollstreckungserinnerung erfolgreich abwehren, da eine Vollstreckungsvoraussetzung, nämlich ein gegen ihn gerichteter Titel, fehlt!

Scheingeschäft und Sittenwidrigkeit Bearbeiten

Der Beklagte beruft sich oft darauf, dass das vom Schuldner mit dem Kläger vorgenommene Rechtsgeschäft nur zum Schein vorgenommen wurde, um den Vollstreckungszugriff zu vereiteln. Systematisch handelt es sich bei den Einwendungen aus §§ 117, 138 BGB um rechtshindernde Einwendungen, die schon bei der Entstehung des Interventionsrechts zu prüfen sind[11]. Siehe dazu bereits oben.

Anfechtungsgesetz Bearbeiten

Um Vermögensverschiebungen zu Lasten des Gläubigers zu verhindern, hat der Gesetzgeber das Recht der Gläubigeranfechtung für bestimmte Rechtsgeschäfte geschaffen. Geregelt ist dies im Anfechtungsgesetz (AnfG)[12]. Wichtig ist zu unterscheiden zwischen der Anfechtung nach dem BGB und der hier gemeinten Anfechtung. Diese führt nicht zur Nichtigkeit einer Willenserklärung sondern dazu, dass der Anfechtungsgegner verpflichtet ist, die Vollstreckung in einen Gegenstand zu dulden (§ 11 AnfG). Die Gläubigeranfechtung erfolgt entweder durch eigene Anfechtungsklage (§ 13 AnfG) oder - darum geht es hier - durch Geltendmachung der Anfechtbarkeit im Wege einer Einrede (§ 9 AnfG). Zu prüfen ist also, ob das Rechtsgeschäft das der Kläger (= der Dritte) mit dem Schuldner getätigt hat, nach §§ 2 ff. AnfG anfechtbar ist und somit der Beklagte (= der Gläubiger) das Interventionsrecht mit der Anfechtbarkeitseinrede "auskontern" kann.

Voraussetzungen für die Anfechtbarkeitseinrede:


1. Anfechtungsberechtigung (§ 2 AnfG)

   a) Gläubiger, der einen vollstreckbaren Schuldtitel erlangt hat

   b) Fälligkeit der Forderung

   c) Zwangsvollstreckung in das Vermögen des Schuldners hat nicht
      zu einer vollständigen Befriedigung des Gläubigers geführt
      oder
      es ist anzunehmen, dass sie nicht dazu führen würde

2. Anfechtbare Rechtshandlung

   • Begriff der Rechtshandlung ist weit auszulegen

   • es muss eine objektive Gläubigerbenachteiligung vorliegen
     (ungeschriebenes Merkmal)

3. Anfechtungsgrund

   ► vorsätzliche Benachteiligung gem. § 3 Abs. 1 AnfG
     a) objektiv nachteilige Rechtshandlung
     b) in den letzten 10 Jahren
     c) Vorsatz, den Gläubiger zu benachteiligen
        Indiz für Vorsatz ist die inkongruente Deckung des Erfüllungsgeschäfts (d.h. die
        Erfüllung geht über die schuldrechtlich geschuldete Leistung hinaus)
     d) Geschäftspartner (= Kläger) muss Kenntnis von der Absicht
        gehabt haben (Vermutung dafür in § 3 Abs. 1 S. 2 AnfG)

   ► vorsätzliche Benachteiligung gem. § 3 Abs. 2 AnfG
     a) entgeltlicher Vertrag des Schuldners
     b) mit nahestehender Person i.S.v. § 138 InsO
     c) in den letzten 2 Jahren
     d) unmittelbare Benachteiligung des Gläubigers
     e) es wird widerleglich vermutet, dass der Anfechtungsgegner (= Kläger) von
        der Absicht des Schuldners, den Gläubiger zu benachteiligen, Kenntnis hatte! (das ergibt
        sich aus der negativen Formulierung von § 3 Abs. 2 S. 2 AnfG: "ist ausgeschlossen, wenn")

   ► Schenkungsanfechtung gem. § 4 AnfG
     a) unentgeltliche Verfügung des Schuldners
     b) in den letzten 4 Jahren
     c) kein gebräuchliches Gelegenheitsgeschenk

4. Anfechtungsfrist: je nach der unter 3. für anwendbar angenommenen Vorschrift!

Entscheidung des Gerichts Bearbeiten

Das Gericht entscheidet durch Urteil. Der Tenor lautet bei Begründetheit der Klage:

Die Zwangsvollstreckung aus dem <Titel> durch den Gerichtsvollzieher <Name> am <Datum> in den <Gegenstand> wird für unzulässig erklärt.

Der Unterschied zur Vollstreckungsabwehrklage muss auch im Tenor deutlich werden: Es wird nicht die gesamte Vollstreckung aus dem Titel für unzulässig erklärt, sondern nur die Vollstreckung in einen - dem Dritten gehörenden - Gegenstand.

Bei Unbegründetheit (oder Unzulässigkeit) lautet der Tenor schlicht:

Die Klage wird abgewiesen.

Rechtsmittel Bearbeiten

Gegen das Urteil ist die Berufung statthaft.

Anmerkungen Bearbeiten

  1. Goebel, Zwangsvollstreckungsrecht, 2005, § 15 Rn. 59.
  2. Grage/Niggemann/Dürkop, Zwangsvollstreckungsrecht, 3. Aufl. 2002, S. 254 f.
  3. Zöller/Herget, ZPO, 23. Aufl. 2002, § 771 Rn. 14 Stichwort "Eigentum".
  4. Zöller/Herget, § 771 Rn. 14 Stichwort "Eigentumsvorbehalt"; übrigens wird der Käufer i. d. R. als Besitzer schon nach §§ 766, 809 ZPO gegen die Pfändung vorgehen können.
  5. Zöller/Herget, § 771 Rn. 14 Stichwort "Herausgabeanspruch".
  6. Zöller/Herget, § 771 Rn. 14 Stichwort "Anfechtungsrecht"; Thomas/Putzo, ZPO, 25. Aufl. 2003, § 771 Rn. 22.
  7. NJW 1990, 990.
  8. Thomas/Putzo, a. a. O.
  9. Grage/Niggemann/Dürkop, Vollstreckungsrecht, 3. Aufl. 2002, S. 262.
  10. Vgl. Grage/Niggemann/Dürkop, Vollstreckungsrecht, 3. Aufl. 2002, S. 263 f.
  11. Grage/Niggemann/Dürkop, Vollstreckungsrecht, 3. Aufl. 2002, S. 261.
  12. Abgedr. Schönfelder Nr. 111; siehe dazu Grage/Niggemann/Dürkop, Vollstreckungsrecht, 3. Aufl. 2002, S. 275 ff.