Examensrepetitorium Jura: Individualarbeitsrecht: Ansprüche des Arbeitgebers


Arbeitsleistung Bearbeiten

Aus dem Arbeitsvertrag ist der Arbeitnehmer verpflichtet, die vereinbarte Arbeitsleistung zu erbringen (§ 611 Abs. 1 BGB). Die Arbeitspflicht ist Hauptpflicht und steht zur Lohnzahlungspflicht des Arbeitgebers in einem Gegenseitigkeitsverhältnis gemäß §§ 320 ff. BGB.

Die Arbeitsleistung ist in aller Regel höchstpersönlich zu erbringen (§ 613 S. 1 BGB). Sie ist daher in der Regel auch unübertragbar (§ 613 S. 2 BGB), d.h. muss nur für den Arbeitgeber erbracht werden, mit dem der Arbeitnehmer den Arbeitsvertrag geschlossen hat. Eine Ausnahme besteht für Leiharbeitsverhältnisse.

Exkurs Leiharbeit[1]: Es wird zwischen echter und unechter Leiharbeit unterschieden. "Echte" (d.h. nichtgewerbliche) Leiharbeit liegt vor, wenn der Arbeitnehmer nur für kurze Dauer einem anderen Arbeitgeber überlassen wird, um einen vorübergehenden Personalengpass zu überbrücken. Das Verhältnis zwischen den beiden Arbeitgebern (Verleiher und Entleiher) ist ein Dienstverschaffungsverhältnis (= schuldrechtlicher Vertrag eigener Art). Der Arbeitnehmer muss der Überlassung zustimmen; das ergibt sich aus § 613 S. 2 BGB. Zwischen Arbeitnehmer und Entleiher entsteht kein eigenes Arbeitsverhältnis; es bleibt bei dem Arbeitsverhältnis mit dem ursprünglichen Arbeitgeber. Die gewerbsmäßige (auch: "unechte") Leiharbeit ist im Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG[2]) geregelt. Einzelheiten können dem Gesetz entnommen werden; ergänzend gilt zwischen Ver- und Entleiher das allgemeine Zivilrecht, insb. für die Folgen von Leistungsstörungen. Zu beachten ist dabei, dass der Verleiher nur für Verschulden bei der sachgerechten Auswahl des Arbeitnehmers haftet; im übrigen haftet der Verleiher auch nicht für den überlassenen Arbeitnehmer als Erfüllungs- (§ 278 BGB) oder Verrichtungsgehilfe (§ 831 BGB). Ein formnichtig (§ 12 AÜG) geschlossener Arbeitnehmerüberlassungsvertrag ist bereicherungsrechtlich abzuwickeln.

Inhalt der Arbeitspflicht Bearbeiten

Der Inhalt der Arbeitspflicht ergibt zunächst aus der Formulierung des Arbeitsvertrags. Die Arbeitspflicht muss jedoch im Arbeitsalltag noch weiter konkretisiert werden, was durch das Direktions- bzw. Weisungsrecht des Arbeitgebers geschieht (§ 106 GewO). Das Direktionsrecht kann Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung betreffen.

Grenzen bei der Ausübung des Direktionsrechts ergeben sich zunächst aus dem Wortlaut des Arbeitsvertrags: Eine Tätigkeit, die vertraglich nicht geschuldet wird, darf auch nicht angeordnet werden. Je enger die Tätigkeitsbeschreibung im Arbeitsvertrag, desto enger ist auch der Spielraum bei der Ausübung des Direktionsrechts. Eine Änderung der Arbeitspflicht darf der Arbeitgeber einseitig nicht bestimmen. Dazu bedarf es der Änderungskündigung. Ausnahmsweise kann sich eine vorübergehende Änderung bei der Tätigkeit auch aus der Pflicht des Arbeitnehmers zur Schadensabwendung im Notfall ergeben (§ 242 BGB); das hat seine Grenze in der Zumutbarkeit für den Arbeitnehmer.

Die Ausübung des Direktionsrechts muss der Billigkeit entsprechen (§ 106 GewO). Die Wahrung billigen Ermessens setzt voraus, dass die wesentlichen Umstände des Einzelfalls abgewogen und die beiderseitigen Interessen angemessen berücksichtigt werden (es gilt § 315 BGB[3]). Die Ausübung ist voll gerichtlich überprüfbar (§ 315 Abs. 3 S. 2 BGB).

