Der elektrische Strom – Eigenschaften und Wirkungen: Teil II
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Kraft auf Strom im Magnetfeld
BearbeitenEs ist zu erwarten, dass ein stromdurchflossener Leiter in einem Magnetfeld eine Kraft erfährt, da er ja selbst von einem Magnetfeld umgeben ist und die beiden Felder im Allgemeinen aufeinander einwirken.
Der experimentelle Befund ist, dass ein geradliniger Leiter in einem Magnetfeld eine Kraft erfährt, die
- proportional der Stromstärke I,
- proportional der Leiterlänge l,
- proportional dem Größenwert H der Feldstärke und
- proportional dem Sinus des Winkels α zwischen Leiter und Feldlinien ist. (Dies kann so gedeutet werden, dass nur die Komponente des Stromes zählt, die auf der Feldstärke senkrecht steht.)
Also ist
und vektoriell geschrieben
Der Wert des Faktors k ergibt sich aus der Definition der Einheit der elektrischen Stromstärke:
"Ein Ampere ist die Stärke eines elektrischen Stromes, der durch zwei geradlinige, unendlich lange parallele Leiter mit einem Abstand von einem Meter fließt und der zwischen den Leitern je Meter Länge eine Kraft von 2·10-7 N hervorruft."
Berücksichtigt man, dass die magnetische Feldstärke am Ort jedes Leiters 1 A / (2π m) beträgt, so ergibt sich aus Gleichung (1):
Diese Größe heißt magnetische Feldkonstante μ0.
Damit ergibt sich
Da die Kraft des Magnetfeldes nicht primär auf den Leiter, sondern auf die bewegten Ladungen in ihm einwirkt, soll jetzt die Kraft auf eine einzelne Ladung berechnet werden.
Der Größenwert der Kraft auf das Leiterstück ist nach Gleichung (1)
wobei α der Winkel zwischen Stromrichtung und Feldrichtung ist.
Die Stromstärke I ergibt sich aus der Ladungsdichte ρ, dem Leiterquerschnitt A und der Geschwindigkeit v der Ladungen zu
(Begründung: Es ist I = dQ / dt. In der Zeit dt fließen alle diejenigen Ladungen
durch irgend einen Leiterquerschnitt, die sich auf der Strecke ds = v d t vor diesem Leiterquerschnitt befinden. Das ist die Ladung dQ = ρ dV = ρ A ds = ρ A v dt. Damit wird I = dQ / dt = ρ A v.)
Also ist
Nun ist aber ρ A l die in dem Leiterstück befindliche Ladung Q. Damit ergibt sich
Dies ist also die Kraft, die eine mit der Geschwindigkeit v im Magnetfeld H bewegte Ladung Q erfährt.
Insbesondere erfährt ein Elektron (Ladung –e), das sich mit der Geschwindigkeit v senkrecht zur Feldrichtung bewegt, die Kraft
Die elektromagnetische Induktion
BearbeitenUrsachen der Induktion
BearbeitenWird ein Leiter in einem magnetischen Feld so bewegt, dass er Feldlinien schneidet, wird in ihm eine elektrische Spannung »induziert«. Die Spannung ist am größten, wenn die Bewegung des Leiters senkrecht zu den Feldlinien und senkrecht zu seiner Achse erfolgt.
Erklärung: Die im Leiter befindlichen elektrischen Ladungen erfahren wegen ihrer Bewegung im Feld eine Kraft. Die positiven Ladungen (Protonen) können sich nicht bewegen, aber die Elektronen werden durch die Kraft ein Stück verschoben (in der Abbildung nach rechts), und so entsteht an den Leiterenden eine negative bzw. positive Flächenladung. Diese erzeugt im Leiter ein elektrisches Feld, das auf die Elektronen eine Kraft ausübt. Es stellt sich sehr schnell ein Gleichgewicht ein, wobei die Kraft des elektrischen Feldes so groß ist wie die Kraft des Magnetfeldes:
Durch das elektrische Feld entsteht zwischen den Leiterenden ein Potentialunterschied Δ φ, der gleichbedeutend ist mit einer elektrischen Spannung U = E l (l = Leiterlänge). Aus der obigen Gleichung ergibt sich dafür
Die vektorielle Beschreibung der induzierten Feldstärke (welche in der Abbildung in Leiterrichtung schräg von links nach rechts gerichtet ist) lautet:
Derselbe Effekt tritt auf, wenn der Leiter ruht und das Magnetfeld (das zum Beispiel von einem Hufeisenmagneten erzeugt wird) sich bewegt. Es kommt also auch hier nur auf die Relativgeschwindigkeit zwischen Leiter und Magnetfeld an. Das bedeutet, dass auch Induktionsvorgänge keine Möglichkeit bieten, die »absolute Geschwindigkeit« eines Bezugssystems, d. h. seine Geschwindigkeit relativ zum »absoluten Raum«, zu bestimmen.
