Die Herren von Romrod: Einleitung


Die Herkunft aller Geschlechter liegt im Dunkel der Zeitgeschichte. Doch plötzlich betreten sie das Licht der Weltbühne, breiten sich aus, verästeln sich und bringen bedeutende und auch weniger bedeutende Familien und Personen hervor. Manche blühen über viele Generationen, andere sterben nach kurzem Erdendasein ab.

Die v. Romrod kann man 650 Jahre lang verfolgen, von 1197 bis 1844. Sie waren während des gesamten Mittelalters eine der einflussreichsten niederadeligen Familien am nördlichen Vogelsberg. Einige Zweige orientierten bereits ab Anfang bis Mitte des 14. Jahrhunderts in den Nord- und Ostteil des Landes Hessen, und es lassen sich auch schon früh Romroder Personen in fränkisch-thüringischen Gebieten nachweisen.

Nachteilig für den Gesamtbesitz des Geschlechts wirkten sich Gütertrennungen bei Heiraten aus, wie zahlreiche Ganerbschaften belegen und die Abspaltung von Nebenlinien. Die Herren von Romrod gehörten dem Ritterstande also dem niederen Adel an, wie wir aus den Urkunden erfahren. Es stellt sich die Frage, wie sich der niedere Adel und der Ritterstand entwickelten.

Ritter, die Bezeichnung geht auf Reiten und berittene Krieger zurück, waren im Mittelalter in der Regel zur Übernahme von Wehrdiensten verpflichtet, die sie für einen Dienstherren leisten mussten. Dafür saßen sie meist auf einem lehenabhängigen Gut oder einer Burg, die sie als Vasallen von der jeweiligen Herrschaft empfangen mussten. Die Herren v. Romrod sieht man so ursprünglich in Diensten der Abtei Fulda, später auch im Kreis der hessischen Landgrafen sowie des Bistums Mainz.

Es ist in dieser Abhandlung nicht vorgesehen, auf die Entstehung des Adels eine umfassende Antwort zu geben. Doch sollen einige Autoren aufgrund ihrer Forschungen in einem kurzen, vom Verfasser ausgewählten, Statement zu Wort kommen.

Viktor Ernst klärt diese Frage nach seiner Sicht wie folgt auf: Er führt den Ursprung des niederen Adels überwiegend bis in die Siedlungszeit, die Gründungszeit der Dörfer, zurück. Die Dorfgemeinschaften legten sich zum eigenen Fortbestand und Schutz feststehende Normen, Zwing und Bann, auf. Aus ihrer Mitte wurden Personen gewählt, welche die Einhaltung der ungeschriebenen und geschriebenen Gesetze im Bannbereich der Dorfschaft gewährleisteten und auch das Dorf rechtlich nach außen vertraten. Womöglich waren diese sogenannten sendbaren Leute schon auf einem Meierhof ansässig, der für eine höhere Herrschaft dienstpflichtig war. Ernst berichtet von aufeinander folgenden Urkunden, in denen als Zeugen dieselben Personen aus einem Ort über einen längeren Zeitraum genannt werden. Zum Teil seien sie nur mit dem Rufnamen aufgeführt oder auch der Flecken, aus dem sie kamen, sei an den Namen mit einem von angegliedert worden. Wobei jedoch diese Präposition damals noch keinen Hinweis auf einen Adelbezug darstelle, sondern lediglich andeute, woher der Betreffende kam. Die Erhebung zum Adelsprädikat kam erst später. Es wäre also zweifelhaft, ob alle in frühen Urkunden Genannten oder die von den Dörfern entsandten Personen tatsächlich zum späteren Adel gezählt werden dürften.[1]

Aus dem ursprünglich markgenossenschaftlich ausgerichteten Sinn der Rechtsausübung ließe sich schließen, dass die auf dem Hof sitzenden Personen von Haus aus mehr im Auftrag der Dorfgemeinschaft bzw. der Marktgenossenschaft handelten und weniger an eine Ortsherrschaft gedacht werden könne.[1] Der privilegierte Personenkreis hob sich aber im Laufe der Zeit mit besonderen Rechten und größeren Höfen von den übrigen Dorfbewohnern ab und festigte mit der Zeit seine Vorrechte. Es entstanden die Landadelsfamilien.

Ernst legt seine Forschungen zwar im südwestdeutschen Raum zugrunde, seine Annahmen können aber auch hier zutreffen. Denn unsere Region weist Parallelen auf. In vielen umliegenden Ortschaften gab es diese Familien oder Herrschaften: Die von Liederbach, von Altenburg, von Ruhlkirchen, von Storndorf, von Wahlen, von Ehringshausen, von Alsfeld, von Romrod, von Felle, von Eisenbach, von Wartenberg, von Lehrbach und andere mehr. Man kann diese alle zum Adel zählen, denn sie führten schon ihr eigenes Wappen. Aus ihnen wuchsen Ritter und geistliche Herren hervor. Viele dieser Familien versanken schon früh in Vergessenheit oder starben aus.

Die obigen Ausführungen von Ernst werden gestützt, wenn man den Teilungsvertrag zwischen den v. Romrod und den Finke von 1341 (s .d.) über das Gericht Rainrod liest. Dort heißt es u. a.: Bei dieser Rede sind gewesen Werner von Liederbach und Henrich von Fischborn, Bürger zu Alsfeld (als Zeugen, beide nachweislich Adlige), und Conrad, Henrich und Ludwig von Schwarz und Seibert von Lenzenrode (heute wüst). In den beiden letztgenannten Dörfern gab es jedoch keinen Ortsadel.