Jeder rechtmäßigen Weisung hat der Arbeitnehmer Folge zu leisten; andernfalls darf er wegen Arbeitsverweigerung abgemahnt und im Wiederholungsfall verhaltensbedingt gekündigt werden. Bei beharrlicher Arbeitsverweigerung ist der Arbeitgeber auch zur außerordentlichen Kündigung berechtigt.

Ort der Arbeitsleistung Bearbeiten

Die Arbeit ist in der Regel im Betrieb des Arbeitgebers zu erbringen. Dieser ist im Arbeitsvertrag bestimmt. Aus der vertraglichen Tätigkeitsbeschreibung kann sich ergeben, dass die Arbeitsleistung an wechselnden Orten zu erbringen ist; in dem Fall erfolgt die Konkretisierung durch das Direktionsrecht des Arbeitgebers. Fehlt eine ausdrückliche Regelung, muss der Vertrag ausgelegt werden (§ 269 Abs. 1 BGB).

Die mögliche Versetzung des Arbeitnehmers kann in den Vertrag aufgenommen werden (Versetzungsvorbehalt). Versetzung ist die Beschäftigung in einem anderen Betrieb des Arbeitnehmers, ggfs. auch verbunden mit einem Ortswechsel innerhalb Deutschlands oder in das Ausland. Die konkrete Versetzung erfolgt dann nach den Regeln des Direktionsrechts, d.h. muss billigem Ermessen entsprechen (§ 315 BGB). Insbesondere sind die Auswirkungen auf die private Lebensführung des Arbeitnehmers zu berücksichtigen.

Auch die Umsetzung eines Arbeitnehmers innerhalb des Betriebs ist möglich. Im Fall einer betriebsbedingten Umsetzung muss keine Sozialauswahl analog § 1 Abs. 3 KSchG erfolgen.

Der Erfüllungsort hat Bedeutung für den Gerichtsstand (§ 29 Abs. 1 ZPO).

Arbeitszeit Bearbeiten

Die Arbeitszeit ergibt sich aus dem Arbeitsvertrag. Die Grenzen des Arbeitszeitgesetzes (ArbZG[4]) dürfen nicht überschritten werden; andernfalls ist die vertragliche Vereinbarung nichtig (§ 134 BGB). Ausnahmen von den gesetzlichen Arbeitszeiten können sich durch oder aufgrund Tarifvertrags ergeben (§§ 7, 12 ArbZG).

Eine Pflicht zur Erbringung von Überstunden besteht nur, wenn sie im Arbeitsvertrag festgeschrieben worden ist oder aufgrund von Kollektivvereinbarungen (Tarifvertrag, Betriebsvereinbarung). Ohne vertragliche Grundlage kann der Arbeitnehmer nur im Notfall zu Überstunden verpflichtet sein (§ 242 BGB). Zu beachten ist, dass sich ein Anspruch auf Überstunden nicht aus § 14 ArbZG ergibt. Die Anordnung von Überstungen ist, wenn ein Betriebsrat vorhanden ist, zustimmungspflichtig (§ 87 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG). Besteht die Pflicht zur Leistung von Überstunden, sind diese zu vergüten. Bei Fehlen einer Vergütungsabrede gelten § 612 Abs. 1 und 2 BGB für Grund und Höhe. Ggfs. hat der Arbeitnehmer auch Anspruch auf Überstundenzulagen, die im Tarifvertrag geregelt sind. Anstelle einer Vergütung kann jedoch auch ein Freizeitausgleich geregelt werden.

Für die Anordnung von Kurzarbeit bedarf es einer Rechtsgrundlage im Individual- oder Kollektivvertrag. Kurzarbeit darf nicht aufgrund des Direktionsrechts angeordnet werden. Für die Dauer der Kurzarbeit ruhen Arbeits- und Lohnzahlungspflicht teilweise. Es ist ggfs. die Zustimmung des Betriebsrats erforderlich (§ 87 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG).