Es gibt auch Induktionsvorgänge ohne Bewegung, zum Beispiel wenn das Magnetfeld durch einen Strom in einer Spule erzeugt wird und die Stromstärke verändert wird. Für solche Fälle brauchen wir eine allgemeinere Formulierung des Induktionsgesetzes. Diese lautet:
1. In einer Leiterschleife wird eine elektrische Spannung induziert, wenn sich der »magnetische Fluss« Φ durch die Fläche der Schleife ändert. Der magnetische Fluss ist der Fluss des Vektors μ0H:
2. Die induzierte Spannung (identisch mit dem Linienintegral der induzierten Feldstärke über die
Leiterschleife S) ist gleich der negativen Änderungsgeschwindigkeit des magnetischen Flusses durch die
Fläche A der Leiterschleife:
Nach dem Stokesschen Satz ist
und daher
Wenden wir die Gleichung auf ein beliebiges Flächenelement an, so ergibt sich
Nach der Maxwellschen Theorie ist die induzierte Feldstärke von der Existenz eines Leiters unabhängig und daher gilt diese Gleichung für jeden Punkt des Raumes.
Selbstinduktion und Induktivität
BearbeitenEine Leiterschleife, in der ein elektrischer Strom fließt, wird von ihrem eigenen Magnetfeld durchdrungen. Ändert sich die Stromstärke, so ändert sich auch die Feldstärke und damit der magnetische Fluss durch die Leiterschleife, und damit wird in der Leiterschleife eine Spannung induziert.
Die quantitative Betrachtung wird besonders einfach bei einer schlanken Ringspule (Toroidspule).
Die Spule sei eng gewickelt, habe n Windungen und werde vom Strom I durchflossen. Ihr Querschnitt sei A. Ihr Magnetfeld hat kreisförmige Feldlinien und ist praktisch homogen. Die rot gezeichnete Linie umschlingt dann n Stromfäden und daher ist
und
Der magnetische Fluss Φ durch jede Windung der Spule ist
Ändert sich der Strom in der Spule, wird in ihr die Spannung U induziert, für die gilt:
Der nur von den Eigenschaften der Spule abhängige Faktor heißt die Induktivität L der Spule:
Natürlich gilt diese spezielle Formel nur für eine Toroidspule.
Allgemein gilt jedoch die Definitionsgleichung der Induktivität:
Das Minuszeichen, das bei dieser Gleichung auch weggelassen werden kann, wenn es nur auf den Betrag ankommt, wird so interpretiert, dass die induzierte Spannung der Stromstärkeänderung entgegen wirkt (Lenz'sche Regel). Ich komme später darauf zurück.
Die Einheit der Induktivität ist das Henry. 1 Henry = 1 V s/A. Eine Spule hat die Induktivität 1 Henry, wenn bei einer Stromstärkeänderungsgeschwindigkeit von 1 A/s in ihr die Spannung von 1 Volt induziert wird.
Da einerseits
und andererseits
ist, ergibt sich
Gegenseitige Induktion, gegenseitige Induktivität
BearbeitenWenn zwei Spulen so angeordnet sind, dass der magnetische Fluss der Spule 1 wenigstens teilweise auch die Spule 2 durchdringt, so wird eine Änderung der Stromstärke I1 in der Spule 1 auch in der Spule 2 eine Spannung U1,2 induzieren, die der Änderungsgeschwindigkeit dI1/dt der Stromstärke I1 proportional ist:
Der Faktor L1,2 heißt gegenseitige Induktivität der Spule 1 bezüglich der Spule 2.
Analog ist die gegenseitige Induktivität der Spule 2 bezüglich der Spule 1:
Sind die Spulen so angeordnet, dass der gesamte magnetische Fluss der Spule 1 sämtliche Windungen der Spule 2 durchsetzt und umgekehrt, dann spricht man von einer vollständigen Kopplung der beiden Spulen. Vollständige Kopplung ist nur realisierbar, indem die beiden Spulen auf einem Toroid ineinander gewickelt werden (abwechselnd immer eine Windung der Spule 1 und eine der Spule 2) oder einen (streuungslosen) gemeinsamen Eisenkern haben. Bei vollständiger Kopplung ist
woraus folgt:
Analog findet man:
Für eine doppelte Toroidspule gilt:
woraus sich nach einer einfachen Rechnung ergibt:
Die Energiedichte des magnetischen Feldes
BearbeitenDer Aufbau eines Magnetfeldes erfordert Energie. Dies äußert sich darin, dass beim Einschalten des Stromes dieser verzögert auf seinen endgültigen Wert (der durch den Ohmschen Widerstand des Stromkreises bestimmt ist) anwächst. Die unmittelbare Ursache dieser Verzögerung ist die durch Selbstinduktion induzierte Spannung Uind, die der angelegten Spannung entgegen wirkt. Zum Transport der Ladung dq gegen diese Spannung ist die Arbeit dW = Uind dq = Uind I dt = L dI / dt I dt = L I dI erforderlich. Integration zwischen den Grenzen 0 und I liefert:
Diese Energie findet sich im magnetischen Feld wieder. Zur Berechnung der Energiedichte w = dW/dV ist das praktisch homogene Feld einer großen schlanken Toroidspule besonders gut geeignet. Für sie findet man
und mit 2 πR A = V = Volumen des Feldes
Da man jedes beliebige Feld in hinreichend kleinen Bereichen als homogen betrachten kann, gilt auch dieses Ergebnis ganz allgemein.