Eine andere Version entwickelte Prof. Dr. Th. Haas: Er führt die Entstehung des hiesigen niederen Adels auf die Schlitzer Ministerialen, ursprünglich unfreie Dienstleute des Hochstifts Fulda, zurück, welche schon mit besonderen Privilegien und auch Grundbesitz ausgestattet waren.[2]

Nach der Gründung des Klosters Fulda in 744 wurde 812 die Schlitzer Kirche geweiht. Schon vor 1000 n. Chr. breitete sich das fuldische Kirchspiel Schlitz von der Urmark Schlitz über Lauterbach bis nach Oberaula aus. Letztlich besaß die Abtei Fulda ein geschlossenes Territorium, das sich von Hammelburg bis Oberaula erstreckte. Nachdem die Schlitzer Ministerialen zu Macht und Ansehen gelangt waren, entwickelte sich daraus der niedere Adel am nördlichen Vogelsberg. In diesem Bereich des Fuldaer Gebietes finden sich auch viele der frühesten Romrod'schen Besitzungen.

Eberhard Crusius schreibt mit besonderem Bezug auf die Herren von Romrod, dass sie ursprünglich Herrschaftsrechte über verschiedene Orte im Umkreis von Romrod erwarben. Zu diesen anfänglichen Rechten seien später weitere hinzugekommen, was sich entscheidend für die Entwicklung der zuerst aus Streubesitz bestehenden Grundherrschaft zur geschlossenen Herrschaft auswirkte.[3]

Datei:Die Herren von Romrod-Schloss Romrod Grundriss.png
Der heutige Grundriss des Schlosses Romrod (schwarz unterlegt) mit Fundamenten früherer Bauwerke (helle Mauerstreifen). In der Mitte der Anlage der Rundturm und weitere Siedlungsreste (braun).[Copyright 1]

Und weiter: Mittelpunkt des adligen Herrschaftsbereichs war die vom Burgfrieden umgebene ritterliche Burg, die unter Umständen mehrere Stämme eines Geschlechts vereinigte. Und das trifft ja besonders für Romrod zu, wie Ausgrabungen innerhalb der Burgmauer zeigten. Hier stieß man auf Reste von Behausungen, die diese These stärken. Auch Urkunden stützen diese Aussagen. Ein Burgfrieden zu Romrod wird 1344 bezeugt (Baur I., S. 568, Nr. 828). Die Siedlung, welche damals die Burg Romrod umgab, wurde Tal genannt. Winfried H. Witzel belegt, dass die Fuldaer Dienstmannschaft aus Edelfreien bzw. edelfrei Geborenen und unfreien Ministerialen bestand.[4] Im 14. Jahrhundert entwickelte sich die fuldische Ministerialität immer mehr zu einem ritterlichen Lehenverband.

Freie Gutsbesitzer übergaben dem Fuldaer Abt freiwillig ihr Eigentum, welches sie als Lehen zurück erhielten. Sie stellten sich so unter den Schutz einer größeren Macht. Dafür bekamen sie größere Einkünfte, mussten für die Lehnsherren aber verschiedene Dienste leisten, die überwiegend in der Gestellung von bewaffneten Reitern Ritter) und deren Pferden bestanden.

Einige der vorerwähnten Geschichtsforscher sagen, dass eine genaue Aussage zur Entstehung des niederen Adels wegen fehlender Quellenlage nicht möglich ist. Wahrscheinlich waren je nach Landschaft verschiedene und mehrere Grundvoraussetzungen ausschlaggebend.

Die Äbte und ihre Klöster, wie auch die Landesfürsten und Könige, waren allerdings sehr auf diese adligen Dienstleute angewiesen, da sie einen Garant für die Verwaltung und für den Schutz ihrer Territorien darstellten. Je nach politischer Wetterlage wechselten diese Vasallen, falls sie ein starkes Machtpotential hinter sich hatten, auch oft von den geistlichen Herren zur Landesherrschaft und umgekehrt, wenn sie sich so größere Vorteile versprachen.

Ab dem 12. Jahrhundert kamen aus den Niederadligen am nördlichen und nordöstlichen Vogelsberg mehrere bedeutende Geschlechter hervor, die infolge der Lehensauftragung durch die Klöster Fulda und Hersfeld zu größerem Besitz kamen. Mit ihrem Erstarken ergaben sich für die adligen Herrschaften die Voraussetzungen, sich größere Macht- und Einflussbereiche zu schaffen, die sie auf unterschiedliche Weise mehrten und erweiterten. Sie trotzen z. B. der ursprünglichen Grundherrschaft Fulda größere Gebiete ab, brachten sie unter die eigene Herrschaft und regierten als kleine Territorialherren. Was letztlich und dauerhaft im nördlichen Vogelsberggebiet aber nur den Freiherren Riedesel zu Eisenbach und den Grafen zu Schlitz gen. v. Görtz gelang. Dieses war den Romrodern wegen der frühen Spaltung in mehrere eigenständige Stämme allerdings nicht möglich gewesen.


Einzelnachweise

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  1. 1,0 1,1 Ernst, Viktor: Die Entstehung des niederen Adels, (Stuttgart 1916, Nachdruck 1965)
  2. Haas, Prof. Dr. Th. in: Fuldaer Geschichtsblätter (1912, Nr. 8 / 9, S. 118)
  3. Crusius, Eberhard, Der Kreis Alsfeld, (Dissertation 1933, überarbeiteter Nachdruck Marburg 1974)
  4. Witzel, H. Winfried, Die fuldischen Ministerialen des 12. und 13. Jahrhunderts, Verlag Parzeller, Fulda 1998


Bilder und Zeichnungen

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  1. Zeichnung: Dr. Waltraud Friedrich; Foto: G. Habermehl, 9. Mai 1999 (Foto einer Schautafel im Schloss Romrod)