Der Arbeitnehmer kann einen Anspruch auf Teilzeitarbeit nach § 8 Abs. 1 TzBfG haben. Der Arbeitgeber muss die Arbeitszeit nach Verlangen des Arbeitnehmers verringern, soweit nicht betriebliche Gründe entgegenstehen (§ 8 Abs. 4 TzBfG). Das BAG prüft dies in drei Schritten:

  1. Besteht überhaupt ein betriebliches Organisationskonzept hinsichtlich einer bestimmten Arbeitszeitregelung?
  2. Inwieweit steht dieses Konzept unter Berücksichtigung zumutbarer Änderungsmöglichkeiten dem Verlangen des Arbeitnehmers tatsächlich entgegen?
  3. Falls das der Fall ist, muss das Gewicht der entgegenstehenden Belange ermittelt werden. Z. B. überwiegen betriebliche Belange, wenn aufgrund Verringerung der Arbeitszeit die dadurch notwendigen Kosten für Einstellung und Fortbildung einer Ersatzkraft außer Verhältnis zu deren Arbeitszeit stehen würden[5].

Schadensersatz Bearbeiten

Literatur: Walker, Die eingeschränkte Haftung des Arbeitnehmers unter Berücksichtigung der Schuldrechtsmodernisierung, JuS 2002, 736.

Grundsätze Bearbeiten

Die Haftung des Arbeitnehmers richtet sich grundsätzlich nach §§ 280 ff. und §§ 823 ff. BGB. Danach hat der Arbeitgeber einen Schadensersatzanspruch gegen den Arbeitnehmer, wenn dieser Haupt- oder Nebenpflichten aus dem Arbeitsverhältnis schuldhaft verletzt.

Als Pflichtverletzungen kommen insb. in Betracht:

  • Nichterbringen der geschuldeten Arbeitsleistung (Arbeitsverweigerung),
  • Beschädigung von Arbeitsmitteln des Arbeitgebers,
  • Schädigung von Dritten, wodurch eine Haftpflicht des Arbeitgebers ausgelöst wird (für Vertragspartner des Arbeitgebers gemäß § 278 BGB, außerhalb von Sonderverbindungen gemäß § 831 BGB),
  • Verletzung von Nebenpflichten (§ 241 Abs. 2 BGB), z.B. Verrat von Betriebsgeheimnissen, unterlassene Mitteilung über einen drohenden Maschinenschaden.

Die Voraussetzungen des Schadensersatzanspruchs sind:

  1. Pflichtverletzung (bzw. Verletzung eines deliktsrechtlich geschützten Rechtsguts),
  2. dadurch (kausal) verursachter Schaden beim Arbeitgeber,
  3. Verschulden des Arbeitnehmers.

Nach allgemeinem Grundsatz wird vermutet, dass der Schuldner die Pflichtverletzung auch verschuldet hat (§ 280 Abs. 1 S. 2 BGB). Der Schuldner muss also im Prozess darlegen und beweisen, dass er die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat, also weder vorsätzlich noch fahrlässig (§ 276 BGB) gehandelt hat. Dies gilt jedoch nicht bei der Haftung des Arbeitnehmers: Nach § 619a BGB haftet er nur, "wenn er die Pflichtverletzung zu vertreten hat". Der Arbeitgeber hat also als Gläubiger des Schadensersatzanspruchs im Prozess darzulegen und zu beweisen, dass der Arbeitnehmer die Pflichtverletzung verschuldet hat.

Besonderheiten beim Haftungsmaßstab Bearbeiten

Nach allgemeinem Grundsatz haftet der Schuldner für jede Fahrlässigkeit in vollem Umfang: Grundsatz der Totalreparation. Jede kleine Unachtsamkeit des Arbeitnehmers könnte ihn also leicht in den wirtschaftlichen Ruin stürzen. Daher ist allgemein anerkannt, dass die Haftung der Arbeitnehmer beschränkt werden muss. Dogmatisch wird dies durch eine analoge Anwendung von § 254 BGB zu Lasten des Arbeitgebers erreicht. Das allgemeine Betriebsrisiko wird dem Arbeitgeber wie ein Mitverschulden zugerechnet. Dieser Grundsatz ist bei der Anwendung des Haftungsmaßstabs in § 276 Abs. 1 S. 1 BGB zu beachten: Danach haftet der Schuldner nur dann für Vorsatz und (jede) Fahrlässigkeit, wenn sich eine mildere Haftung nicht aus dem Inhalt des Schuldverhältnisses ergibt.

Bis zur Entscheidung des Großen Senats des BAG vom 27.09.1994[6] galt die Haftungsbeschränkung nur für sog. gefahrgeneigte Arbeit, d.h. solcher, bei der typischerweise mit Fehlern der Arbeitnehmer zu rechnen ist. Unklar war, ob dies generell oder situationsgebunden zu bestimmen war (Beispiel: Tätigkeit eines Kraftfahrers immer gefahrgeneigt oder nur bei schlechten Witterungsbedingungen?).

Inzwischen gilt der eingeschränkte Haftungsmaßstab für alle Arbeitnehmer gleichermaßen; die Unterscheidung nach der Gefahrgeneigtheit ist aufgegeben. Die haftungsauslösende Tätigkeit muss nur noch betrieblich veranlasst gewesen sein. Betrieblich veranlasst sind solche Tätigkeiten, die dem Arbeitnehmer arbeitsvertraglich übertragen worden sind oder die der Arbeitnehmer im Interesse des Arbeitgebers für den Betrieb ausführt. Damit scheiden solche Fälle aus, in denen sich ein allgemeines Lebensrisiko des Arbeitnehmers verwirklicht.

Der Umfang der Haftungseinschränkung hängt vom Grad des Verschuldens ab. Es gelten die folgenden Grundsätze (Dreiteilung der Haftung):

  • Für leichte Fahrlässigkeit haftet der Arbeitnehmer überhaupt nicht.
  • Für mittlere Fahrlässigkeit (gesetzlicher Normalfall gemäß § 276 Abs. 2 BGB) haftet der Arbeitnehmer nur beschränkt. Es wird also eine Haftungsquote gebildet.
  • Für grobe Fahrlässigkeit und Vorsatz haftet der Arbeitnehmer voll. Das dem Arbeitgeber zurechenbare Betriebsrisiko tritt in dem Fall vollständig zurück. Grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn der Arbeitnehmer gegen eine Sorgfaltspflicht verstößt, die jedem einleuchten muss; dabei wird über die objektive Pflichtverletzung hinaus auch ein subjektiver Verstoß gefordert, bei dem individuelle Fähigkeiten zu berücksichtigen sind. Beispiel: Rotlichtverstoß im Straßenverkehr. Zur Haftungsminderung selbst bei grober Fahrlässigkeit siehe noch unten.
Beispiel: Der Auszubildende fährt zum Spaß auf dem Betriebshof mit einem Gabelstapler herum und verursacht dabei einen Unfall.
Die Fahrt ist schon nicht betrieblich veranlasst, so dass es auf den Grad des Verschuldens nicht mehr ankommt. Der Auszubildende haftet für den vollen Schaden.

In der Fallbearbeitung besteht die Schwierigkeit darin, den Grad der Fahrlässigkeit zu bestimmen - hier ist einzelfallbezogene Argumentation gefragt. Bei normaler Fahrlässigkeit gilt dasselbe für die Bildung der Haftungsquote: Es kann zunächst von einer hälftigen Verteilung (50/50) ausgegangen werden, wovon jedoch ggfs. im Einzelfall nach Billigkeits- und Zumutbarkeitserwägungen abgewichen werden muss. Gesichtspunkte bei der Argumentation können (je nach Fallgestaltung) sein:

  • Grad des Verschuldens,
  • Gefahrgeneigtheit der Tätigkeit (die also in diesem Zusammenhang noch eine Rolle spielt),
  • Schadenshöhe,
  • Risiko vom Arbeitgeber einkalkuliert und durch Versicherung deckbar? Hat der Arbeitgeber für Verkehrsunfälle keine Kaskoversicherung abgeschlossen, haftet der Arbeitnehmer nur in Höhe der (zumutbaren) Selbstbeteiligung,
  • Stellung des Arbeitnehmers im Betrieb,
  • Höhe des Arbeitsentgelts,
  • unter Umständen auch persönliche Verhältnisse des Arbeitnehmers (Dauer der Betriebszugehörigkeit, Lebensalter, Familienverhältnisse, bisheriges Verhalten), was allerdings als Kriterium eher zweifelhaft erscheint, da es mit der betrieblichen Risikoverteilung nichts zu tun hat[7].
  • Beachte: Keine Rolle darf die Zugehörigkeit zum Betriebsrat spielen. Eine Haftungsminderung aus diesem Grund würde gegen das Begünstigungsverbot nach § 78 S. 2 BetrVG verstoßen.

Zu beachten ist schließlich noch, dass auch bei grober Fahrlässigkeit eine Haftungsminderung in Betracht kommt, nämlich wenn zwischen Arbeitsentgelt und Haftungsrisiko ein deutliches Missverhältnis besteht. Das gilt jedoch nicht für "gröbste" Fahrlässigkeit und erst recht nicht bei Haftung wegen Vorsatzes (z.B. vorsätzlicher Schadenszufügung oder Diebstahl).

Schadensersatz nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses Bearbeiten

Gibt der Arbeitnehmer durch vertragswidriges Verhalten Anlass zur fristlosen Kündigung, hat der Arbeitgeber einen speziellen Schadensersatzanspruch aus § 628 Abs. 2 BGB. Der Vertragsbruch des Arbeitnehmers muss schuldhaft geschehen sein, sog. Auflösungsverschulden. Nach h.M. ist § 628 Abs. 2 BGB auch anzuwenden, wenn das Arbeitsverhältnis nicht durch fristlose Kündigung, sondern Aufhebungsvertrag oder ordentliche Kündigung beendet wurde; es komme nicht auf die Form der Beendigung, sondern nur den Anlass an. Es muss allerdings immer ein Grund für eine außerordentliche Kündigung vorgelegen haben; außerdem muss immer (egal, welcher Beendigungsgrund!) die Zweiwochenfrist des § 626 Abs. 2 BGB eingehalten worden sein. Hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer nicht innerhalb der Frist gekündigt, besteht kein Anspruch[8].

Der Anspruch steht übrigens umgekehrt auch dem Arbeitnehmer zu, wenn der Arbeitgeber Anlass zur Auflösung des Arbeitsverhältnisses gibt.

Haben beide Seiten ein außerordentliches Kündigungsrecht wegen schuldhafter beiderseitiger Vertragsverletzung, besteht kein Schadensersatzanspruch[9].

Besonderheiten bei der Mankohaftung Bearbeiten

Zur Vertragsgestaltung siehe bereits hier. Ohne eine vertragliche Vereinbarung zur Mankohaftung richtet sich die Haftung des Arbeitnehmers nach den allgemeinen Grundsätzen.

Beispiel: Dem Arbeitnehmer ist ein Werkzeug anvertraut worden, dass er später nicht mehr herausgeben kann, weil er es verloren hat.

Eine Haftung nach den Vorschriften über Verwahrung (§§ 688 ff. BGB) oder Auftrag (§§ 662 ff. BGB) kommt in der Regel nicht in Betracht. Es scheitert schon daran, dass der Arbeitnehmer keinen Besitz an den Arbeitsmitteln erlangt, sondern nur Besitzdiener ist (§ 855 BGB). Der Arbeitnehmer hat nur dann Besitz, wenn der Arbeitgeber - ausnahmsweise - selbst keinerlei Besitz mehr an dem Arbeitsmittel hat.

Die Unterscheidung hat Bedeutung für die Haftung des Arbeitnehmers: Hat er Besitz, soll er nach der Rspr. nach den allgemeinen Vorschriften unbeschränkt haften, also bei Unmöglichkeit der Herausgabe nach § 280 Abs. 1, 3, § 283 BGB. Die arbeitsrechtlichen Regeln über die Haftungsminderung gelten hierbei nicht.

Im Regelfall haftet der Arbeitnehmer jedoch nur nach den Grundsätzen über die Arbeitnehmerhaftung (siehe oben). Der Arbeitgeber trägt die Beweislast für Verschulden des Arbeitnehmers (§ 619a BGB). Da der Beweis im Einzelfall schwerfällt, hat der Arbeitgeber zunächst nur Indizien darzulegen, die auf ein haftungsbegründendes Verschulden des Arbeitnehmers hindeuten. Kann der Arbeitnehmer darauf nicht substantiiert erwidern, kann ihn das Gericht aufgrund schlüssiger Indizien verurteilen. Diese Vorgehensweise wird allgemein als abgestufte Darlegungs- und Beweislast bezeichnet.

Umfang des Schadensersatzanspruchs Bearbeiten

Der Arbeitnehmer hat bei Bestehen der Haftpflicht Schadensersatz nach den allgemeinen Vorschriften zu leisten (§§ 249 ff. BGB). Der Arbeitgeber ist so zu stellen, wie er bei ordnungsgemäß erbrachter Arbeitsleistung stünde.

Als Schadenspositionen bei Nichterbringen der Arbeitsleistung kommen in Betracht:

  • Mehrvergütung für Ersatzkräfte bzw. Überstundenvergütungen; eine hypothetische Schadensberechnung ist vorzunehmen, wenn der Arbeitgeber selbst oder andere Arbeitnehmer den Arbeitsausfall kompensieren, ohne dass finanzielle Nachteile entstehen (Grund: der haftende Arbeitnehmer soll nicht durch überobligatorische Anstrengungen des Gläubigers entlastet werden).
  • Dies gilt jedoch nur bis zu dem Zeitpunkt, zu dem der vertragsbrüchige Arbeitnehmer ordentlich kündigen durfte; dies ergibt sich aus dem Gedanken des rechtmäßigen Alternativverhaltens.
  • Aus dem Grund kommt auch die Erstattung von Inserats- und Vorstellungskosten nur in Betracht, wenn diese nicht auf bei ordentlicher Kündigung angefallen werden, sog. Verfrühungsschaden.

Rückzahlung einer Lohnüberzahlung Bearbeiten

Zahlt der Arbeitgeber versehentlich zuviel Lohn, kann er die Rückzahlung nach Bereicherungsrecht verlangen (§§ 812 ff. BGB). Der Arbeitnehmer kann sich auf den Wegfall der Bereicherung berufen (§ 818 Abs. 3 BGB), wenn der überzahlte Lohn ersatzlos weggefallen ist und der Arbeitnehmer auch dadurch keine eigenen Aufwendungen erspart hat. Ein Anscheinsbeweis für Entreicherung besteht bei geringfügiger Lohnüberzahlung (10% des Lohns, höchstens 100,00 Euro); darüber hinaus trägt der Arbeitnehmer die Beweislast für den Wegfall der Bereicherung.

Das eben Gesagte gilt allerdings nur für den Fall, dass nicht schon der Arbeitsvertrag selbst einen Rückzahlungsanspruch enthält. In dem Fall ist eine Berufung auf Entreicherung ausgeschlossen[10].

Unterlassen von Wettbewerb Bearbeiten

Aus dem bestehenden Arbeitsverhältnis hat der Arbeitgeber gegen den Arbeitnehmer einen Anspruch auf Unterlassen von Wettbewerb. Außerhalb des Anwendungsbereichs der §§ 60, 61 HGB (betrifft Handlungsgehilfen) ist Anspruchsgrundlage die entsprechende Vereinbarung im Arbeitsvertrag oder § 241 Abs. 2 BGB[11] bzw. § 242 BGB[12].

Bei Verstoß gegen die Unterlassenspflicht hat der Arbeitgeber einen Schadensersatzanspruch bzw. er kann die Vergütung aus dem pflichtwidrig abgeschlossenen Geschäft herausverlangen (alternativ auch Abtretung des Vergütungsanspruchs). Abgesehen davon hat der Arbeitgeber ein Recht zur fristlosen Kündigung.

Nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses kann sich ein Wettbewerbsverbot aus einer vertraglichen Vereinbarung ergeben (§ 311 Abs. 1 BGB) oder speziell aus §§ 74 ff. HGB, § 110 GewO. Bei Fehlen einer vertraglichen oder speziellen Anspruchsgrundlage darf der ehemalige Arbeitnehmer zum früheren Arbeitgeber in Konkurrenz treten. Die Grenzen bilden in dem Fall §§ 1 UWG, §§ 823, 826 BGB.

Anmerkungen Bearbeiten

  1. Dazu Steinau-Steinbrück/Paul, NJW-Spezial 2006, 81.
  2. Schönfelder-ErgBd. Nr. 84a.
  3. Prütting/Wegen/Weinreich/Lingemann, § 611 Rn. 66.
  4. Schönfelder-ErgBd. Nr. 78.
  5. Vgl. BAG, NJW-Spezial 2006, 133.
  6. NJW 1995, 210.
  7. Walker, JuS 2002, 736 (738).
  8. Helml, Arbeitsrecht, 8. Aufl. 2004, S. 121.
  9. Helml a. a. O.
  10. Palandt/Putzo, BGB, 63. Aufl. 2004, § 611 Rn. 68.
  11. Palandt/Putzo, BGB, 63. Aufl. 2004, § 611 Rn. 42a.
  12. Helml, Arbeitsrecht, 8. Aufl. 2004, S. 128.